Klin Monbl Augenheilkd 2022; 239(08): 1016-1024
DOI: 10.1055/a-1384-0737
Klinische Studie

Die Sauerstoffsättigung in den Gefäßen der Netzhaut von Patienten mit Diabetes mellitus – die Suche nach Einflussfaktoren

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Richard Stodtmeister
1   Augenklinik, Technische Universität Dresden, Deutschland
2   Poliklinik, Augenspezialisten Saar, Völklingen, Deutschland
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Vivien Mielke
1   Augenklinik, Technische Universität Dresden, Deutschland
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Dirk Sandner
1   Augenklinik, Technische Universität Dresden, Deutschland
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Zusammenfassung

Einleitung Mit der neuen Methode der Oximetrie kann nicht invasiv die Sauerstoffsättigung (SO2) in den retinalen Gefäßen gemessen werden. Es ist bekannt, dass bei der diabetischen Retinopathie die Sauerstoffextraktion verringert ist. In der vorgelegten Querschnittsstudie wurde untersucht, ob diabetesspezifische Veränderungen und typische Begleiterkrankungen die Messwerte bei der Oximetrie verändern können.

Methodik 237 Diabetespatienten wurden eingeschlossen, die zu einer Behandlung mit intravitrealen Injektionen (IVOM) in unsere Klinik kamen. Ausgewertet werden konnten 203 Augen von 203 Patienten. Die SO2 in den retinalen Gefäßen wurde gemessen an digital gespeicherten Aufnahmen einer Funduskamera (Zeiss 450 FF), deren Beleuchtungsstrahlengang mit einem Filter mit 2 Durchlassmaxima bei 548 nm und bei 610 nm (Bandbreite 10 nm) versehen war. Mit dem Programm „Oximetrie“ (Imedos Systems, Jena) wurden die arterielle und die venöse Sauerstoffsättigung in Arteriolen und Venolen gemessen und in einer Excel-Tabelle ausgegeben. Diabetesbezogene anamnestische Daten, klinische Parameter und Begleiterkrankungen wurden in einem festgelegten Schema dokumentiert.

Ergebnisse Im gesamten Patientenkollektiv war die venöse Sauerstoffsättigung (vSO2) 69 ± 12%, die arterielle Sauerstoffsättigung (aSO2) 99 ± 5% und die arteriovenöse Differenz 31 ± 9%. Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Alter, Diabetesdauer und HbA1c mit den Oximetriewerten konnte nicht gefunden werden (Kruskal-Wallis ANOVA: p > 0,05). Untersucht wurden die Differenzen zwischen den Merkmalsträgern (MT) und Nichtmerkmalsträgern (NMT). Hier zeigten sich signifikante Unterschiede der vSO2 in % für: Allergien n = 47: MT vs. NMT: 64 vs. 69 (t-Test: p < 0,002); Sartan-Therapie n = 46: MT vs. NMT: 64 vs. 70 (p = 0,003). Zustand nach IVOM n = 144: MT vs. NMT: 68 vs. 71 (p = 0,02). Bei Patienten mit durchgeführten IVOM im Rahmen einer diabetischen Makulopathie verbessert sich somit die Sauerstoffextraktion aus den Netzhautgefäßen. Bei Allergikern und bei Hypertoniepatienten unter einer Sartan-Therapie konnte dies ebenfalls gezeigt werden.

Schlussfolgerung Die klinisch beobachtete Besserung der Netzhautsituation nach intravitrealen Injektionen mit VEGF-Hemmern kann im Zusammenhang stehen mit einer verbesserten Sauerstoffextraktion aus den Netzhautgefäßen. Es erscheint sinnvoll zu prüfen, ob bei Diabetespatienten in der Hypertoniebehandlung die Umstellung auf Sartane die Netzhautfunktion verbessern kann.



Publikationsverlauf

Eingereicht: 12. August 2020

Angenommen: 27. Januar 2021

Artikel online veröffentlicht:
17. Mai 2021

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