Diabetologie und Stoffwechsel 2021; 16(06): 498-505
DOI: 10.1055/a-1532-4395
Originalarbeit

Auswirkungen des Lockdowns im Frühjahr 2020 während der COVID-19-Pandemie auf das Ess- und Sportverhalten – Ergebnisse einer Onlinebefragung

The impact of the lockdown in spring 2020 during the COVID-19 pandemic on eating and sports behavior – results of an online survey
Anne Koopmann
1   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Germany
,
Astrid Müller
2   Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, Germany
,
Tagrid Lemenager
1   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Germany
,
Thomas Hillemacher
3   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum Nürnberg, Nürnberg, Germany
,
Falk Kiefer
1   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Germany
,
Ekaterini Georgiadou
3   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum Nürnberg, Nürnberg, Germany
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Einleitung Die Ausgangseinschränkungen und Kontaktverbote während der COVID-19-Pandemie haben mit dem Wegfall vieler beruflicher und privater Verpflichtungen und Strukturen massive Auswirkungen auf den Alltag der Allgemeinbevölkerung. Gleichzeitig verstärken sich für viele Menschen die Sorgen vor allem bezüglich ihrer finanziellen und beruflichen Zukunft. Eine vermehrte Nahrungsaufnahme stellt in dieser Situation eine mögliche Bewältigungsstrategie im Umgang mit den als unangenehm erlebten Gefühlen dar. Gleichzeitig fallen wegen der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen viele Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung weg. Dies birgt die Gefahr einer Zunahme der kardiovaskulären Risikofaktoren in der Allgemeinbevölkerung und insbesondere für die Entstehung von Adipositas sowie Diabetes mellitus Typ 2. In dieser Studie untersuchten wir daher die Veränderungen des Ess- und Sportverhaltens in der Allgemeinbevölkerung in Deutschland während des Lockdowns im Frühjahr 2020.

Material und Methodik An der Onlinebefragung zu Veränderungen des Ess- und Sportverhaltens während des Lockdowns im Frühjahr 2020 konnten Frauen und Männer zwischen 18 und 80 Jahren aus der Allgemeinbevölkerung teilnehmen. Die Umfrage war online verfügbar zwischen dem 8. April und dem 11. Mai 2020.

Ergebnisse Von 3259 Teilnehmern gaben 40,3 % an, während des Lockdowns mehr als vor dessen Beginn gegessen zu haben, 38,3 % berichteten, während des Lockdowns weniger Sport gemacht zu haben als in der Zeit davor. Bei einer kombinierten Betrachtung der Verhaltensänderungen zeigten 58,5 % der Teilnehmer mindestens eine Verhaltensänderung, die dauerhaft potenziell negative gesundheitliche Folgen für sie haben könnte und die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 fördert. Mit 18,5 % aller Studienteilnehmer gab die größte Gruppe an, weniger Sport gemacht und gleichzeitig mehr gegessen zu haben während des Lockdowns.

Schlussfolgerungen Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass es sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Patientenversorgung in den nächsten Monaten wichtig sein wird, die Patienten auf die Gesundheitsrisiken, die sich durch eine Reduktion von sportlicher Aktivität und eine vermehrte Nahrungsaufnahme ergeben, hinzuweisen und ihr Ess- und Sportverhalten sowie die Veränderung des Körpergewichts zu beobachten, um eine Zunahme des Risikos für Diabetes mellitus Typ 2 in der Allgemeinbevölkerung zu verhindern.

Abstract

Introduction The governmental restrictions in social life during the COVID 19 pandemic have massive effects on the daily life of the general population due to a reduction of social structures and obligations. Simultaneously, many people experience increased worries especially concerning their financial and professional future. An increased food intake could be a dysfunctional strategy to cope with such feelings. At the same time, the exit and contact restrictions result in reduced possibilities for sport activities. These factors might increase the cardio-vascular and metabolic risk especially for diabetes mellitus type 2 in the general population. Therefore, this study examined the changes in food intake and sport activities in the general population during the lockdown in spring 2020.

Methods This online survey assessed changes in food intake and sports activities in females and males out of the German general population aged between 18 and 80 years during the lockdown in spring 2020. The survey was online between April the 8th and May 11th 2020.

Results 40,3 % of the 3259 participants reported eating more during the lockdown compared to the time before. Additionally, 38,3 % reduced their sports activities in this time period. Locking at changes of sports activities and food intake in combination, 58,5 % of the participants at least showed one behavioral change resulting in a potential increase of negative health consequences and especially the development of diabetes mellitus type 2. With 18,5 % of all study participants, the greatest group reported having reduced their sports activities and increased their food intake during the lockdown.

Conclusion These findings suggest that in the next month in in- as well as out-patient care, it is important to inform the patients about the potential health risks due to reduced sports activities and increased food intake. Additionally, it seems to be necessary to monitor their eating and sport behavior as well as their body weight more intensive to prevent an increase of the risk for diabetes mellitus type 2 in the general population.



Publication History

Received: 15 March 2021

Accepted: 20 June 2021

Article published online:
06 July 2021

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