Rehabilitation (Stuttg) 2021; 60(04): 226
DOI: 10.1055/a-1545-1323
Aktuelles

Positionspapier zur Gesundheitssorge für Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen sind statistisch betrachtet deutlich häufiger von weiteren Krankheiten betroffen als Menschen ohne Beeinträchtigungen. Auch haben sie heute eine durchschnittlich höhere Lebenserwartung, die mit einem Anstieg der Morbidität verbunden ist. Jedoch sind nicht alle Menschen mit Behinderungen gleichermaßen in der Lage, für die eigene Gesundheit selbst zu sorgen. Der Fachausschuss „Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes“ der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) hat sich vor diesem Hintergrund mit einem allgemeinen Konzept zur Beschreibung der Gesundheitssorge und der Unterstützungsleistungen der Sozialträger befasst. Im Positionspapier „Gesundheitssorge – Erhalt und Förderung von Gesundheit für Menschen mit Behinderungen unter besonderer Berücksichtigung der Eingliederungshilfe“ stellt die DVfR fest, dass insbesondere Menschen mit einer wesentlichen Behinderung im Sinne des § 99 SGB IX häufig auf nachrangige Unterstützungsleistungen der Eingliederungshilfe angewiesen sind, um ihre Gesundheit zu erhalten, zu fördern und Krankheiten zu bewältigen. Als Ursache sieht sie die regelmäßige Limitierung von vorrangigen Leistungen im Gesundheitswesen (vorwiegend SGB V und XI) und deren zum Teil fehlende Ausrichtung auf den vollständigen Ausgleich der behinderungsbedingten Einschränkungen bei der Gesundheitssorge.

Die DVfR beschreibt in ihrem Positionspapier zunächst den Bereich der Gesundheitssorge mit seinen fünf Komponenten – Gesundheitssorge im Alltag, individuelle und organisationale Gesundheitskompetenz, Lotsenfunktion, Förderung der Funktionsfähigkeit und Pflege. Wann der Eingliederungshilfeträger, unter Beachtung des Nachrangprinzips, vorwiegend gesundheitsbezogene Assistenzleistungen i. S. d. § 78 SGB IX für Menschen mit wesentlichen Behinderungen zur Verfügung zu stellen hat, veranschaulicht sie durch Beschreibung und Abgrenzung derselben von anderen Sozialleistungen. Sie will damit die Bedarfsermittlung sowie die Teilhabe und Gesamtplanung erleichtern. Zudem betont sie die Notwendigkeit, indirekte Unterstützungsleistungen bereits in den Konzepten der Dienste und Einrichtungen der Eingliederungshilfe zu verankern. Dazu zählen z. B. die Qualifizierung des Personals und die systematische Förderung der Gesundheitskompetenz durch Einrichtungen und Dienste im Rahmen von Qualitätsmanagement-Systemen.

An der Leitvorstellung einer inklusiven Ausgestaltung der vorrangigen Leistungssysteme hält die DVfR fest und weist auf die Verpflichtung der Vertragsstaaten aus Art. 25 der UN-Behindertenrechtskonvention hin, Menschen mit Behinderungen den Zugang zur Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard zur Verfügung zu stellen wie Menschen ohne Behinderungen. Da dies noch nicht der Fall ist, fordert sie, die Gesundheitssorge als regelhaften Bestandteil der Bedarfsermittlung sowie der Teilhabe- bzw. Gesamtplanung zu berücksichtigen. Einrichtungen und Dienste sollen bei der Gesundheitssorge in ihren Konzepten systematisch Unterstützungsleistungen vorsehen, damit diese als wichtiges Element in den Landesrahmenverträgen Berücksichtigung finden.

Das Positionspapier (44 Seiten) ist auf www.dvfr.de im Bereich „Arbeitsschwerpunkte - > Stellungnahmen“ abrufbar.



Publication History

Article published online:
24 August 2021

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