Rehabilitation (Stuttg) 2022; 61(03): 170-176
DOI: 10.1055/a-1647-9728
Originalarbeit

Prädiktoren für die Inanspruchnahme unterschiedlicher Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Ein Vergleich von Integrationsmaßnahmen, Teilqualifizierungen und Vollausbildungen

Predictors of the Use of Different Occupational Rehabilitation Measures: A Comparison of Integration Measures, Partial Qualifications and Full Training
Theresa Kölle
1   Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm
,
Lucia Schmid
1   Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm
,
Rainer Kaluscha
1   Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm
,
Christina Kaltenbach
1   Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm
,
Lena Tepohl
1   Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm
,
Klaus Krebs
2   Berufsförderungswerk Schömberg
,
Gert Krischak
1   Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm
› Author Affiliations
Finanzielle Unterstützung Die Studie wurde von der Deutschen Rentenversicherung Baden- Württemberg finanziell unterstützt.

Zusammenfassung

Ziel der Studie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind ein wesentlicher Bestandteil der rehabilitativen Maßnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung und sind immer dann indiziert, wenn gesundheitsbedingte Einschränkungen die Erwerbsfähigkeit bedrohen. Es gibt verschiedene Arten von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die sich hinsichtlich Inhaltes, Struktur, Dauer, Betreuungsintensität und Kosten voneinander unterscheiden. Ziel der Studie war es, Merkmale von Rehabilitanden zu identifizieren, die die Inanspruchnahme unterschiedlicher Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben charakterisieren.

Methodik In die Beobachtungsstudie wurden alle Versicherten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg mit einbezogen, die in den Jahren 2009 bis 2014 im kooperierenden Berufsförderungswerk eine Integrationsmaßnahme, eine Teilqualifizierung oder eine Vollausbildung absolviert hatten. Um Hinweise auf die Prädiktoren der Inanspruchnahme der 3 unterschiedlichen Leistungen zu erhalten, wurde eine multinomiale logistische Regression mit der Zielgröße Maßnahmenart berechnet. Als potenzielle Einflussgrößen wurden soziodemografische Merkmale sowie verschiedene Parameter, die den Erwerbsstatus der Rehabilitanden im Vorjahr der Maßnahmen abbilden, in das Modell mit aufgenommen.

Ergebnisse In die Analysen wurden insgesamt 934 Rehabilitanden einbezogen, die eine Integrationsmaßnahme (n=443), eine Teilqualifizierung (n=315) oder eine Vollausbildung (n=176) absolviert haben. Im finalen logistischen Regressionsmodell erwiesen sich Geschlecht (p<0,0001), Alter (p<0,0001), Schulabschluss (p=0,0033), Besitz eines Führerscheins (p<0,0001), Umzugsbereitschaft (p=0,0012), der Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung (p=0,0404) sowie die Beitragsart im dritten Monat vor Maßnahmenbeginn (p=0,0020) als signifikante Prädiktoren für die Inanspruchnahme.

Schlussfolgerung Die umfangreicheren und kostenintensiveren Vollausbildungen werden im Vergleich zu Integrationsmaßnahmen eher von jüngeren, männlichen, schulisch höher qualifizierten und vor der Maßnahme im Erwerbsleben stehenden Rehabilitanden in Anspruch genommen. Entsprechendes gilt teilweise und mit kleineren Effekten auch für die Teilqualifizierungen.

Abstract

Purpose Occupational rehabilitation is an essential part of supporting return to work by the statutory pension insurance institutes. It is useful if health-related restrictions threaten the ability to work. There are various forms of occupational rehabilitation which differ considerably in terms of content, structure, duration, intensity of care and costs. The aim of the study was to identify personal characteristics that can influence the use of three different occupational rehabilitation measures.

Methods All rehabilitants who underwent an occupational rehabilitation in the cooperating occupational rehabilitation centre (Berufsförderungswerk) from 2009 to 2014 under the funding of the German Federal Pension Fund were included in the analysis. A multinomial logistic regression was calculated in order to obtain information on the predictors of utilization of three occupational rehabilitation measures (integration measure, partial qualification, full training). As potential influencing factors, various sociodemographic characteristics as well as various parameters that reflect the employment status of rehabilitants in the previous year were included in the model.

Results The analyses included a total of 934 rehabilitants who had completed an integration measure (n=443), partial qualification (n=315) or full training (n=176). In the final logistic regression model, gender (p<0.0001), age (p<0.0001), education level (p=0.0033), driving license (p<0.0001), willingness to move (p=0.0012), recognized disability (p=0.0404) and the employment status in the third month before the start of the measure (p=0.0020) proved to be significant predictors of utilization.

Conclusion The utilization of the different occupational rehabilitation measures is determined by various influencing factors. In particular, the more extensive and cost-intensive full training are more likely to be taken up by younger, male and more highly qualified rehabilitants.



Publication History

Article published online:
12 November 2021

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