retten! 2022; 11(05): 371-380
DOI: 10.1055/a-1885-8223
Fachwissen

Nichteinleiten oder Abbruch einer Reanimation im Rettungsdienst

Mögliche Kriterien zur Begründung einer Entscheidung
Jens Tiesmeier
,
Jan Persson
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Die Suche nach der Antwort auf die Frage, ob eine CPR (noch) sinnhaft ist und wann sie begonnen und beendet werden soll, beschäftigt den Rettungsdienst jeden Tag. Die Entscheidung ist im Team und stets individuell vor Ort zu treffen – jede Situation ist einmalig und nicht vorhersagbar. Der Beitrag stellt relevante medizinische, juristische und ethische Aspekte hinsichtlich der Grenzen der CPR vor und liefert vielleicht auch neue Ideen für Ihren persönlichen „Methodenkoffer“ im Einsatz.

Kernaussagen
  • Die Entscheidung über den Beginn, den Nichtbeginn oder den Abbruch einer CPR umfasst die Betrachtung medizinischer, ethischer und juristischer Aspekte (s. [Abb. 5]). Diese sollten in der konkreten Einsatzsituation oder im Rahmen einer Nachbesprechung im Team bewertet, diskutiert und bestenfalls gemeinsam entschieden werden.

  • Aufgrund der individuellen, patientenseitigen Faktoren existieren keine allgemeingültigen Aussagen, die aus rein medizinischer Sicht die Prognose einer CPR und somit die medizinische Rechtfertigung oder Indikation zu Beginn oder im Verlauf einer CPR sicher voraussagen können.

  • In der Praxis hat sich zu den ethischen Bewertungen einer CPR eine Orientierung an den 4 gleichberechtigten Prinzipien der Bioethik bewährt. Sie umfassen das Prinzip der Autonomie, der Fürsorge, der Schadensvermeidung und der Gerechtigkeit.

  • Einzig mit einer CPR zu beginnen sichert, wenn gegeben, die Option auf ein Überleben – gesund oder mit Folgeschädigungen. Daher sollten Teams im Rettungsdienst es sich zur Gewohnheit machen, nach erfolgreichen oder erfolglosen CPR eine Nachbesprechung durchzuführen, um die mögliche Last der Entscheidung gemeinsam zu finden und zu tragen.

  • Therapieziele einer CPR sind die Wiederherstellung eines Spontantankreislaufs und die bestmögliche Vermeidung sekundärer physiologischer und psychischer Schädigungen. Im Verlauf einer CPR muss wiederholt die Frage gestellt werden, ob das gesteckte Ziel noch realistisch erreichbar scheint.

  • Es darf keine Maßnahme, auch keine CPR, gegen den Willen des Patienten durchgeführt werden; ggf. muss der mutmaßliche Wille ermittelt werden.



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Article published online:
30 November 2022

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