Gesundheitswesen 2023; 85(08/09): 697-705
DOI: 10.1055/a-1974-8423
Originalarbeit

Akademische Karriere in der Medizin: eine geschlechterbezogene Analyse zu beruflichen Zielen

Academic Careers in Medicine: a Sex-Related Analysis of Career Goals
1   Lehrstuhl für Didaktik und Bildungsforschung im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke Fakultät für Gesundheit, Witten
2   Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Plastische Chirurgie, Marien Hospital Witten, Witten
,
Jörg Hauser
3   Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie, Alfried-Krupp-Krankenhaus, Essen
,
Mahsa Bagheri
4   Klinik für Plastische Chirurgie, Handchirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Universität Witten/Herdecke, Klinikum Köln Merheim, Köln
,
Jan Peter Ehlers
1   Lehrstuhl für Didaktik und Bildungsforschung im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke Fakultät für Gesundheit, Witten
,
Irini Helena Leifeld
5   Klinik für Plastisch-rekonstruktive, Ästhetische und Handchirurgie, Klinikum Kassel GmbH, Kassel
,
Paul Christian Fuchs
4   Klinik für Plastische Chirurgie, Handchirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, Universität Witten/Herdecke, Klinikum Köln Merheim, Köln
,
Daniel Johannes Tilkorn
3   Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie, Alfried-Krupp-Krankenhaus, Essen
,
Christian Günter Georg Sorg
6   Lehrstuhl für Management und Innovation im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten
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Zusammenfassung

Ziel der Studie Für die Ärztinnen und Ärzte des klinisch-akademischen Mittelbaus spielen Arbeitsbedingungen sowie die Einstellung zu Beruf und Karriere eine entscheidende Rolle. Seit Jahren ist in der Medizin ein ansteigender Frauenanteil zu verzeichnen. Trotz dieser Zunahme zeigt sich gerade in der akademischen Medizin immer noch eine signifikante Geschlechtsinkongruenz. Ziel dieser Arbeit ist es ein aktuelles Meinungsbild von Ärztinnen und Ärzten zu geschlechtsbezogenen Aspekten für die Karriere zu analysieren.

Methodik Mittels einer Online-Befragung wurde der medizinische Mittelbau aus universitären und peripheren Krankenhäusern zu berufsbiographischen sowie karriererelevanten Themen befragt und anschließend geschlechtsbezogen analysiert.

Ergebnisse Ärztinnen streben im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen niedrigere berufliche Karriereziele an und verfolgen hierbei überwiegend die Qualifikation bis zur Oberärztin. Ärzte hingegen haben zum höheren Anteil leitende Positionen zum Ziel. Frauen planen Familie und Kindererziehung früher in ihre Karrieren ein. Männer haben im gleichen Zeitabschnitt eher die berufliche Karriere im Blick. Obwohl nur knapp 47% der Befragten eine akademische Karriere als erstrebenswert erachten, schätzen 65% den Erwerb eines akademischen Titels weiter hoch ein. Bei der Auswertung einer gleichberechtigten Behandlung durch Vorgesetzte fühlen sich Ärztinnen im Vergleich zu Ärzten in ihrer beruflichen Karriere eher benachteiligt. So bewerten Ärzte den Umgang ihrer jeweiligen Vorgesetzten als geprägt von der Qualität der Arbeit (44% für beide vorgesetzten Geschlechter) bzw. abhängig von der Sympathie (weibliche Vorgesetzte 30%; männlicher Vorgesetzter 24%). Ärztinnen sehen jedoch in 37% bei männlichen Vorgesetzten eine Bevorzugung männlicher Kollegen.

Schlussfolgerung Trotz eines seit Jahrzehnten deutlich größeren Frauenanteils in der Medizin besteht auch aktuell weiter eine Geschlechtsinkongruenz zugunsten von Männern in Leitungspositionen. Die beruflichen, wie privaten Ziele von Frauen und Männern unterschieden sich je nach Altersdekade deutlich. Die akademische Karriere per se verliert zunehmend an Bedeutung, wobei der Erwerb akademischer Titel weiterhin erstrebenswert zu sein scheint. Zur Verbesserung der Zukunftsfähigkeit der akademischen Medizin sind daher erhebliche strukturelle Veränderungen erforderlich, die projektfähige Karrierepfade (z. B. Tenure Track, Assistenzprofessur, Young Medical Professionals-Modell) für den akademischen Mittelbau ermöglichen.

Abstract

Aim of the study For female and male physicians of the clinical-academic mid-level staff, working conditions as well as the attitude towards profession and career play a decisive role. For years, there has been an increasing proportion of women in medicine. Despite this increase, a significant sex incongruence is still evident, especially in academic medicine. The aim of this work was to analyze current opinions of female and male physicians on sex-related aspects for career.

Methods By means of an online survey, medical mid-level staff from university and peripheral hospitals were asked about professional biographical as well as career-related topics and the data analyzed in terms of the sexes.

Results Compared to their male counterparts, female physicians had lower career goals and mainly aimed to qualify as senior physicians. Women planned to have families and raise children earlier in their careers. Men were more likely to have their professional careers in mind during the same time period. Although only just under 47% of respondents considered an academic career to be worthwhile, 65% continued to rate the acquisition of an academic title highly. When evaluating equal treatment by superiors, female physicians tended to feel disadvantaged in their professional careers compared to male physicians. Thus, physicians rated the treatment by their respective superiors as characterized by the quality of the work (44% for both genders of superiors) or dependent on sympathy (female superiors 30%; male superiors 24%). Female physicians, however, saw a preference for male colleagues in 37% of male superiors.

Conclusion Despite a significantly larger proportion of women in medicine for decades, there is still an incongruence in sexes in favor of men in management positions. The professional and private goals of women and men differ significantly depending on their age decade. The academic career per se is increasingly losing importance, although the acquisition of academic degrees still seems to be desirable. Therefore, to improve the future of academic medicine, significant structural changes are needed to enable projectable career paths (e. g., tenure track, assistant professorship, young medical professionals model) for mid-level academic staff.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
31. Januar 2023

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