CC BY-NC-ND 4.0 · Zentralbl Chir 2024; 149(01): 128-132
DOI: 10.1055/a-2074-7405
Originalarbeit

Operieren in der Schwangerschaft und Stillzeit (OpidS) in der Thoraxchirurgie – ein interdisziplinäres Konsensuspapier

Thoracic Surgery during Pregnancy and Breastfeeding – an Interdisciplinary Consensus Paper
1   Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland (Ringgold ID: RIN39066)
,
Uta-Carolin Pietsch
2   Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Leipzig University, Leipzig, Deutschland (Ringgold ID: RIN9180)
,
Silke Kappelmeyer
3   Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit, Leipzig University, Leipzig, Deutschland (Ringgold ID: RIN9180)
,
Sven Wessela
3   Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit, Leipzig University, Leipzig, Deutschland (Ringgold ID: RIN9180)
,
4   Klinik für Tumortherapie, HELIOS Klinikum Berlin-Buch, Berlin, Deutschland (Ringgold ID: RIN62473)
5   Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Deutschland (Ringgold ID: RIN60634)
,
Laura Klotz
6   Klinik für Thoraxchirurgie, Thoraxklinik, Heidelberg University, Heidelberg, Deutschland (Ringgold ID: RIN9144)
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Hintergrund

Der Zuwachs von in der Chirurgie tätigen Frauen rückt die Herausforderungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zunehmend und anhaltend in den Fokus. Gerade in chirurgischen Fächern spielen Fragen der Beschäftigung und Weiterbildung während Schwangerschaft und Stillzeit eine große Rolle. Eine realistische Vereinbarkeit von Schwangerschaft, Stillzeit, Familie, Weiterbildung und Beruf zu erreichen, ist auch in der Thoraxchirurgie ein wichtiges Ziel, um das Fach attraktiv für junge Absolventinnen zu gestalten und für Assistenzärztinnen als Spezialisierung mit einer Perspektive auszustatten.

Material und Methoden

Anhand der gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium wurde durch Vertreter*innen der Thoraxchirurgie, Anästhesie und Arbeitsmedizin/Arbeitssicherheit ein interdisziplinäres Konsenspapier zum Operieren in der Schwangerschaft und Stillzeit (OpidS) in der Thoraxchirurgie erarbeitet.

Ergebnisse

Die Mehrzahl der thoraxchirurgischen Eingriffe kann in der Schwangerschaft und Stillzeit vorgenommen werden. Eine risikostratifizierte Positivliste fasst thoraxchirurgische Eingriffe mit potenziell vertretbarem Risiko in der Schwangerschaft und Stillzeit zusammen. Als Negativliste sind Eingriffe zusammengefasst, deren Durchführung die Autor*innen in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfehlen. Zur individuellen Umsetzung wurde eine Checkliste als Hilfestellung erstellt, um OpidS in der Thoraxchirurgie zu ermöglichen.

Schlussfolgerung

Nahezu alle thoraxchirurgischen Eingriffe können unter Einhaltung jeweils zu bestimmender Schutzmaßnahmen durch Schwangere und Stillende durchführbar sein. Voraussetzung hierfür ist der freiwillige und selbstbestimmte Wunsch der schwangeren oder stillenden Chirurginnen zur operativen Tätigkeit sowie die Umsetzbarkeit der Schutzmaßnahmen, getragen durch die/den Arbeitgeber*in.


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Abstract

Background

If thoracic surgery is to remain an attractive career path for young physicians, it is essential to provide opportunities to balance work, residency, and family time. With an increasing proportion of women in thoracic surgery, it has become increasingly important to create a work environment that allows safe employment during pregnancy and breast feeding becomes an important concern.

Material and Methods

Based on the legal requirements of the German Maternity Protection Act (Mutterschutzgesetz), this interdisciplinary consensus paper was developed by representatives of thoracic surgery, anaesthesiology, and occupational medicine.

Results

The vast majority of thoracic operations can be performed by pregnant or breast-feeding surgeons. We established a risk-stratified list of operations with potentially acceptable risk, and a list of operations that pregnant or breast-feeding surgeons should not perform. A checklist aims to aid the individual implementation of thoracic surgery during pregnancy and breast feeding.

Conclusion

Thoracic surgery can be performed by pregnant or breast-feeding surgeons when certain protective measures are observed. The prerequisite is the voluntary and independent decision of the surgeon, and the implementation of safety precautions by the employer.


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Einleitung

Seit vielen Jahren steigt der Anteil weiblicher Medizinstudierender und betrug in Deutschland im Wintersemester 2020/2021 knapp ⅔ (63,2%) [1]. Der Zuwachs von in der Chirurgie tätigen Frauen rückt die Herausforderungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zunehmend und anhaltend in den Fokus. Gerade in chirurgischen Fächern spielen Fragen der Beschäftigung und Weiterbildung während Schwangerschaft und Stillzeit eine große Rolle. Mit der Gründung der Initiative „OPidS – Operieren in der Schwangerschaft“ legten Niethard und Donner 2015 den Grundstein für eine informierte und aufgeklärte Entscheidungsfindung für schwangere Chirurginnen insbesondere in der Orthopädie und Unfallchirurgie [2].

Während der Schwangerschaft operieren zu wollen, kann viele Gründe haben: so spielen neben persönlichen Beweggründen (z. B. Freude an der chirurgischen Tätigkeit, Vorankommen in der Weiterbildung) auch strukturelle Ursachen (z. B. Personalmangel, Rivalität) eine Rolle. Einer Umfrage unter Chirurginnen in Deutschland zufolge sind die Freude am Operieren, Teamgeist und Kollegialität die größte Motivation, während der Schwangerschaft zu operieren [3]. Jede 5. Chirurgin gab allerdings auch Personalmangel als entscheidenden Einflussfaktor an [3]. Gleichzeitig kann insbesondere Personalmangel zu einer geringeren Einhaltung empfohlener Arbeitsschutzmaßnahmen bei operativ tätigen Schwangeren führen [4].

Etwa ⅓ der Befragten nannte den Wunsch nach einem zügigen Facharztabschluss als entscheidend für das Operieren während der Schwangerschaft [3]. Gleichzeitig wird die Weiterbildungszeit jedoch als der am wenigsten geeignete Zeitpunkt angesehen, um Kinder zu bekommen [5] [6]. In einer Umfrage des American Board of Thoracic Surgeons gaben 20% der Befragten an, assistierte Reproduktionstechnologien, Leihmutterschaft oder Adoption genutzt zu haben, um Kinder zu bekommen [7]. Eine realistische Vereinbarkeit von Schwangerschaft, Stillzeit, Familie, Weiterbildung und Beruf zu erreichen, ist auch in der Thoraxchirurgie ein wichtiges Ziel, um das Fach attraktiv für junge Absolventinnen zu gestalten und für Assistenzärztinnen als Spezialisierung mit einer Perspektive auszustatten.

Dieses Konsensuspapier von Vertreter*innen der Thoraxchirurgie, Anästhesie und Arbeitsmedizin/Arbeitssicherheit entstand auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft „Frauen in der Thoraxchirurgie“ der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie und soll als Leitfaden dienen, um das thoraxchirurgische Operieren in der Schwangerschaft und Stillzeit zu ermöglichen. Als wichtigster Grundsatz ist voranzustellen: Jede Chirurgin entscheidet selbst und freiwillig, ob und in welchem Ausmaß sie während der Schwangerschaft und Stillzeit operativ tätig sein möchte. Grundlage für das Operieren in der Schwangerschaft bildet eine individuelle Gefährdungsbeurteilung, die gemeinsam mit der oder dem Fachvorgesetzten und Arbeitsmedizin/Arbeitssicherheit anhand der Vorgaben des Mutterschutzgesetzes erfolgt.


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Rechtliche Grundlage

Rechtliche Grundlage für das Arbeiten in der Schwangerschaft bildet das Mutterschutzgesetz (MuSchG) [8]. Das Gesetz gilt auch für Studentinnen [8], sodass diese während einer Famulatur oder im Praktischen Jahr ebenfalls im OP-Saal tätig sein dürfen.

Während das Mutterschutzgesetz zum einen darauf abzielt, den bestmöglichen Gesundheitsschutz während Schwangerschaft und Stillzeit zu erreichen, soll es zum anderen dazu dienen, diese Personengruppen nicht beruflich zu diskriminieren: „Es soll nicht dazu kommen, dass Frauen durch Schwangerschaft und Stillzeit Nachteile im Berufsleben erleiden oder dass die selbstbestimmte Entscheidung einer Frau über ihre Erwerbstätigkeit verletzt wird.“ [9]. Um eine solche Benachteiligung zu vermeiden, ist ebenfalls geregelt, dass Arbeitgeber*innen verpflichtet sind, die Arbeitsbedingungen so umzugestalten, dass die Schutzmaßnahmen erfüllt sind [8]. Nur wenn die Schutzmaßnahmen nicht durch eine entsprechende Umgestaltung zu gewährleisten sind oder die Umgestaltung unzumutbar ist, ist die Schwangere an einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen [8].


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Beschäftigungsverbot

Arbeitgeber*innen sollen entsprechend der Gefährdungsbeurteilung Schwangeren die Weiterbeschäftigung ermöglichen. Nur wenn eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes zur Umsetzung der Schutzmaßnahmen nicht oder nur unter erheblichem Aufwand möglich ist, ist ein betriebliches Beschäftigungsverbot auszusprechen. [Abb. 1] stellt die Rangfolge dar, nach der die Schutzmaßnahmen durch Arbeitgeber*innen umgesetzt werden müssen.

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Abb. 1 Rangfolge der Maßnahmen zur Umsetzung der Schutzmaßnahmen.

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Schwangerschaft in der ärztlichen Weiterbildungszeit

In Abschnitt A § 4 Abs. 4 der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer heißt es: „Dauer und Inhalt der Weiterbildung richten sich nach den Bestimmungen dieser Weiterbildungsordnung. Die festgelegten Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte sind Mindestzeiten und Mindestinhalte. (…) Eine Unterbrechung der Weiterbildung, insbesondere wegen Schwangerschaft, Elternzeit (…) – soweit eine Weiterbildung nicht erfolgt – oder Krankheit, kann nicht als Weiterbildungszeit angerechnet werden.“ [10].

Ist während der Weiterbildungszeit eine Umsetzung der Schwangeren oder Stillenden auf einen nicht operativen Bereich notwendig, sollte darauf geachtet werden, dass die Weiterbildung inhaltlich fortgesetzt wird, um eine Verlängerung der Weiterbildung zu vermeiden. Hierzu ist bspw. ein Einsatz in der Sprechstunde oder auf der Station möglich. Ebenso kann eine Rotation in die Endoskopie sinnvoll sein, solange die Umsetzung der Schutzmaßnahmen dort möglich ist.


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Arbeitszeit und Ruhezeit

Schwangere und Stillende dürfen höchstens 8½ h und nicht mehr als 90 h in der Doppelwoche (einschl. Sonntage) beschäftigt werden. Es muss eine ununterbrochene Ruhezeit von 11 h gewährleistet sein [8]. Sonntagsarbeit kann auf ausdrücklichen Wunsch der Schwangeren erfolgen, wenn keine Alleinarbeit geleistet wird und in der Anschlusswoche ein Ersatzruhetag gewährt wird [8].

Auf Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann auf ausdrücklichen Wunsch der Schwangeren eine Beschäftigung bis 22 Uhr erfolgen, wenn nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegenspricht und keine Alleinarbeit besteht [8].


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Umgestaltung des OP-Umfelds zur Einhaltung der Schutzmaßnahmen

Elektive Operationen

Zur Vermeidung von Stress und Gewährleistung des Infektionsschutzes sollen schwangere Chirurginnen keine Notfalloperationen durchführen. Um ggf. kurzfristig notwendige Ruhephasen zu gewährleisten [8], sollen Schwangere zudem mit einem personellen Back-up im OP geplant sein. Eine Sitzmöglichkeit muss im OP-Saal stets zur Verfügung stehen.


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Lagerung

Schwangere dürfen keiner Tätigkeit ausgesetzt sein, bei der sie regelmäßig mehr als 5 kg oder gelegentlich mehr als 10 kg heben, halten oder bewegen müssen [8]. Dies ist bspw. bei der Lagerung von Patient*innen im Operationssaal der Fall, sodass die Lagerung nicht durch die Schwangere durchgeführt werden darf.


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OP-Dauer

Nach Ablauf des 5. Schwangerschaftsmonats dürfen keine Tätigkeiten ausgeführt werden, bei denen die Schwangere überwiegend bewegungsarm länger als 4 h täglich stehen muss [8].


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Rauchgasabsaugung

Zur Reduktion der Exposition gegenüber chirurgischen Rauchgasen, z. B. durch elektrochirurgische Verfahren, ist grundsätzlich der Einsatz von Rauchgasabsaugungen zu empfehlen.


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Narkose

Narkosegase zählen zu Gefahrstoffen, mit denen eine Schwangere nicht in Kontakt kommen soll [8]. Die Verwendung von volatilen Anästhetika bei schwangerem OP-Personal wird kontrovers diskutiert. Der flächendeckende Einsatz von geschlossenen Narkosesystemen und Laminar Airflow reduzieren das Risiko von Narkosegasinhalation durch das OP-Personal. Allerdings ist insbesondere bei thoraxchirurgischen Operationen durch möglicherweise notwendige Tubuslagekontrolle oder ggf. vorhandene Lungenparenchymfisteln von der Verwendung volatiler Anästhetika grundsätzlich abzuraten. Die Narkoseführung sollte als totale intravenöse Anästhesie (TIVA) erfolgen.


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Infektionsschutz

Neben der Überprüfung und ggf. Aktualisierung des Immunitätsstatus der Schwangeren entsprechend der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), sind für thoraxchirurgisch tätige Schwangere auch weitere Maßnahmen hinsichtlich des Infektionsschutzes sinnvoll.

Nadelstichverletzungen können zu einer Übertragung von Hepatitis-B- und -C-Viren (HBV und HCV) sowie dem Humanen Immundefizienz Virus (HIV) durch kontagiöse Patient*innen führen. Eine ausreichende Immunisierung gegen HBV ist für Chirurg*innen vorausgesetzt. Gleichzeitig sind patient*innenseitig diagnostische Maßnahmen notwendig, um eine mögliche Kontagiosität von Patient*innen zu ermitteln.

Um das Risiko einer Übertragung von Infektionskrankheiten zu minimieren, sind die folgenden Maßnahmen zu empfehlen:

  • Durchführung ausschließlich elektiver Operationen mit vorangegangenem Patient*innenscreening auf HIV, (HBV), HCV und SARS-CoV-2

  • Tragen von doppelten Handschuhen (sog. Indikatorhandschuhe)

  • Tragen von Schutzvisieren bzw. Schutzbrillen

In der Thoraxchirurgie stellt zudem der Kontakt mit Tuberkulose eine Herausforderung dar. Patient*innen, bei denen präoperativ der Verdacht auf eine Tuberkulose besteht, sollten nicht durch Schwangere oder Stillende operiert werden.


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Bronchoskopie

Die Bronchoskopie ist wesentlicher Bestandteil der thoraxchirurgischen Tätigkeit. Die o. g. Maßnahmen gelten auch für die Durchführung von Bronchoskopien. Insbesondere sei darauf hingewiesen, dass Notfallbronchoskopien nicht durch Schwangere durchgeführt werden sollten. Ebenso ist zur Reduktion des Infektionsrisikos das Tragen einer Schutzbrille oder eines Visiers zu empfehlen. Patient*innen, bei denen der Verdacht auf eine Tuberkulose besteht, sollten nicht durch Schwangere oder Stillende bronchoskopiert werden.


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Thoraxchirurgische Eingriffe

Die Mehrzahl der thoraxchirurgischen Eingriffe kann in der Schwangerschaft und Stillzeit vorgenommen werden. Mit Ausnahme der Notfalloperationen können Schwangere und Stillende alle Operationen durchführen, die im Zuge der Musterweiterbildungsordnung Thoraxchirurgie durch die Bundesärztekammer gefordert sind [10].

Um die thoraxchirurgischen Eingriffe risikostratifiziert während Schwangerschaft und Stillzeit darzustellen, wurde interdisziplinär eine Positivliste durchführbarer Operationen mit potenziell vertretbarem Risiko erstellt (Zusatzinfo Box 1). Ebenfalls wurde eine Negativliste operativer Tätigkeiten während der Schwangerschaft und Stillzeit zusammengestellt (Zusatzinfo Box 2).

Zusatzinfo

Box 1: Positivliste von thoraxchirurgischen Eingriffen in Schwangerschaft und Stillzeit

  • anatomische Resektion

    • offen

    • VATS/RATS

  • nicht anatomische Resektion

    • offen

    • VATS/RATS

  • Metastasenresektion

    • offen

    • VATS/RATS

  • Mediastinoskopie

  • Thymektomie

  • Rippen-, Brustwandresektion, Thorakostomaanlage

  • Evakuation Hämatothorax

  • Empyemdestruktion

  • Pleurektomie

  • Lungentransplantation

  • Tracheotomie

  • Trichter-/Kielbrustoperation

  • Sympathikusclipping/Sympathektomie

  • Zwerchfellraffung

Zusatzinfo

Box 2: Negativliste von thoraxchirurgischen Eingriffen in Schwangerschaft und Stillzeit

  • Notfalloperation

  • hypertherme intrathorakale Chemoperfusion

  • Operation bekanntermaßen infektiöser Patient*innen, z. B. Tuberkulose

  • Operation mit Einsatz von Röntgenstrahlen, z. B. Portanlage

  • Talkumpleurodese

  • Operation mit einer Dauer von mehr als 4 h (ab dem 5. Schwangerschaftsmonat)

Zur Anwendung von Talkum existieren keine Daten bez. der Unbedenklichkeit während Schwangerschaft und Stillzeit. Tierexperimentelle Daten zeigen, dass eine systemische Ausbreitung pleural instillierten Talkums möglich ist [11]. Ob dies auch nach respiratorischer Exposition möglich ist, kann anhand der vorliegenden Daten nicht widerlegt oder bestätigt werden. Wir empfehlen daher keine Durchführung von Talkumpleurodesen durch schwangere oder stillende Chirurginnen.

Zur individuellen Umsetzung soll die als Anhang 1 erstellte Checkliste als Hilfestellung dienen, um OpidS in der Thoraxchirurgie zu ermöglichen.


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Zusammenfassung

Thorakale Eingriffe können unter Einhaltung jeweils zu bestimmender Schutzmaßnahmen durch Schwangere und Stillende durchführbar sein. Voraussetzung hierfür ist der freiwillige und selbstbestimmte Wunsch der schwangeren oder stillenden Chirurginnen zur operativen Tätigkeit sowie die Umsetzbarkeit der Schutzmaßnahmen, getragen durch die/den Arbeitgeber*in.

Die oben dargestellte Positivliste macht erkennbar, dass nahezu alle thoraxchirurgischen Eingriffe auch durch Schwangere und Stillende durchgeführt werden können. Hierdurch unterscheidet sich die Thoraxchirurgie maßgeblich von anderen chirurgischen Disziplinen. Dies wird nicht zuletzt in der Weiterbildung deutlich, da mit Ausnahme der Notfalloperationen alle notwendigen Operationen von schwangeren und stillenden Chirurginnen durchgeführt werden können.

Die individuelle Umsetzung des Mutterschutzgesetzes ist für die/den Arbeitgeber*in rechtlich bindend und kann gewährleisten, das Fach der Thoraxchirurgie nicht nur inhaltlich als attraktiven Beruf zu bewahren. OpidS zu ermöglichen, stellt damit auch sicher, dass die Thoraxchirurgie einer zeitgerechten Vereinbarkeit von Beruf, Kinderwunsch und familiärer Versorgung gewachsen bleibt.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. Isabella Metelmann
Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Leipzig
Liebigstraße 20
04103 Leipzig
Deutschland   

Publication History

Received: 11 October 2022

Accepted after revision: 09 January 2023

Article published online:
15 May 2023

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Abb. 1 Rangfolge der Maßnahmen zur Umsetzung der Schutzmaßnahmen.