Schlüsselwörter
Verletzung - Verbrennung - Routinedaten - Versorgungsforschung
Einleitung
Das Ausmaß von Augenverletzungen reicht von leichten bis zu schweren oberflächlichen
Verletzungen, über Prellungen, Verletzungen mit Eröffnung des Auges bis hin zum Ausriss
des Sehnervs oder Abriss des gesamten Augapfels. Schwere Verletzungen enden oft mit
massiven dauerhaften Sehkrafteinschränkungen [1]. Bei schwerwiegenden Verletzungen müssen oft aufwendige Rekonstruktionsmaßnahmen
zur Stabilisierung und Heilung der Oberfläche mit operativem Wundverschluss und komplexer
vitreoretinaler Chirurgie erfolgen [2]. Für den betroffenen Patienten ist dies mit Visusverlust und Einschränkungen der
Lebensqualität und oft Berufsunfähigkeit verbunden [3].
Es gibt aus verschiedenen Ländern höchst unterschiedliche Berichte über die Häufigkeit
schwerer Augenverletzungen. Eine prospektive Fragebogenstudie aus Schottland zeigte
2014 eine Häufigkeit von 1,96 schweren Augenverletzungen pro 100 000 [4]. In einer Auswertung aus dem Verletzungsregister der USA aus dem Jahr 2005 fand
sich eine Häufigkeit von 3,15 schweren Augenverletzungen auf 1000 [5]. Eine kanadische Telefonumfrage aus dem Jahr 2012 mit insgesamt 4974 Teilnehmern
zeigte eine Inzidenz von 2,09% im Zeitraum eines Jahres. Jeweils 30% der Verletzungen
ereigneten sich zu Hause oder am Arbeitsplatz, 8% traten beim Sport auf. Scharfe Traumata
lagen bei 23% der Fälle vor, stumpfe Traumata bei 6,7% [6].
Verbrennungen und Verätzungen haben, wie mechanische Verletzungen auch, ein hohes
Risiko für eine dauerhafte schwere Visusminderung. Häufig müssen auch hier aufwendige
Rekonstruktionsverfahren verwendet werden, um einen Bulbuserhalt und ggf. eine Sehverbesserung
zu erzielen [7]. Verbrennungen und Verätzungen treten meist im Rahmen von Berufsunfällen auf [8].
Aus Deutschland existiert eine standardisierte prospektive Umfragestudie zu Augenverletzungen
an Silvester, die von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft unterstützt wird.
Zwischen Dezember 2016 und Januar 2023 wurden 2989 anonyme Daten zu Betroffenen mit
Verletzungen durch privates Feuerwerk erfasst. Davon waren rund 25% der Patienten
schwer verletzt und mussten stationär behandelt werden [9]. Während der Pandemie wurde in Deutschland der Verkauf von privatem Feuerwerk untersagt.
Eine Umfragestudie zeigte, dass es dadurch einen signifikanten Rückgang der Augenverletzungen
im Zeitraum um Silvester gegeben hat [10].
Mit den Krankenhausqualitätsberichten steht in Deutschland seit dem Jahr 2008 ein
objektives Werkzeug zur Verfügung, welches die Auswertung von ICD-Codes und OPS-Codes
an deutschen bettenführenden Krankenhäusern ermöglicht.
Die Codierung im ICD-System unterscheidet zwischen mechanischen Augenverletzungen,
die unter S05 codiert werden, von thermischen und chemischen Augenverletzungen im
Abschnitt T26.
In der Versorgungsforschung der Augenheilkunde konnten bereits objektive Auswertungen
zur Kataraktchirurgie, Vitrektomie und eindellende Operation, Glaukomchirurgie und
Keratoplastik durchgeführt werden [11], [12], [13], [14], [15], [16].
Ziel dieser Arbeit ist die objektive Erfassung leichter und schwerer Augenverletzungen
mittels Auswertung der Qualitätsberichte der Krankenhäuser des Gemeinsamen Bundesausschusses
(G-BA). Es sollen sowohl die mechanischen Verletzungen (S05) als auch die thermischen/chemischen
Verletzungen (T26) erfasst werden. Um regionale Unterschiede aufzudecken, soll zudem
eine Analyse auf Ebene der Bundesländer in Relation zur jeweiligen Bevölkerungszahl
erfolgen.
Um die Relevanz eventueller Schutzmaßnahmen beim Umgang mit privatem Feuerwerk abzuschätzen,
setzen wir zudem die Anzahl der feuerwerksbedingten Verletzungen in Relation zur Gesamtzahl
der Augenverletzungen.
Methoden
Die Arbeit basiert auf 2 unterschiedlichen Datenquellen:
-
Der 1. Teil der Arbeit ist eine retrospektive Routinedatenuntersuchung. Hier sollen
sowohl die mechanischen (S05) als auch die thermischen Verletzungen (T26) erfasst
werden und sowohl insgesamt als auch bezogen auf die Bundesländer ausgewertet werden.
-
Die Datenquellen sind die Qualitätsberichte der Krankenhäuser aus den Berichtsjahren
2008, 2010 und 2012 – 2022 im XML-Format.
-
Bei den Qualitätsberichten der Krankenhäuser handelt es sich um objektive Daten aus
dem Gesundheitswesen. Die Krankenhäuser sind gesetzlich dazu verpflichtet, Qualitätsberichte
zu erstellen. Diese enthalten u. a. die erhobenen Diagnosen in Form der ICD-10-Codierung.
-
Die Qualitätsberichte der Krankenhäuser werden vorliegend nur teilweise bzw. auszugsweise
genutzt. Eine vollständige unveränderte Darstellung der Qualitätsberichte der Krankenhäuser
erhalten Sie unter www.g-ba.de/qualitaetsberichte.
-
Die Datenverarbeitung und statistische Auswertung erfolgten mit der Programmiersprache
R (R-Project.org, R-Studio).
-
Die Anzahl der codierten Augenverletzungen an deutschen bettenführenden Häusern wurde
zusammen mit den Ortsdaten exportiert. Um die Anonymität der Meldestandorte zu gewährleisten,
erfolgte die Auswertung auf Ebene der Bundesländer, wobei die Bundesländer Berlin,
Bremen und Hamburg zusammengefasst wurden.
-
Es wurden alle Krankenhäuser berücksichtigt, um keine Verletzungen, die durch eine
Beschränkung auf Augenkliniken möglich wäre, zu übersehen.
-
Die Unterscheidung zwischen schweren und leichten Verletzungen ist im ICD-System schwierig,
da auch oberflächliche Verletzungen und Verätzungen mit massiven Visuseinschränkungen
einhergehen können. Da sich dies aus dem Code allein nicht unterscheiden lässt, beschränken
wir uns im Folgenden auf die Differenzierung von bulbuseröffnenden Verletzungen, Verbrennungen
und Verätzungen sowie kompletten Bulbusabrissen als schwere Verletzungen.
-
Um einen Vergleich der Gesamtzahl der Verletzungen zu den feuerwerksbezogenen Verletzungen
herzustellen, werden auch Daten der Umfragestudie zu den feuerwerksbedingten Augenverletzungen
herangezogen. Dies ist eine onlinebasierte prospektive Studie, die seit 2016 an den
5 Tagen um Silvester in standardisierter Form an allen am augenärztlichen Notdienst
teilnehmenden Augenkliniken durchgeführt wird [9], [10]. In die vorliegende Auswertung gehen die Daten zu Augapfelprellungen und traumatischen
Bulbusrupturen ein. Die Anzahl dieser Verletzungen für den Jahreswechsel 2022/23 wurde
hälftig in die Auswertung einbezogen.
Ergebnisse
Mechanische Verletzungen (S05)
Die mit bis zu 2500 Fällen pro Jahr häufigste behandelte Augenverletzung an deutschen
Krankenhäusern stellt die Prellung des Augapfels und/oder der Orbita dar. Bei den
schweren Verletzungen finden sich am häufigsten Rissverletzungen des Auges mit Verlust
von intraokularem Gewebe mit bis zu 990 Fällen pro Jahr. Bei allen Augenverletzungen,
sowohl leicht als auch schwer, zeigt sich ein Rückgang ab dem Jahr 2020, der je nach
Art der Verletzung unterschiedlich stark ausfällt ([Abb. 1], [Tab. 1]).
Abb. 1 Anzahl der Augenverletzungen an deutschen bettenführenden Häusern. S05.0: Verletzung
der Konjunktiva und Abrasio corneae ohne Angabe eines Fremdkörpers. S05.1: Prellung
des Augapfels und des Orbitagewebes. S05.2: Rissverletzung und Ruptur des Auges mit
Prolaps oder Verlust intraokularen Gewebes. S05.3: Rissverletzung und Ruptur des Auges
ohne Prolaps oder Verlust intraokularen Gewebes. S05.4: penetrierende Wunde der Orbita
mit oder ohne Fremdkörper. S05.5: penetrierende Wunde des Augapfels mit Fremdkörper.
S05.6: penetrierende Wunde des Augapfels ohne Fremdkörper. S05.7: Abriss des Augapfels.
S05.8: sonstige Verletzung des Auges und der Orbita. S05.9: Verletzung des Auges und
der Orbita nicht näher bezeichnet.
Tab. 1 Anzahl der Augenverletzungen an deutschen bettenführenden Häusern.
|
ICD
|
2008
|
2010
|
2012
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
2021
|
2022
|
|
S05.0: Verletzung der Konjunktiva und Abrasio corneae ohne Angabe eines Fremdkörpers;
S05.1: Prellung des Augapfels und des Orbitagewebes; S05.2: Rissverletzung und Ruptur
des Auges mit Prolaps oder Verlust intraokularen Gewebes; S05.3: Rissverletzung und
Ruptur des Auges ohne Prolaps oder Verlust intraokularen Gewebes; S05.4: penetrierende
Wunde der Orbita mit oder ohne Fremdkörper; S05.5: penetrierende Wunde des Augapfels
mit Fremdkörper; S05.6: penetrierende Wunde des Augapfels ohne Fremdkörper; S05.7:
Abriss des Augapfels; S05.8: sonstige Verletzung des Auges und der Orbita; S05.9:
Verletzung des Auges und der Orbita nicht näher bezeichnet
|
|
S05.0
|
326
|
434
|
621
|
738
|
622
|
563
|
728
|
1 007
|
676
|
408
|
415
|
354
|
|
S05.1
|
2 081
|
2 163
|
2 535
|
2 475
|
2 332
|
1 735
|
2 409
|
2 369
|
1 992
|
1 162
|
1 089
|
1 160
|
|
S05.2
|
577
|
689
|
870
|
764
|
758
|
762
|
826
|
881
|
994
|
725
|
720
|
796
|
|
S05.3
|
292
|
346
|
451
|
433
|
370
|
272
|
323
|
384
|
332
|
267
|
242
|
265
|
|
S05.4
|
53
|
83
|
84
|
76
|
80
|
63
|
100
|
97
|
79
|
71
|
62
|
51
|
|
S05.5
|
437
|
449
|
512
|
480
|
475
|
385
|
393
|
493
|
495
|
400
|
349
|
290
|
|
S05.6
|
679
|
658
|
692
|
830
|
698
|
568
|
785
|
708
|
730
|
526
|
469
|
435
|
|
S05.7
|
13
|
26
|
23
|
15
|
20
|
14
|
12
|
15
|
12
|
9
|
5
|
6
|
|
S05.8
|
172
|
210
|
253
|
275
|
212
|
189
|
218
|
233
|
220
|
147
|
149
|
148
|
|
S05.9
|
20
|
68
|
42
|
53
|
39
|
31
|
27
|
41
|
36
|
13
|
14
|
10
|
In Relation zur Bevölkerung der Bundesländer werden prozentual in Mecklenburg-Vorpommern
mit bis zu 0,017% am meisten Augenverletzungen behandelt. Bezogen auf die absoluten
Zahlen werden in Nordrhein-Westfalen mit bis zu 1600 Verletzungen insgesamt die meisten
Augenverletzungen behandelt. In allen Bundesländern zeigt sich ab 2020 ein Rückgang
der absoluten und relativen Anzahl der Verletzungen ([Abb. 2], [Tab. 2] und [3]). Bei den schweren Augenverletzungen zeigt sich insgesamt kein großer Unterschied
bei den relativen Zahlen mit bis zu 0,008% in einigen Bundesländern. Der kleinste
relative Anteil an schweren Augenverletzungen kommt in Brandenburg vor (bis zu 0,001%).
Die meisten Augenverletzungen absolut gesehen werden ebenfalls in Nordrhein-Westfalen
behandelt. Interessanterweise sind in einigen Bundesländern im Jahr 2016 weder schwere
noch leichte Verletzungen codiert ([Abb. 3], [Tab. 4] und [5]).
Abb. 2 Anzahl der Augenverletzungen pro Bundesland pro Jahr.
Tab. 2 Anzahl aller Augenverletzungen an deutschen Bettenführenden Häusern pro Bundesland
pro Jahr.
|
Bundesland
|
2008
|
2010
|
2012
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
2021
|
2022
|
|
Baden-Württemberg
|
531
|
480
|
628
|
655
|
613
|
619
|
618
|
610
|
637
|
395
|
381
|
383
|
|
Bayern
|
864
|
1 070
|
973
|
1 077
|
961
|
1 006
|
916
|
802
|
837
|
555
|
560
|
596
|
|
Brandenburg
|
115
|
124
|
114
|
137
|
94
|
0
|
123
|
130
|
117
|
77
|
76
|
84
|
|
Hamburg, Bremen, Berlin
|
375
|
483
|
681
|
506
|
473
|
293
|
508
|
1 110
|
460
|
395
|
336
|
278
|
|
Hessen
|
308
|
333
|
422
|
297
|
344
|
426
|
442
|
430
|
435
|
319
|
283
|
264
|
|
Mecklenburg-Vorpommern
|
261
|
200
|
271
|
251
|
262
|
0
|
268
|
229
|
254
|
120
|
121
|
118
|
|
Niedersachsen
|
367
|
334
|
450
|
414
|
463
|
427
|
492
|
506
|
428
|
379
|
354
|
329
|
|
Nordrhein-Westfalen
|
926
|
1 163
|
1 334
|
1 624
|
1 415
|
1 433
|
1 380
|
1 420
|
1 340
|
765
|
746
|
715
|
|
Rheinland-Pfalz
|
170
|
125
|
201
|
245
|
162
|
174
|
166
|
145
|
122
|
98
|
114
|
106
|
|
Saarland
|
57
|
107
|
121
|
126
|
113
|
97
|
99
|
108
|
121
|
92
|
81
|
110
|
|
Sachsen
|
243
|
277
|
352
|
316
|
299
|
0
|
338
|
286
|
320
|
213
|
148
|
212
|
|
Sachsen-Anhalt
|
142
|
136
|
136
|
142
|
125
|
0
|
164
|
123
|
134
|
94
|
101
|
104
|
|
Schleswig-Holstein
|
118
|
106
|
160
|
119
|
97
|
107
|
120
|
192
|
204
|
67
|
96
|
99
|
|
Thüringen
|
173
|
188
|
240
|
230
|
185
|
0
|
187
|
137
|
157
|
159
|
117
|
117
|
Tab. 3 Prozent bezogen auf Bevölkerung: Augenverletzungen an deutschen bettenführenden Häusern
pro Bundesland pro Jahr.
|
Bundesland
|
2008
|
2010
|
2012
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
2021
|
2022
|
|
Baden-Württemberg
|
0,005
|
0,004
|
0,006
|
0,006
|
0,006
|
0,006
|
0,006
|
0,006
|
0,006
|
0,004
|
0,003
|
0,003
|
|
Bayern
|
0,007
|
0,008
|
0,007
|
0,008
|
0,007
|
0,008
|
0,007
|
0,006
|
0,006
|
0,004
|
0,004
|
0,005
|
|
Brandenburg
|
0,005
|
0,005
|
0,005
|
0,005
|
0,004
|
0
|
0,005
|
0,005
|
0,005
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
|
Hamburg, Bremen, Berlin
|
0,006
|
0,008
|
0,011
|
0,008
|
0,008
|
0,005
|
0,008
|
0,018
|
0,007
|
0,006
|
0,005
|
0,005
|
|
Hessen
|
0,005
|
0,005
|
0,007
|
0,005
|
0,005
|
0,007
|
0,007
|
0,007
|
0,007
|
0,005
|
0,005
|
0,004
|
|
Mecklenburg-Vorpommern
|
0,016
|
0,012
|
0,017
|
0,016
|
0,016
|
0
|
0,017
|
0,014
|
0,016
|
0,007
|
0,008
|
0,007
|
|
Niedersachsen
|
0,005
|
0,004
|
0,006
|
0,005
|
0,006
|
0,005
|
0,006
|
0,006
|
0,005
|
0,005
|
0,004
|
0,004
|
|
Nordrhein-Westfalen
|
0,005
|
0,006
|
0,007
|
0,009
|
0,008
|
0,008
|
0,008
|
0,008
|
0,007
|
0,004
|
0,004
|
0,004
|
|
Rheinland-Pfalz
|
0,004
|
0,003
|
0,005
|
0,006
|
0,004
|
0,004
|
0,004
|
0,004
|
0,003
|
0,002
|
0,003
|
0,003
|
|
Saarland
|
0,006
|
0,011
|
0,012
|
0,013
|
0,011
|
0,01
|
0,01
|
0,011
|
0,012
|
0,009
|
0,008
|
0,011
|
|
Sachsen
|
0,006
|
0,007
|
0,009
|
0,008
|
0,007
|
0
|
0,008
|
0,007
|
0,008
|
0,005
|
0,004
|
0,005
|
|
Sachsen-Anhalt
|
0,006
|
0,006
|
0,006
|
0,006
|
0,006
|
0
|
0,007
|
0,006
|
0,006
|
0,004
|
0,005
|
0,005
|
|
Schleswig-Holstein
|
0,004
|
0,004
|
0,006
|
0,004
|
0,003
|
0,004
|
0,004
|
0,007
|
0,007
|
0,002
|
0,003
|
0,003
|
|
Thüringen
|
0,008
|
0,009
|
0,011
|
0,011
|
0,009
|
0
|
0,009
|
0,006
|
0,007
|
0,007
|
0,005
|
0,005
|
Abb. 3 Schwere Augenverletzungen pro Bundesland pro Jahr. Enthalten sind: S05.2: Rissverletzung
und Ruptur des Auges mit Prolaps oder Verlust intraokularen Gewebes. S05.3: Rissverletzung
und Ruptur des Auges ohne Prolaps oder Verlust intraokularen Gewebes. S05.4: penetrierende
Wunde der Orbita mit oder ohne Fremdkörper. S05.5: penetrierende Wunde des Augapfels
mit Fremdkörper. S05.6: penetrierende Wunde des Augapfels ohne Fremdkörper. S05.7:
Abriss des Augapfels.
Tab. 4 Anzahl aller schweren Augenverletzungen an deutschen bettenführenden Häusern pro
Bundesland pro Jahr.
|
Bundesland
|
2008
|
2010
|
2012
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
2021
|
2022
|
|
Enthalten sind: S05.2: Rissverletzung und Ruptur des Auges mit Prolaps oder Verlust
intraokularen Gewebes; S05.3: Rissverletzung und Ruptur des Auges ohne Prolaps oder
Verlust intraokularen Gewebes; S05.4: penetrierende Wunde der Orbita mit oder ohne
Fremdkörper; S05.5: penetrierende Wunde des Augapfels mit Fremdkörper; S05.6: penetrierende
Wunde des Augapfels ohne Fremdkörper; S05.7: Abriss des Augapfels
|
|
Baden-Württemberg
|
279
|
221
|
341
|
294
|
298
|
328
|
317
|
329
|
324
|
209
|
195
|
219
|
|
Bayern
|
450
|
487
|
423
|
410
|
401
|
420
|
369
|
373
|
404
|
311
|
323
|
332
|
|
Brandenburg
|
26
|
21
|
34
|
34
|
29
|
0
|
21
|
30
|
23
|
32
|
17
|
30
|
|
Hamburg, Bremen, Berlin
|
181
|
272
|
349
|
279
|
248
|
176
|
280
|
320
|
254
|
254
|
203
|
190
|
|
Hessen
|
107
|
140
|
192
|
114
|
129
|
172
|
193
|
242
|
272
|
227
|
182
|
158
|
|
Mecklenburg-Vorpommern
|
46
|
56
|
57
|
79
|
84
|
0
|
74
|
65
|
136
|
64
|
60
|
46
|
|
Niedersachsen
|
135
|
111
|
168
|
148
|
157
|
151
|
181
|
175
|
162
|
173
|
141
|
140
|
|
Nordrhein-Westfalen
|
474
|
559
|
569
|
797
|
608
|
633
|
548
|
609
|
562
|
387
|
408
|
353
|
|
Rheinland-Pfalz
|
63
|
45
|
91
|
78
|
79
|
87
|
77
|
58
|
60
|
40
|
48
|
62
|
|
Saarland
|
14
|
54
|
62
|
69
|
78
|
55
|
50
|
68
|
70
|
50
|
49
|
59
|
|
Sachsen
|
101
|
92
|
128
|
110
|
136
|
0
|
139
|
118
|
149
|
90
|
69
|
92
|
|
Sachsen-Anhalt
|
58
|
63
|
62
|
69
|
52
|
0
|
62
|
49
|
55
|
47
|
55
|
60
|
|
Schleswig-Holstein
|
77
|
65
|
83
|
55
|
42
|
42
|
58
|
91
|
111
|
38
|
57
|
65
|
|
Thüringen
|
40
|
65
|
73
|
62
|
60
|
0
|
70
|
51
|
60
|
76
|
40
|
37
|
Tab. 5 Prozent bezogen auf Bevölkerung aller schweren Augenverletzungen an deutschen bettenführenden
Häusern pro Bundesland pro Jahr.
|
Bundesland
|
2008
|
2010
|
2012
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
2021
|
2022
|
|
Enthalten sind: S05.2: Rissverletzung und Ruptur des Auges mit Prolaps oder Verlust
intraokularen Gewebes; S05.3: Rissverletzung und Ruptur des Auges ohne Prolaps oder
Verlust intraokularen Gewebes; S05.4: penetrierende Wunde der Orbita mit oder ohne
Fremdkörper; S05.5: penetrierende Wunde des Augapfels mit Fremdkörper; S05.6: penetrierende
Wunde des Augapfels ohne Fremdkörper; S05.7: Abriss des Augapfels
|
|
Baden-Württemberg
|
0,003
|
0,002
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
|
Bayern
|
0,003
|
0,004
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,002
|
0,002
|
0,003
|
|
Brandenburg
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
0
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
|
Hamburg, Bremen, Berlin
|
0,003
|
0,004
|
0,006
|
0,005
|
0,004
|
0,003
|
0,005
|
0,005
|
0,004
|
0,004
|
0,003
|
0,003
|
|
Hessen
|
0,002
|
0,002
|
0,003
|
0,002
|
0,002
|
0,003
|
0,003
|
0,004
|
0,004
|
0,004
|
0,003
|
0,003
|
|
Mecklenburg-Vorpommern
|
0,003
|
0,003
|
0,004
|
0,005
|
0,005
|
0
|
0,005
|
0,004
|
0,008
|
0,004
|
0,004
|
0,003
|
|
Niedersachsen
|
0,002
|
0,001
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
|
Nordrhein-Westfalen
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,004
|
0,003
|
0,004
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
|
Rheinland-Pfalz
|
0,002
|
0,001
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
0,001
|
0,002
|
|
Saarland
|
0,001
|
0,005
|
0,006
|
0,007
|
0,008
|
0,006
|
0,005
|
0,007
|
0,007
|
0,005
|
0,005
|
0,006
|
|
Sachsen
|
0,002
|
0,002
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0
|
0,003
|
0,003
|
0,004
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
|
Sachsen-Anhalt
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,002
|
0
|
0,003
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,002
|
0,003
|
|
Schleswig-Holstein
|
0,003
|
0,002
|
0,003
|
0,002
|
0,001
|
0,001
|
0,002
|
0,003
|
0,004
|
0,001
|
0,002
|
0,002
|
|
Thüringen
|
0,002
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0,003
|
0
|
0,003
|
0,002
|
0,003
|
0,004
|
0,002
|
0,002
|
Thermische Verletzungen (T26)
Die häufigste thermische/chemische Verletzung in Deutschland ist die Verätzung der
Kornea und des Konjunktivalsackes mit bis zu 1400 Fällen pro Jahr. Schwere thermische/chemische
Verletzungen wie die Verbrennung/Verätzung mit nachfolgender Ruptur und Destruktion
des Augapfels sind insgesamt selten. Bezogen auf die Bundesländer kommen wie bei den
mechanischen Verletzungen auch die meisten thermischen/chemischen Verletzungen in
den bevölkerungsreichen Bundesländern am häufigsten vor ([Abb. 4], [Tab. 6] und [7]). Auch bei den thermischen/chemischen Verletzungen zeigt sich ein deutlicher Rückgang
2020 und 2021, der sich bis 2022 nicht wieder auf das Ausgangsniveau bewegt hat ([Abb. 3]).
Abb. 4 Verbrennungen/Verätzungen pro Jahr an bettenführenden Häusern in Deutschland. T26.0:
Verbrennung des Augenlides und der Periokularregion. T26.1: Verbrennung der Kornea
und des Konjunktivalsackes. T26.2: Verbrennung mit nachfolgender Ruptur und Destruktion
des Augapfels. T26.3: Verbrennung sonstiger Teile des Auges und seiner Anhangsgebilde.
T26.4: Verbrennung des Auges und seiner Anhangsgebilde, Teil nicht näher bezeichnet.
T26.5: Verätzung des Augenlides und der Periokularregion. T26.6: Verätzung der Kornea
und des Konjunktivalsackes. T26.7: Verätzung mit nachfolgender Ruptur und Destruktion
des Augapfels. T26.8: Verätzung sonstiger Teile des Auges und seiner Anhangsgebilde.
T26.9: Verätzung des Auges und seiner Anhangsgebilde, Teil nicht näher bezeichnet.
Tab. 6 Verbrennungen/Verätzungen pro Jahr an bettenführenden Häusern in Deutschland.
|
ICD-10
|
2008
|
2010
|
2012
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
2021
|
2022
|
|
T26.0: Verbrennung des Augenlides und der Periokularregion; T26.1: Verbrennung der
Kornea und des Konjunktivalsackes; T26.2: Verbrennung mit nachfolgender Ruptur und
Destruktion des Augapfels; T26.3: Verbrennung sonstiger Teile des Auges und seiner
Anhangsgebilde; T26.4: Verbrennung des Auges und seiner Anhangsgebilde, Teil nicht
näher bezeichnet; T26.5: Verätzung des Augenlides und der Periokularregion; T26.6:
Verätzung der Kornea und des Konjunktivalsackes; T26.7: Verätzung mit nachfolgender
Ruptur und Destruktion des Augapfels; T26.8: Verätzung sonstiger Teile des Auges und
seiner Anhangsgebilde; T26.9: Verätzung des Auges und seiner Anhangsgebilde, Teil
nicht näher bezeichnet
|
|
T26.0
|
12
|
25
|
20
|
24
|
23
|
26
|
32
|
26
|
32
|
31
|
19
|
14
|
|
T26.1
|
56
|
63
|
96
|
105
|
108
|
89
|
99
|
86
|
99
|
75
|
55
|
44
|
|
T26.2
|
1
|
0
|
1
|
1
|
0
|
2
|
0
|
0
|
0
|
1
|
0
|
0
|
|
T26.3
|
5
|
7
|
5
|
9
|
6
|
3
|
4
|
3
|
3
|
3
|
2
|
4
|
|
T26.4
|
9
|
11
|
21
|
9
|
16
|
4
|
7
|
14
|
14
|
5
|
5
|
8
|
|
T26.5
|
18
|
36
|
35
|
35
|
21
|
19
|
30
|
20
|
28
|
19
|
17
|
6
|
|
T26.6
|
993
|
902
|
1 351
|
1 378
|
1 372
|
1 225
|
1 393
|
1 432
|
1 259
|
867
|
866
|
752
|
|
T26.7
|
3
|
1
|
3
|
1
|
2
|
1
|
1
|
1
|
0
|
0
|
0
|
0
|
|
T26.8
|
65
|
128
|
79
|
83
|
116
|
100
|
68
|
59
|
48
|
36
|
28
|
29
|
|
T26.9
|
117
|
160
|
167
|
170
|
157
|
145
|
179
|
197
|
155
|
82
|
60
|
42
|
Tab. 7 Anzahl aller Augenverbrennungen und -verätzungen an deutschen bettenführenden Häusern
pro Bundesland pro Jahr.
|
Bundesland
|
2008
|
2010
|
2012
|
2014
|
2015
|
2016
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
2021
|
2022
|
|
Baden-Württemberg
|
128
|
70
|
182
|
193
|
190
|
207
|
118
|
130
|
128
|
84
|
80
|
56
|
|
Bayern
|
150
|
202
|
205
|
331
|
321
|
304
|
273
|
218
|
196
|
162
|
186
|
196
|
|
Brandenburg
|
16
|
17
|
23
|
24
|
22
|
0
|
25
|
32
|
42
|
11
|
25
|
14
|
|
Hamburg, Bremen, Berlin
|
35
|
55
|
121
|
83
|
96
|
62
|
89
|
112
|
85
|
66
|
48
|
35
|
|
Hessen
|
121
|
210
|
163
|
202
|
199
|
227
|
176
|
182
|
180
|
153
|
141
|
114
|
|
Mecklenburg-Vorpommern
|
152
|
96
|
147
|
99
|
88
|
0
|
130
|
115
|
134
|
38
|
27
|
47
|
|
Niedersachsen
|
109
|
84
|
141
|
144
|
138
|
159
|
151
|
167
|
127
|
110
|
97
|
54
|
|
Nordrhein-Westfalen
|
333
|
371
|
510
|
440
|
444
|
505
|
530
|
525
|
400
|
227
|
227
|
170
|
|
Rheinland-Pfalz
|
50
|
38
|
49
|
59
|
72
|
69
|
70
|
71
|
78
|
59
|
54
|
31
|
|
Saarland
|
46
|
58
|
41
|
44
|
45
|
44
|
40
|
30
|
27
|
17
|
22
|
22
|
|
Sachsen
|
44
|
35
|
67
|
78
|
70
|
0
|
96
|
89
|
73
|
68
|
63
|
80
|
|
Sachsen-Anhalt
|
61
|
51
|
50
|
41
|
67
|
0
|
46
|
57
|
57
|
52
|
37
|
29
|
|
Schleswig-Holstein
|
21
|
22
|
30
|
39
|
36
|
37
|
41
|
66
|
87
|
34
|
29
|
24
|
|
Thüringen
|
13
|
24
|
49
|
38
|
33
|
0
|
28
|
44
|
24
|
38
|
16
|
27
|
Umfragedaten zu Feuerwerksverletzungen
Zwischen Dezember 2016 und Dezember 2020 dokumentierten wir 12 – 20 feuerwerksbedingte
Bulbusrupturen, in den Pandemiejahren von Dezember 2020 bis Januar 2022 5 bzw. 9 Fälle.
Im gleichen Zeitraum 2016 – 2020 erfassten wir 112 – 174 feuerwerksbedingte Bulbusprellungen,
an den Pandemie-Jahreswechseln 25 bzw. 56 Fälle. Damit sind private Feuerwerkskörper,
die nur zwischen dem 31. Dezember 0 Uhr und 1. Januar 24 Uhr gezündet werden dürfen,
im Mittel für 1,4% der jährlichen Bulbusrupturen und für 8,3% der Bulbusprellungen
verantwortlich gewesen ([Tab. 8] und [9]).
Tab. 8 Absolute Anzahl feuerwerksbedingter (FW) Bulbusrupturen (ICD S05.2 und S05.2) an
den Jahreswechseln in Relation zur Anzahl der G-BA-Verletzungen.
|
Jahreswechsel
|
FW-Bulbusrupturen
|
G-BA-Rupturen
|
%
|
Jahr
|
|
G-BA: Gemeinsamer Bundesausschuss
|
|
2016/17
|
15
|
1 034
|
1,5
|
2016
|
|
2017/18
|
20
|
1 149
|
1,7
|
2017
|
|
2018/19
|
12
|
1 265
|
1
|
2018
|
|
2019/20
|
13
|
1 362
|
1
|
2019
|
|
2020/21
|
5
|
992
|
0,5
|
2020
|
|
2021/22
|
9
|
962
|
0,9
|
2021
|
|
nur 2022
|
19
|
1 061
|
1,8
|
2022
|
Tab. 9 Absolute Anzahl feuerwerksbedingter (FW) Bulbusprellungen (ICD S05.1) an den Jahreswechseln
in Relation zur Anzahl der G-BA-Verletzungen.
|
Jahreswechsel
|
FW-Bulbusprellungen
|
G-BA-Bulbusprellungen
|
%
|
Jahr
|
|
2016/17
|
134
|
1 735
|
7,7
|
2016
|
|
2017/18
|
139
|
2 409
|
5,8
|
2017
|
|
2018/19
|
112
|
1 369
|
8,2
|
2018
|
|
2019/20
|
174
|
1 992
|
8,7
|
2019
|
|
2020/21
|
25
|
1 162
|
2,2
|
2020
|
|
2021/22
|
56
|
1 089
|
5,1
|
2021
|
|
nur 2022
|
128
|
1 160
|
11
|
2022
|
Diskussion
Unsere Arbeit zeigt, dass Augenverletzungen in Deutschland in allen Bundesländern
mit leichten regionalen Unterschieden ähnlich häufig auftreten.
Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Zahlen vergleichbar zu der verfügbaren
schottischen Studie sind mit einer Häufigkeit im Bereich von 0,001% bis zu 0,007%
in Deutschland und 0,0019% in Schottland [4]. Einschränkend muss angemerkt werden, dass die Definition von schweren Augenverletzungen
etwas unterschiedlich ist. Während wir uns auf das Verletzungsmuster bezogen haben,
unterscheiden die Autoren der Studie anhand der Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthaltes.
Im Vergleich zu den Zahlen aus Nordamerika sind die von uns erfassten Häufigkeiten
deutlich geringer. In den USA zeigt sich die Häufigkeit von schweren Augenverletzungen
bei 0,3% [5]. In Kanada wurde bei einer Telefonumfrage eine Häufigkeit von über 2% gezeigt [6]. Auch bei diesem Vergleich gibt es Einschränkungen: Während aus den USA objektive
Registerdaten vorliegen, ist die Vergleichbarkeit mit der Telefonumfrage aus Kanada
nur eingeschränkt möglich.
Eine Registerstudie aus den USA hat die Häufigkeit von chemischen Verätzungen erhoben.
Es zeigte sich eine Inzidenz von 51,1 auf 1 000 000 pro Jahr [17]. Bei unserer Studie lag die höchste Inzidenz bei 20,6 auf 1 000 000.
Die Inzidenz von feuerwerksbedingten Augenverletzungen in Deutschland wurde in den
Jahren vor der Pandemie mit 0,6/100 000 angegeben, sank zwischen 2020 und 2022 deutlich
auf 0,15/100 000 ab und stieg nach Beendigung der pandemiebedingten Maßnahmen auf
1/100 000 an (Gabel-Pfisterer et al. DOG 2023 und Graefes Archive submitted 2024).
Leider enthalten die Qualitätsberichte der Krankenhäuser keine genauere zeitliche
Auflösung, die über das Meldejahr hinausgeht, sodass eine spezifische Analyse der
silvesterbedingten Verletzungen auf diese Grundlage nicht möglich ist. Trotzdem weist
der Vergleich zu den Silvestererhebungen eine interessante Parallele auf.
Durch die Verknüpfung mit dem „DOG-Böller-Register“ [9] lässt sich schätzen, dass mindestens 8% der Bulbusprellungen und 1,4% der Bulbusrupturen
auf privates Silvesterfeuerwerk zurückgehen. Dass annähernd jedes 10. Ereignis mit
dem Silvesterfeuerwerk assoziiert ist, mag erklären, dass die COVID-19-Pandemie in
unserer Analyse mit einem Rückgang der Augenverletzungen einhergeht [9], [10]. Das Verkaufsverbot und das umsichtige Verhalten der Bevölkerung während der Pandemie
reduzierten die Zahlen um mehr als die Hälfte. Ob der Effekt in den Qualitätsberichten
allein auf das Verbot des Feuerwerksverkaufs zurückzuführen ist, muss bezweifelt werden.
Stumpfe Bulbustraumata sind bspw. auch durch Faustverletzungen erklärbar. Hier könnte
der Rückgang evtl. durch die mehrwöchentlichen Kontakteinschränkungen erklärbar sein.
Unsere Studie weist folgende Limitationen auf: Die Analyse der Qualitätsberichte der
Krankenhäuser ist zwar objektiv, jedoch sind geringe Fallzahlen aufgrund der Anonymisierung
teilweise vergröbert. Auch kann eine vollständige Erfassung nicht garantiert werden.
Insbesondere die fehlenden Augenverletzungen in einigen Bundesländern im Jahr 2016
sind auffällig. Es ist davon auszugehen, dass hier die Erfassung nicht vollständig
ist. Aufgrund der Struktur der Daten lässt sich keine Verbindung von Diagnosen (ICD)
und Behandlung (OPS) herstellen. Ein Vergleich der ICD-10-Daten und der Daten aus
dem Onlinefragebogen birgt insbesondere für komplexe Verletzungen möglicherweise die
Unsicherheit, dass Mehrfachverletzungen, die bei Feuerwerksunfällen nicht unüblich
sind, unterschiedlich eingegeben wurden. Da wir jedoch nur die beiden als führende
Diagnosen zu codierenden ICD-Codes verglichen haben, sollte dies nur einen geringen
Einfluss haben. Der ICD-Code W49.9 ist unspezifisch und
erlaubt keine Differenzierung von Verletzungen, die durch die Explosion von Feuerwerkskörpern
hervorgerufen sind. Auch kann die Codierung im Bereich der Verletzungen (S05.0 – S05.9)
ungenau sein. Dies liegt daran, dass es in der Bezeichnung teils nur geringe Unterschiede
zwischen den einzelnen Ziffern gibt und zum anderen daran, dass die Codierung nicht
immer zwingend vom behandelnden Arzt durchgeführt wurde.
Die hohe Anzahl der schweren Augenverletzungen und die deutliche Zunahme während der
Tage um den Jahreswechsel unter den derzeit in Deutschland bestehenden gesetzlichen
Bedingungen zeigt die Notwendigkeit einer zuverlässigen und hochqualifizierten augenärztlichen
Versorgung auch im Notdienst in allen Bundesländern und damit den Bedarf zur Ausbildung
hochqualifizierter Augenärzt*innen in allen Bundesländern.
Zusammenfassend zeigt unsere retrospektive Analyse von Routinedaten ein deutschlandweit
ähnlich häufiges Vorkommen von Augenverletzungen. Die häufigste schwere Verletzung
ist die Rissverletzung des Auges mit Verlust von intraokularem Gewebe. Interessant
ist der Rückgang von Augenverletzungen im Rahmen der Pandemie, der im Jahr 2022 weiterhin
bestanden hat.