Gesundheitswesen 2025; 87(04): 246-252
DOI: 10.1055/a-2414-8447
Originalarbeit

Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf in einer Hotspot-Region der ersten und zweiten SARS-CoV-2-Infektionswelle in Deutschland

Risk factors for a severe course of COVID-19 in a hotspot clinic during the first and second wave of the SARS-CoV-2 pandemic in Germany
Steffi Richter
1   Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
,
Thomas Finkenzeller
2   Institut für Radiologische Diagnostik, Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, Kliniken Nordoberpfalz AG, Weiden, Germany
,
Wolfgang Uter
3   Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie IMBE, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
,
Hans Drexler
1   Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
,
Anna Wolfschmidt
1   Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
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Zusammenfassung

Hintergrund In der ersten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie war das Klinikum Weiden ein „Hotspot-Krankenhaus“ und befand sich in einer medizinischen Ausnahmesituation. Zielsetzung der Studie war die wissenschaftliche Prüfung der Fragestellung, ob auch für die damals dort Behandelten die bekannten Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf verantwortlich waren oder ob durch die speziellen Bedingungen eines Hotspot-Kollektivs zu Pandemiebeginn andere Faktoren das Outcome beeinflusst haben könnten.

Methodik In einer retrospektiven Studie wurden Daten von 669 stationär behandelten Patientinnen und Patienten des Klinikums Weiden ausgewertet, die im ersten Pandemiejahr 2020 nachweislich mit SARS-CoV-2 infiziert waren. Aus medizinischen und demographischen Informationen wurden in einer univariaten Analyse Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf bestimmt und einer logistischen Regression zugeführt. Die Regressionsanalyse erfolgte sowohl für das Gesamtkollektiv als auch getrennt für die Erkrankten aus Welle 1 (März-Juni) und Welle 2 (Juli-Dezember).

Ergebnisse Im Gesamtkollektiv des Jahres 2020 waren männliches Geschlecht, Rauchen, ein Alter ab 71 Jahren sowie Depression signifikante Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf. Andere bekannte Risikofaktoren konnten im Weidener Kollektiv nicht nachgewiesen werden. Die getrennte Betrachtung von Welle 1 und 2 (W1 und W2) zeigte, dass das Alter in W1 keinen entscheidenden Risikofaktor für einen schweren Krankheitsverlauf darstellte, in W2 hingegen bereits ein Alter ab 61 Jahren das Risiko für einen schweren Verlauf signifikant erhöhte. Für Erkrankte mit Einweisung in W2 war das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf gegenüber Erkrankten mit Einweisung in W1 nahezu halbiert.

Schlussfolgerung Es ist anzunehmen, dass der Krankheitsverlauf im Weidener Hotspot-Kollektiv im Wesentlichen von nicht-individuellen Faktoren bestimmt wurde, wie z. B. der schwierigen Versorgungssituation in einer Hotspot-Klinik zu Beginn der Pandemie. In Vorbereitung auf künftige Pandemien sollte berücksichtigt werden, dass auch eine ausreichende Ressourcenbereitstellung relevant zu einem besseren Outcome der Erkrankten beitragen kann.

Abstract

Background During the first wave of the SARS-CoV-2 pandemic, Weiden Hospital was a hotspot and was thus in an exceptional medical situation. This study deals with the question of whether the recognized risk factors for a severe course of COVID-19 also apply to the patients treated in Weiden Hospital during this time or whether other factors could have influenced patient outcomes.

Methods In a retrospective analysis, data on 669 patients of Weiden Hospital with proven SARS-CoV-2 infections in the first year of the pandemic were evaluated. Risk factors for a severe case of COVID-19 were determined from medical and demographic information in a univariate analysis and subjected to logistic regression. The logistic regression analysis was performed for the overall collective as well as separately for patients from Wave 1 (3–6/2020) and 2 (7–12/2020).

Results Looking at all of 2020, significant risk factors for severe COVID-19 included being male, being a smoker, being 71 years or older, and a history of depression. All other commonly recognized risk factors were not applicable for the Weiden collective. When looking at both waves separately, in Wave 1 age was not a significant risk factor, whereas in Wave 2 an age of 61 years or older was associated with an increased risk of severe progression. For patients who were admitted to hospital in Wave 2, the risk of severe progression was reduced almost by half.

Conclusion It can be assumed that patient outcomes in Weiden’s hotspot collective were predominantly determined by non-individual factors, like the difficult care situation in a hotspot clinic at the beginning of the pandemic. In preparation for future pandemics, provision of sufficient resources might significantly contribute to better patient outcomes.



Publication History

Received: 29 January 2024

Accepted after revision: 13 September 2024

Accepted Manuscript online:
13 September 2024

Article published online:
29 October 2024

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