Aktuelle Ernährungsmedizin 2025; 50(05): 340-342
DOI: 10.1055/a-2598-6158
Kommentierte Wissenschaft

Kommentar zu „Ernährung plus Lebensstil im Rahmen der Brustkrebsprophylaxe beachten“

Authors

  • Prof. em. Dr. med. Hans Hauner

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Seit den 1990-iger Jahren gibt es Hinweise, dass der Lebensstil eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Mammakarzinoms spielt. Brustkrebs macht in Deutschland bei Frauen etwa 30 % aller Krebserkrankungen aus und hat daher eine hohe gesundheitliche Relevanz. Jede 8. Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens daran, die meisten davon nach der Menopause [1]. Eine Expertengruppe des World Cancer Research Fund (WCRF) und des American Instituts of Cancer Research (AICR) hat in dieser kritischen Analyse neuere Studien eingeschlossen und die Bedeutung des Lebensstils für das Brustkrebsrisiko präzisiert [2].

Ein Ziel war dabei, den Effekt definierter Ernährungsmuster und des Lebensstils insgesamt (Ernährung, körperliche Aktivität, Körpergewicht, Alkoholkonsum) auf das Brustkrebsrisiko zu bewerten. Dazu wurden in medizinischen Datenbanken insgesamt 84 Studien identifiziert, ganz überwiegend Kohortenstudien. Alle Studien wurden systematisch analysiert, einschließlich einer „Risk-of-Bias“-Bewertung. Bei den Ernährungsanalysen fiel eine hohe Heterogenität der Studien und der berichteten Ergebnisse auf. Ein Grund dafür war, dass sehr unterschiedliche Bewertungsmuster/Scores verwendet wurden. Dadurch war es sehr schwierig, spezifische Ernährungsmuster zu erkennen und zu vergleichen. Ernährungsstudien weisen ohnehin eine Reihe intrinsischer methodischer Schwächen auf. Als weitere Limitation vieler Studien wurde außerdem eine unzureichende Berücksichtigung von Störfaktoren („Confoundern“) festgestellt, sodass einige der ernährungsbezogenen Fragestellungen nicht gut beantwortet werden konnten.

Trotz dieser Einschränkungen ergab diese Analyse, dass eine „gesunde Ernährung“ wie etwa eine pflanzlich betonte Kost (entspricht den neuen DGE-Empfehlungen für eine gesundheitsfördernde Ernährung), eine vegetarische Ernährung oder eine Mittelmeerkost – wahrscheinlich über anti-inflammatorische und antioxidative Mechanismen – bei allen Frauen und besonders bei postmenopausalen Frauen das Brustkrebsrisiko senkt, während eine westliche Ernährung mit regelmäßigem Fleisch- und Alkoholkonsum das Brustkrebsrisiko erhöht. Dagegen ist die Datenlage für prämenopausale Frauen dünn und lässt kaum klare Aussagen zu.

Die Autoren betonen, dass ein gesunder Lebensstil – über gesunde Ernährung hinaus – eine noch stärkere brustkrebspräventive Wirkung besitzt. Sie beziehen sich auf die Empfehlungen von WCRF und AICR, die im 3. Bericht dieses Konsortiums im Jahr 2018 aus der damaligen Datenlage abgeleitet worden waren und insbesondere zu einem gesunden Körpergewicht, regelmäßiger körperlicher Aktivität, gesunder Ernährung mit Verringerung von Fastfood und hochverarbeiteten Lebensmitteln und Verzicht auf oder moderatem Alkoholkonsum raten [3]. Hierfür wurde die Evidenz für einen Zusammenhang als stark bis wahrscheinlich bewertet [2].

Der besondere Nutzen dieser Analyse ist darin zu sehen, dass sich wirksame Lebensstilfaktoren zur Prävention des Mammakarzinoms damit besser definieren und begründen lassen. Es bleibt aber zu betonen, dass bessere und standardisierte Daten an gut charakterisierten Kohorten benötigt werden, um größere Sicherheit und Präzision für präventive Maßnahmen zu erhalten [4]. Noch wichtiger wären randomisierte kontrollierte Interventionsstudien, an denen es deutlich mangelt [5]. Obwohl sich bei dieser Analyse nur wenige Studien mit Brustkrebsmortalität als Endpunkt fanden, sind in diesem Zusammenhang auch neuere Befunde interessant, nach denen Frauen mit Brustkrebs eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität aufweisen [6], was zusätzlich für die Relevanz der untersuchten Lebensstilmaßnahmen spricht.



Publication History

Article published online:
07 October 2025

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