Sprache · Stimme · Gehör 2009; 33(2): 52
DOI: 10.1055/s-0029-1225579
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Stimme - Heiserkeit verursacht durch Gefäßläsionen

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Publication Date:
16 June 2009 (online)

 

Gögcan und Dursun haben in ihrer Studie eine große Anzahl von Gefäßläsionen der Stimmlippe untersucht. Die Autoren formulierten die Hypothese, dass diese Läsionen durch eine chronische, unphysiologische Stimmbelastung entstehen. Eur Arch Otorhinolaryngol 2009; 266: 527–533

Gefäßveränderungen können bei unphysiologischer Stimmbelastung u.a. zu Stimmband-Polypen führen (Bild: Arnold, Ganzer. Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme 1999).

In der Untersuchung wird der Oberbegriff "Gefäßläsionen der Stimmlippe" (Vascular lesions of the vocal fold) eingeführt und erstmals eine große Zahl Patienten (n=162) mit verschiedenen Formen dieser Erkrankung untersucht. Bei den Betroffenen handelte sich meist (n=130) um Lehrer, ausgebildete und (noch) nicht ausgebildete Sänger sowie Schauspieler. Dies legte nahe, dass eine hohe oder falsche Beanspruchung der Stimme im Beruf als Mitursache in Frage kam.

Die Läsionen wiesen gleichzeitig mehrere makroskopische Merkmale auf: 63% hatten Merkmale eines hämorrhagischen Polypen, 48% zeigten eine subepitheliale Blutung, in 35% der Fälle konnte ein zuführendes Blutgefäß identifiziert werden. 60% zeigten mehrere verschiedene Läsionen an der gleichen oder der anderen Seite und in 25% waren gleichzeitig Randödeme (Reinke-Ödeme) feststellbar, auch mit Zeichen einer Laryngitis posterior ("gastrica").

Nur 108 der 162 Patienten wurden operativ behandelt, meist wegen einer Massenvermehrung der Stimmlippen, die den Schwingungsablauf beeinträchtigte und eine Heiserkeit verursachte. Zuführende Blutgefäße wurden identifiziert und mit CO2-Laser verödet. Gewebsvermehrungen wurden nicht mit dem Laser, sondern mit "kalter" Mikrochirurgie unter Schonung der Stimmlippenrandkante abgetragen. Postoperativ wurde die Stimme geschont und in den meisten Fällen eine Übungstherapie angeschlossen. Der Erfolg der Behandlung wurde durch Verbesserung von Heiserkeitsparametern (Jitter, Shimmer, Signalrauschabstand) nachgewiesen.

In der Arbeit wird die neue Hypothese formuliert, dass die beobachteten Gefäßektasien und Varizen durch eine chronische unphysiologische Stimmbelastung entstehen, besonders bei Menschen mit hoher Stimmbelastung, wobei die Gefäßveränderungen später irgendwann einmal bei einer Belastungsspitze aufgrund zu hoher Scherkräfte ruptieren und damit Einblutungen oder Polypen verursachen.

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