Sprache · Stimme · Gehör 2009; 33(3): 106-107
DOI: 10.1055/s-0029-1241775
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Superior-Parese - Gibt es die "Glissandodrehung“ wirklich?

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Publication Date:
12 October 2009 (online)

 

Bei vielen Patienten nach Strumektomie mit Präparation am oberen Schilddrüsenpol treten Lähmungen der Nn. laryngici superiores auf. Diese Paresen wurden experimentell durch das Lokalanästhetikum Lidocain nachgeahmt, um die "Glissando-Drehung", d.h. eine axiale Drehung des Kehlkopfes um einige Winkelgrade beim in-die-Höhe-Singen, zu untersuchen. Laryngoscope 2009;119:1017-1032

In der vergangenen Ausgabe wurde über akustische Befunde nach experimentellen einseitigen Paresen des M. cricothyreoideus berichtet. Die Experimente wurden mit dem Lokalanästhetikum Lidocain durchgeführt, womit Paresen oder Paralysen der Nn. laryngici superiores simuliert wurden. Diese treten bei vielen Patienten nach Strumektomie mit Präparation am oberen Schilddrüsenpol auf und machen sich durch Einschränkungen der oberen und unteren Stimmgrenzfrequenzen sowie einen Anstieg des Jitter (Kurzzeitschwankungen der Grundfrequenz) bemerkbar. Diese Veränderungen bemerken die meisten Zuhörer nicht, wohl aber die betroffenen Patienten. Sie klagen über eine erhöhte Anstrengung und gleichzeitig empfundene Stimmschwäche, die in der Studie belegt werden konnte.

Nun gibt es eine weitere Publikation derselben Arbeitsgruppe um Nelson Roy, die laryngoskopische Befunde nach experimenteller einseitige "Superior-Parese" vorstellt. Insbesondere wurde geprüft, ob die oft postulierte, aber nie untersuchte "Glissando-Drehung", d.h. eine axiale Drehung des Kehlkopfes um einige Winkelgrade beim in-die-Höhe-Singen, festzustellen war. Die Autoren fanden heraus, dass bei keinem der Probanden eine eindeutige axiale Drehung der Stimmlippenebene zu beobachten war. Wenn jedoch das Augenmerk nicht auf die Stimmlippen, sondern auf andere Teile des Kehlkopfes gerichtet wurde, konnte man bei 40-50% der Probanden während des Glissandos in Richtung Kopfregister eine Abweichung des Petiolus (d.h. der Spitze der Epiglottis) zur gelähmten Seite feststellen.

Bei kurzen Phonationen im Kopfregister (hi – hi – hi ...) konnten bei 50% der Probanden Abweichungen bzw. Drehimpulse der hinteren Stimmlippenkommissur zur nicht gelähmten und der vorderen Kommissur zur gelähmten Seite beobachtet werden, die beim langsamen Glissando nicht zu beobachten waren.

Neu ist also, dass es die Glissandodrehung tatsächlich gibt, dass man sie aber nicht bei einem typischen langsamen Aufwärtssingen beobachten kann, sondern nur bei kurzen Vokalisationen im Kopfregister und das auch nur bei gut der Hälfte der Probanden. Während eines typischen langsamen Aufwärtsglissando kann man bei knapp der Hälfte der Probanden lediglich eine Abweichung des Petiolus zur gelähmten Seite hin sehen.

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