Sprache · Stimme · Gehör 2009; 33(4): 160
DOI: 10.1055/s-0030-1247177
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Phonation - Beschleunigte Atmung beeinflusst Phonation

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Publication Date:
15 January 2010 (online)

 

Trockene Umgebungsluft verursacht stimmliche Probleme – diese Erfahrung hat fast jeder einmal selbst gemacht. Die Ursachen für diese Störung untersuchten Sivasankar und Erickson nun in einer aktuellen Studie. Laryngoscope 2009; 119: 1658–1663

Die besonders angesehene nordamerikanische HNO-Zeitschrift "The Laryngoscope" ist eigentlich für einen chirurgischen Schwerpunkt bekannt. Doch immer wieder erscheinen auch Beiträge zu funktionellen Aspekten des Kehlkopfes und der Stimmerzeugung. Natürlich freut es uns als Leser der Zeitschrift Sprache • Stimme • Gehör, wenn eine chirurgisch orientierte Zeitschrift auch Phoniatrie und Logopädie ernst nimmt und Beiträge zu diesen Themen publiziert, besonders, wenn sie von guter experimenteller Qualität sind. Ich habe in der Augustausgabe gleich 2 solche interessanten Beiträge entdeckt.

Dass eine trockene Umgebungsluft stimmliche Probleme verursachen kann, scheint eine banale Erfahrung zu sein, die viele Patienten berichten, die in klimatisierter Luft sprechen müssen. Gegebenfalls kennt man dieses Phänomen auch selbst. Doch wer kann schon einen wissenschaftlichen Beweis für diese Alltagserfahrung anbringen? Stimmt sie überhaupt oder ist sie eine Einbildung allzu sensibler Patienten? Und wer kennt nicht die stimmlich indisponierten und manchmal hustenden Sieger eines Leichtathletik-Wettkampfes im Live-Interview vor der Fernsehkamera? Ist diese "Stimmstörung" nur durch die noch von der Leistungsatmung und Sauerstoffschuld geprägte Sprechatmungsstörung verursacht oder vielleicht auch durch eine Austrocknung der Stimmlippen durch die beschleunigte Atmung? Sind Raucher stärker davon bedroht als Nichtraucher, wie man meint? Und ist die Mundatmung mit gegenüber Nasenatmung schlechterer Befeuchtung schädlich für die Stimmgebung, weswegen ja sogar oft Nasenscheidewandoperationen und andere Operationen durchgeführt werden?

Eine beschleunigte Atmung wie z.B. beim Leistungssport trocknet die Schleimhaut aus und erschwert dadurch die Stimmgebung. (Bild: creativ collection).

Die Experimente der Autoren bringen mit einem ebenso einfachen wie genialen Studiendesign Licht ins Dunkel. 12 sonst gesunde Nichtraucherinnen und 12 sonst gesunde Raucherinnen (leider keine männlichen Probanden) wurden untersucht, jeweils zur Hälfte in Umgebungsluft mit "gemäßigter" und mit "trockener" Luftfeuchte (ca. 55 bzw. 20%). Die Mittelungsdaten stammen also aus je 6 Probanden, die an 2 aufeinanderfolgenden Tagen folgenden Ablauf absolvierten: Normale Ruheatmung – beschleunigte Nasenatmung – 5min Pause – normale Ruheatmung – beschleunigte Mundatmung – 5min Pause – normale Ruheatmung – beschleunigte Nasenatmung. Dazwischen wurden Messungen des phonatorischen Schwellendruckes (PTP) vorgenommen, d.h. des Druckes, bei dem Stimmlippenschwingungen in Gang kommen (dies ist während einer Verschlusslaut-Vokalkombination /pi/ möglich). Je höher dieser Wert ist, umso mehr Arbeit muss aufgewendet werden, um die Phonation in Gang zu setzen. Außerdem wurden atemdynamische Messungen und Feuchtemessungen durchgeführt.

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