Sprache · Stimme · Gehör 2009; 33(4): 161
DOI: 10.1055/s-0030-1247179
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Mausmodell - Hinweise auf Sprachentwicklung

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Publication Date:
15 January 2010 (online)

 

Wissenschaftler der German Mouse Clinic am Helmholtz Zentrum München untersuchten ein Mausmodell, in dem Teile des menschlichen Foxp2-Gens eingebaut wurden. Foxp2 ist als Schlüsselgen für die Sprache bekannt und hat sich seit der Trennung der Linien von Mensch und Affe aber auch in Bezug auf die Maus nur minimal verändert: Die Veränderungen, so vermutet man, sind eng mit der Fähigkeit zum Sprechen assoziiert. Die Wissenschaftler untersuchten, welche Organe ein Gen – in diesem Fall das Foxp2-Gen beeinflusst. "Selten hat ein Gen wirklich nur eine Funktion", begründet Prof. Martin Hrabé de Angelis, Leiter der German Mouse Clinic, das Vorgehen. Daher sei ein breiter Untersuchungsansatz entscheidend, um sicher zu stellen, dass man die relevanten Funktionen, die ein Gen hat, im Phänotyp der Maus auch findet. Im Gehirn der Mäuse fanden sich Veränderungen, die in engem Zusammenhang mit der Sprachentwicklung stehen könnten.

An den Foxp2-Mäusen wurden über 300 Parameter überprüft, darunter das Seh- und Hörvermögen, die Knochendichte, wichtige Stoffwechselfunktionen sowie eine Reihe neurologischer Funktionen. Die Mäuse, die das humane Foxp2-Gen tragen, zeigten physiologisch keinerlei Auffälligkeiten. Erst Verhaltenstests erbrachten ein verändertes Erkundungsverhalten sowie eine reduzierte Bewegungsaktivität – beides weist auf veränderte Gehirnfunktionen hin. In einem 2. Schritt betrachteten die Wissenschaftler das heterozygote Knock-out-Mausmodell, dem eine der normalerweise 2 vorhandenen Gen-Kopien fehlt. Dieser Verlust führt zu gravierenden Veränderungen: Die Mäuse hörten und lernten schlechter als ihre gesunden Artgenossen, wiesen mehr Fett und weniger Muskulatur auf, fraßen mehr und verbrauchten mehr Energie. Zudem hatten sie veränderte Blutparameter. "Wir konnten zeigen, dass das Foxp2-Gen signifikante Einflüsse auf verschiedene Organsysteme hat", erklärt Hrabé de Angelis. Dies stützt die Vermutung, dass gerade die Veränderungen im Gehirn der evolutionäre Schritt waren, die dem Menschen den Vorteil der Sprache gebracht haben.

Helmholtz Zentrum München

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