Rehabilitation (Stuttg) 2010; 49(2): 95-104
DOI: 10.1055/s-0030-1249029
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Bewältigung einer Darmkrebserkrankung – Empirische Befunde unter besonderer Berücksichtigung religiösen Copings

Gender Specific Differences in Coping with Colon Cancer – Empirical Findings with Special Consideration of Religious CopingS. Murken1 , S. Namini1 , S. Groß1 , 2 , J. Körber2
  • 1Arbeitsgruppe Religionspsychologie des Forschungszentrums für Psychobiologie und Psychosomatik der Universität Trier, Bad Kreuznach
  • 2Rehabilitationsklinik Nahetal, Hamm-Kliniken, Bad Kreuznach
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Publication Date:
05 May 2010 (online)

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Zusammenfassung

Die vorliegende Studie ist der bislang nur wenig erforschten Frage nachgegangen, ob Frauen und Männer sich im Hinblick auf die nicht-religiöse und religiöse Bewältigung einer Krebserkrankung, hier: Darmkrebs, unterscheiden. 341 Patientinnen und Patienten wurden während ihres stationären Aufenthalts in der onkologischen Rehabilitation mit Fragebogen befragt. Es zeigte sich, dass Frauen eine höhere psychische Belastung als Männer berichteten. Sie verwendeten mehr Bagatellisierung und Wunschdenken sowie depressive und weniger aktiv problemorientierte Bewältigungsstrategien. Eine stärkere Nutzung religiösen Copings bei Frauen war in hohem Maße mit ihrer allgemein stärkeren Religiosität assoziiert. Korrelationen zwischen Krankheitsverarbeitungsstrategien und Maßen psychischen Befindens deuteten sowohl auf Gemeinsamkeiten als auch auf Unterschiede hin. Insbesondere zeigte sich bei Männern ein positiver Zusammenhang von aktivem problemorientiertem Coping und psychischem Befinden, bei Frauen jedoch nicht. In Übereinstimmung mit der höheren Religiosität von Frauen weisen die Daten auf einen stärkeren Zusammenhang von religiösem Coping und Anpassung bei Frauen als bei Männern hin. Die Befunde legen nahe, dass Geschlechtsunterschiede und Religiosität für die Behandlung relevant sein können, in ihrer Bedeutung jedoch nicht überinterpretiert werden dürfen. Im Sinne der Patientenorientierung sprechen sie für die Notwendigkeit einer individuellen Ermittlung des Unterstützungsbedarfs, auch im Hinblick auf die Einbeziehung von Religiosität in den Behandlungsprozess.

Abstract

The present study investigated whether women and men differ with regard to non-religious and religious coping with cancer, here: colon cancer – a question on which only little research has been done so far. 341 patients filled in a questionnaire during inpatient oncological rehabilitation. Statistical analyses showed that women reported higher mental strain than men. They used more bagatellization and wishful thinking, more depressive and less active problem-oriented coping strategies. A higher use of religious coping among women was to a high degree associated with their generally stronger religiosity. Correlations between coping strategies and measures of mental health indicated commonalities and differences. In particular, a positive correlation between active problem-oriented coping and mental health was found for men but not for women. In accordance with women's higher religiosity, the data indicate a stronger correlation between religious coping and adaptation among women than among men. The results suggest that gender differences and religiosity can be relevant in the context of treatment but that their significance must not be overinterpreted. In terms of patient orientation they speak for the necessity to individually assess the need for support, also with regard to the consideration of religiosity in the treatment process.

Literatur

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Sebastian Murken

Arbeitsgruppe Religionspsychologie

des FPP der Universität Trier

Franziska-Puricelli-Straße 3

55543 Bad Kreuznach

Email: smurken@mainz-online.de