Zeitschrift für Komplementärmedizin 2011; 3(3): 1
DOI: 10.1055/s-0030-1271177
zkm | Editorial

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Komplementärmedizin in der Frauenheilkunde – von der Erfahrungsheilkunde zur EBM

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Publication Date:
27 June 2011 (online)

Die Frauenheilkunde befasst sich mit geschlechtsspezifischen Gesundheitsstörungen der Frau und betreut Frauen aller Altersstufen in gesunden und kranken Tagen. Naturheilverfahren können einerseits zusätzlich zur Standardtherapie eingesetzt werden, andererseits aber auch als alleinige Therapie. So freue ich mich, dass dieses Heft unterschiedliche Therapieoptionen bei einem breiten Indikationsspektrum, das von Fertilitätsstörungen über die Geburtshilfe bis zum Klimakterium reicht und auch Frauenprobleme wie Ausfluss und vaginale Infektionen enthält, darstellt.

Anhänger von Naturheilverfahren propagieren seit vielen Jahren das erhebliche Potenzial der Naturheilverfahren zur Prävention, was angesichts der steigenden Gesundheitskosten besonders aktuell ist. Auch der 2002 vom Institut für Demoskopie in Allensbach festgestellte Trend, nicht schon bei leichteren Befindlichkeitsstörungen und Erkrankungen einen Arzt aufzusuchen, unterstreicht die Bedeutung von Verfahren, die auch von Laien praktiziert werden können.

Umfragen aus unterschiedlichen Ländern belegen, dass Frauen ein besonderes Interesse an Naturheilverfahren haben. Sie nutzen traditionelle Verfahren, die sie vielleicht schon als Kind kennengelernt haben, und wenden sie in der eigenen Familie an. Sie fühlen sich sowohl für die eigene als auch für die Gesundheit der Familie verantwortlich und geben ihr Wissen im Familien- und Freundeskreis weiter. Die deutsche Ärztin Anna Fischer-Dückelmann, die ihr Studium in der Schweiz absolvieren musste, weil ein Medizinstudium für Frauen in Deutschland damals noch nicht erlaubt war, veröffentlichte bereits 1901 den Titel „Die Frau als Hausärztin“, der ein früher Bestseller wurde. Sie beschrieb darin auch zur Anwendung durch Laien geeignete Methoden der klassischen Naturheilkunde, und der Titel erlebte bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zahllose Auflagen und Neubearbeitungen.

Traditionelle Anwendungen werden aufgrund der langjährigen Erfahrungen als ausreichend sicher für die Selbstanwendung durch Laien betrachtet. Selbstverständlich gibt es aber auch Zubereitungsregeln und Hinweise für die Anwendung, die in den jeweiligen Beiträgen dieser Ausgabe über Phyto- und Hydrotherapie genau beschrieben und begründet werden.

Im Gegensatz dazu stehen Methoden, die einen qualifizierten Therapeuten erfordern. Hierzu gehören z. B. Akupunktur, TCM und Hypnotherapie. Für die Akupunktur liegen bereits zu verschiedenen Indikationen prospektive randomisierte Studien vor. Sie sind jedoch heterogen und die Ergebnisse nicht eindeutig, sodass noch ein großer Bedarf an gut geplanten Studien besteht. Dass das Forschungsdefizit der Komplementärmedizin kürzlich sogar von Politikern aller im Bundestag vertretenen Parteien anerkannt wurde, ist eine Voraussetzung für die notwendige finanzielle Förderung [1], [2].

Die beschriebene systemische Autoregulationstherapie (SART) bei Endometriose hat sich in einer retrospektiven Auswertung als hilfreich erwiesen. Da ihre Wirksamkeit in einer laufenden prospektiven randomisierten Studie in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München untersucht wird, haben Leser aus dem Münchner Raum die Möglichkeit, ihre Patientinnen auf die Studie hinzuweisen und damit die notwendige Forschung zu unterstützen.

Auch deshalb wünsche ich diesem interessanten Heft eine weite Verbreitung!

Cornelia von Hagens, Heidelberg

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