Arzneimittelforschung 2010; 60(11): 693-694
DOI: 10.1055/s-0031-1300715
PMS-Symposium: Innovative Therapies in Hepatology
Editio Cantor Verlag Aulendorf (Germany)

Biomarker in der Hepatologie und ihre therapeutische Relevanz

Heike Bantel
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover
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Publication Date:
30 December 2011 (online)

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Zu den Zielen in der Diagnostik und Therapie hepato-logischer Erkrankungen zählt die Identifizierung von Biomarkern, die eine frühzeitige Beurteilung der Krankheitsaktivität und des Therapieansprechens ermöglichen. Es gilt deshalb herauszufinden, inwieweit grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse in der Pathophysiologie von Lebererkrankungen für die Diagnostik und Therapie der Leberschädigung genutzt werden können.

Der als Apoptose bezeichnete programmierte Zelltod spielt in der Pathophysiologie von Lebererkrankungen eine bedeutende Rolle. Im Mittelpunkt aller Apoptoseprozesse stehen Proteasen der Caspasefamilie, die als eigentliche Vollstreckerenzyme wichtige Proteine der Zellfunktion und des Zellgerüsts spalten und den Zelltod verursachen. Zu den Caspasesubstraten zählt auch das Intermediärfilamentprotein Cytokeratin (CK)-18, das von Hepatozyten exprimiert wird und während der Hepatozytenapoptose von Caspasen in Fragmente gespalten wird. Diese grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse wurden für die Entwicklung eines monoklonalen Antikörpers genutzt, der Caspasen-vermittelte CK-18-Fragmente erkennt und selektiv apoptotische Leberzellschädigung nachweist. Unter Verwendung dieses Antikörpers konnte eine erhöhte Apoptoserate im Lebergewebe von Patienten mit Lebererkrankungen wie der chronischen Hepatitis C Virus (HCV)-Infektion oder dem akuten Leberversagen nachgewiesen werden [1] [2] [3].

Eine weitere grundlagenwissenschaftliche Beobachtung war, dass sich Caspasen-vermittelte CK18-Fragmente im Serum von Patienten mit Lebererkrankungen nachweisen lassen [1]. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde ein ELISA entwickelt, der die Quantifizierung von Caspasen-gespaltenem CK18 und damit von apoptotischer Leberzellschädigung im Serum von Patienten mit hepatologischen Erkrankungen ermöglicht. Im Einklang mit den histologischen Untersuchungen ergab auch die serologische Messung bei Patienten mit Lebererkrankungen mit diesem ELISA (enzyme-linked immunosorbent assay) deutlich erhöhte Werte für Caspasengespaltenes CK18 im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden. Interessant war dabei die Beobachtung, dass auch HCV-Patienten mit normwertigen Transaminasen und histologischer Krankheitsaktivität (fortgeschrittene Leberfibrose) erhöhte Spiegel von Caspasen-gespaltenem CK18 im Serum aufwiesen [1] [2]. Der Nachweis von Caspasen-gespaltenem CK18 repräsentiert damit einen sensitiven Biomarker, der es ermöglichen könnte, auch bei Patienten mit im Normbereich liegenden Transaminasen eine relevante Leberschädigung zu detektieren. Eine weitere Evaluation dieses Biomarkers zeigte, dass dieser nichtinvasive Test auch eine Beurteilung der Krankheitsaktivität und der Verlaufprognose bei Lebererkrankungen ermöglicht. Es konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass sich der serologische Nachweis von Caspasen-gespaltenem CK18 als prognostischer Biomarker für die Krankheitsaktivität bei Patienten mit NAFLD (non alcoholic fatty liver disase) eignet [4] [5] [6]. Weitere Studien zeigten, dass der Einsatz dieses Zelltodbiomarkers frühzeitig auf den Krankheitsverlauf bei akutem Leberversagen schließen lässt und damit möglicherweise als zusätzlicher prognostischer Marker beitragen könnte, die Notwendigkeit einer Lebertransplantation frühzeitig festzulegen [3] [7].

Eine weitere Perspektive für den Einsatz von Biomarkern in der Hepatologie basiert auf der Beobachtung, dass Patienten mit identischer Diagnose auf die gleiche Therapie unterschiedlich ansprechen können. Es ist deshalb von klinischem Interesse, Biomarker zu identifizieren, die vorhersagen, welche Patienten am besten von einer Therapie profitieren. Dadurch lassen sich Risiken und Kosten aufgrund einer ineffektiven Therapie und möglicher Nebenwirkungen reduzieren. Da dem apoptotischen Zelltod eine bedeutende Rolle in der Elimination virusinfizierter und transformierter Zellen beigemessen wird, ist es interessant zu analysieren, inwieweit sich Zelltodbiomarker wie Caspasen-gespaltenes CK18 für die frühzeitige Beurteilung des Therapieansprechens bei Patienten mit hepatologischen Erkrankungen eignen. Erste Studien unter Verwendung dieses Apoptosebiomarkers zeigten, dass Patienten mit chronischer HCV-Infektion, die auf eine antivirale Therapie ansprachen, im Therapieverlauf frühzeitig einen Abfall der CK18-Fragmente im Serum aufweisen, der eng mit der Abnahme der Viruslast korrelierte. Dagegen zeigten Therapieversager keinen signifikanten Abfall der CK18-Fragmente im Therapieverlauf [8] [9] [10]. Der Nachweis von Caspasen-gespaltenem CK18 könnte sich somit als prädiktiver Serummarker für das Ansprechen gegenwärtiger und zukünftiger Therapien bei chronischer HCV-Infektion und anderen Lebererkrankungen, wie beispielsweise dem hepatozellulären Karzinom, erweisen.

Zusammenfassend wurde an einem Biomarker, der Caspasen-gespaltenes CK18 nachweist, exemplarisch die klinische Relevanz von Testverfahren zur Erfassung von biodynamischen Prozessen bei Lebererkrankungen erläutert. Die Identifizierung von Biomarkern eröffnet neue diagnostische und therapeutische Strategien in der Hepatologie, die zu besseren Behandlungsergebnissen und einer höheren Lebensqualität der Patienten führen könnten.