Z Geburtshilfe Neonatol 2012; 216(02): 45-53
DOI: 10.1055/s-0032-1308957
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Präkonzeptionelle und kontrazeptive Beratung von Frauen mit kardiovaskulären Erkrankungen

Preconception and Contraceptive Counselling of Women with Cardiovascular Diseases
W. M. Merz
1   Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, Universitätsklinikum Bonn
,
U. Gembruch
1   Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, Universitätsklinikum Bonn
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Publikationsverlauf

eingereicht 18. Februar 2012

angenommen nach Überarbeitung 06. März 2012

Publikationsdatum:
19. April 2012 (online)

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Zusammenfassung

Aufgrund der Fortschritte kardiochirurgischer Techniken erreicht ein steigender Anteil von Frauen mit komplexen Herzfehlbildungen das Erwachsenenalter. Zusätzlich tragen demografische sowie Lifestyle-Veränderungen zur Manifestation erworbener Herzerkrankungen während der reproduktiven Phase bei. Die Prävalenz Schwangerer mit kardiovaskulären Erkrankungen liegt bei 0,5–4%. Mittlerweile stellen kardiale Komplikationen in den entwickelten Ländern die häufigste maternale Todesursache dar. Geburtshilfliche Komplikationen treten bei herzkranken Schwangeren ebenfalls häufiger auf. Bis zu 50% der Schwangerschaften enden in spontanen oder induzierten Aborten, die perinatale Morbidität und Mortalität sind erhöht. Frauen mit angeborenen Herzerkrankungen sollten mit Eintritt in das reproduktionsfähige Alter eine kontrazeptive Beratung erhalten, mit erworbenen Erkrankungen des kardiovaskulären Systems nach Erstdiagnose. Verschiedene kontrazeptive Methoden mit unterschiedlicher Sicherheit stehen zur Verfügung. Internationale Leitlinien geben Entscheidungshilfen bei der Wahl der geeigneten Verhütungsmethode. Bei Kinderwunsch sollte eine interdisziplinäre präkonzeptionelle Beratung erfolgen. Diese beinhaltet die Risikoeinschätzung einer kardiovaskulären Komplikation während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Die präkonzeptionelle Optimierung der Herzfunktion, die Überprüfung der derzeitigen Medikation, spezielle Aspekte der Schwangerschaftsbetreuung, genetische Faktoren der Erkrankung sowie die kindliche Morbidität und Mortalität stellen weitere Beratungsinhalte dar. In der Übersichtsarbeit wird die Relevanz von Erkrankungen des kardiovaskulären Systems im Rahmen der Reproduktion erläutert. Sodann werden die gängigen Risikoklassifikationen vorgestellt und Inhalte der präkonzeptionellen Beratung erläutert. Dies schließt eine Diskussion der gängigen Medikamente und der genetischen Grundlage angeborener Herzfehlbildungen ein. Sodann erfolgt eine Darstellung der Indikationen und Kontraindikationen verschiedener Verhütungsmethoden sowie von Besonderheiten, die sich bei der Verschreibung für Frauen dieses Risikokollektivs ergeben.

Abstract

Thanks to progress in cardiothoracic surgery, an increasing number of women with complex congenital heart diseases enter adulthood. Additionally, demographic and lifestyle changes result in the manifestation of acquired cardiac diseases during child-bearing years. Some 0.5–4% of all pregnancies occur in women with cardiovascular diseases. In the developed countries cardiovascular complications are the leading cause of maternal mortality. In pregnancies with cardiac conditions obstetric complication rates are raised. Up to 50% result in miscarriages or terminations; perinatal morbidity and mortality is increased. Contraceptive counselling should accordingly be offered to adolescents with congenital cardiac malformations and to patients with acquired cardiac diseases. Various contraceptive methods are available with different efficacies. International guidelines aid in the choice of the most appropriate method. Before contemplating pregnancy, preconception counselling by an interdisciplinary team should take place. This includes an assessment of the cardiac complication risk during pregnancy, delivery and post-partum. Cardiac function should be optimized and the medication evaluated with respect to teratogenicity. Special aspects of antenatal care, genetic factors of the cardiac disease and perinatal outcome should also be addressed. This review discusses the relevance of cardiovascular disease in the context of female reproduction. It presents currently available risk scores and the various topics to be covered in preconception counselling. This includes an overview of drugs commonly prescribed and genetic factors of congenital malformations. Furthermore, indications and contraindications of contraceptive methods are reviewed; this includes special aspects in the prescription of contraceptives for this particular group of women.