Ziele und Grundlagen der Leitlinienentwicklung
Die deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM) ist eine Fachgesellschaft,
die multidisziplinär alle Berufsgruppen vereint, die sich mit Ernährungsmedizin befassen.
Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Verbreitung des Wissens auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin
u. a. mit der Entwicklung klinischer Leitlinien zu fördern. Schwerpunkte der DGEM
liegen in der wissenschaftlichen und praktischen Etablierung von Methoden sowohl zur
Erfassung der Unter- und Mangelernährung als auch der künstlichen Ernährung. Die künstliche
Ernährung umfasst die orale Supplementation mit Trinknahrung, die enterale Ernährung
(Sondenernährung) als auch die parenterale Ernährung. Dazu erstellt die DGEM seit
2003 Leitlinien, die über die Website der Gesellschaft (www.dgem.de ) abrufbar und in der Aktuellen Ernährungsmedizin publiziert sind ([Tab. 1 ]).
Tab. 1
Bisherige Leitlinien der DGEM.
2003
S3-Leitlinie Enterale Ernährung Teil 1
Intensivmedizin, Chirurgie und Transplantation, Onkologie, Gastroenterologie, Hepatologie,
Nephrologie, Diabetologie, Kardiologie und Pneumologie, Wasting bei HIV und anderen
chronischen Infektionskrankheiten
2004
S3-Leitlinie Enterale Ernährung Teil 2
Ernährungszustand, Energie- und Substratstoffwechsel im Alter, Enterale Ernährung
in der Geriatrie und geriatrisch-neurologischen Rehabilitation, Ethische und rechtliche
Gesichtspunkte, Ballaststoffe in der enteralen Ernährung
2006
Aktualisierung der oben genannten Leitlinien durch die ESPEN Guidelines on adult enteral nutrition unter Beteiligung der DGEM
2007
S3-Leitlinie Enterale Ernährung Teil 3
Enterale Ernährung bei Patienten mit Schlaganfall
2007
S3-Leitlinie Parenterale Ernährung
Ernährungsstatus, Energieumsatz, Aminosäuren, Kohlenhydrate, Lipidemulsionen, Wasser,
Elektrolyte, Vitamine und Spurenelemente, Organisation und Verordnung, Technik und
Probleme, AIO-Mischungen praktische Handhabung, Komplikationen und Monitoring, Ethik
und Recht, Neonatologie und Pädiatrie, Intensivmedizin, Gastroenterologie, Hepatologie,
Nierenversagen, Chirurgie und Transplantation, Nichtchirurgische Onkologie
2009 beschloss die DGEM, die bisherigen Leitlinien zu aktualisieren. Das Ziel ist
ein Update und eine Erweiterung mit gleichzeitiger Zusammenführung bereits bestehender
Leitlinien der DGEM und des europäischen Partners ESPEN zu den Themen enterale und
parenterale Ernährung zu einer einheitlichen Leitlinie Klinische Ernährung. Die bisherigen
Themen wurden weitgehend aufgegriffen und gebündelt, gleichzeitig wurden aber auch
neue Themen berücksichtigt wie Terminologie, Heimenterale und heimparenterale Ernährung
und Neurologie. Die Leitlinie umfasst systematisch entwickelte Aussagen, die den gegenwärtigen
wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Thema Klinische Ernährung wiedergeben. Die bestehenden
Leitlinien zur enteralen und parenteralen Ernährung der DGEM und ESPEN wurden ebenfalls
nach solch einem standardisierten Verfahren entwickelt, das den Vorgaben der Arbeitsgemeinschaft
der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) entspricht. Das
vorrangige Ziel der Leitlinie ist die Verbesserung der medizinischen Versorgung im
Bereich der künstlichen Ernährung durch die Vermittlung von aktuellem Wissen. Die
Leitlinie ist als „Handlungs- und Entscheidungskorridor“ zu verstehen, von dem in
begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss [1 ]. Sie soll diese Abwägung „was ist sinnvoll? – was ist nicht sinnvoll?“ erleichtern
und damit unnötige Therapien und Ausgaben vermeiden helfen.
Die Leitlinie richtet sich an alle Berufsgruppen, die Patienten mit enteraler und/oder
parenteraler Ernährung versorgen, das sind Ärzte, Ernährungsfachkräfte, Pflegepersonal
und Apotheker. Sie soll ihnen konkrete Handlungsempfehlungen für den Einsatz und Umgang
mit künstlicher Ernährung bei den unterschiedlichen Krankheitsbildern geben. Die Leitlinie
wendet sich aber auch an Leistungserbringer (Krankenkassen, Rentenversicherungsträger)
und Patienten. Sie soll die Arzt-Patienten-Beziehung unterstützen und Patienten helfen,
Krankheiten, Untersuchungs- und Behandlungsmethoden besser zu verstehen.
Mit der Planung des Leitlinien-Updates Klinische Ernährung wurde im Sommer 2009 begonnen.
Es wurde ein Organisationsbüro eingerichtet und das Steering-Committee gegründet.
Am 13.11.2009 fand ein erstes Kickoff-Meeting in Berlin statt, an dem mit der Umsetzung
des Leitlinien-Updates Klinische Ernährung begonnen wurde. Das geplante methodische
Vorgehen wurde vorgestellt und diskutiert. Die Versendung der Einladungen zur Mitarbeit
am Leitlinien-Update erfolgte Ende Dezember 2009. Im September 2011 fand die erste
Konsensus-Konferenz statt, an der die ersten Statements verabschiedet wurden. Es ist
geplant, bis Juni 2013 die Arbeit an allen Kapiteln der Leitlinie Klinische Ernährung
abzuschließen. [Tab. 2 ] zeigt den zeitlichen Ablauf der Leitlinienerstellung.
Tab. 2
Projektplan.
Termin
Leitlinienabschnitt
August 2009
Gründung des Steering-Committees und Einrichtung eines Organisationsbüros
13.11.2009
Kickoff-Meeting: Besprechung des methodischen Vorgehens
Nov. – Dez. 2009
Erarbeitung eines Projektplans der Themengebiete und Vorschläge für die Besetzung
der Arbeitsgruppen
Dez. 2009
Versendung der Einladungen zur Mitarbeit an dem Leitlinien-Update
Jan. 2010
Gründung von 13 themenbezogenen Arbeitsgruppen unter Einbeziehung von Experten in
interdisziplinärer Besetzung
Mai 2010
Start des Leitlinienentwicklungsportals (LL-Portal)
09.07.2010
Anmeldung des Leitlinien-Updates beim AWMF unter der Registernummer 073/003 – 073/018
Okt. – Nov. 2010
DGEM-Fortbildungsveranstaltungen in Machern und Irsee mit dem Schwerpunkt Leitlinienentwicklung
Aug. – Sept. 2011
1. Vorabstimmung der Statements folgender Arbeitsgruppen im LL-Portal:
14.09.2011
1. Konsensus-Konferenz in Leipzig:
03./04.02.12
Treffen der AG-Leiter, Kloster Nimbschen:
Sept. 2011 – Mai 2012
Nachbearbeitung der Entwürfe
Mai – Juni 2012
2. Vorabstimmung der Statements folgender Arbeitsgruppen im LL-Portal:
16.06.2012
2. Konsensus-Konferenz in Nürnberg:
Juli 2012 – Feb. 2013
Finalisierung der Texte (Statements, Kommentare, Evidenztabellen) und Erstellung einer
publikationsreifen Endfassung folgender Arbeitsgruppen:
Neurologie
Geriatrie
Chirurgie
November 2012
3. Vorabstimmung der Statements folgender Arbeitsgruppen im LL-Portal:
30.11./01.12.2012
3. Konsensus-Konferenz in Stuttgart
Dez. 2012 – April 2013
Finalisierung der Texte (Statements, Kommentare, Evidenztabellen) und Erstellung einer
publikationsreifen Endfassung folgender Arbeitsgruppen:
ca. Frühjahr 2013
4. Vorabstimmung der Statements und 4. Konsensus-Konferenz in Stuttgart:
ca. Sommer 2013
Fertigstellung der restlichen Kapitel mit Endreaktion und Erstellung einer publikationsreifen
Endfassung
Verantwortlichkeiten
Die Verantwortlichkeiten bei der Leitlinienentwicklung waren wie folgt verteilt:
Steering-Committee
Prof. Dr. Herbert Lochs (Federführung 2009 – 2010), Prof. Dr. Arved Weimann (Federführung
2011 – 2012), Prof. Dr. Stephan C. Bischoff (Federführung 2012 – 2013) zusammen mit
dem jeweils amtierenden Präsidium der DGEM
Die Aufgaben des Steering-Committees bestanden darin, strategische Entscheidungen
zu treffen, wie die Festlegung der Anzahl der Arbeitsgruppen sowie die Erstellung
des Zeitplans, die Nominierung der Arbeitsgruppenmitglieder, Prüfung des Zusammenhangs
der einzelnen Kapitel und die abschließende Freigabe jedes Kapitels.
Organisationsbüro des Leitlinien-Updates Klinische Ernährung
Dr. rer. nat. Tatjana Schütz, Dipl.-troph. Katrin Stingel
Das zentrale Organisationsbüro übernahm die Kommunikation mit den Arbeitsgruppen,
pflegte den Kontakt zwischen den Gruppen und dem Steering-Committee. Außerdem war
das zentrale Organisationsbüro hauptverantwortlich für die Organisation der Konsensus-Konferenzen
und der Treffen des Steering-Committees. Es achtete darauf, dass der Zeitplan eingehalten
wurde und unterstützte die Arbeitsgruppen bei der Beschaffung von Literatur, bei der
Formatierung der Endfassung der einzelnen Kapitel und der Abgleichung mit den anderen
Kapiteln.
Methodische Berater
Dr. Cathleen Muche-Borowski (AWMF) und Prof. Dr. Michael Koller
Der Prozess der Leitlinien-Entwicklung und der Verlauf der Konsensus-Konferenzen wurde
von Cathleen Muche-Borowski und Michael Koller begleitet und mit Anmerkung zum methodischen
Vorgehen unterstützt.
Arbeitsgruppenmitglieder/Autoren
Bei der Bildung der Arbeitsgruppen wurde versucht, alle betroffenen Fachbereiche und
Patientenorganisationen zu integrieren. Es wurde insbesondere darauf geachtet, dass
sowohl die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung (AKE) als auch
die Gesellschaft für klinische Ernährung der Schweiz (GESKES) jeweils mit einer Person
in den Arbeitsgruppen vertreten war. Es wurden 13 interdisziplinäre Expertenteams
aus Ärzten, Apothekern, Ernährungswissenschaftlern, Diätassistenten, Pflegepersonal,
Juristen, Theologen und Philosophen zusammengestellt. Die Mitglieder der Arbeitsgruppen
wurden vom Steering-Committee oder dem Arbeitsgruppenleiter mit Zustimmung des Steering-Committees
vorgeschlagen und ernannt. Vertreter von Firmen wurden bei der Arbeitsgruppenzusammenstellung
ausgenommen.
Insgesamt arbeiteten 96 Experten aus dem Bereich der klinischen Ernährung an dem Leitlinien-Update
mit. Die Gruppenzusammensetzung und -größe ist an den Autorenlisten der einzelnen
Kapitel ersichtlich. Die Arbeitsgruppen waren für die Literaturrecherche, die Erstellung
und Aufbereitung der Texte, Diskussion und Überarbeitung der Texte unter Berücksichtigung
des AWMF-Regelwerks [1 ]
[2 ] verantwortlich. Die Mitglieder wurden eingeladen, sich aktiv an den Delphi-Befragungen
zu beteiligen und an den Konsensus-Konferenzen teilzunehmen (bei 1. und 2. Konsensus-Konferenz:
Einladung aller Mitglieder, bei 3. und 4. Konsensus-Konferenz: Einladung des AG-Leiters
und Stellvertreters).
Die Themen der Arbeitsgruppen umfassen sowohl grundlagenorientierte sowie krankheitsspezifische
Bereiche. Um eine stimmige Terminologie in der gesamten Leitlinie zu gewährleisten,
wurden die mit der künstlichen Ernährungstherapie in Verbindung stehenden Begriffe
einheitlich für den deutschen Sprachraum in einem eigenständigen Kapitel definiert.
Durch diese einheitliche Terminologie wird dem Leser die Interpretation der Leitlinieninhalte
erleichtert. Außerdem wurden in der Leitlinie ethische und rechtliche Gesichtspunkte
der Klinischen Ernährung beleuchtet sowie evidenzbasierte Handlungsempfehlungen für
die Überwachung der künstlichen Ernährung gegeben. Erstmals umfasst die Leitlinie
auch evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung im ambulanten
Bereich und in Pflegeheimen. Neben diesen grundlagenorientierten Arbeitsgruppen beschäftigten
sich 8 weitere Arbeitsgruppen mit der künstlichen Ernährungstherapie bei spezifischen
Krankheitsbildern ([Tab. 3 ]).
Tab. 3
Arbeitsgruppen des Leitlinien-Updates.
Arbeitsgruppe
Anzahl der Mitglieder
Anzahl der bisherigen AG-Treffen
Titel/Inhalt des Kapitels
Leitlinien-Methodik
5
–
Methodik zum Leitlinien-Update Klinische Ernährung: beschreibt das methodisches Vorgehen bei der Leitlinienentwicklung
Grundlagenkapitel
Terminologie in der klinischen Ernährung
11
1
DGEM-Terminologie in der Klinischen Ernährung: definiert Begrifflichkeiten der enteralen und parenteralen Ernährung für eine einheitliche
Terminologie
Ethik und Recht
10
1 (2-tägig)
Ethische und rechtliche Gesichtspunkte der Klinischen Ernährung
Monitoring
4
5
Besonderheiten der Überwachung bei künstlicher Ernährung: mit evidenzbasierten Handlungsempfehlungen
Künstliche Ernährung im ambulanten Bereich
13
2
Künstliche Ernährung im ambulanten Bereich: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen der künstlichen Ernährung im ambulanten
Bereich und in Pflegeheimen
Krankheitsspezifische Kapitel
Chirurgie, Transplantation
13
1
Klinische Ernährung in der Chirurgie und bei Transplantationen: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung bei chirurgischen
Patienten, inkl. Transplantationspatienten
Neurologie
7
5
Klinische Ernährung in der Neurologie: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung bei Patienten
mit Schlaganfall, Parkinson, Chorea Huntington und Multiple Sklerose
Geriatrie
8
2
Klinische Ernährung in der Geriatrie: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung bei geriatrischen
Patienten
Intensivmedizin
11
2
Klinische Ernährung in der Intensivmedizin: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung bei Intensivpatienten
Gastroenterologie
14
1
Klinische Ernährung in der Gastroenterologie: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung bei Patienten
mit Leber- und Pankreaserkrankung sowie Erkrankungen des Darms
Nicht-chirurgische Onkologie
10
1
Klinische Ernährung in der nicht-chirurgischen Onkologie: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung bei onkologischen
Patienten
Nephrologie
5
0
Klinische Ernährung in der Nephrologie: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung bei Patienten
mit Nierenerkrankungen
Pädiatrie
6
0
Klinische Ernährung in der Pädiatrie: umfasst evidenzbasierte Handlungsempfehlungen zur künstlichen Ernährung bei pädiatrischen
Patienten
Interessenkonflikterklärung
Alle am Leitlinien-Update Beteiligten (Mitglieder des Steering-Committees, der Arbeitsgruppen,
die methodischen Berater sowie die Verantwortlichen des Organisationsbüros) mussten
bestehende potenzielle Interessenkonflikte offenlegen. Hierfür wurde das Formblatt
der AWMF (Stand 08.02.2012) verwendet (http://www.awmf.org/leitlinien/awmf-regelwerk/ll-entwicklung.html ). Es wurden folgende finanziellen und kommerziellen sowie psychologischen und sozialen
(u. a. politische, akademische oder persönliche Beziehungen) Aspekte abgefragt, die
bei Vorliegen mit genauen Angaben zur Firma und Höhe der Zuwendung ergänzt werden
mussten:
Berater- bzw. Gutachtertätigkeit oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen
Beirat eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie,
Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer
Versicherung (Antwort ja: 24 Personen)
Honorare für Vortrags- und Schulungstätigkeiten oder bezahlte Autoren- oder Koautorenschaften
im Auftrag eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten
Auftragsinstituts oder einer Versicherung (Antwort ja: 49 Personen)
finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung
von Mitarbeitern der Einrichtung vonseiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft,
eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung (Antwort ja: 31 Personen)
Eigentümerinteresse an Arzneimitteln/Medizinprodukten (z. B. Patent, Urheberrecht,
Verkaufslizenz) (Antwort ja: 1 Person)
Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft
(Antwort ja: 1 Person)
persönliche Beziehungen zu einem Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft
(Antwort ja: 2 Personen)
Mitglied von in Zusammenhang mit der Leitlinienentwicklung relevanten Fachgesellschaften/Berufsverbänden,
Mandatsträger im Rahmen der Leitlinienentwicklung (Antwort ja: 54 Personen)
Politische, akademische (z. B. Zugehörigkeit zu bestimmten „Schulen“), wissenschaftliche
oder persönliche Interessen, die mögliche Konflikte begründen könnten (Antwort ja: 1 Person)
Außerdem musste der gegenwärtige Arbeitgeber sowie die relevanten früheren Arbeitgeber
der letzten 3 Jahre in der Erklärung aufgeführt werden. Abschließend wurde um eine
zusammenfassende Bewertung, ob ein bedeutsamer Interessenkonflikt für den Einzelnen
oder die ganze Leitliniengruppe besteht, unter Berücksichtigung der oben aufgeführten
Punkte, gebeten. Die Angaben über Interessenkonflikte wurden durch das Steering-Committee
bewertet. Eine Bewertung der Interessenkonflikte der Federführenden im Steering-Committee
erfolgte über das Präsidium der DGEM. Es wurde sichergestellt, dass Personen, die
potenzielle Interessenkonflikte berichteten, eine volle akademische Position haben
und nicht Vertreter einer medizinischen Firma sind. Folgende Ausnahmen wurden vom
Steering-Committee und Präsidium der DGEM genehmigt, nachdem die Personen überzeugend
erklärt haben, dass ihre Firmenbeziehungen keinen Konflikt darstellen zur Mitarbeit
bei der Leitlinienerstellung: S. Mühlebach (hauptamtlich für Vifor Pharma AG tätig),
G. Hanke (hauptamtlich für Alpha-Pharma-Service GmbH tätig). Die ausgefüllten Erklärungen
der Mitglieder liegen dem Organisationsbüro vor.
Finanzierung
Die DGEM kam für die gesamten Kosten des Leitlinien-Updates auf. Sie bezahlte das
zentrale Organisationsbüro, die Kosten, die bei den Arbeitsgruppentreffen sowie bei
den Konsensus-Konferenzen entstanden (Verpflegung und Reisekosten analog zum Bundesreisekostengesetz,
Equipment für Abstimmung, personelle Aufwendung seitens AWMF). Außerdem wurde das
Leitlinienentwicklungsportal (Clinical Guideline Service, Usergroup – Med. Leitlinienentwicklung
e. V.) mit einem eigenen geschützten Bereich für die Leitlinie Klinische Ernährung
kostenpflichtig genutzt. Dieses konnte von den Arbeitsgruppen als zentrale Plattform
für die Leitlinienarbeit verwendet werden (Sammlung von Literatur, gruppeninterne
Arbeitsbereiche mit der Möglichkeit des direkten Austauschs mit den anderen Arbeitsgruppenmitgliedern,
Onlinebefragung nach dem Delphi-Prinzip). Des Weiteren wurden von der DGEM die Kosten
für das TED-Abstimmungssystem und den technischen Support (Clinical Guideline Service,
Usergroup – Med. Leitlinienentwicklung e. V.) bei den Konsensus-Konferenzen getragen.
Die Mitglieder arbeiteten ehrenamtlich und bezogen keine Honorare für die Leitlinienerstellung.
Reisekosten wurden nach den im Hochschulbereich üblichen Richtlinien erstattet. Gelder
von Dritten wurden nicht in Anspruch genommen.
Vorgehen bei der Leitlinienentwicklung
Literaturrecherche und -bewertung
Von jeder Arbeitsgruppe wurde eine umfassende strukturierte Literaturrecherche und
-bewertung, der im Anschluss an die letzten Leitlinien in Englisch und Deutsch erschienenen
Fachpublikationen, durchgeführt. Basis waren dabei die bisherigen S3-Leitlinien der
DGEM, die seit 2003 publiziert worden sind ([Tab. 1 ]). Es wurde geprüft, ob einzelne Empfehlungen aus anderen Leitlinien zum gleichen
Thema übernommen bzw. adaptiert werden können. Es wurden bestimmte Einschlusskriterien
und spezifische Suchbegriffe (in Kombination mit Keywords aus dem jeweiligen Fachbereich)
genutzt, um geeignete Literatur in den Datenbanken Medline, EMBASE, Pubmed und Cochrane
zu finden (siehe hierzu [Abb. 1 ]). Die Daten zu den verwendeten Zusatzschlüsselwörtern, der gefundenen und einbezogenen
Literatur liegen dem Organisationsbüro von den einzelnen Arbeitsgruppen vor.
Abb. 1 Literaturrecherche.
Literaturbewertung
Die Kriterien, die zur Bewertung der Literatur herangezogen wurden, sind in [Tab. 4 ] aufgeführt. Die zur Formulierung einer Empfehlung herangezogene Literatur wird in
den entsprechenden Kapiteln in Evidenz-Tabellen aufgeführt.
Tab. 4
Evidenz-Härtegrade zur Bewertung von Studien nach ÄZQ [2 ]
[3 ]
[4 ].
Härtegrad
Evidenz aufgrund
Ia
von Metaanalysen randomisierter kontrollierter Studien
Ib
von mind. einer randomisierten kontrollierten Studie
IIa
von mind. einer gut angelegten kontrollierten Studie ohne Randomisierung
IIb
mind. einer anderen Art von gut angelegter, quasiexperimenteller Studie
III
gut angelegter, nicht-experimenteller, deskriptiver Studien, wie z. B. Vergleichsstudien,
Korrelationsstudien und Fallkontrollstudien
IV
von Berichten der Expertenausschüsse oder Expertenmeinungen und/oder klinischen Erfahrungen
anerkannter Autoritäten
Neben den Evidenz-Härtegraden zur Bewertung der Studien nach ÄZQ wurden im Rahmen
des Leitlinien-Updates ebenfalls konsensusgeeignete Outcome-Parameter für die Ernährungstherapie
festgelegt und ein Schema für die Evaluierung der Outcome-Parameter entwickelt [5 ]. [Tab. 5 ] zeigt die 5 Outcome-Modelle mit Beispielen für mögliche Parameter zur Beurteilung
der Ernährungsintervention, die für die Bewertung der Literatur verwendet wurden.
Die Verwendung der Outcome-Modelle wurde fächerübergreifend festgesetzt.
Tab. 5
Die 5 Outcome-Modelle mit Beispielen für mögliche Parameter zur Beurteilung einer
Ernährungsintervention [5 ].
Modell 1
Modell 2
Modell 3
Modell 4
Modell 5
biomedizinische Endpunkte
patientenzentriertes Outcome
gesundheitsökonomische Parameter
medizinische Entscheidungsfindung
Mehr-Komponenten Outcome-Modelle
BM
PC
HE
DM
MC
Mortalität
Komplikationsrate
Wundheilung
Mobilität
Ernährungsstatus
Entzündungsstatus
Immunstatus
Lebensqualität
andere Patientenselbstberichte:
Ressourcenverbrauch
Medikamentenkosten
Kosten für Komplikationen
Krankenhausverweildauer
Personalkosten
Quality Adjusted Life Year (QALY)
Ernährungstherapie vs. keine Ernährungstherapie
Chirurgie vs. konservative Therapie
Patient-Generated Subjective Global Assessment (PG-SGA)
Crohn’s Disease Activity Index (CDAI)
Frailty Index
Erstellung der Empfehlungen
Die nach diesem Vorgehen verwendete und bewertete Literatur war für die Arbeitsgruppen
die Grundlage für die Erstellung der Erstempfehlungen. Die Ableitung eines Empfehlungsgrads
erfolgte in den Arbeitsgruppen auf der Basis der vorhandenen Daten unter Berücksichtigung
der klinischen Relevanz und ist in [Tab. 6 ] entsprechend dargestellt.
Tab. 6
Einteilung der Empfehlungsklassen nach AHCPR 1993 [4 ].
Klasse
Evidenzgrade
Erläuterung ist belegt durch:
A
Ia, Ib
schlüssige Literatur guter Qualität, die mind. eine randomisierte Studie enthält
B
IIa, IIb, III
gut durchgeführte, nicht randomisierte Studien
C
IV
Berichte und Meinungen von Expertenkreisen und/oder klinischen Erfahrungen anerkannter
Autoritäten. Weist auf das Fehlen direkt anwendbarer klinischer Studien guter Qualität
hin.
Neben der Evidenz Hierarchie wurden in die Ableitung der Empfehlungsgrade auch folgende
Kriterien miteinbezogen [6 ]:
Konsistenz der Studienergebnisse
Übertragbarkeit auf die Patientenzielgruppe(n)
klinische Relevanz der Endpunkte
Nutzen-Schaden-Abwägung
ethischer Rahmen
Patientenpräferenzen
Anwendbarkeit
Deswegen können in begründeten Fällen Evidenz- und Empfehlungsstärken voneinander
abweichen. Beispielsweise wurde eine Abstufung des Empfehlungsgrads vorgenommen, wenn
die Anwendbarkeit einer im stationären Bereich wirksamen Therapie im ambulanten Bereich
nur eingeschränkt möglich war. Wurde eine Abstufung des Empfehlungsgrads bzw. eine
Anhebung des Empfehlungsgrads vorgenommen, ist dies in den einzelnen Kapiteln im Kommentar,
der zur Empfehlung gehört, entsprechend begründet.
Ein Sonderfall stellt der „Klinische Konsenspunkt“ (gekennzeichnet als KKP) dar, der
als „Standard in der Behandlung“ gesehen wird:
„Empfohlen als gute klinische Praxis im Konsens und aufgrund der klinischen Erfahrung
der Mitglieder der Leitliniengruppe als ein Standard der Behandlung, bei dem keine
experimentelle wissenschaftliche Erforschung möglich oder angestrebt ist.“ [7 ]
Neben der klassischen Bewertung der Handlungsempfehlung anhand des Empfehlungsgrads
wurde in den einzelnen Kapiteln auch die Outcome-Bewertung bei den Empfehlungen mitangegeben
([Tab. 5 ]).
Die Erstempfehlungen wurden innerhalb der Arbeitsgruppen nach dem Verfahren des nominalen
Gruppenprozesses diskutiert und überarbeitet.
Konsensusfindung
Die Handlungsempfehlungen der jeweiligen Arbeitsgruppen wurden anschließend in einer
strukturierten Vorabstimmung online im Leitlinienportal nach dem Delphi-Prinzip dem
gesamten Plenum zur Abstimmung bereitgestellt. Die Ergebnisse der Vorabstimmung gingen
den Arbeitsgruppen nach Schließung der Befragung zu, damit die Statements für die
Konsensus-Konferenz noch einmal überarbeitet werden konnten. An den Konsensus-Konferenzen
wurden die Empfehlungen von den Experten der einzelnen Arbeitsgruppen den anderen
Mitgliedern des Leitlinien-Updates vorgestellt. Die Entwürfe wurden diskutiert, z. T.
nochmals geändert, und per Mehrheitsentscheid abgestimmt. Die Abstimmung erfolgte
anonym über ein TED-System. Empfehlungen, die in der Vorabstimmung ≥ 95 % Zustimmung
erhalten haben, wurden in den Konsensus-Konferenzen nicht noch einmal abgestimmt.
Das Organisationsteam (Schütz, Stingel) sammelte die Ergebnisse und erstellte das
Protokoll zum Verlauf der Konsensus-Konferenzen. Zur 1. und 2. Konsensus-Konferenz
wurden alle Mitglieder, bei der 3. und 4. Konsensus-Konferenz wurden aus finanziellen
und organisatorischen Gründen nur noch der AG-Leiter und sein Stellvertreter eingeladen.
Bei der 1. Konsensus-Konferenz am 14.09.2011 waren insgesamt 39 Mitglieder anwesend,
bei der 2. Konsensus-Konferenz am 16.06.2012 36 Mitglieder, bei der 3. Konsensus-Konferenz
am 30.11.2012 25 und am 01.12.2012 24 Mitglieder. Die 4. Konsensus-Konferenz wird
im Frühjahr 2013 stattfinden. Bezüglich des methodischen Vorgehens wurden die Arbeitsgruppen
von den methodischen Beratern unterstützt. Die Konsensstärke wird in dem jeweiligen
Leitlinien-Kapitel zusammen mit dem Empfehlungsgrad angegeben ([Tab. 7 ]). Die Statements und Inhalte der Kapitel zur Terminologie in der Klinischen Ernährung
sowie Ethik und Recht wurden auf der Konsensus-Konferenz ebenfalls vorgestellt, aber
nur in Teilen diskutiert und nicht abgestimmt. Dementsprechend ist in diesen Kapiteln
auch keine Konsensstärke angegeben.
Tab. 7
Konsensstärke [1 ].
starker Konsens
Zustimmung von > 95 % der Teilnehmer
Konsens
Zustimmung von > 75 – 95 % der Teilnehmer
mehrheitliche Zustimmung
Zustimmung von > 50 – 75 % der Teilnehmer
kein Konsens
Zustimmung von weniger als 50 % der Teilnehmer
Fertigstellung und Finalisierung der Kapitel
Die erforderlichen Änderungen, die nach der Konsensus-Konferenz noch von den einzelnen
Arbeitsgruppen vorgenommen werden mussten, wurden in den anschließenden Wochen nach
der jeweiligen Konsensus-Konferenz von den Arbeitsgruppen eingearbeitet und die finale
Fassung der Texte erstellt. Bereits an der Konsensus-Konferenz abgestimmte Statements
wurden von den Arbeitsgruppen nicht mehr geändert. Das Koordinationsteam überarbeitete
die Texte abschließend formal und sprachlich. Insbesondere wurde darauf geachtet,
dass einheitliche Begriffe von den verschiedenen Arbeitsgruppen verwendet werden (s.
Valentini et al., DGEM-Terminologie in der Klinischen Ernährung. Aktuel Ernährungsmed
2013; dieses Heft). Einzelne Teilbereiche der Leitlinie wurden nach Fertigstellung
der Kapitel den jeweiligen Fachgesellschaften vorgestellt, mit dem Ziel, sie von ihnen
autorisieren zu lassen.
Aktualisierung und Verbreitung der Leitlinie
Die Gültigkeitsdauer der Leitlinie beträgt 5 Jahre. Die einzelnen Kapitel werden spätestens
nach 5 Jahren einer erneuten Revision unterzogen. Neu erscheinende wissenschaftliche
Erkenntnisse werden von den Mitgliedern der Leitliniengruppe beobachtet. Falls notwendig,
wird die DGEM eine Überarbeitung und Aktualisierung einzelner Themenkomplexe vorzeitig
vornehmen lassen. Aktualisierungen werden gesondert in Form eines Addendums publiziert.
Alle Leitlinien-Kapitel werden auf der Internetseite der AWMF sowie der DGEM e. V.
zum Download als pdf-Dokument zur Verfügung stehen.
Für die Implementierung der Anwendung von Trinknahrung im ambulanten Bereich beim
Erwachsenen wurde im Rahmen des Leitlinien-Updates bereits ein Algorithmus veröffentlicht,
der zur Klärung der Diskussion beitragen soll, ob Trinknahrung im deutschen Gesundheitssystem
verordnungsfähig ist [8 ].
Die überarbeitete Kurzfassung „DGEM-Leitlinien Enterale und Parenterale Ernährung“
erscheint voraussichtlich nach Abschluss aller Leitlinien im Georg Thieme Verlag.
Außerdem sollen die überarbeiteten Leitlinien auf diversen deutschsprachigen Kongressen
der beteiligten Fachgesellschaften vorgestellt werden.