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DOI: 10.1055/s-0032-1333448
Die wichtigsten Strategien ... für die Elternarbeit bei Frühkindlichem Autismus
Subject Editor:
Publication History
Publication Date:
11 January 2013 (online)
Bei einem Kind mit frühkindlichem Autismus ist die Elternarbeit ein sehr wichtiger Bestandteil in der ergotherapeutischen Arbeit. Nicht nur, weil sich das Kind meist nur schwer ausdrücken kann, sondern auch, weil sich die Erkrankung auf das gesamte Familienleben auswirkt.
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Janette Illner, Janka Schwieca, Johanna Seitz und Katharina Hennekes


Janette Illner, Janka Schwieca, Johanna Seitz und Katharina Hennekes sind Ergotherapeutinnen und haben 2011 den Bachelorstudiengang an der Hogeschool Zuyd in Heerlen, Niederlande, abgeschlossen. Das Thema ihrer gemeinsamen Bachelorarbeit lautete „Kinder mit frühkindlichem Autismus -Bedürfnisse von Eltern im Alltag und deren Einbezug in die Ergotherapie“. Heute arbeiten die vier Therapeutinnen in verschiedenen Praxen für Ergotherapie.
Hintergrund
Frühkindlicher Autismus
Der frühkindliche Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die sich vor dem dritten Lebensjahr manifestiert. Sie ist gekennzeichnet durch charakteristische abnorme Funktionen in sozialer Interaktion, Kommunikation und eingeschränktem stereotyp repetitiven Verhalten. Die Kinder meiden beispielsweise Blickkontakt und Berührung, haben einen kleinen Wortschatz, teilweise Stereotypien, wiegen sich mit dem gesamten Körper immer wieder hin und her oder wirken abwesend. Neben diesen spezifischen diagnostischen Merkmalen zeigen sie häufig eine Vielzahl unspezifischer Probleme wie Phobien, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche und (autodestruktive) Aggressionen. Diese Auffälligkeiten sind Hinweise auf autistisches Verhalten und in der Differenzialdiagnose von Bedeutung [1].
Synonym verwendete Bezeichnungen für frühkindlichen Autismus sind:
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> Autistische Störung,
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> Frühkindliche Psychose,
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> Infantiler Autismus oder
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> Kanner-Syndrom [2].
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Verlauf und Prognose
Die Sprachentwicklung und die Intelligenz bis zum sechsten Lebensjahr sind Indikatoren für den weiteren Verlauf. Das heißt, dass betroffene Kinder, deren Sprachentwicklung bis zu diesem Zeitpunkt nicht weit fortgeschritten ist, meist auf diesem Niveau bleiben. Ihnen fehlt zum Beispiel der soziale Gebrauch sprachlicher Fertigkeiten oder emotionale Resonanz auf verbale und nonverbale Annäherungen von anderen Menschen. Häufig haben die Kinder eine veränderte Sprachmelodie. Das heißt, am Satzende gehen sie beispielsweise nicht mit der Stimme herunter, oder sie haben generell eine monotone Tonlage. Bei einer guten Sprachentwicklung hingegen lässt sich der weitere Verlauf schwerer einschätzen. Lässt der Intelligenzquotient jedoch auf eine schwere geistige Behinderung schließen, ist die Prognose ungünstig [3].
1,3 bis 2,2 von 1.000 Kindern erkranken am frühkindlichen Autismus.
autismus Deutschland [6]
Bei den Symptomen kann man im Verlauf sowohl Fort- als auch Rückschritte beobachten [4]. Angenommen, ein Kind lernt im Therapieprozess, einen Reißverschluss selbstständig zu schließen, und schafft es das aufgrund von Stress und fehlender Zeit in der Kindertageseinrichtung möglicherweise nicht, dann kann dieses negative Erlebnis dazu führen, dass sich das Kind ab sofort aus Angst vor Enttäuschung und vor dem Scheitern weigert, Reißverschlüsse selbst zu schließen. In der kognitiven Entwicklung machen die Kinder meist große Fortschritte. In der Pubertät kann es im Bereich der verbalen und nonverbalen Fähigkeiten jedoch wieder zu Rückschritten kommen, sodass sie auf Erlerntes nicht mehr zurückgreifen können.
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Tipps für die Elternarbeit
Elternarbeit
Da die Zusammenarbeit mit dem Kind aufgrund fehlender Kommunikation, Awareness und fehlendem Verständnis in der Regel wegfällt, liegt ein Schwerpunkt in der Ergotherapie auf der Elternarbeit. Mutter und Vater stoßen in ihrer Umwelt oft auf Unverständnis, was sie sehr verunsichert. Unterstützung kann ihnen die Therapeutin bieten, indem sie über das Krankheitsbild und die Verhaltensweisen des Kindes aufklärt, hinsichtlich Alltagsstrukturierung berät und Hilfestellung bei Behördengängen bietet.
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Vorgehensweise
Informieren Sie sich zunächst über Hilfsangebote, Behörden und Autismus-Zentren vor Ort. Bieten Sie diese den Eltern für weitere Unterstützung und Erfahrungsaustausch an.
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> Führen Sie ein ausführliches Elterngespräch, um die Bedürfnisse der Eltern und des Kindes herauszufinden. Hier bietet sich beispielsweise das COPM an [7]. Definieren Sie gemeinsam mit den Eltern die Therapieziele und beziehen Sie die Eltern in den weiteren Therapieprozess ein.
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> Gestalten Sie die Therapie mit dem Kind alltagspraktisch und erläutern Sie den Eltern, wie sie den Transfer zum Alltag herstellen können.
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> Geben Sie Hilfestellung zur Alltagsstrukturierung, zum Beispiel anhand von Tagesplänen oder Ritualen.
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> Erarbeiten Sie mit den Eltern Entlastungsmöglichkeiten, um Ruhezeiten und Freizeit für sie zu schaffen. Hier können Tageseinrichtungen, integrative Kindergärten/Schulen oder die Aktion Freizeit behinderter Jugendlicher hilfreich sein.
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> Finden Sie regelmäßige Austauschmöglichkeiten mit den Eltern, zum Beispiel ein Elterngespräch pro Verordnung oder zehnminütige Gespräche am Ende jeder Therapieeinheit.
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> Reflektieren Sie regelmäßig mit den Eltern den Entwicklungsverlauf des Kindes, da dieser bei Kindern mit frühkindlichem Autismus meist schwer vorherzusehen ist. Gleichzeitig können sich im Bereich der Entwicklung des Kindes viele Aspekte verändern, mit denen die Eltern adäquat umgehen müssen.
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