Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2013; 18(6): 273-274
DOI: 10.1055/s-0033-1356117
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fortschritt im Gesundheitssystem – Relevanz der Versorgungsforschung

Progress in the Health Care System – Relevance of Health Services Research
H. Rebscher
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Publication Date:
17 December 2013 (online)

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels müssen sich Krankenkassen mittel- und langfristig auf veränderte Bedürfnisse von Versicherten und Beschäftigten und einen neuen, wachsenden Bedarf für Gesundheitsmanagement in den Betrieben einstellen. Als klassische Versorgerkasse betreut die DAK-Gesundheit überdurchschnittlich viele Ältere und oft versorgungsintensive Versicherte. Multimorbidität, Behinderung, chronische Krankheiten und Pflegebedürftigkeit sind tägliche Herausforderungen. Aus diesem Grund sind die Beobachtung und die Analyse dessen, was im Versorgungsalltag geschieht, auch von entscheidender Bedeutung für die unternehmenspolitische Zukunftsstrategie der Kasse.

In dem Beitrag „Versorgungsforschung aus der Perspektive einer Gesetzlichen Krankenkasse“ (Scharnetzky, Busch, Wobbe, Rebscher) werden die Entwicklung und die Durchführung von Kooperationsprojekten mit externen wissenschaftlichen Institutionen dargestellt. Die „Regeln“ der Zusammenarbeit zwischen den versorgungspolitisch Verantwortlichen, aber insbesondere auch datenschutzrechtlich verpflichteten Körperschaften öffentlichen Rechts und erkenntnisorientierten wissenschaftlichen Einrichtungen werden Lösungswege aufgezeigt und zur Nutzung der Prozessdaten der Krankenversicherung diskutiert. Prozessdaten nutzbar zu machen für die populationsorientierte Verbesserung der Versorgungsorganisation und der Abläufe ist das Ziel dieser Kooperationen. Ein hochkarätig besetzter medizinisch-wissenschaftlicher Beirat unterstützt die DAK-Gesundheit bei der Konzeption und der Umsetzung von Versorgungsforschungsprojekten (http://www.dak.de/dak/unternehmen/Wissenschaftlicher_Beirat-1075 640.html).

Ein zentrales Thema für die DAK-Gesundheit ist die Präsenz vor Ort, insbesondere auch für beratungsintensive Versorgungsprozesse und für die älteren Versicherten, verbunden mit einem engagierten betrieblichen Gesundheitsmanagement. Es gilt, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auch im höheren Lebensalter zu fördern und zu erhalten sowie die versorgungs- und beratungsintensiven Lebensjahre außerhalb des Betriebs zu begleiten und im Rahmen eines etablierten Versorgungsmanagements zu unterstützen. Als Grundlage des Versorgungsmanagements und für die Gestaltung zukünftiger Vertragsstrukturen werden detaillierte Informationen über das Versorgungsgeschehen benötigt. Diese können oft nur im Rahmen von umfangreichen Studien gewonnen werden.

Das primäre Ziel der Versorgungsforschung ist aus Kassensicht, auf konkrete, versorgungsrelevante Fragen möglichst zeitnah und patientenzentriert valide, pragmatische Antworten zu erhalten, die als Grundlage für Entscheidungsprozesse genutzt werden können.

Aus der Fragestellung heraus, ob Verträge und Versorgungsansätze einen positiven Einfluss auf die Versorgung der Versicherten haben und dabei auch ökonomisch tragfähig sind, hat die DAK-Gesundheit über einen Zeitraum von zwei Jahren die Entwicklung und organisatorische Verankerung einer neuen Analysemethode im Regelbetrieb umgesetzt. Nach umfänglichen Recherchen hat sich die DAK-Gesundheit zum regelmäßigen Einsatz eines Propensity-Score-Matching-Modells entschieden, was in der Kasse umfangreiche strukturelle Vorarbeiten (Data Warehouse/Data Mining etc.) nötig machte. Dieses Vorgehen wird in dem Beitrag „Nutzen und Grenzen des Einsatzes einer risikoadjustierten Erfolgsmessung im Routinebetrieb einer Krankenkasse – ein Praxisbericht“ (Beitrag Drogies, Bleich) dargestellt.

Ein weiterer Praxisbericht in dieser Ausgabe stellt die DAK-Gesundheitskampagne „‚bunt statt blau‘ – Kunst gegen ‚Komasaufen‘“ dar (Beitrag Kremer). Gemeinsam mit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung wird nunmehr seit über vier Jahren mit bisher über 52.000 beteiligten Schülerinnen und Schülern Suchtprävention am Beispiel eines Plakatwettbewerbs der DAK-Gesundheit durchgeführt. Im Juni 2013 wurde „bunt statt blau“ von der EU im Rahmen der Europäischen Aktion gegen Drogen ausgezeichnet. Für die EU gehört „bunt statt blau“ zu den zehn erfolgreichsten (von 1300 eingereichten) Kampagnen der europäischen Aktion gegen Drogen.