Open Access
Aktuelle Ernährungsmedizin 2014; 39(01): e1-e42
DOI: 10.1055/s-0033-1360016
Leitlinie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) in Zusammenarbeit mit der GESKES, der AKE und der DGVS

Klinische Ernährung in der Gastroenterologie (Teil 1) – LeberS3-Guideline of the German Society for Nutritional Medicine (DGEM) in Cooperation with the GESKES, the AKE, and the DGVSClinical Nutrition in the Gastroenterology (Part 1) – Liver
M. Plauth
1   Städtisches Klinikum Dessau, Klinik für Innere Medizin, Dessau-Roßlau
,
T. Schütz
2   Universitätsmedizin Leipzig, IFB Adipositas-Erkrankungen, Forschungsbereich Bariatrische Chirurgie, Leipzig
,
M. Pirlich
3   Evangelische Elisabeth Klinik, Abteilung für Innere Medizin, Berlin
,
A. Canbay
4   Universitätsklinikum Essen, Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Essen
,
und das DGEM Steering Committee› Institutsangaben
Weitere Informationen

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Mathias Plauth
Städtisches Klinikum Dessau, Klinik für Innere Medizin
Auenweg 38
06847 Dessau-Roßlau
Telefon: 0340/501-1275   

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. Februar 2014 (online)

 

Zusammenfassung

Ziel: Mangelernährung wirkt sich negativ auf die Prognose aus und ist insbesondere bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen ein häufiger Befund. In der klinischen Praxis wird das Potenzial der Ernährungstherapie nicht völlig ausgeschöpft. Mit dieser Leitlinie sollen umfassende aktuelle und evidenzbasierte Empfehlungen für die Ernährungstherapie von Patienten mit Lebererkrankungen gegeben werden.

Methoden: Frühere Leitlinien der Deutschen und der Europäischen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM, ESPEN) zur enteralen und parenteralen Ernährung von Patienten mit Lebererkrankungen wurden entsprechend den Prinzipien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) und ÄZQ (Ärztliche Zentralstelle für Qualitätssicherung) aktualisiert und vollständig überarbeitet und erweitert.

Ergebnisse: Die vorliegende Leitlinie umfasst 80 im Konsentierungsverfahren ermittelte Empfehlungen zur Ernährungstherapie leberkranker Patienten im Hinblick auf pathophysiologische Grundlagen, Indikationsstellung und Durchführung einer Ernährungstherapie sowie ihrer Ergebnisse. Empfehlungen werden für die Krankheitsbilder akutes Leberversagen (ALF), alkoholische Steatohepatitis (ASH), nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH), Leberzirrhose (LC), Lebertransplantation und Operation sowie ernährungsbedingte Leberschädigung (NALI) gegeben.

Schlussfolgerung: Patienten mit chronischer Lebererkrankung leiden häufig an einer Mangelernährung; diese Patientengruppe profitiert daher von einer Ernährungstherapie. Die Datenlage ist bei ALF-Patienten wesentlich unsicherer, da nur wenige Untersuchungsergebnisse für diese schwere aber seltene Erkrankung vorliegen.


Abstract

Aim: Malnutrition carries a poor prognosis and is a frequent finding especially in patients with chronic liver disease. In clinical practice, however, the potential of nutrition therapy frequently is not fully employed. This guideline is aimed at giving comprehensive, up-to-date and evidence-based recommendations for nutrition therapy in patients with liver disease.

Methods: Previous guidelines of the German and European Societies for Nutritional Medicine (DGEM, ESPEN) on enteral and parenteral nutrition in patients with liver disease were updated and thoroughly revised and extended according to the requirements of the AWMF (German Association of the Scientific Medical Societies) and the AEZQ (Agency for Quality in Medicine).

Results: The present guideline comprises 80 recommendations developed in a consensus process on the nutritional therapy of patients with liver disease with regard to pathophysiological principles, indication for and application of nutritional therapy and the resulting outcome. Recommendations are given for the following conditions: acute liver failure (ALF), alcoholic steatohepatitis (ASH), non-alcoholic steatohepatitis (NASH), liver cirrhosis (LC), liver transplantation and surgery, as well as nutrition associated liver injury (NALI).

Conclusion: Patients with chronic liver disease frequently suffer from malnutrition; therefore, this group of patients benefits from nutrition therapy. For patients with ALF evidence is poor because there are only few research results for this severe but rare condition.


1 Methoden

Die vorliegende Leitlinie stellt eine umfassende Aktualisierung früherer DGEM- [1] [2] und ESPEN-Leitlinien [3] [4] [5] dar, die die enterale und die parenterale Ernährung nun in einer Leitlinie zusammenbringt. Es handelt sich hierbei um eine S3-Leitlinie der DGEM (AWMF-Registernummer 073/024). Die Methodik ist im Leitlinienreport ausführlich beschrieben, wo sich auch die Suchstrategien und Evidenztabellen finden. Der Leitlinienreport ist über die Internetseite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) abrufbar (www.awmf.org, AWMF-Registernummer der Fachgesellschaft 073). Ein Auszug zum methodischen Vorgehen bei der Leitlinienerstellung wurde bereits in der Aktuellen Ernährungsmedizin veröffentlicht [6], ebenso wie die verwendete Terminologie [7].

Neben dem Empfehlungsgrad wird auch die Outcomebewertung bei den Empfehlungen mitangegeben (biomedizinische Endpunkte [BM], patientenzentriertes Outcome [PC], gesundheitsökonomische Parameter, medizinische Entscheidungsfindung, Mehr-Komponenten-Outcome-Modelle [MC]) [8].


2 Pathophysiologische Grundlagen

2.1 Wie wirkt sich die Lebererkrankung auf den Ernährungsstatus und auf den Energie- und Substratstoffwechsel aus?

Konsensbasierte Expertenstatements
  • Bei akutem Leberversagen (acute liver failure, ALF) ist der Ruheenergieverbrauch gegenüber den gesunden Personen um den Faktor 1,2 – 1,3 erhöht [starker Konsens].

  • Bei Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis (ASH) ist der Ruheenergieverbrauch um das 1,3-Fache gegenüber dem Normalwert erhöht [Konsens].

  • Patienten mit nicht alkoholischer Fettleber (non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD) haben einen normalen Ruheenergieverbrauch [starker Konsens].

  • Die Leberzirrhose (LC) geht mit einer hohen Prävalenz von Mangelernährung, Eiweiß- und Spurenelementmangel einher [starker Konsens]. Skelettmuskelmasse und -funktion sind häufig reduziert [starker Konsens].

  • Bei Leberzirrhose ist der Kohlenhydrat-, Protein- und Lipidstoffwechsel gestört und durch hepatozelluläre Glykogenverarmung, Beeinträchtigung des nicht oxidativen Glukosestoffwechsels und eine verringerte Albumin-Syntheserate gekennzeichnet [starker Konsens].

Empfehlung 1:

Wann immer möglich, sollte der Energiebedarf eines Patienten mit akutem Leberversagen durch indirekte Kalorimetrie gemessen werden.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 2:

Für die Praxis kann davon ausgegangen werden, dass der Energiebedarf von Leberzirrhosepatienten dem 1,3-Fachen des Ruheenergieverbrauchs (REE) entspricht und dass dies bei der Gesamtenergiezufuhr entsprechend berücksichtigt werden sollte.
[B (BM); starker Konsens]

Kommentar: Bei ALF-Patienten wird die Messung des Energieverbrauchs nicht routinemäßig eingesetzt, obwohl gut bekannt ist, dass der hepatische Energieverbrauch 25 % des Gesamtenergieverbrauchs ausmacht [9]. Eine Untersuchung an 33 hepatologischen Zentren in Europa [10] zeigte, dass der REE nur von 12,5 % dieser Zentren durch indirekte Kalorimetrie ermittelt wurde und dass 53 % in der Regel die Harris-Benedict-Formel anwandten [11]. Bei Patienten mit ALF wurde mittels indirekter Kalorimetrie ein um 18 bzw. 30 % höherer REE als bei gesunden Kontrollen nachgewiesen [12] [13]. ALF-Patienten unterscheiden sich also hinsichtlich ihres Energieverbrauchs nicht von anderen kritisch Kranken. Anders als bei einer Sepsis zeigen die Gewebe des Splanchnikusgebiets keine Aufnahme, sondern eine Abgabe von freien Fettsäuren [14]. Bei ALF sind die Plasmakonzentrationen von Aminosäuren auf das 3- bis 4-Fache erhöht. Charakteristisch für das Aminosäuremuster sind die Abnahme verzweigtkettiger Aminosäuren (VKAS) und die Zunahme von Tryptophan sowie aromatischer und schwefelhaltiger Aminosäuren [15] [16] [17]. Im Gegensatz zu Gesunden und sogar Sepsispatienten nehmen bei ALF-Patienten die Splanchnikusorgane keine Aminosäuren auf [15].

Bei ASH-Patienten unterschied sich das Verhältnis von gemessenem zu berechnetem REE nicht von dem gesunder Personen [18] [19] oder von Patienten mit Zirrhose [20]. Bezogen auf ihre reduzierte Muskelmasse lag der REE bei ASH-Patienten jedoch um 55 % über dem gesunder Kontrollen [18] [19]. Jhangiani et al. beobachteten bei Alkoholikern ohne labormedizinisch nachweisbare Lebererkrankung, aber nicht bei alkoholischer LC einen erhöhten REE (25,8 gegenüber 20,8 kcal · kg KG– 1 · d– 1) [21]. In ähnlicher Weise war auch in einer Gruppe von Alkoholkranken mit Fettleber, ASH oder LC der Alkoholmissbrauch mit einem erhöhten REE (26 %) verbunden; ein Rückgang des REE stellte sich durchgehend nach 4-tägiger Alkoholabstinenz ein [22]. Nach Adjustierung der Werte auf die Körpermasse lag der REE von Alkoholkranken mit oder ohne Lebererkrankung um 11 % höher als bei Probanden mit moderatem Alkoholkonsum [23]. Nicht abstinente LC-Patienten wiesen einen höheren Leuzinumsatz und eine höhere nicht oxidative Leuzinverwertung auf als abstinente LC-Patienten oder Kontrollen als Hinweis auf einen katabolen Effekt von Alkohol [24].

Bei NAFLD/NASH lässt sich nur schwer ein klares Bild gewinnen, da sich die untersuchten Patientenpopulationen im Hinblick darauf unterschieden, ob ein(e) Übergewicht/Adipositas, eine chronische Entzündung und ein metabolisches Syndrom vorlagen oder nicht. Bei übergewichtigen oder adipösen Patienten mit NAFLD war unter Ruhe- wie unter Belastungsbedingungen sowohl die hepatische als auch die Gesamtrate der Fettoxidation im Vergleich zu schlanken Kontrollen reduziert (BMI NAFLD 34,1 kg · m– 2; BMI Kontrollen 23,4 kg · m– 2) [25]. Die Fähigkeit zur Fettoxidation im Basalzustand verhielt sich umgekehrt proportional zum histologischen Befund einer NAFLD, einschließlich des Schweregrads der Steatose und der Krankheitsaktivität. Nach Adjustierung der Werte auf die fettfreie Masse, unterschied sich der REE von übergewichtigen bzw. adipösen Personen nicht von dem Schlanker. Bei extrem übergewichtigen Männern mit NAFLD und metabolischem Syndrom lag der REE höher (17 %) als bei Männern ohne metabolisches Syndrom und es fanden sich höhere Entzündungsmarker im Blut, höhere ALT-Werte sowie eine höhere Prävalenz von viszeraler Adipositas und arterieller Hypertonie [26]. In einer vergleichenden Untersuchung von Patienten mit nur geringfügig unterschiedlichem BMI (NAFLD 27,7 kg · m– 2; Kontrollen 25,3 kg · m– 2) fanden Kotronen et al. [27] keinen Unterschied in der hepatischen Lipidoxidation, aber eine erhöhte Lipidoxidation auf Ganzkörperbasis bei den Patienten mit NAFLD. Bezogen auf die fettfreie Masse unterschied sich der REE der NAFLD-Patienten nicht von dem der Kontrollen. Nicht-adipöse, normolipämische, normotone, nicht-diabetische Patienten mit bioptisch gesicherter NAFLD zeigten gegenüber den Kontrollen eine verringerte periphere Glukoseaufnahme und eine erhöhte Lipidoxidation bei geringerer Insulinempfindlichkeit (BMI NAFLD 26,4 kg · m– 2; BMI Kontrollen 25,8 kg · m– 2) [28].

Bei der Leberzirrhose (LC) korrelieren Prävalenz und Schweregrad einer Protein-Energie-Mangelernährung vom Mischtyp mit dem klinischen Stadium der chronischen Lebererkrankung; sie reicht von 20 % bei Patienten mit gut kompensierter Erkrankung bis zu über 60 % bei Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose [29] [30] [31]. Mangelernährung ist bei LC mit einer höheren Prävalenz von Aszites und hepatorenalem Syndrom sowie höherer Krankenhausmortalität, längerer Hospitalisierung und höheren Krankenhauskosten assoziiert [32]. LC-Patienten leiden häufig an einem massiven Eiweißmangel; die daraus resultierende Sarkopenie geht mit verminderter Muskelfunktion [33] und reduzierter Überlebensrate einher [34] [35]. Die Ätiologie einer Lebererkrankung selbst scheint die Prävalenz und den Grad der Mangelernährung und des Eiweißmangels nicht zu beeinflussen [30] [31] [33]. Die höhere Prävalenz und der ausgeprägtere Grad der Mangelernährung bei Alkoholkranken resultiert offensichtlich aus der ungesunden Lebensführung und schlechten sozioökonomischen Bedingungen.

Bei LC wurde ein normaler oder erhöhter Proteinumsatz aufgrund eines erhöhten Proteinabbaus und/oder einer reduzierten Proteinsynthese beobachtet [36]. Die Albumin-Syntheserate, nicht jedoch die Fibrinogen-Syntheserate korreliert mit quantitativen Leberfunktionstests und dem klinischen Stadium einer Zirrhose [37] [38]. Dennoch erreichen stabile Zirrhotiker offensichtlich eine effiziente Stickstoffretention und deutliche Bildung von Magermasse durch die erhöhte Eiweißaufnahme während der Wiederaufnahme der oralen Ernährung [39].

Die Verwertung oxidativer Brennstoffe ist durch eine erhöhte Nüchternrate der Lipidoxidation und das häufige Auftreten einer Insulinresistenz (selbst bei Patienten im Stadium Child-Pugh A) gekennzeichnet [40] [41] [42] [43] [44]. Eine erhöhte Lipidoxidation geht mit erhöhten Blutkonzentrationen des Rezeptors TNF-α und des löslichen TNF-α-Rezeptors einher [45]. Postabsorptiv ist die Glukose-Oxidationsrate reduziert und die hepatische Glukosesynthese niedrig, trotz einer erhöhten Glukoneogenese aufgrund der Glykogenverarmung in der Leber [46]. Daher ist die Stoffwechsellage bei LC nach nächtlichem Fasten vergleichbar mit der eines Gesunden nach längerem Hungern [40]. Insulinresistenz beeinträchtigt den Skelettmuskelstoffwechsel: die Glukoseaufnahme und nicht oxidative Glukoseverwertung (z. B. Glykogensynthese) sind reduziert, während die Glukoseoxidation und Laktatproduktion nach Glukosezufuhr normal sind [46] [47] [48]. Es ist nicht bekannt, in welchem Umfang die Glukosespeicherung als Glykogen lediglich in der Skelettmuskulatur oder sowohl in den Muskeln als auch in der Leber beeinträchtigt ist [49] [50]. Bei etwa 15 – 37 % der Patienten entwickelt sich ein manifester Diabetes, der Indikator für eine ungünstige Prognose ist [51] [52].

Nach einer Mahlzeit ist die Unterdrückung der Lipidoxidation nicht einheitlich gestört [53] [54]. Die Plasmaclearance und Lipidoxidationsraten sind nicht reduziert; die Nettokapazität für die Verwertung von exogenem Fett scheint also nicht beeinträchtigt [55] [56]. Bei LC sind essenzielle und mehrfach ungesättigte Fettsäuren vermindert, wobei die jeweilige Absenkung mit dem Ernährungszustand und der Schwere der Lebererkrankung korreliert [57] [58].

Die Körperzusammensetzung von Zirrhotikern ist massiv verändert und von Eiweißmangel und einer Akkumulation von Ganzkörperwasser bereits im Stadium Child-Pugh A gekennzeichnet [33] [59]. Dies geht Hand in Hand mit einer Kochsalzretention, sodass üblicherweise keine Hypernatriämie vorliegt. Dagegen kommt es oft zu einer Verarmung an Kalium, Magnesium, Phosphat und anderen intrazellulären Mineralstoffen.

Ein Mangel an wasserlöslichen Vitaminen, meist der B-Gruppe, ist bei Zirrhose häufig, insbesondere bei alkoholbedingter Zirrhose [60] [61]. Ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen wurde bei cholestatisch bedingter Steatorrhö, Gallensalzmangel und bei Alkoholikern beobachtet [62] [63].

Die Messung des REE bei LC-Patienten und Kontrollen erbrachte keinen Unterschied, wenn der REE auf die Körperoberfläche [21] [40] [53] [64] oder die Körpermasse bezogen wurde (LC: 22 – 27 kcal · kg KG– 1 · d– 1) [42] [53] [65] [66]. Jedoch wurden bei LC erhöhte Werte ermittelt, wenn der REE auf die Körpermagermasse, bestimmt mittels Kreatininausscheidung im Urin [53] [64] [67] oder auf die Körperzellmasse [53] bezogen wurde. Der gemessene REE ist bei 30 – 35 % der zirrhotischen Patienten höher (Hypermetabolismus) als der Schätzwert (nach Harris und Benedict oder Schofield bzw. anderen Formeln) und bei 18 % der Patienten niedriger als der Schätzwert [43] [68] [69]. Wann immer möglich sollte die indirekte Kalorimetrie zur Messung des REE herangezogen werden, da der gemessene REE beim einzelnen Patienten erheblich vom Schätzwert abweichen kann [70]. Bei LC war ein Hypermetabolismus mit verringertem ereignisfreien Überleben und ungünstigem Ergebnis nach Transplantation assoziiert [69] [71]; mit Verbesserung der Körperzusammensetzung scheint er sich zu normalisieren [72]. Schätzungen des Gesamtenergieverbrauchs (32 kcal · kg KG– 1 · d– 1) lassen vermuten, dass sich der Tages-Energiebedarf eines LC-Patienten auf etwa das 1,3-Fache des gemessenen REE beläuft (24 kcal · kg KG– 1 · d– 1) [39] [73]. Die nahrungsinduzierte Thermogenese [47] [54] [74] und der Energieverbrauch bei definierter körperlicher Aktivität zeigen bei stabilen Zirrhosepatienten [74] [75] [76] ebenfalls keine Abweichung von den bei Gesunden erhobenen Werten. Jedoch ist das Ausmaß spontaner körperlicher Aktivität bei LC-Patienten erheblich geringer. Offensichtlich wird der erhöhte Energiebedarf im fortgeschrittenen Krankheitsstadium durch verringerte körperliche Aktivität als Abbild der schlechten körperlichen Verfassung ausgeglichen [76] [77].

Bei zirrhotischen Patienten ohne Aszites sollte das tatsächliche Körpergewicht für die Berechnung der basalen Stoffwechselrate herangezogen und dabei Formeln wie z. B. die von Harris und Benedict verwendet werden [11]. Bei Patienten mit Aszites sollte vom Idealgewicht entsprechend der Körpergröße ausgegangen werden; dies trotz der Empfehlung aus der Untersuchung von 10 LC-Patienten, von denen jedoch nur 4 vollständig ausgewertet wurden [78], die davon ausgeht, dass bei der Berechnung des Energieumsatzes anhand der Körpermasse die Aszitesmasse nicht unberücksichtigt bleiben sollte.


2.2 Wie wirkt sich eine Transplantation oder ein anderer chirurgischer Eingriff auf den Energie- und Substratstoffwechsel aus?

Konsensbasierte Expertenstatements
  • Ein chirurgisches Trauma verursacht einen Stickstoffverlust des gesamten Körpers, von dem sich Patienten ein Jahr nach orthotoper Lebertransplantation noch nicht vollständig erholt haben [starker Konsens].

  • Nach einer Transplantation besteht bei den Patienten die Gefahr, eine sarkopenische Adipositas und ein metabolisches Syndrom zu entwickeln [starker Konsens].

Empfehlung 3:

Durch den Einsatz der Ernährungstherapie sollte der durch das Operationstrauma bedingte Verlust an Ganzkörpereiweiß und die Muskelfunktion früher und schneller wieder ausgeglichen werden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Plank u. Mitarb. beschrieben einen Verlust von 1,0 kg des Gesamtkörpereiweißes überwiegend aus der Skelettmuskulatur unmittelbar nach der Operation, und dieser Verlust konnte innerhalb der darauffolgenden 12 Monate nicht zurückgewonnen werden [79]. Über einen Beobachtungszeitraum von 24 Monaten nach Lebertransplantation blieb eine Erholung des initialen postoperativen Verlustes der Körperzellmasse (bestimmt mittels Ganzkörperkalium) aus [80]. Selberg u. Mitarb. [48] [81] konnten als funktionales Äquivalent zu diesen Beobachtungen nachweisen, dass sich die Glukoseaufnahme und nicht oxidative Glukoseverwertung der Skelettmuskulatur auch 12 und mehr Monate nach einer Lebertransplantation noch nicht normalisiert hatten. Es überrascht nicht, dass auch die Funktion der Atemmuskulatur ein Jahr nach Transplantation noch nicht den Normalwert wieder erreicht [79]. Analysen zur Körperzusammensetzung 50 oder 93 Monate nach einer Leber- oder Nierentransplantation zeigten eine signifikant höhere Körperzellmasse als bei Patienten mit terminaler Leber- bzw. Nierenerkrankung. Trotz guter Transplantatfunktion hatte sich die Körperzellmasse der transplantierten Patienten jedoch nicht normalisiert, erkennbar an deutlich geringeren Werten des Phasenwinkels im Vergleich mit gesunden Kontrollen. Dies verdeutlicht die Tatsache, dass die bloße Organtransplantation die Stoffwechsellage eines Patienten nicht normalisieren kann [82]. Darüber hinaus besteht eine Diskrepanz zwischen der unzureichenden Erholung des fettfreien Körpergewebes einerseits und einer unverhältnismäßigen Zunahme an Fettmasse andererseits, sodass diese Patienten durch die Entwicklung einer sarkopenischen Adipositas und eines metabolischen Syndroms gefährdet sind [79] [82] [83] [84].

Nach einer Lebertransplantation haben die Patienten im Durchschnitt denselben Energiebedarf wie das Gros der Patienten, die sich einer großen Bauchoperation unterziehen (vergl. DGEM-Leitlinie „Klinische Ernährung in der Chirurgie“ [85]). In der Regel ist eine Energiezufuhr von 1,3 × REE ausreichend [86] [87]. In einer Längsschnittstudie erreichte der postoperative Hypermetabolismus am 10. postoperativen Tag mit 124 % des berechneten Grundumsatzes seinen Höhepunkt [79]. Sechs bis 12 Monate nach Transplantation bestand kein Unterschied mehr zwischen gemessenem und berechnetem Energieverbrauch [66] [79].


2.3 Wie wirkt sich der Ernährungsstatus bei Lebererkrankungen auf die Prognose aus?

Konsensbasierte Expertenstatements
  • Bei akutem Leberversagen wurde der Effekt der Mangelernährung auf das klinische Resultat nicht ausreichend untersucht [starker Konsens].

  • Adipositas ist bei Patienten mit akutem Leberversagen ebenso häufig vertreten wie in der Gesamtbevölkerung [Konsens].

  • Die Prognose ist für adipöse Patienten mit akutem Leberversagen schlechter als bei nicht adipösen [Konsens].

  • Hochgradig mangelernährte Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis haben eine schlechtere Überlebenswahrscheinlichkeit als nicht mangelernährte Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis [starker Konsens].

  • In den meisten Fällen zeigt sich eine nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD)/nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH) als integraler Bestandteil des metabolischen Syndroms. Es ist daher schwierig, zwischen den Auswirkungen des Ernährungsstatus einerseits und der Komorbiditäten andererseits auf die Prognose einer NAFLD/NASH zu differenzieren [starker Konsens].

  • Bei Leberzirrhose wird die Prognose durch eine Mangelernährung negativ beeinflusst [starker Konsens].

  • Mangelernährung bei Zirrhotikern ist ebenso wie Adipositas bei akutem Leberversagen und nicht alkoholischer Steatohepatitis mit einer schlechteren Überlebenswahrscheinlichkeit nach Lebertransplantation assoziiert [starker Konsens].

Kommentar: Das Datenmaterial zur Auswirkung des Ernährungsstatus auf Verlauf und Prognose eines ALF ist sehr begrenzt. Rutherford und Kollegen [88] analysierten die Daten von 782 erwachsenen ALF-Patienten, die zwischen 1998 und 2004 prospektiv untersucht wurden. Die Autoren fanden zwar dieselbe Adipositasprävalenz (30 %) bei ALF-Patienten wie in der Gesamtbevölkerung, jedoch war das Risiko einer Transplantation oder eines tödlichen Verlaufs bei adipösen Patienten signifikant erhöht und ihre Überlebensrate nach Transplantation geringer. Der Anteil adipöser Patienten, bei denen eine Transplantation vorgesehen war, unterschied sich in den verschiedenen BMI-Kategorien nicht. In einer kleinen retrospektiven Untersuchungsreihe erwiesen sich übergewichtige Patienten als anfälliger für ein ALF [89]. Bei hochgradig unterernährten Patienten mit Anorexia nervosa wurde ein ALF-ähnlicher Befund beschrieben [90], jedoch ohne morphologischen Nachweis einer Leberzellnekrose [91]. Nach Wiederaufnahme einer angemessenen Ernährung erholten sich die Patienten vollständig.

Mangelernährte ASH-Patienten zeigten in den publizierten Daten der gemeinsam ausgewerteten American Veteran Affairs (VA) Studien eine höhere Morbiditäts- und Mortalitätsrate für unterernährte ASH-Patienten [92] [93] [94]. Die VA-Studiendaten belegten eindeutig den Zusammenhang zwischen einem niedrigen Verzehr normaler Kost und hoher Mortalität [93]. Die Schwere einer alkoholischen Lebererkrankung, die bei 152 Langzeitalkoholikern nach 5-tägiger Abstinenz histologisch ermittelt wurde, korrelierte mit dem Körpergewicht [95].

Bei hochgradig mangelernährten LC-Patienten zeigten mehrere Studien eine höhere Morbidität und Mortalität ebenso wie eine höhere Mortalität nach Lebertransplantation [34] [35] [71] [96] [97] [98] [99] [100] [101] [102]. Die Datenlage zu einer höheren Prävalenz hepatischer Enzephalopathie (HE) bei mangelernährten LC-Patienten ist widersprüchlich [44] [103].

In verschiedenen deskriptiven Studien wurden höhere Raten insbesondere für infektiöse Komplikationen, Mortalität sowie Krankenhausverweildauer bei Patienten mit präoperativer Unterernährung berichtet, die wegen einer terminalen chronischen Lebererkrankung transplantiert wurden [43] [71] [96] [97] [98] [100] [102]. Lediglich 50 % der LC-Patienten mit stark eingeschränkter kardiopulmonaler Belastbarkeit überlebten das erste Jahr nach einer orthotopen Lebertransplantation (OLT) gegenüber 90 % mit besserer kardiopulmonaler Funktion [104].

Eine überraschend hohe Mortalität und Morbidität wurde bei Patienten beobachtet, die aufgrund einer NASH transplantiert wurden [105]. Bei übergewichtigen oder adipösen Patienten, die wegen einer chronischen Lebererkrankung transplantiert werden, ist der BMI alleine kein Prädiktor für das Ergebnis [106].

Es stehen nur wenige Daten zu Patienten mit chronischer Lebererkrankung zur Verfügung, die sich einer anderen Operation als der orthotopen Lebertransplantation (OLT) unterziehen mussten [107]. Bei unterernährten LC-Patienten ist das Risiko postoperativer Komplikationen einschließlich einer höheren Mortalität nach viszeralchirurgischen Eingriffen erhöht [108].


2.4 Welche Methoden sollten zur Beurteilung des Ernährungsstatus bei Leberkranken eingesetzt werden?

Empfehlung 4:

Zur Ermittlung von Risikopatienten sollten einfache, am Krankenbett anzuwendende Methoden wie das Nutritional Risk Screening (NRS-2002), das Subjective Global Assessment (SGA) oder anthropometrische Methoden eingesetzt werden.
[B (BM, MC); starker Konsens]

Empfehlung 5:

Zur Quantifizierung einer Mangelernährung soll die Ermittlung des Phasenwinkels α mittels bioelektrischer Impedanzanalyse (BIA) oder die Messung der Handkraft erfolgen, auch wenn die BIA bei Aszitespatienten eine etwas geringere Validität aufweist.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Zur Beurteilung des Ernährungsstatus wurde bei ASH-Patienten der VA-Studien ein Punktwertsystem eingesetzt, das Variablen umfasste wie tatsächliches Gewicht/Idealgewicht, Anthropometrie, Kreatinin-Größen-Index, Serumspiegel viszeraler Proteine, absolute Lymphozytenzahl und Hautreaktionen vom Spättyp [92] [93] [94]. Dieses kombinierte Punktsystem enthält fehlerträchtige Variablen, wie die Serumspiegel viszeraler Proteine oder die Kreatininausscheidung im 24-h-Sammelurin und wurde mehrfach überarbeitet; eine spätere Veröffentlichung aus dieser Untersuchungsreihe schrieb auch der absoluten CD8+-Lymphozytenzahl und der Handkraft eine prognostische Bedeutung zu [94]. Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen geringem Nahrungsverzehr und hoher Mortalität [93].

Bei der Leberzirrhose werden am Krankenbett durchführbare Methoden wie SGA oder Anthropometrie oder die Messung der Handkraft [109] [110] [111] [112] [113] als angemessen erachtet zur Identifizierung mangelernährter Patienten. Das von Mendenhall et al. [92] [93] [94] vorgeschlagene kombinierte Punktesystem wurde auch bei ambulanten LC-Patienten eingesetzt und war mit dem Nahrungsverzehr assoziiert [114]. Die Handkraft ist ein guter Prädiktor der Komplikationsrate in den nächsten 12 Monaten [110] [115]. Das modifizierte SGA des Royal-Free-Hospital, welches SGA und Anthropometrie kombiniert, hat sich als starker Prädiktor der Mortalität erwiesen [112] [116]. Als prognostische Indikatoren wurde die Kombination von reduzierter Körperzellmasse (bestimmt mittels BIA, weniger als 35 % der Körpermasse) und Hypermetabolismus [71] [101] [117] oder die Bestimmung des Phasenwinkels α [118] [119] [120] [121] systematisch untersucht. Das Vorliegen eines Hypermetabolismus lässt sich jedoch nur mittels indirekter Kalorimetrie nachweisen, die nicht allen Krankenhäusern zur Verfügung steht. Die akkurate quantitative Erfassung des Ernährungsstatus ist bei LC-Patienten angesichts von Überwässerung [122] oder eingeschränkter hepatischer Eiweißsynthese (z. B. Albumin) [37] [38] schwierig und erfordert aufwendige Methoden wie die Ganzkörperkaliummessung [101], duale Röntgen-Absorptiometrie (DXA), In-vivo-Neutronenaktivierungsanalyse [33] [59] oder Isotopendilution [123]. Unter den am Krankenbett einsetzbaren Methoden zur Klassifizierung des Ernährungsstatus von LC-Patienten ist die Bestimmung des Phasenwinkels α oder der Körperzellmasse (BCM) mittels BIA-Verfahren trotz einiger Limitationen bei Aszites [124] [125] [126] anderen Methoden wie der Anthropometrie oder der renalen 24-h-Kreatininausscheidung [118] [120] [124] [127], vorzuziehen.


2.5 Monitoring

Empfehlung 6:

Eine engmaschige Überwachung der Glukose-, Laktat-, Triglyzerid- und Ammoniakspiegel soll erfolgen.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Insbesondere bei ALF ist eine angemessene Stoffwechselüberwachung notwendig, um die Nährstoffzufuhr an die Substratverwertung anpassen zu können. Erhöhte arterielle Ammoniakkonzentrationen haben sich bei ALF-Patienten als unabhängiger Prädiktor für ein schlechtes klinisches Ergebnis erwiesen [128] [129] [130]. Daher sollte die Zufuhr von Aminosäuren entsprechend den ermittelten Ammoniakkonzentrationen angepasst werden. Es wird eine strenge Kontrolle der Plasmaspiegel für Glukose (Zielwert: 8 – 10 mmol/L), Laktat (Zielwert: < 5,0 mmol/L), Triglyzeride (Zielwert: < 3,0 mmol/L) und Ammoniak (Zielwert: < 100 µmol/L) empfohlen. Patienten mit Hypophosphatämie nach Acetaminophen-induzierter Leberschädigung haben eine günstigere Prognose. Hochgradige Hypophosphatämie führt jedoch zur respiratorischen Insuffizienz und zur Dysfunktion von ZNS und Erythrozyten [131]. Daher sollten die Serum-Phosphatkonzentrationen zur Unterstützung der Leberregeneration überwacht und korrigiert werden; siehe auch DGEM-Leitlinie „Klinische Ernährung in der Intensivmedizin“ [132].



3 Akutes Leberversagen (ALF)

3.1 Wann ist eine Ernährungstherapie indiziert, wann kontraindiziert?

  • orale Ernährung ± orale Nahrungssupplementation

  • enterale Ernährung (EE)

  • parenterale Ernährung (PE)

Empfehlung 7:

Bei mangelernährten Patienten mit akutem Leberversagen sollten die enterale Ernährung und/oder parenterale Ernährung wie bei anderen kritisch Kranken umgehend eingeleitet werden.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 8:

Patienten mit akutem Leberversagen ohne Mangelernährung sollten wie andere kritisch Kranke künstlich ernährt werden, wenn nicht davon auszugehen ist, dass sie innerhalb der nächsten 5 – 7 Tage zu einer normalen oralen Nahrungsaufnahme zurückkehren können.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 9:

Eine parenterale Ernährung sollte als Zweitlinienbehandlung bei Patienten begonnen werden, die durch orale und/oder enterale Ernährung nicht bedarfsdeckend ernährt werden können.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Bei der Behandlung des ALF sind Maßnahmen zur Stabilisierung des Stoffwechsels und der Vitalfunktionen sowie die Behandlung des Hirnödems von höchster Wichtigkeit. Hier hat die Ernährungstherapie 2 Zielsetzungen:

  1. Sicherstellen einer ausreichenden Energieversorgung, insbesondere Aufrechterhaltung einer Euglykämie durch Gabe von Glukose, Fett, Vitaminen und Spurenelementen und

  2. Sicherstellen einer optimalen Eiweißsyntheserate durch bedarfsdeckende Eiweiß- bzw. Aminosäurezufuhr.

Abhängig vom klinischen Verlauf lassen sich 3 Formen des ALF unterscheiden [133]. Beim hyperakuten Leberversagen kommt es innerhalb von 7 Tagen nach Auftreten eines Ikterus zur Enzephalopathie, und die Patienten erholen sich entweder schnell spontan bzw. dank einer Transplantation oder sterben. Aufgrund der kurzen Erkrankungsdauer wird der Ernährungstherapie nur geringe Bedeutung zugemessen, und die Prognose ist bei diesem Subtyp günstiger. Bei akutem Leberversagen beträgt das Intervall zwischen Auftreten des Ikterus und beginnender Enzephalopathie 8 – 28 Tage, und bei subakutem Leberversagen kann dieses Intervall 29 – 72 Tage lang sein. Bei diesen letzteren Formen des ALF ist eine Ernährungstherapie offensichtlich erforderlich. Prinzipiell sind die Entscheidungen über Zeitpunkt des Beginns und Modalität der Ernährungstherapie in Anlehnung an die Empfehlungen zur Ernährungstherapie von Intensivpatienten zu treffen (vergl. DGEM-Leitlinie „Klinische Ernährung in der Intensivmedizin“ [132]).


3.2 Wie soll die orale Ernährung durchgeführt werden?

Empfehlung 10:

Patienten, die an einer leichten Form der Enzephalopathie leiden, können oral ernährt werden, solange Husten- und Schluckreflexe intakt sind.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 11:

Bei diesen Patienten sollten orale bilanzierte Diäten (OBD) eingesetzt werden, wenn sich die Ernährungsziele nicht alleine durch orale Nahrung erreichen lassen.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Es stehen keine Daten aus kontrollierten klinischen Studien zur Verfügung. Diese Empfehlungen basieren auf der klinischen Praxis, normale physiologische Ernährungsmethoden anzuwenden, solange sie zielführend sind und erst als Zweit- oder Drittlinienoption auf EE und/oder PE zurückgegriffen wird.


3.3 Wie ist die enterale Ernährung durchzuführen?

  • Welche Sondennahrung? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichung (Trink-, Sondennahrung usw.)?

Konsensbasiertes Expertenstatement
  • Die derzeitige klinische Praxis vieler europäischer Leberzentren belegt die Sicherheit und Durchführbarkeit der enteralen Ernährung bei Patienten mit akutem Leberversagen [starker Konsens].

Empfehlung 12:

Patienten mit akutem Leberversagen, die oral nicht ernährt werden können, sollten enterale Ernährung über eine nasogastrale/nasojejunale Sonde erhalten.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 13:

Enterale Standardnahrungen können eingesetzt werden, da keine Daten zum Nutzen einer krankheitsspezifischen Zusammensetzung vorliegen.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 14:

Die Sondenkost kann in gleichen Mengen verabreicht werden wie bei anderen kritischen Kranken.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Das verfügbare Datenmaterial ist begrenzt, und die Empfehlungen basieren auf einem Vorgehen in Analogie zu dem bei kritisch Kranken anderer Ätiologien sowie einer Umfrage, die die klinische Praxis in europäischen Hepatologiezentren im Jahr 1999 wiedergibt [10] (IV). Ein wesentliches Ergebnis dieser Umfrage war, dass Zentren mit hohen Fallzahlen die transnasale Sondenernährung bevorzugen, die in der Mehrzahl der Fälle erfolgreich durchgeführt werden konnte. Für ALF liegen keine Daten vor, die die Auswirkungen der EE auf die metabolischen Effekte oder das klinische Ergebnis mit denen einer PE vergleichen. Diese europäische Umfrage sowie Fallberichte belegen die Sicherheit und Durchführbarkeit von EE bei ALF-Patienten [10] [134] (IV).


3.4 Wie ist die parenterale Ernährung durchzuführen?

  • Welche i. v. Lösungen bzw. i. v. Mischungen? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichungen?

Konsensbasiertes Expertenstatement
  • Die derzeitige klinische Praxis vieler europäischer Leberzentren belegt die Sicherheit und Durchführbarkeit der parenteralen Ernährung bei Patienten mit akutem Leberversagen [starker Konsens].

Empfehlung 15:

Glukose soll zugeführt werden, um eine Hypoglykämie zu verhindern (KKP). Glukose sollte in einer Menge von 2 – 3 g · kg KG – 1 · d– 1 [B (BM)] gegeben werden, Fett (0,8 – 1,2 g · kg KG– 1 · d– 1) kann gleichzeitig verabreicht werden [C (BM)].
[starker Konsens]

Empfehlung 16:

Die Gabe von Aminosäuren ist bei hyperakutem Leberversagen nicht zwingend. Bei akutem oder subakutem Leberversagen sollten jedoch Aminosäuren (0,8 – 1,2 g · kg KG– 1 · d– 1 bei parenteraler Ernährung) oder Eiweiß (0,8 – 1,2 g · kg KG– 1 · d– 1 bei enteraler Ernährung) zur Unterstützung der Proteinsynthese eingesetzt werden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Die Hypoglykämie ist ein wohlbekanntes Problem bei ALF [135] (IV) und entsteht als Folge der eingeschränkten hepatischen Glukoneogenese, der hepatischen Glykogendepletion und einer Hyperinsulinämie [136] (IIb). Zu ihrer Behandlung wird als Routinemaßnahme Glukose mit einer Rate von 1,5 – 2 g · kg KG– 1 · d– 1 infundiert [137] [138] (IV). Bei parenteraler Ernährung sollten die Verabreichung von Glukose und die Blutzuckerkontrollen entsprechend den Leitlinien für Intensivpatienten durchgeführt werden (vergl. DGEM-Leitlinie „Klinische Ernährung in der Intensivmedizin“ [132]). Für die Prognose des ALF-Patienten kommt der Beherrschung des Hirnödems eine besondere Bedeutung zu, weshalb die optimale Blutzuckerkontrolle von besonderem Nutzen ist.

Hepatozyten gewinnen den Hauptanteil ihrer Energie aus Fettsäureoxidation und Ketogenese [139] (IV). Es gibt jedoch ALF-Fälle, insbesondere wenn eine mikrovesikuläre Steatose und mitochondriale Dysfunktion vorliegen, die durch eine Störung der hepatischen β-Oxidation verursacht werden. Unter diesen Umständen können exogene Lipide, selbst wenn sie aus der Verabreichung von Propofol als Sedativum stammen, nicht metabolisiert werden und weiteren Schaden verursachen [140] [141] (IV). Eine systematische Datenerhebung zur Rolle von Lipiden als Nährstoff steht in diesem Kontext nicht zur Verfügung. Exogen zugeführte Lipide scheinen von den meisten Patienten gut vertragen zu werden [142] [143] (IV). In Europa werden parenterale Lipide – bevorzugt als LCT/MCT-Emulsionen – bei ALF-Patienten angewendet [10] (IV).

Die Infusion von Aminosäuren wurde oft unterlassen aus der Befürchtung, dass sie die bestehende Hyperammonämie und Hyperaminoazidämie verschlimmern und so ein Hirnödem und eine Enzephalopathie auslösen könnte. Die europäische Umfrage zeigte jedoch, dass die Mehrheit der Hepatologiezentren Aminosäuren bei ALF infundieren [10] (IV). Einige gaben an, Standard-Aminosäurelösungen einzusetzen, die Mehrheit verordnete jedoch Lösungen, die mit VKAS angereichert waren mit dem Ziel, das entgleiste Plasma-Aminosäurenmuster zu korrigieren [144] [145] (IIb), [146] (IV). Gleichwohl wurden erhöhte arterielle Ammoniakwerte bei ALF-Kranken als unabhängiger Prädiktor für ein schlechtes Ergebnis erkannt [128] [129] [130] (III) und man scheint daher gut beraten, die Zufuhr von Aminosäuren auf die gemessenen Ammoniakwerte abzustimmen. Aus pathophysiologischen Überlegungen bietet sich zwar die Verabreichung leberadaptierter Lösungen an, die reich an VKAS sind. Es liegen jedoch keine klinischen Studien vor, die einen Vorteil dieser Lösungen für den Verlauf eines ALF belegten.

Für ALF-Patienten liegen keine Daten vor, die den Einfluss einer EE gegenüber einer PE auf die metabolischen Effekte oder das klinische Ergebnis untersuchten.



4 Alkoholische Steatohepatitis (ASH)

4.1 Wann ist eine Ernährungstherapie indiziert, wann kontraindiziert?

  • orale Ernährung ± Ernährungsberatung

  • enterale Ernährung

  • parenterale Ernährung

Empfehlung 17:

Eine ergänzende enterale Ernährung ist zu verabreichen, wenn Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis ihren Kalorienbedarf durch normale Kost nicht decken können [A (BM)] und soweit keine Kontraindikation wie z. B. Ileus besteht [KKP].
[starker Konsens]

Empfehlung 18:

Eine parenterale Ernährung sollte bei Patienten mit ungeschützten Atemwegen und hepatischer Enzephalopathie in Erwägung gezogen werden, wenn ihr Husten- und Schluckreflex beeinträchtigt oder eine enterale Ernährung kontraindiziert oder nicht durchführbar ist.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 19:

Bei mäßig bis hochgradig mangelernährten Zirrhotikern soll eine parenterale Ernährung umgehend eingeleitet werden, wenn sie auf oralem oder enteralem Wege nicht ausreichend ernährt werden können.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 20:

Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis, die entweder oral oder enteral bedarfsdeckend ernährt werden können, jedoch vorübergehend für mehr als 12 Stunden (einschl. nächtlichem Fasten) keine Nahrung aufnehmen dürfen, sollten 2 – 3 g · kg KG– 1 · d– 1 Glukose intravenös erhalten. Wenn eine solche Nahrungskarenz länger als 72 h dauert, ist eine vollständige parenterale Ernährung erforderlich.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Diese Empfehlungen basieren auf 6 Studien, die die EE bei insgesamt 465 ASH-Patienten untersuchten [147] [148] [149] (Ib), [93] (IIa), [94] (IIb), [92] (III); 3 der Studien waren randomisiert [147] [148] [149]. In der US-amerikanischen VA-Studie wurden 2 Ansätze geprüft: erstens die Wirkungen anaboler Steroide im Vergleich mit Placebo und zweitens die Wirkung hochkalorischer Trinkdiäten, die mit VKAS angereichert waren, im Vergleich mit einer Trinkdiät niedriger Energiedichte [93] (IIa), [94] (IIb). Die VA-Studien zeigen, dass eine höhere Energie- und Eiweißaufnahme bei hochgradig unterernährten ASH-Patienten entweder durch orale Nahrungssupplementation oder durch Sondenernährung erreicht werden kann und dass die Ernährungsintervention, nicht jedoch die Gabe anaboler Steroide das Überleben signifikant verbesserte [93] (IIa), [94] (IIb), [92] (III). Darüber hinaus belegten sie, dass die Zufuhr von 1,0 g Protein  ·  kg KG– 1 · d– 1 keinen negativen Effekt im Hinblick auf eine HE hat [150] (III). Es scheint viel für einen Vorzug der EE gegenüber der PE zu sprechen, jedoch wurden beide Verfahren bisher nicht in direktem Vergleich in einer großen randomisierten Studie bei ASH-Patienten untersucht.

Die Wirkung einer PE zusätzlich zur normalen oralen Kost wurde in 7 kontrollierten Studien untersucht, in denen konventionelle Aminosäurenlösungen verabreicht wurden. Ein Effekt auf die Mortalität zeigte sich nicht, was möglicherweise auf die Aufnahme von Patienten mit lediglich mäßiger Krankheitsschwere und auf kleine Studiengruppen zurückzuführen war. Allerdings waren in keinem Fall nachteilige Wirkungen der erhöhten Stickstoffaufnahme auf die Hirnleistung zu verzeichnen. Die Mehrzahl der Studien beschrieb verbesserte Serumspiegel viszeraler Proteine als einem Parameter für den Ernährungsstatus [151] [152] [153] [154] [155] (Ib). Auch eine Verbesserung der Leberfunktion hinsichtlich der Galaktoseelimination [151] [154] [156] (Ib) und/oder des Serum-Bilirubins [151] [153] [154] [157] (Ib) wurde beobachtet.

Nach nächtlicher Nahrungskarenz sind die Glykogenspeicher der zirrhotischen Leber geleert und die Stoffwechsellage des Patienten entspricht etwa der gesunder Personen nach längerem Hungern. Bei Patienten mit Leberzirrhose kann eine kohlenhydratreiche Spätmahlzeit und die nächtliche Zufuhr von OBD den Eiweißstatus verbessern [158] (Ib), [159] [160] [161] (IIa). Daher wird empfohlen, Patienten, die nichts per os zu sich nehmen dürfen, Glukose intravenös zu verabreichen, und zwar mit einer Rate, die der endogenen hepatischen Glukoseproduktion entspricht.


4.2 Wie soll die orale Ernährung durchgeführt werden?

Empfehlung 21:

Patienten sollen oral ernährt werden, so lange Husten- und Schluckreflex intakt sind und die Zielwerte für die Energie- und Eiweißzufuhr erreicht werden können.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 22:

Zur Verbesserung der Nahrungsaufnahme soll eine individuell abgestimmte Ernährungsberatung eingesetzt werden.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 23:

Wenn die Ernährungsziele durch orale Nahrungsaufnahme alleine nicht erreicht werden können, sollen orale bilanzierte Diäten, die am späten Abend bzw. nachts verabreicht werden, als Erstlinientherapie angewendet werden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Eine Kost, die 38 kcal · kg KG– 1 · d– 1 und 1,1 g Eiweiß · kg KG– 1 · d– 1 enthielt, hatte keinerlei negative Wirkung und zeigte eine nicht signifikante Senkung der Mortalität bei 17 Patienten im Vergleich mit 19 Kontrollen [148] (Ib). Ernährungsberatung in Kombination mit OBD [148] [162] (Ib), [93] (IIa), [65] [94] (IIb) ist wirksam bezüglich einer verbesserten Nährstoffaufnahme und -verwertung, der zellvermittelten Immunität sowie der Morbidität und Mortalität.

Die orale Verabreichung von Vitamin E 1000 I.E. einmal täglich über 3 Monate war im Hinblick auf den klinischen Verlauf oder die Leberwerte während der Beobachtungsphase von einem Jahr nicht wirksamer als Plazebo [163] (Ib). Auch die sequenzielle Behandlung mit N-Azetylzystein und einem Antioxidanzien-Cocktail über eine Gesamtdauer von 6 Monaten verbesserte das Überleben im Vergleich zu Placebo nicht [164] (Ib). Die kombinierte Gabe eines Antioxidanzien-Cocktails mit 500 ml Intralipid® 10 % über 28 Tage war Prednisolon im Hinblick auf die 30-Tage-Mortalität unterlegen [165] (Ib). Orales N-Azetylzystein plus ergänzende OBD bzw. EE (Zielwert 27 kcal · kg KG– 1 · d– 1) über 14 Tage war der EE alleine nicht überlegen [166] (Ib).


4.3 Wie ist die enterale Ernährung durchzuführen?

  • Welche Sondennahrung? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichung (Trink-, Sondennahrung usw.)?

Empfehlung 24:

Enterale Ernährung soll angewendet werden, um eine adäquate Energie- und Eiweißzufuhr ohne die Gefahr von Komplikationen wie einer hepatischen Enzephalopathie sicherzustellen.
[A (BM); Konsens]

Empfehlung 25:

Enterale Ernährung soll bei schwerer alkoholischer Steatohepatitis angewendet werden, da sie sich bei alkoholischer Steatohepatitis als ebenso wirksam wie Steroide erwiesen hat und bei Überlebenden der ersten 4 Wochen mit einer geringeren Sterblichkeit im Folgejahr assoziiert war.
[A (BM); starker Konsens]

Empfehlung 26:

In der enteralen Ernährung bei Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis sollten Standardnahrungen, vorzugsweise hochkalorische Diäten (≥ 1,5 kcal·ml– 1) eingesetzt werden.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 27:

Eine Energiezufuhr von 30 – 35 kcal · kg KG– 1 · d– 1 (126 – 147 kJ · kg KG– 1 · d– 1) und eine Eiweißzufuhr von 1,2 – 1,5 g · kg KG– 1 · d– 1 sollte angestrebt werden.
[B (BM); Konsens]

Empfehlung 28:

Kommt es im Verlauf der enteralen Ernährung zu einer hepatischen Enzephalopathie, so sollen Diäten mit erhöhtem Anteil verzweigtkettiger Aminosäuren verwendet werden.
[A (BM); starker Konsens]

Empfehlung 29:

Bei den Patienten, die sich nicht bedarfsdeckend auf oralem Wege ernähren können, soll eine Sondenernährung (selbst bei bestehenden Ösophagusvarizen) eingeleitet werden [A (BM)]. Die Platzierung einer PEG-Sonde ist aufgrund von Aszites oder Varizen mit einem höheren Komplikationsrisiko verbunden und sollte daher nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden [KKP].
[starker Konsens]

Kommentar: Die Empfehlungen zur Nährstoffmenge leiten sich von den Angaben zur applizierten Menge in den veröffentlichten Studien ab [148] [149] (Ib), [93] (IIa), [94] (IIb), [92] (III) ([Tab. 1]). Die gepoolte Analyse der beiden amerikanischen VA-Studien (lediglich eine davon war randomisiert) wies eine signifikante Mortalitätssenkung nur für die Untergruppe der massiv unterernährten Patienten aus, die eine bedarfsgerechte Aufnahme von Trinkdiäten (1600/1200 kcal; 60/45 g Eiweiß; angereichert mit VKAS; 1,2 kcal · ml– 1) erreichten [93] (IIa), [94] (IIb). Im Vergleich zu den Ausgangswerten besserte eine 28-tägige EE die Leberfunktion im Hinblick auf die Albumin-Serumkonzentrationen, den Child-Pugh-Wert und die Diskriminanzfunktion in gleichem Maße wie eine 28-tägige Prednisolongabe [149] (Ib). In dieser randomisierten kontrollierten europäischen Studie, in der eine 28-tägige Behandlung mit einer EE (2000 kcal, 72 g Eiweiß, BCAA-angereichert, 1,3 kcal · ml– 1) mit 40 mg Prednisolon verglichen wurde, ergab sich weder bei Abschluss der Behandlung noch ein Jahr nach Randomisierung ein Unterschied in der Mortalität. In der Prednisolongruppe war jedoch die Mortalitätsrate aufgrund von infektiösen Komplikationen innerhalb von 11 Monaten nach der 28-tägigen Behandlung signifikant höher [149] (Ib). Ein synergistischer Effekt der beiden Therapien ist denkbar, jedoch stehen dazu außer einer Pilotstudie an 13 Patienten [167] (III) keine Daten zur Verfügung.

Tab. 1

Studien zur enteralen Ernährung von Patienten mit ASH.

Studie

Intervention

n

Interventionsgruppe

Kontrollgruppe

Ergebnisse

Calvey 1984 [168] (Ib)

NS Sonde A oder Sonde B (4,5 – 6,0 d)

47

NS mit East Grinstead®- oder Viomedex®-Sonde,

EE mit semielementarer Diät

2000 kcal · d– 1

65 g Protein · d– 1

plus orale Ernährung

ONS mit semielementarer Diät

2000 kcal · d– 1

65 g Protein · d– 1

plus orale Ernährung

NS niedrigere Versagerrate bzgl. Erreichen des Zufuhrziels (28 vs. 41 %);

Viomedex®-Sonde länger in situ;

kein Unterschied bei N-Bilanz, Varizenblutungen, HE, Erbrechen, Diarrhö zwischen EE und ONS

Mendenhall 1985 [169] (IIa)

ONS plus orale Ernährung

(30 d)

53

ONS (VKAS-angereichert; 68 % der Gesamtzufuhr)

plus

orale Ernährung

49 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,5 g Protein · kg– 1 · d– 1

orale Ernährung

35 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,2 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

ONS gut toleriert, verbesserte EZ;

kein Unterschied im Überleben

Bunout 1989 [148] (Ib)

ONS plus orale Ernährung (28 d)

36

ONS (Kaseinbasis)

plus

orale Ernährung

2707 kcal · d– 1

80 g Protein · d– 1

orale Ernährung

1813 kcal · d– 1

47 g Protein · d– 1

ONS mit Trend für Überlebensvorteil;

kein Unterschied für HE, Leberinsuffizienz EZ

Mendenhall 1993 [93] (IIa)

d1–d30. ONS (hochkalorisch, eiweißreich) plus Oxandrolon (80 mg · d– 1) plus orale Ernährung

d31–d90. ONS (hochkalorisch, eiweißreich) plus Oxandrolon (60 mg · d– 1) plus orale Ernährung

273

d1–d30. ONS (hochkalorisch, eiweißreich, VKAS-angereichert)

1600 kcal · d– 1

60 g Protein · d– 1

plus

Oxandrolon

d31–d90. ONS (hochkalorisch, eiweißreich, VKAS-angereichert)

1200 kcal · d– 1

45 g Protein · d– 1

plus

Oxandrolon

d1–d30. ONS (hypokalorisch, eiweißarm)

264 kcal · d– 1

7 g Protein · d– 1

plus

Plazebo

d31–d90. ONS (hypokalorisch, eiweißarm)

198 kcal · d– 1

5 g Protein · d– 1

plus

Plazebo

Verzehr > 2500 kcal · d– 1 bei schwerer Mangelernährung mit besserem 6-Monats-Überleben assoziiert;

Oxandrolon verbesserte Überleben nur bei mäßiger Mangelernährung und Verzehr > 2500 kcal · d– 1

Mendenhall 1995 [94] (IIb)

siehe Mendenhall 1993

271

siehe Mendenhall 1993

siehe Mendenhall 1993

unter Ernährungstherapie sind Verbesserungen von Kreatinin-Größen-Index, Handkraft und absoluter Lymphozytenzahl beste Prädiktoren für Überleben;

ONS verbesserte MAMA, abs. Lymphozytenzahl

Cabré 2000 [149] (Ib)

EE über NS ohne orale Ernährung

(28 d)

71

2000 kcal · d– 1

50 g Protein · d– 1

22 g VKAS · d– 1

40 mg Prednisolon (28 d)

EE ist Prednisolon bzgl. 360-Tage-Sterblichkeit nicht unterlegen. 9/10 Todesfälle nach Prednisolon infektionsbedingt

Alvarez 2004 [167] (III)

EE über NS (22 d) plus Prednisolon (40 mg · d– 1)

13

2000 kcal · d– 1

50 g Protein · d– 1

22 g VKAS · d– 1

40 mg Prednisolon

keine Kontrollgruppe

EE gut toleriert;

Prednisolondosis konnte ab Tag 16 reduziert werden;

kein Todesfall infektionsbedingt

EE = enterale Ernährung, EZ = Ernährungszustand, HE = hepatische Enzephalopathie, KG = Körpergewicht, MAMA = mittige Armmuskelfläche, NS = nasale Sonde, ONS = orale Nahrungssupplementation, VKAS = verzweigtkettige Aminosäuren

In der VA-Studie ließ sich keine Wirkung auf die Leberfunktion beobachten [93] (IIa). Eine weitere Analyse der VA-Datenbank zeigte, dass bei ASH-Patienten, deren HE sich mit einer Standardtherapie wie Laktulose führen ließ, eine niedrige Eiweißzufuhr mit einer Verschlechterung der Enzephalopathie verbunden war, während es unter normaler Eiweißaufnahme (1,0 g · kg KG– 1 · d– 1) zu einer Besserung kam [150] (Ib).

Mit VKAS angereicherte Nahrungen wurden in den amerikanischen VA-Studien und der europäischen Studie [149] (Ib), [93] (IIa), [150] (IIb), [92] (III) eingesetzt, während andere Kasein verwendeten [148] (Ib). Ein direkter Vergleich zwischen oraler Ernährung (1800 – 2400 kcal, 70 – 100 g Eiweiß/Tag) und oraler Ernährung plus ergänzender Ernährungstherapie (2000 kcal), bei der entweder eine konventionelle (65 g Eiweiß) oder eine VKAS-angereicherte (20 g VKAS, 45 g konventionelle Aminosäuren) Stickstoffquelle zur oralen und/oder enteralen und/oder parenteralen Nahrungsergänzung eingesetzt wurde, konnte keine positive Wirkung der VKAS nachweisen [147] (Ib). Die Patienten benötigten eine tägliche Stickstoffzufuhr von 10 g, um eine positive Stickstoffbilanz zu erreichen, jedoch verhinderten Komplikationen der gestörten Leberfunktion in den supplementierten Gruppen das Erreichen einer noch besseren Stickstoffbilanz.

Durch nasoenterale Sondenernährung ließ sich bei ASH-Patienten der Zielwert der Nahrungsaufnahme effizienter erreichen als durch orale Ernährung mit oder ohne ergänzende Trinknahrung [168] (Ib).


4.4 Wie ist die parenterale Ernährung durchzuführen?

  • Welche i. v. Lösungen bzw. i. v. Mischungen? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichung?

Konsensbasiertes Expertenstatement
  • Parenterale Ernährung lässt sich bei Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis sicher anwenden, sie verbessert die Stickstoffbilanz und erhöht nicht das Risiko einer Enzephalopathie [starker Konsens].

Empfehlung 30:

Kohlenhydrate sollen in Form von Glukose zugeführt werden und 50 – 60 % des Bedarfs an Nicht-Protein-Energie abdecken.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 31:

Fett sollte über Emulsionen zugeführt werden, deren Gehalt an ungesättigten n-6-Fettsäuren niedriger ist als bei den konventionellen reinen Sojaölemulsionen und die 40 – 50 % des Bedarfs an Nicht-Protein-Energie abdecken.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 32:

Die Zufuhr von Aminosäuren soll 1,2 g · kg KG– 1 · d– 1 bei nicht oder nur mäßig mangelernährten und 1,5 g · kg KG– 1 · d– 1 bei stark mangelernährten Patienten betragen.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 33:

Zur Bedarfsdeckung sollen wasser- und fettlösliche Vitamine sowie Elektrolyte und Spurenelemente täglich ab Beginn der parenteralen Ernährung verabreicht werden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Diese Empfehlungen entsprechen denen für den Einsatz der PE bei Leberzirrhose, die bei vielen ASH-Patienten bereits vorliegt. Es liegen keine systematischen Studien zur Menge und Zusammensetzung parenteraler Nährstoffmischungen bei ASH vor. Die Wirkung der alleinigen i. v. Gabe von Aminosäuren [153] (Ib) und einer PE als Zusatz zur normalen oralen Ernährung wurde in 7 kontrollierten Studien untersucht, wobei konventionelle Aminosäurenlösungen eingesetzt wurden [147] [151] [152] [154] [155] [156] [157] [170] (Ib) ([Tab. 2]). Die Menge der infundierten Kalorien betrug 200 – 3000 kcal · d– 1; Aminosäuren wurden in einer Menge von 35 – 130 g pro Tag verabreicht, und die orale Nahrungsaufnahme lag zwischen 13 und 39 kcal · kg KG– 1 · d– 1 [147] [151] [152] [153] [154] [155] [156] [157] [170] (Ib).

Tab. 2

Studien zur parenteralen Ernährung von Patienten mit ASH.

Studie

Intervention

n

Interventionsgruppe

Kontrollgruppe

Ergebnisse

Nasrallah 1980 [153] (Ib)

PE (28 d) plus orale Ernährung

35

75 – 85 g AS · d– 1

plus

orale Ernährung

1500 kcal · d– 1

50 g Protein · d– 1

orale Ernährung

1400 kcal · d– 1

47 g Protein · d– 1

niedrigere Sterblichkeit und bessere Bilirubin- und Albuminwerte bei PE;

kein Unterschied bzgl. HE

Calvey 1985 [147] (Ib)

A. EE mit Standardnahrung oder PE plus orale Ernährung (3 Wo)

B. EE mit VKAS-angereicherter Diät oder PE (3 Wo)

plus

orale Ernährung

64

A. 1,5 – 2,0 L · d– 1

2000 kcal · d– 1

10 g N · d– 1

plus orale Ernährung

B. 1,5 – 2,0 L · d– 1

2000 kcal · d– 1

10 g N · d– 1 (20 g VKAS · d– 1, 45 g Protein · d– 1)

plus orale Ernährung

orale Ernährung

1800 – 2400 kcal · d– 1

70 – 100 g Protein · d– 1

Zufuhr von ≥ 10 g N · d– 1 mit positiver N-Bilanz assoziiert;

kein Effekt der VKAS auf Sterblichkeit, HE

Diehl 1985 [170] (Ib)

PE (30 d)

plus

orale Ernährung

15

2000 mL · d– 1

320 g Glukose = 520 kcal · d– 1

51,6 g AS · d– 1

plus

orale Ernährung

2000 mL · d– 1

320 g Glukose = 520 kcal · d– 1

plus

orale Ernährung

kein Unterschied zwischen den Gruppen

Naveau 1986 [157] (Ib)

PE (28 d)

plus

orale Ernährung

40

40 kcal · kg KG– 1 · d– 1

(50 % Glukose, 50 % Fett)

1,3 g AS · kg KG– 1 · d– 1

plus

orale Ernährung

1110 kcal · d– 1

40 g Protein · d– 1

orale Ernährung

2124 kcal · d– 1

67 g Protein · d– 1

PE verbesserte Bilirubin;

kein Unterschied für viszerale Plasmaproteine, Anthropometrie, HE- oder Sepsisraten

Achord 1987 [151] (Ib)

PE (14 d)

plus

orale Ernährung

28

2000 mL · d– 1

860 kcal · d– 1

(100 % Glukose)

42,5 g AS · d– 1

plus

orale Ernährung

orale Ernährung

2700 kcal · d– 1

100 g Protein · d– 1

PE assoziiert mit besserer Rückbildung des alkoholischen Hyalins und Trend für bessere Galaktoseelimination

Simon 1988 [154] (Ib)

PE (28 d)

plus

orale Ernährung

34

2000 mL · d– 1

850 kcal · d– 1

(47 % Glukose, 53 % Fett)

70 g AS · d– 1

plus

orale Ernährung plus eine Dose OBD

orale Ernährung

2400 kcal · d– 1

100 g Protein · d– 1

plus eine Dose OBD

PE verbesserte Bilirubin und Transferrin in Subgruppe mit schwerer ASH;

kein Effekt auf Sterblichkeit oder HE

Bonkovsky 1991 [155] [156] (Ib)

PE und/oder Oxandrolon (21 d)

plus

orale Ernährung

39

2000 mL · d– 1

100 g Glukose · d– 1

70 g AS · d– 1

und/oder

Oxandrolon 4-mal 20 mg p. o.

orale Ernährung

30 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

PE verbesserte viszerale Plasmaproteine, Lebervolumen, Galaktoseelimination;

Oxandrolon verbesserte Präalbumin, Antipyrinclearance

Mezey 1991 [152] (Ib)

PE (30 d)

plus

orale Ernährung

54

2000 mL · d– 1

520 kcal · d– 1

(100 % Glukose)

51,6 g AS · d– 1

plus

orale Ernährung

1363 kcal · d– 1

58,9 g Protein · d– 1

2000 mL · d– 1

520 kcal · d– 1

(100 % Glukose)

plus

orale Ernährung

1435 kcal · d– 1

54,8 g Protein · d– 1

PE verbesserte N-Bilanz, Transferrin, INR, Bilirubin, Prokollagen-III-Peptid und Diskriminanzfunktion;

kein Unterschied für 2-Jahres-Überleben

AS = Aminosäuren, ASH = alkoholische Steatohepatitis, d = Tag, EE = enterale Ernährung, HE = hepatische Enzephalopathie, KG = Körpergewicht, OBD = orale bilanzierte Diät, PE = parenterale Ernährung, VKAS = verzweigtkettige Aminosäuren, Wo = Woche

Neue Fettemulsionen besitzen einen geringeren Gehalt an ungesättigten n-6-Fettsäuren als die traditionellen LCT-Emulsionen auf Sojabohnenbasis (n-6: n-3 = 8: 1). Dies wird durch Beimischung von MCT und/oder Olivenöl und/oder Fischöl erreicht, wodurch mit den neuen Emulsionen eine geringere Suppression von Leukozyten und der Immunfunktion sowie eine geringere Stimulation der entzündungsfördernden Modulatoren erzielt wird [171] [172] (Ib), [173] (IIb), [174] (IV), [175] (na).

Alle wasserlöslichen Vitamine, besonders Thiamin (Vitamin B1), Pyridoxin (Vitamin B6), Nicotinamid (Vitamin PP) und Folsäure sowie fettlösliche Vitamine sollten täglich in einer Standarddosierung für TPE verabreicht werden. In dieser Patientengruppe muss Vitamin B1 aufgrund der hohen Gefährdung durch eine Wernicke-Enzephalopathie vor Beginn eine Glukoseinfusion verabreicht werden. Hohe Dosen wurden sowohl für die Prophylaxe (250 mg i. m. tägl. über 3 – 5 Tage) als auch für die Therapie (500 mg i. v. 3-mal tägl. über 2 – 3 Tage) der Wernicke-Enzephalopathie befürwortet [176] (IV). Bei Cholestase kann es nicht nur zum Ikterus, sondern auch zur Fettmalabsorption kommen, die zu einem Mangel an fettlöslichen Vitaminen führt; daher muss Vitamin K i. v. zur Prävention und Therapie einer hämorrhagischen Diathese gegeben werden.

Spurenelemente sollten täglich in einer TPE-Standarddosierung verabreicht werden. Als pragmatischer Ansatz wird für Zink die routinemäßige tägliche Gabe in Höhe des doppelten Tagesbedarfs (= 2-mal 5 mg · d– 1) empfohlen. Bei mangelernährten ASH-Patienten besteht ein hohes Risiko, ein Refeeding-Syndrom zu entwickeln, und es sind zusätzliche Gaben an Phosphat, Kalium und Magnesium sowie wasserlöslichen Vitaminen erforderlich.



5 Nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH)

Vorbemerkungen

Bei der nicht alkoholischen Fettleber-Erkrankung (NAFLD) handelt es sich um ein klinisches Syndrom, das 2 Krankheitsbilder umfasst: die nicht alkoholische Fettleber (NAFL), die alleine durch eine Steatose ohne Schädigung der Leberzellen gekennzeichnet ist, und die nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH), bei der eine Kombination von Steatose und Entzündung mit einer hepatozellulären Schädigung vorliegt, die sich zur Fibrose und Zirrhose entwickeln kann [177]. Die Diagnose einer NASH wird anhand bildgebender Verfahren (Ultraschall, MRT, CT) und/oder einer Leberbiopsie gestellt, wenn andere Ursachen der hepatischen Steatose wie Alkoholkonsum > 20 g · d– 1 bei Frauen oder > 40 g · d– 1 bei Männern, HCV-Infektion, ein Arzneimittelschaden oder hereditäre Lebererkrankungen [178] ausgeschlossen wurden.

5.1 Wann ist eine Ernährungstherapie indiziert, wann kontraindiziert?

  • orale Ernährung ± Ernährungsberatung

  • enterale Ernährung

  • parenterale Ernährung

Empfehlung 34:

Bei übergewichtigen oder adipösen Patienten mit nicht alkoholischer Steatohepatitis soll zunächst eine gewichtsreduzierende Diät eingesetzt werden [A]. Dabei ist das Ziel eine nachhaltige Gewichtsreduktion von 0,5 – 1,0 kg pro Woche [A (BM)]. Versagen gewichtsreduzierende Diäten und eine Veränderung des Lebensstils, sollte eine bariatrische Operation in Erwägung gezogen werden [KKP].
[Konsens]

Empfehlung 35:

Patienten mit einer nicht alkoholischen Steatohepatitis, die durch eine Zöliakie bedingt ist, sollen bezüglich einer glutenfreien Kost beraten werden.
[A (BM); Konsens]

Empfehlung 36:

Patienten mit nicht alkoholischer Steatohepatitis sollen enteral oder parenteral ernährt werden, wenn eine alleinige orale Ernährung nicht bedarfsdeckend, nicht durchführbar oder kontraindiziert ist.
[KKP; Konsens]

Kommentar: Vor fast 4 Jahrzehnten wurde bei Adipösen, die sich einer Nulldiät, Reduktionsdiäten oder einer Bypassoperation des Dünndarms unterzogen, die Entstehung transitorischer degenerativer Leberveränderungen mit fokalen Nekrosen beschrieben [179] (III). Diese nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH) wurde zunächst bei Personen unter Gewichtsabnahme beschrieben [180] (III), und bis heute sind Insulinresistenz und Adipositas die häufigsten Ursachen [181] (IV).

Weltweit liegt die Prävalenz von NAFLD zwischen 6 und 33 % mit einem Medianwert von 20 % in der Allgemeinbevölkerung. Die Prävalenz der NASH hingegen liegt in einem Bereich von 3 und 5 % [178] (na), [182] (IV). Schätzungen zufolge liegt in Europa bei 20 % der Bevölkerung mit mäßigem oder keinerlei Alkoholkonsum eine nicht alkoholische Fettleber (NAFL) vor, und bei 20 % dieser Patienten kommt es wiederum zur Progression der NAFL zur NASH [183] (III).

Analysen der Essgewohnheiten von NASH-Patienten zeigen ein heterogenes Muster. Es wurde eine erhöhte Aufnahme von Fett und n-6-Fettsäuren [184] [185] (III) ebenso wie eine erhöhte Aufnahme von Kohlenhydraten und Energie [186] (III) beobachtet.

NAFLD wird als die hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms betrachtet. Bei erwachsenen NASH-Patienten werden Diabetes mellitus, Hyperglykämie und Insulinresistenz mit einer Häufigkeit von 20 – 91 % [187] (IV) beobachtet. Body-Mass-Index und Gesamtkörperfett sind bei Adipösen Prädiktoren für eine bestehende NASH [184] [188] (III). Bei Patienten, die sich einem bariatrischen Eingriff unterzogen, lag die Prävalenz für NASH bei 37 % (24 – 98 %) [189] (IV). Ebenso wurde NASH bei bis zu 36 % krankhaft adipöser Patienten beobachtet [190] (III). Darüber hinaus wird die Schlüsselrolle der Fettleibigkeit durch die Beobachtung verdeutlicht, dass eine Gewichtsreduktion, gleich ob sie durch Ernährungsberatung, bariatrische Chirurgie oder medikamentöse Therapie erzielt wurde, eine NASH bessern oder sogar heilen kann [191] [192] (Ib), [193] [194] [195] [196] (IIb). Daher sollten übergewichtige/adipöse Patienten mit NASH entsprechend den Adipositas-Leitlinien (vergl. 4.2) behandelt werden.

Im Gegensatz dazu leiden lediglich 3 % der Normalgewichtigen an einer NASH. Bei der Zöliakie handelt es sich um eine Immunerkrankung, von der genetisch prädisponierte Personen betroffen sind. Sie wird durch die Aufnahme von Gluten, dem Haupteiweiß in Weizen, Gerste oder Roggen, ausgelöst [197] [198] [199] (IV). Die Zöliakie verursacht nachweislich eine Erhöhung der Transaminasenaktivität im Blut und führt zu einer NAFLD. Beide bilden sich auf einen Normalbefund zurück, sobald eine glutenfreie Diät eingehalten wird [200] [201] (IIb), [202] (III), [203] [204] (IV). Daher sollte eine NASH als Sekundärmanifestation einer Zöliakie durch Einleitung einer glutenfreien Diät behandelt werden [197] [198] [199] (IV).


5.2 Wie soll die orale Ernährung durchgeführt werden?

  • Welche Diät? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

Empfehlung 37:

Übergewichtigen und adipösen Patienten mit nicht alkoholischer Steatohepatitis sollte, unabhängig von der Zusammensetzung ihrer Makronährstoffe, zu einer gewichtsreduzierenden Diät entsprechend den geltenden Adipositas-Leitlinien geraten werden.
[B (BM); starker Konsens]

Empfehlung 38:

Patienten mit nicht alkoholischer Fettlebererkrankung sollen zur Alkoholabstinenz ermutigt werden.
[A; starker Konsens]

Kommentar: Im Allgemeinen sollte die Ernährung übergewichtiger oder adipöser NASH-Patienten den geltenden Adipositas-Leitlinien folgen [205] [206] [207] [208] (na). Eine Gewichtsabnahme und Anpassung des Lebensstils mindern die Leberverfettung und -schädigung. In einer randomisierten multizentrischen Studie senkten sehr niedrigkalorische Diäten (VLCD 450 oder 800 kcal/d) das Körpergewicht und besserten die NAFLD wirksam und sicher innerhalb von 12 Wochen [209] (Ib). Ähnlich ging auch eine niedrigkalorische Diät (500 – 1000 kcal/d; 15 % Eiweiß, 55 % Kohlenhydrate und 30 % Fett) mit einem Gewichtsverlust von mindestens 5 % und einer Besserung der NAFLD einher [210] [211] (Ib), [212] (IIb). Die Daten aus 2 Studien deuten darauf hin, dass eine Einschränkung der Kohlenhydrate bei einer Diät für den kurzfristigen Gewichtsverlust (2 Wochen) und die Senkung der Lebertriglyzeride wirksamer ist als eine allgemeine Einschränkung der Kalorienzufuhr [213] (Ib), [214] (IIb). Allerdings wies eine weitere jüngere Studie dieselben positiven Effekte sowohl für eine fettreduzierte als auch für eine kohlenhydratreduzierte Diät nach [192] (Ib). Es wird ein Zusammenhang von zunehmender Häufigkeit der Fettleibigkeit und der vermehrten Aufnahme von Fruktose und Fruktose-Glukose-Sirup als Süßungsmittel in Erfrischungsgetränken und anderen Lebensmitteln gesehen [215] (III), [216] (IV). Neuere Studien zeigten, dass der Ersatz von zuckergesüßten Getränken durch kalorienfreie Getränke in einem Jahr zu einer signifikanten BMI-Senkung führt [217] [218] (Ib).

Die bariatrische Chirurgie ist eine mögliche Behandlungsoption bei NAFLD und besonders für ihre fortgeschrittene Form, die NASH. So hat tatsächlich die Mehrheit der adipösen Patienten, die sich einer bariatrischen Operation unterziehen, auch eine NAFLD und einen Typ-2-Diabetes. In einer jüngeren Untersuchung adipöser Patienten mit schlecht eingestelltem Typ-2-Diabetes konnte die glykämische Kontrolle nach 12-monatiger medikamentöser Therapie plus bariatrischer Operation in einer signifikant höheren Zahl von Patienten erreicht werden als bei ausschließlich medikamentöser Behandlung [219] (Ib). In einer prospektiven Studie beobachteten Mathurin u. Kollegen [220] (IIb) 381 krankhaft fettleibige Patienten nach bariatrischer Operation. Sie stellten fest, dass fast alle Patienten 5 Jahre nach der bariatrischen Operation eine geringgradige NAFLD aufwiesen, die Fibrose aber leicht zugenommen hatte.

Alkoholkonsum ist mit einem höheren Risiko der schweren Leberschädigung und eines progredienten Verlaufs einschließlich der Entstehung eines Leberzellkarzinoms verbunden [221] (III).

Studien zu Vitamin E in der Behandlung der NASH erbrachten widersprüchliche Ergebnisse. Bei einigen Merkmalen der NASH kam es zu positiven Effekten [222] [223] (Ib); jedoch zeigte die orale Gabe von α-Tocopherol (800 IE pro Tag) keine Wirkung auf die Fibrose [223] (Ib). In 3 Studien wurde allerdings eine Assoziation von erhöhter Mortalität und hoch dosiertem Vitamin E berichtet [224] (Ia), [225] [226] (Ib). Die Cochrane Hepatobiliary Group führte eine Metaanalyse zur Antioxidanzien-Supplementierung bei Lebererkrankungen durch, die auch 15 Studien zu Vitamin E umfasste [227] (Ia). Sie fand keinen signifikanten Behandlungseffekt von Antioxidanzien auf die Gesamtmortalität oder die leberbezogene Mortalität. Die Antioxidanzien-Supplementierung war mit einer erhöhten Aktivität der γ-Glutamyltranspeptidase verbunden.

Cholin ist integraler Strukturbestandteil der Zellmembranen und essenzieller Methylierungsprozesse sowie der Biosynthese von Neurotransmittern, Phospholipiden und Lipoproteinen sehr geringer Dichte (VLDL), die für die hepatische Triglyzeridabgabe erforderlich sind [228] (IV). Bei postmenopausalen Frauen mit NAFLD ging eine verminderte Cholinaufnahme mit verstärkter Fibrose einher [229] (III). Überdies wurde eine enge Korrelation zwischen den Plasmakonzentrationen an freiem Cholin und dem Grad der Lebersteatose und -fibrose bei NASH beobachtet [230] (III). Auch wenn diese Beobachtungen für eine Rolle von Cholin im NASH-Geschehen sprechen, lässt sich die derzeitige Kenntnis noch nicht in Empfehlungen umsetzen.

Im Vergleich zu den Kontrollen bewirkten 1 g L-Carnitin 2-mal tägl. und eine Diät über 24 Wochen eine Reduktion von TNF-α und C-reaktivem Protein (CRP) und besserten die Leberfunktion, Glukoseplasmakonzentrationen, das Lipidprofil, HOMA-IR und die histologischen Manifestationen einer NASH [231] (Ib). Hier handelt es sich um vorläufige Ergebnisse, sodass für L-Carnitin derzeit keine Empfehlungen abgegeben werden können.


5.3 Wie soll die enterale und/oder parenterale Ernährung durchgeführt werden?

  • Welche Nährstoffzusammensetzung? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichung (Trink-, Sondennahrung usw.)?

Empfehlung 39:

Bei Patienten mit nicht alkoholischer Steatohepatitis und einem BMI < 30 kg · m– 2 sollte die enterale Ernährung und/oder parenterale Ernährung den Empfehlungen für Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis folgen (siehe 4.3 und 4.4).
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 40:

Adipösen Patienten mit nicht alkoholischer Steatohepatitis kann eine enterale Ernährung oder parenterale Ernährung mit einem reduzierten Zielwert für die Energieaufnahme (25 kcal · kg KG– 1 · d– 1) und einem erhöhten Zielwert für die Eiweißzufuhr (2,0 g · kg KG– 1 · d– 1) verabreicht werden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Eine zunehmende Zahl (30 – 35 %) erwachsener Intensivpatienten ist adipös und mindestens 5 % sind krankhaft adipös [232] (IV). Die Ernährungstherapie solcher Patienten ist eine Herausforderung und stellt einen der schwierigsten Aspekte der klinischen Ernährung dar. Fettleibigkeit wirkt sich auf die Häufigkeit und den Schweregrad von Komorbiditäten und auf das abschließende Behandlungsergebnis des Patienten aus. Solche Patienten müssen nach den Grundprinzipien der intensivmedizinischen Ernährung versorgt werden, wobei eine hohe Eiweißaufnahme bei niedriger Kalorienzufuhr anzustreben ist, mit dem Ziel, Fettmasse und Insulinresistenz zu reduzieren und die Magermasse zu erhalten. Die ideale enterale Diät sollte ein niedriges Nichteiweiß-Kalorien/Stickstoff-Verhältnis aufweisen, und sie sollte „pharmaconutrients“ zur Modulation der Immunantwort und zur Minderung der Entzündungsreaktion enthalten [233] (IV).



6 Leberzirrhose (LC)

6.1 Wann ist eine Ernährungstherapie indiziert, wann kontraindiziert?

  • orale Ernährung ± Ernährungsberatung

  • enterale Ernährung

  • parenterale Ernährung

Empfehlung 41:

Bei mangelernährten Leberzirrhosepatienten sollten orale Ernährung und individuell abgestimmte Ernährungsberatung mit und ohne Einsatz oraler Nahrungssupplementation als wirksame Erstlinientherapie eingesetzt werden.
[B (BM); starker Konsens]

Empfehlung 42:

Ergänzend soll die enterale Ernährung herangezogen werden, wenn Leberzirrhosepatienten ihren Energie- und Nährstoffbedarf trotz angemessener individualisierter Ernährungsberatung durch orale Ernährung nicht decken können.
[A (BM); starker Konsens]

Empfehlung 43:

Eine parenterale Ernährung sollte bei Patienten mit ungeschützten Atemwegen und hepatischer Enzephalopathie in Erwägung gezogen werden, wenn ihr Husten- und Schluckreflex beeinträchtigt oder eine enterale Ernährung kontraindiziert oder nicht durchführbar ist.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 44:

Eine parenterale Ernährung soll bei mäßig bis hochgradig mangelernährten Zirrhotikern umgehend eingeleitet werden, die auf oralem oder enteralem Wege nicht ausreichend ernährt werden können.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 45:

Leberzirrhosepatienten, die entweder oral oder enteral bedarfsdeckend ernährt werden können, jedoch vorübergehend für mehr als 12 Stunden (einschl. nächtlichem Fasten!) keine Nahrung aufnehmen dürfen, sollten Glukose i. v. erhalten. Wenn eine solche Nahrungskarenz mehr als 72 h dauert, ist vollständige parenterale Ernährung erforderlich.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Bei LC-Patienten ist eine niedrige orale Nahrungsaufnahme ein Prädiktor für erhöhte Mortalität: In Studien zur Wirksamkeit ergänzender enteraler Ernährung wurde eine höhere Mortalität bei Kontrollgruppen festgestellt, die weniger Kalorien [148] [162] [234] (Ib) und weniger Eiweiß aufnahmen [148] [162] [234] (Ib). Kondrup und Müller zeigten in ihrer Analyse [77] (IV), dass unter einer Ernährungstherapie der größte Zuwachs im Überleben bei den LC-Patienten zu verzeichnen war, die ohne Therapie die geringste spontane Eiweißaufnahme zeigten [148] [234] [235] (Ib), [93] (IIa). Bei akuter und chronischer Virushepatitis und ebenso bei viraler LC fand sich die Nahrungsaufnahme gleichermaßen um 70 % gegenüber der Normalmenge reduziert, jedoch wurde bei manifester LC häufiger eine Mangelernährung festgestellt [236] (III). Bei den 222 von Gunsar u. Kollegen untersuchten LC-Patienten [112] (III) wurde die Nahrungsaufnahme nur in 50 % als ausreichend betrachtet und dieser Wert sank in der Untergruppe der hochgradig unterernährten Patienten weiter auf 11 %.

Bei Patienten mit weniger fortgeschrittener LC auf der Transplantationswarteliste war Ernährungsberatung der Gabe von OBD nicht unterlegen [237] (Ib). Zudem wurde gezeigt, dass durch Ernährungsberatung die Eiweißaufnahme und die Marker für den Eiweißstatus verbessert werden können [238] (Ib). Infolge von Somnolenz und psychomotorischer Dysfunktion ist die orale Nahrungsaufnahme selbst bei leichter Enzephalopathie oft unzureichend (I° – II°) [239] (IIb). Ist die orale Aufnahme trotz Ernährungsberatung nicht bedarfsdeckend, sollten unverzüglich zusätzlich OBD gegeben oder eine Sondenernährung eingeleitet werden. Bei stark unterernährten LC-Patienten ist eine EE, alleine oder als Zusatz zur oralen Ernährung ad libitum, nachweislich wirksam [234] [235] (Ib).

Bei der Wahl der bestgeeigneten Ernährungsmethode für einen Patienten mit höhergradiger HE muss das Risiko der Aspiration bei Sondenernährung gegen die möglichen Komplikationen einer PE abgewogen werden. Eine PE sollte bei Patienten mit ungeschützten Atemwegen und fortgeschrittener HE in Erwägung gezogen werden, wenn ihr Husten- und Schluckreflex beeinträchtigt ist. Systematische Vergleichsuntersuchungen zwischen der EE und PE von Patienten mit Zirrhose und HE liegen nicht vor.

Nach Übernachtfasten sind die Glykogenspeicher der zirrhotischen Leber geleert und die Stoffwechsellage des Patienten entspricht etwa der gesunder Personen nach längerem Hungern [40] (IIb). Es konnte gezeigt werden, dass es bei zirrhotischen Patienten durch eine Spätmahlzeit und vor allem durch nächtliche Zufuhr von OBD zur Verbesserung des Stoffwechsels [240] [241] (Ib), [242] [243] (IIa), und zwar speziell des Eiweißstoffwechsels [158] (Ib), [159] [160] [161] (IIa) kommt. Daher wird empfohlen, Patienten, die orale Karenz einhalten müssen, Glukose mit einer Rate, die der endogenen hepatischen Glukoseproduktion entspricht, intravenös zu verabreichen.

Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem derzeitigen Erkenntnisstand und der klinischen Umsetzung. Die Empfehlungen der ESPEN-Leitlinien von 1997 [3] werden längst noch nicht zufriedenstellend befolgt [244] [245] [246] (IV).


6.2 Wie soll die orale Ernährung durchgeführt werden?

Empfehlung 46:

Patienten sollten oral ernährt werden, solange der Husten- und der Schluckreflex intakt sind und die Zielwerte für die Energie- und Eiweißzufuhr erreicht werden können.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 47:

Zur Verbesserung der Nahrungsaufnahme und des Ernährungsstatus sollte eine individuell abgestimmte Ernährungsberatung eingesetzt werden.
[B (BM); starker Konsens]

Empfehlung 48:

Wenn die Ziele der Ernährungstherapie durch orale Nahrungsaufnahme alleine nicht erreicht werden können, sollen orale bilanzierte Diäten (OBD) am späten Abend bzw. nachts zusätzlich verabreicht werden.
[A (BM); starker Konsens]

Empfehlung 49:

Eine orale Supplementierung verzweigtkettiger Aminosäuren (VKAS) verbessert das klinische Ergebnis bei fortgeschrittener Zirrhose und kann bei diesen Patienten eingesetzt werden.
[C (BM, MC); starker Konsens]

Kommentar: Ernährungsberatung alleine [238] (Ib), [247] (IIb) oder in Kombination mit OBD [113] [148] [162] [237] (Ib) verbessern wirksam den Oberarmumfang, den Phasenwinkel, den Kreatinin-Höhen-Index, die Handmuskelkraft, den exspiratorischen Spitzenfluss, das Serumalbumin, die INR oder das Bilirubin. Die Ergebnisse der Manguso-Studie zeigen, dass vermutlich die höhere Eiweißaufnahme von größter Bedeutung ist. OBD sind oraler Nahrung nicht notwendigerweise überlegen [238] (Ib).

Auf der Grundlage der verfügbaren Daten ([Tab. 3]) sollte die Energiezufuhr der Patienten 30 – 35 kcal · kg KG– 1 · d– 1 und die Eiweißzufuhr 1,2 – 1,5 g · kg KG– 1 · d– 1 betragen. Nach Ausschluss von Studien, die VKAS-angereicherte OBD einsetzten, zeigte die Untergruppenanalyse einer neueren Metaanalyse eine Senkung der Mortalität [248] (Ia). Nach erfolgreicher Behandlung des Pfortaderhochdrucks durch einen transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunt (TIPS) konnten LC-Patienten, die Normalkost zu sich nahmen (entsprechend ESPEN-Empfehlungen), ihre Körperzusammensetzung verbessern [72] [249] (IIb). Auch wenn es eine pathophysiologische Grundlage für die Empfehlung einer salzarmen Kost gibt, ist diese nicht zu empfehlen, da sie schlecht schmeckt und so zu einer verminderten oralen Nahrungsaufnahme führt [250] [251]

Tab. 3

Studien zur oralen Nahrungssupplementation bei Patienten mit Leberzirrhose.

Studie

Intervention

n

Interventionsgruppe

Kontrollgruppe

Ergebnisse

Bunout 1989 [148] (Ib)

OBD (28 d)

plus

orale Ernährung

36

37,9 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,1 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

24,2 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,6 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

OBD ohne nachteilige Effekte

Hirsch 1993 [162] (Ib)

OBD (1 J)

51

36,9 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,1 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

23,3 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,7 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

OBD weniger Wiederaufnahmen, weniger schwere Infektionen

Bories 1994 [247] (IIb)

orale Ernährung

(30 d)

30

38 – 42 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,3 – 1,5 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

keine Kontrollgruppe

Ernährung verbesserte MAMC, Fettmasse, Bilirubin, INR, Albumin

Campillo 1997 [260] (III)

orale Ernährung

(30 d)

55

38,3 – 39,1 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,4 – 2,1 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

keine Kontrollgruppe

Ernährung verbesserte Fettmasse, nicht aber MAMC, CHI

LeCornu 2000 [237] (Ib)

OBD (77 d)

plus

orale Ernährung

82

vor OLT

2419 kcal · d– 1

79,8 g Protein · d– 1

vor OLT

2234 kcal · d– 1

86,5 g Protein · d– 1

OBD verbesserte MAMC, Handmuskelkraft

Manguso 2005 [238] (Ib)

orale Diät

(3 M)

90

30,2 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,2 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

30,5 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,8 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

Diät verbesserte MAMC, Albumin, CHI

Norman 2008 [113] (Ib)

OBD (3 M)

plus

orale Ernährung

80

(27)

42,5 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,9 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

26,1 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,1 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

OBD verbesserte Handmuskelkraft, Phasenwinkel, exspir. Spitzenfluss

Plank 2008 [158] (Ib)

OBD (1 J)

plus

orale Ernährung

103

vor Intervention:

23,0 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,0 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

nächtl. Gabe:

28,4 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,2 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

vor Intervention:

24,3 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,1 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

Tagesgabe:

30,4 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,3 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

nächtliche OBD-Gabe verbesserte Körper-N-Status

CHI = Kreatinin-Größen-Index, d = Tag, INR = internationale normalisierte Ratio, J = Jahr, KG = Körpergewicht, M = Monat, MAMC = mittiger Armmuskelumfang, OBD = orale bilanzierte Diät, OLT = orthotope Lebertransplantation

In einer sehr gut ausgeführten Studie mit Messung des Gesamtkörperstickstoffs konnte nachgewiesen werden, dass die nächtliche Zufuhr von OBD den Körpereiweißstatus wirksamer verbessert als die OBD-Gabe während des Tages [158] (Ib). Schon früher wurde gezeigt, dass eine kohlenhydratreiche Spätmahlzeit den Eiweißstoffwechsel bei LC verbessern kann [159] [160] [161] (IIa).

Die Erkenntnisse aus einer unkontrollierten und 2 randomisierten Studien mit 174 und 646 Patienten legen nahe, dass mittels langfristiger (12 und 24 Monate) Nahrungsergänzung durch VKAS-Granulat die Progression der Leberinsuffizienz verlangsamt und das ereignisfreie Überleben verlängert werden können [252] [253] (Ib), [254] (III). Des Weiteren belegen 3 randomisierte kontrollierte Doppelblindstudien, dass die orale VKAS-Supplementierung, die als medikamentöse Behandlung verabreicht wurde, zu einer Verbesserung des psychomotorischen Status und der Stickstoffbilanz oder der Muskelmasse führt [255] [256] [257] (Ib). Es besteht jedoch das Dilemma, dass die Kosten der VKAS-Supplementierung in kaum einem Land erstattet werden, sodass diese Therapie bei der Mehrheit der Patienten nicht eingesetzt werden kann.

In einem kleinen Kollektiv von 10 Patienten mit fortgeschrittener LC wurde eine immunmodulierende Diät (720 kcal, 24 g Eiweiß, 15 g Glutamin, 12 g Arginin, 1,26 g n-3-Fettsäuren) zusätzlich zur oralen Kost gut vertragen [258] (IIb). Eine 6-monatige Behandlung mit einer probiotischen Mischung zeigte bei mäßiger LC weder eine Wirkung auf die Ammoniak-Blutkonzentrationen noch auf die HE [259] (Ib).


6.3 Wie ist die enterale Ernährung durchzuführen?

  • Welche Sondennahrung? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichung (Trink-, Sondennahrung usw.)?

Empfehlung 50:

Wenn Patienten nicht dauerhaft zur bedarfsdeckenden oralen Aufnahme fähig sind, soll eine orale Nahrungssupplementation [KKP] oder eine enterale Ernährung mittels Sonde [A (BM)] (selbst bei bestehenden Ösophagusvarizen) verordnet werden.
[starker Konsens]

Empfehlung 51:

In der Regel sollen vollbilanzierte hochmolekulare Standarddiäten für die enterale Ernährung verwendet werden.
[A (BM); starker Konsens]

Empfehlung 52:

Bei Patienten mit Aszites sollten zur Minimierung einer Hypervolämie Diäten mit hoher Nährstoffdichte verabreicht werden.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 53:

Mit verzweigtkettigen Aminosäuren angereicherte Diäten sollen bei Patienten gewählt werden, bei denen es im Verlauf der enteralen Ernährung zu einer hepatischen Enzephalopathie kommt.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 54:

Eine Gesamtenergiezufuhr von 30 – 35 kcal · kg KG– 1 · d– 1 (126 – 147 kJ · kg KG– 1 · d– 1) und eine Eiweißaufnahme von 1,2 – 1,5 g · kg KG– 1 · d– 1 sollten angestrebt werden.
[B (BM); starker Konsens]

Empfehlung 55:

Die Platzierung einer PEG-Sonde geht aufgrund von Aszites oder Varizen mit einem höheren Komplikationsrisiko einher und sollte daher nur in Ausnahmefällen erwogen werden.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 56:

Enterale Ernährung verbessert den Ernährungsstatus und die Leberfunktion, reduziert die Komplikationshäufigkeit und verlängert das Überleben bei Leberzirrhose; sie soll daher bei Leberzirrhosepatienten angewendet werden.
[A (BM); starker Konsens]

Kommentar: Es ist sehr gut belegt, dass eine quantitativ ausreichende Nährstoffversorgung oberstes Ziel sein muss [148] [162] [234] [235] [237] [238] (Ib), [247] [261] (IIb), [112] (III). Kann der Energiebedarf nicht ausschließlich durch orale Ernährung alleine oder in Kombination mit ONS gedeckt werden, ist Sondenernährung erforderlich. Sondenernährung bessert nachweislich das Überleben und die Leberfunktion [234] [235] (Ib), [261] (IIb). Eine kürzlich durchgeführte randomisierte Multicenterstudie ließ ein Jahr nach Sondenernährung über 2,8 Wochen mit einer polymeren Standarddiät, gefolgt von OBD-Gabe für 2 Monate keine Wirkung auf das Überleben oder die Leberfunktion erkennen [262] (Ib). Die Autoren legten allerdings keine Daten zur OBD-Therapieadhärenz vor. Die Gesamtenergieaufnahme durch Sondenernährung wurde lediglich in einer Untergruppe erfasst und überschritt hier die empfohlene Zufuhr um 28 % (3292 ± 781 kcal/d), was Fragen nach den nachteiligen Effekten einer Überversorgung aufwirft.

Bei 10 Patienten mit akuter HE I° – II° verlief die nasogastrale Sondenernährung mit einer enteralen VKAS-angereicherten Diät insofern erfolgreich, als dass sich die Patienten von der HE aufgrund von Varizenblutungen ohne jede Komplikation erholten [239] (IIb). Aus der aktuellen Literatur [149] [168] [234] [235] [263] (Ib), [264] [265] (IV) ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Gefährdung durch Sondenernährung mittels kleinlumigen nasogastralen Sonden bei Ösophagusvarizen. Was die Platzierung einer perkutanen endoskopischen Gastrostomiesonde (PEG) betrifft, so stellen die geltenden europäischen Leitlinien [266] fest, dass schwerwiegende Gerinnungsstörungen (INR > 1,5; PTT > 50 s; Erythrozyten < 50 000/mm3) und ausgeprägter Aszites Kontraindikationen darstellen. Entsprechend der Leitlinie wurde keine erhöhte Morbidität durch Anlegen einer PEG bei leichtem und mäßigem Aszites beobachtet. In einer Untersuchungsreihe von 26 Patienten kam es jedoch als direkte Konsequenz einer PEG-Anlage zu 2 Todesfällen [267] (III). Es sollte berücksichtigt werden, dass es durch Pfortaderhochdruck bei LC vermehrt zu varikösen Veränderungen von Magengefäßen kommen kann, die bei Verletzung im Rahmen der PEG-Anlage zur Quelle starker Blutungen werden können [268].

Es liegen keine Daten aus Studien vor, in denen bei LC-Patienten eine voll bilanzierte Standarddiät mit einer VKAS-angereicherten Diät verglichen wurde. VKAS-angereicherte Diäten wurden allerdings in den Studien eingesetzt, die eine Verbesserung des Überlebens bei massiv mangelernährten ASH- und LC-Patienten [149] [235] (Ib), [93] (IIa), [94] (IIb) oder der Hirnleistung in einer hoch selektierten Gruppe von LC-Patienten mit HE und Eiweißintoleranz nachwiesen [269] (Ib). [Tab. 4] fasst die relevanten Merkmale kontrollierter Studien mit einer mindestens 3-wöchigen VKAS-Behandlung von LC-Patienten zusammen. In den Studien, die günstige Auswirkungen auf die HE und/oder den Eiweißstoffwechsel berichteten, wurden VKAS in einer Dosierung von 0,20 – 0,25 g · kg · KG– 1 · d– 1 [252] [253] [255] [256] (Ib) oder 30 g · d– 1 [257] [269] (Ib) verabreicht. In Metaanalysen wurde insgesamt ein positiver Effekt von VKAS auf die HE beobachtet [270] [271] (Ia), allerdings verbleiben offene Fragen zur Studienanlage [271] (Ia), [272] (IV).

Tab. 4

Studien zur VKAS-angereicherten oralen Ernährung bei Patienten mit Leberzirrhose.

Studie

Intervention

n

Interventionsgruppe

Kontrollgruppe

Ergebnisse

Horst 1984 [269] (Ib)

VKAS-angereicherte Elementardiät

37

orale Ernährung

2300 kcal · d– 1

20 g Protein · d– 1

plus

VKAS-Elementardiät schrittweise gesteigert (VKAS bis 16 g · d– 1)

orale Ernährung

2300 kcal · d– 1

20 g Protein · d– 1

plus

Proteingehalt der Speisen schrittweise gesteigert

VKAS-Gruppe hatte weniger (1/17) HE-Episoden als Kontrollgruppe (7/20). N-Bilanz gleichermaßen positiv

Yoshida 1989 [254] (III)

VKAS oral

(≥ 6 M)

plus

orale Ernährung

40

VKAS (16 g · d– 1)

plus

orale Ernährung

80 g Protein · d– 1

orale Ernährung

80 g Protein · d– 1

VKAS mit besserer Überlebensrate assoziiert (bei Einnahme bis zu 4 Jahren)

Cabré 1990 [235] (Ib)

VKAS-angereicherte Flüssigdiät

(23 d)

35

2115 kcal · d– 1

43 g Protein · d– 1

30 g VKAS · d– 1

orale Ernährung

1320 kcal · d– 1

45 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

Verbesserung von Überleben, Child-Pugh-Score, Albumin

Marchesini 1990 [252] (Ib)

VKAS oral

(3 M)

plus

orale Ernährung

64

VKAS

(0,24 g · kg KG– 1 · d– 1)

plus

orale Ernährung

0,7 – 1,0 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

Kasein

(0,24 g · kg– 1 · d– 1)

plus

orale Ernährung

0,7 – 1,0 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

VKAS verbesserten HE und N-Bilanz

Plauth 1993 [256] (Ib)

VKAS oral

(8 Wo)

plus

orale Ernährung

17

VKAS

(0,25 g · kg KG– 1 · d– 1)

plus

orale Ernährung

Plazebo

plus

orale Ernährung

VKAS verbesserten Fahrtauglichkeit

Marchesini 2003 [252] (Ib)

VKAS oral (12 M)

plus

orale Ernährung

174

VKAS (0,20 g · kg KG– 1 · d– 1)

plus

orale Ernährung

30 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,8 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

orale Ernährung

30 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,8 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

plus

Laktalbumin

(0,18 g · kg KG– 1 · d– 1)

oder

Maltodextrin

(0,2 g · kg KG– 1 · d– 1)

VKAS verbesserten Rehospitaliserungsrate, verlangsamten fortschreitende Leberinsuffizienz und verbesserten Lebensqualität

Muto 2005 [253] (Ib)

VKAS oral (24 M)

plus

orale Ernährung

646

VKAS (0,21 g · kg KG– 1 · d– 1)

plus

orale Ernährung

30 – 35 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,0 – 1,4 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

orale Ernährung

30 – 35 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,0 – 1,4 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

VKAS verbesserten ereignisfreies Überleben und Lebensqualität, hohe Therapieadhärenz (≥ 85 % Einnahmerate)

Les 2011 [257] (Ib)

VKAS oral

(56 Wo)

plus

orale Ernährung

116

VKAS (60 g · d– 1)

plus

orale Ernährung

35 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,7 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

orale Ernährung

35 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,7 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

plus

Maltodextrin (60 g · d– 1)

VKAS verbesserten psychometrische Tests und MAMC, nicht aber Gesamtrisiko für HE; nur 37 und 46 % erreichten Wo 56

d = Tag, HE = hepatische Enzephalopathie, KG = Körpergewicht, M = Monat, MAMC = mittiger Armmuskelumfang, VKAS = verzweigtkettige Aminosäuren, Wo = Woche

Die Empfehlungen zur Energie- und Eiweißzufuhr basieren auf den Daten der in [Tab. 3] und [Tab. 5] aufgeführten Studien. Diese stehen in guter Übereinstimmung mit einer systematischen Studie zum Eiweißbedarf von LC-Patienten [273] [274] (IIb), [77] (IV). Darüber hinaus zeigte eine randomisierte Studie an LC-Patienten, die episodisch an einer HE leiden, dass eine Ernährung mit 1,2 g Eiweiß · kg KG– 1 · d– 1 sicher ist und dass eine – auch nur vorübergehende – Eiweißeinschränkung während einer Enzephalopathieepisode keinerlei Nutzen für den Patienten hat [275] (Ib).

Tab. 5

Studien zur Sondenernährung bei Patienten mit Leberzirrhose.

Studie

Intervention

n

Interventionsgruppe

Kontrollgruppe

Ergebnisse

Smith 1982 [261] (IIb)

EE über NS oder OBD (10 – 60 d)

10

2000 – 3500 kcal · d– 1

76 – 123 g Protein · d– 1

oder

2000 – 3700 kcal · d– 1

40 g Protein · d– 1

bei ausbleibender HE Protein auf 80 – 143 g · d– 1 gesteigert

keine Kontrollgruppe

Eiweißzufuhr von 80 – 143 g · d– 1 von Patienten mit HE-Anamnese gut toleriert, Verbesserung von Bilirubin, Albumin, Transferrin, MAMA, MAFA, CHI, Gewicht

Keohane 1983 [239] (IIb)

EE über NS (7,3 d)

10

21 – 70 g · d– 1 Aminosäuren, VKAS-angereicherte Elementardiät

keine Kontrollgruppe

gut toleriert, HE beseitigt bei 9/10, keine Varizenblutungen

Calvey 1984 [168] (Ib)

NS Sonde A oder Sonde B

(4,5 – 6,0 d)

47

EE mit East Grinstead®-Sonde oder Viomedex®-Sonde mit semielementarer Diät

2000 kcal · d– 1

65 g Protein · d– 1

plus orale Ernährung

ONS mit semielementarer Diät

2000 kcal · d– 1

65 g Protein · d– 1

plus orale Ernährung

NS niedrigere Versagerrate bzgl. Erreichen des Zufuhrziels (28 vs. 41 %);

Viomedex® Sonde länger in situ;

kein Unterschied bei N-Bilanz, Varizenblutungen, HE, Erbrechen, Diarrhö zwischen EE und ONS

Cabré 1990 [235] (Ib)

EE mit NS

(23 d)

35

2115 kcal · d– 1

43 g Protein · d– 1

30 g VKAS · d– 1

orale Ernährung

1320 kcal · d– 1

45 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

Verbesserung von Überleben, Child-Pugh-Score, Albumin

Kearns 1992 [234] (Ib)

EE mit NS (30 d)

plus

orale Ernährung

31

38,4 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,5 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

20,8 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,7 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

Verbesserung von Bilirubin, Antipyrinclearance

DeLedinghen 1997 [263] (Ib)

EE mit NS (3 d)

22

1665 kcal · d– 1

71 g Protein · d– 1

orale Karenz

kein Unterschied für Rezidivblutung oder Ernährungsparameter

Dupont 2012 [262] (Ib)

EE mit NS (28 d) gefolgt von OBD (56 d)

101

vor Randomisierung

19,1 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,7 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

EE

44,7 kcal · kg KG– 1 · d– 1

1,6 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

vor Randomsierung

23,8 kcal · kg KG– 1 · d– 1

0,8 g Protein · kg KG– 1 · d– 1

nach 1 Jahr kein Effekt auf Überleben oder Leberfunktion

CHI = Kreatinin-Größen-Index, d = Tag, EE = enterale Ernährung, HE = hepatische Enzephalopathie, KG = Körpergewicht, MAFA = mittige Armfettfläche, MAMA = mittige Armmuskelfläche, NS = nasale Sonde, OBD = orale bilanzierte Diät, ONS = orale Nahrungssupplementation

Durch enterale Sondenernährung lassen sich Leberfunktion und Überleben von LC-Patienten verbessern [234] [235] (Ib), [261] (IIb). Die Mortalitätssenkung wird am deutlichsten, wenn man die niedrige Eiweißaufnahme mit normaler Kost in der Kontrollgruppe mit der hohen Eiweißaufnahme in der Interventionsgruppe vergleicht [77] (IV).


6.4 Wie ist die parenterale Ernährung durchzuführen?

  • Welche i. v. Lösungen bzw. i. v. Mischungen? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichung?

Empfehlung 57:

Parenterale Ernährung kann bei Leberzirrhosepatienten mit und ohne hepatischer Enzephalopathie sicher angewendet werden und verbessert die Stickstoffbilanz.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 58:

Kohlenhydrate sollten in Form von Glukose zugeführt werden und 50 – 60 % des Bedarfs an Nicht-Eiweiß-Energie abdecken.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 59:

Eine parenterale Ernährung bedingte Hyperglykämie ist auf jeden Fall zu vermeiden. Kommt es zur Hyperglykämie, sollte die Glukoseinfusion auf 2 – 3 g · kg KG– 1 · d– 1 reduziert und eine i. v. Insulingabe genutzt werden.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 60:

Die Fettzufuhr kann 40 – 50 % des Bedarfs an Nicht-Protein-Energie abdecken und mittels Emulsionen erfolgen, deren Gehalt an ungesättigten n-6-Fettsäuren niedriger ist als bei den konventionellen reinen Sojaölemulsionen.
[C (BM); starker Konsens]

Empfehlung 61:

Aminosäuren sollten in Standardlösungen in einer Menge von 1,2 g · kg KG– 1 · d– 1 bei kompensierter Zirrhose ohne Mangelernährung und in einer Menge von 1,5 g · kg KG– 1 · d– 1 bei dekompensierter Zirrhose mit schwerwiegender Mangelernährung zugeführt werden.
[B (BM); starker Konsens]

Empfehlung 62:

Bei höhergradiger (III° – IV°) Enzephalopathie soll eine leberadaptierte Aminosäurenvolllösung als Stickstoffquelle eingesetzt werden. Solche Lösungen enthalten einen erhöhten Anteil an verzweigtkettigen Aminosäuren und einen geringeren Anteil der aromatischen Aminosäuren Methionin und Tryptophan.
[A (BM); starker Konsens]

Empfehlung 63:

Wasser, Elektrolyte, wasser- und fettlösliche Vitamine sowie Spurenelemente sollten zur Bedarfsdeckung täglich gegeben werden.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 64:

Wird ein Patient ausschließlich parenteral ernährt, so sollen alle Makro- und Mikronährstoffe ab Beginn der parenteralen Ernährung täglich zugeführt werden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Für die Versorgung mit bedarfdeckenden Mengen an Gesamtenergie (30 – 35 kcal · kg KG– 1 · d– 1, vergl. 2.1) sollten Glukose und Fett mit ca. 25 – 30 kcal · kg KG– 1 · d– 1 zur Deckung des Nicht-Eiweiß-Energiebedarfs zugeführt werden. Die Frage nach dem optimalen Verhältnis der Energieträger Fett und Kohlenhydrate wurde an einer begrenzten Zahl von Patienten untersucht. In 2 Studien wurden Glukose und Fett als Energieträger mit einem kalorischen Verhältnis von 40 – 50: 50 – 60 (F : G) [276] (Ib), [277] (IIa) eingesetzt. Günstigere Substrat- und Metabolitenkonzentrationen wurden beobachtet, wenn Glukose gemeinsam mit Fett und nicht nur Glukose infundiert wurde [278] (IIb). Bei Leberzirrhose wird infundiertes Fett wie bei gesunden Personen aus dem Plasma eliminiert und oxidiert [55] [56] (IIa). Neuere Fettemulsionen besitzen im Vergleich zu traditionellen Sojaölemulsionen einen geringeren Gehalt an ungesättigten n-6-Fettsäuren (n-6 : n-3 = 8 : 1), da MCT und/oder Olivenöl und/oder Fischöl beigemischt sind, wodurch eine geringere Suppression von Leukozyten und der Immunfunktion sowie eine geringere Stimulation entzündungsfördernder Modulatoren erzielt wird. Bei Säuglingen und Kindern scheinen fischölhaltige Emulsionen mit einem geringeren Risiko für Cholestase und Leberschädigung assoziiert zu sein (vergl. Abschnitt 8.3). Derzeit liegen keine Daten zu klinischen Ergebnissen vor, die einen Nutzen solcher Emulsionen bei erwachsenen LC-Patienten nachweisen.

Die Vermeidung einer Hyperglykämie (> 10 mmol/L) wirkt sich nachweislich günstig auf Überleben und Morbidität aller kritisch Kranken aus; folglich sollten LC-Patienten entsprechend versorgt werden (vgl. DGEM-Leitlinie „Klinische Ernährung in der Intensivmedizin“ [132]). Dabei ist jedoch streng darauf zu achten, dass eine Hypoglykämie vermieden wird.

Die Empfehlungen zur Quantität der Aminosäurenzufuhr mittels PE bei LC-Patienten, orientieren sich an der oben besprochenen Situation bei oraler oder enteraler Ernährung und an den Studien zur Rolle der VKAS-angereicherten Lösungen bei LC-Patienten mit HE. In diesen Studien lag die Zufuhr von Eiweiß oder Aminosäuren zwischen 0,6 und 1,2 g · kg KG– 1 · d– 1 [270] (Ia). Patienten mit Alkoholhepatitis oder alkoholischer Zirrhose mit oder ohne geringgradige HE wurden 0,5 – 1,6 g · kg KG– 1 · d– 1 verabreicht [148] [151] [152] [153] [154] [155] [156] [157] [169] [170] [234] [235] (Ib). Eine detaillierte und systematische Bestimmung des Eiweißbedarfs wurde jedoch nur in wenigen Studien vorgenommen. Dabei fand man, dass Patienten mit stabiler Zirrhose einen erhöhten Eiweißbedarf haben, was zu der Empfehlung von 1,2 g · kg KG– 1 · d– 1 gegenüber der empfohlenen Mindestaufnahme von 0,8 g · kg KG– 1 · d– 1 bei normal ernährten Gesunden führte [39] [273] [274] (IIb), [279] (III).

Was die Zusammensetzung von Aminosäurenlösungen betrifft, so kann bei Patienten mit kompensierter LC eine Standardlösung verwendet werden. Bei den speziellen „Leberlösungen“ zur Korrektur der Aminosäurenimbalance im Plasma handelt es sich um komplette Aminosäurenlösungen mit erhöhtem VKAS-Anteil (35 – 45 %) jedoch niedrigem Gehalt an Tryptophan, aromatischen und schwefelhaltigen Aminosäuren. Diese Lösungen wurden für LC-Patienten mit manifester HE entwickelt [144] [280] [281] (IIb). Die Wirksamkeit von VKAS bzw. mit VKAS angereicherten Lösungen wurde in 7 kontrollierten, jedoch sehr heterogenen Studien geprüft [263] [264] [282] [283] [284] [285] [286] (Ib); ihre Ergebnisse waren widersprüchlich. Metaanalysen dieser Studien zeigten eine Besserung der Hirnleistung durch die VKAS-angereicherten Lösungen, jedoch keinen positiven Einfluss auf das Überleben [270] [271] (Ia). Dabei ist allerdings zu bedenken, dass HE-Episoden bei LC-Patienten durch schwerwiegende und lebensbedrohliche Komplikationen wie Infektionen oder Blutungen ausgelöst werden, die für das Überleben wesentlich stärker von Bedeutung sind als die HE selbst. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Modifikation der Aminosäurenlösung das kurzfristige Überleben nicht verbessern konnte. Kürzlich wurde gezeigt, dass Blut wegen des Fehlens von Isoleuzin im Hämoglobinmolekül eine Eiweißquelle von geringer biologischer Wertigkeit ist, sodass es nach Blutungen im oberen Magen-Darm-Trakt zu einem VKAS-Antagonismus kommt [287] (IIb). Dieser Antagonismus begünstigt die Entstehung einer Hyperammonämie; eine HE ließe sich also durch gezielte Isoleuzingabe beherrschen [288] (Ib). Es stehen aber Isoleuzinlösungen zur i. v. Infusion zur Verfügung. Leberspezifische Aminosäurenlösungen (s. oben) besitzen einen hohen Anteil an Isoleuzin und den anderen VKAS Leuzin und Valin.

Es liegen keine Untersuchungen vor, die den Bedarf an Mikronährstoffen bei LC systematisch untersuchen. Wie auch bei anderen Erkrankungen hat die Gabe von Mikronährstoffen über die Prävention und die Korrektur von Mangelzuständen hinaus keinen belegten therapeutischen Effekt.

Zink- und Vitamin-A-Supplemente können durch Besserung einer Dysgeusie indirekt auch die Nahrungsaufnahme und den Ernährungsstatus bessern [289] (IIa), [290] (IIb). Zink- und Selenmangel wurden bei Patienten mit alkoholischer und nicht alkoholischer Lebererkrankung beobachtet [291] [292] [293] (III), [294] (IV). Kasuistisch wurden beeindruckende Hinweise für einen Zusammenhang zwischen HE und Zinkmangel beschrieben [295] [296] (IV). Randomisierte kontrollierte Prüfungen konnten jedoch keine therapeutische Wirkung der oralen Zinksupplementierung bei HE belegen [297] [298] [299] (Ib). Die orale Zinksupplementierung vermag die Harnstoffproduktionskapazität zu steigern, wenn durch die Supplementierung zuvor erniedrigte Plasmaspiegel normalisiert werden [300] (IIb).

Als pragmatischer Ansatz wird eine großzügige Supplementierung in den ersten beiden Wochen der Ernährungstherapie empfohlen, da es aufwendiger ist, einen Mangel an bestimmten Spurenelementen oder Vitaminen per Labordiagnose zu ermitteln und die entsprechende Versorgung verzögert würde. Aufgrund der hohen Prävalenz einer Mangelernährung laufen LC-Patienten Gefahr, ein Refeeding-Syndrom und einen Thiaminmangel zu entwickeln.



7 Transplantation, chirurgische Intervention

7.1 Wann ist eine Ernährungstherapie indiziert, wann kontraindiziert?

  • orale Ernährung ± Ernährungsberatung

  • enterale Ernährung

  • parenterale Ernährung



Präoperative Patienten

Empfehlung 65:

Es soll entsprechend den Empfehlungen (41 – 45) wie bei Leberzirrhosepatienten verfahren werden.
[KKP; starker Konsens]


Postoperative Patienten

Empfehlung 66:

Nach Lebertransplantation sollte innerhalb von 12 – 24 h postoperativ normale Kost und/oder enterale Ernährung verabreicht werden.
[B (BM); starker Konsens]

Empfehlung 67:

Parenterale Ernährung soll eingesetzt werden, wenn eine enterale Ernährung kontraindiziert oder nicht durchführbar ist.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 68:

Nach anderen chirurgischen Eingriffen sollten Patienten mit chronischen Lebererkrankungen frühzeitig ernährt werden, vorzugsweise mittels normaler Kost oder enteraler Supplementation.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 69:

Leberzirrhosepatienten sollten früh nach einer Operation (zusätzlich) parenterale Ernährung erhalten, wenn sie oral/enteral nicht ausreichend ernährt werden können.
[B (BM); starker Konsens]


Organspender

Empfehlung 70:

Zurzeit können keine Empfehlungen für die Ernährung von Spendern gegeben werden; gleiches gilt auch für die Organkonditionierung, etwa durch den Einsatz spezifischer Ernährungskonzepte wie z. B. i. v. Glutamin oder Arginin mit dem Ziel, eine Schädigung durch Ischämie und/oder Reperfusion zu vermeiden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Präoperative Patienten: Zahlreiche deskriptive Studien haben eine höhere Morbidität und Mortalität bei LC-Patienten mit Eiweißmangelernährung nachgewiesen, die sich einer Lebertransplantation unterzogen haben [35] [71] [96] [97] [98] [99] [102] [301] (III). Seit Kurzem ist das Problem der Sarkopenie als Risikofaktor bei Transplantationspatienten in den Fokus gerückt [302] (III). Allerdings liegen keine formalen Studien vor, die belegen, dass eine präoperative Ernährungsintervention das klinische Ergebnis verbessert. Die Beobachtungen einer Pilotstudie lassen aber erkennen, dass eine unterstützende Ernährung präoperativ den Gesamteiweißstatus verbessert und die postoperative Infektionsrate senkt [303] (IIa).

Bei mangelernährten LC-Patienten ist das Risiko postoperativer Morbidität und Mortalität nach abdominalchirurgischen Eingriffen erhöht [108] (III), [107] (IV).

Postoperative Patienten: Nach Transplantation erwies sich eine postoperative PE der Infusion von Flüssigkeit und Elektrolyten als überlegen im Hinblick auf die Beatmungsdauer und die Länge des Aufenthalts in der Intensivstation [304] (Ib). Die Einleitung einer EE bereits 12 Stunden nach der Operation ging mit einer geringeren Infektionsrate einher als bei parenteraler Ernährung [305] (Ib). Im direkten Vergleich von PE und frühzeitiger EE erwiesen sich beide Vorgehensweisen als gleich wirksam im Hinblick auf die Erhaltung des Ernährungsstatus [306] (Ib).

Nach Bauchoperationen ohne Transplantation ließ sich bei LC-Patienten eine reduzierte Komplikationsrate und eine verbesserte Stickstoffbilanz beobachten, wenn sie eine Ernährungstherapie und nicht nur Flüssigkeit und Elektrolyte [307] [308] [309] (Ib) erhielten. Es ist anzunehmen, dass eine EE in der frühen postoperativen Phase zu mindestens gleichwertigen Ergebnissen führt. Es gibt jedoch keine Studien, in denen diese beiden Behandlungsansätze bei Patienten mit LC miteinander verglichen wurden. Die aktuelle Datenlage lässt einen positiven Effekt auf die Darmpermeabilität für eine sequenzielle PE/EE (per Jejunostomie) gegenüber PE alleine oder keinerlei postoperativer Ernährung erkennen [309] (Ib).

Organspender: Derzeit lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, ob der Konditionierung von Spender oder Organ, etwa durch die Gabe hoher Dosen Arginin oder Glutamin, um die Schädigung durch Ischämie/Reperfusion zu reduzieren, ein Wert beigemessen werden kann.

7.2 Wie sollte die orale Ernährung durchgeführt werden?

Empfehlung 71:

Die orale Ernährung sollte wie unter 6.2 empfohlen durchgeführt werden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Präoperative Patienten: Bei weniger fortgeschrittener, überwiegend cholestatischer LC haben sich Ernährungsberatung plus OBD und Ernährungsberatung alleine als gleich wirksam erwiesen [237] (Ib). In einer kontrollierten randomisierten Studie an Lebertransplantationspatienten konnte kein Vorteil durch Verwendung einer immunmodulierenden Diät gegenüber einer Standard-OBD in der präoperativen Ernährungstherapie nachgewiesen werden [310]. Kaido u. Kollegen beobachteten weniger postoperative Infektionen bei ihren transplantierten Patienten nach präoperativer Gabe von VKAS-angereicherten Trinknahrungen [311] (IIb).

Postoperative Patienten: Nach einer Lebertransplantation besteht für die Patienten ein erhebliches Risiko, übergewichtig oder sogar adipös im Sinne eines metabolischen Syndroms zu werden und die entsprechenden Erkrankungen zu entwickeln [83] [312] (III). Höhere Aufmerksamkeit sollte der Bekämpfung des Problems einer sarkopenischen Adipositas [84] (IIb), [82] (III) durch strenge postoperative Physiotherapie und Diätberatung gewidmet werden, um dem Verlust der Leistungsfähigkeit, der mit der chronischen Leberkerkrankung vor Transplantation einhergeht, zu begegnen [313] (Ib), [314] (III).


7.3 Wie ist die enterale Ernährung durchzuführen?

  • Welche Zusammensetzung? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichung (Trink-, Sondennahrung usw.)?



Präoperative Patienten

Empfehlung 72:

Bei Erwachsenen sollte die enterale Ernährung erfolgen, wie unter 6.3 empfohlen. Bei Kindern, die auf eine Transplantation warten, sollte eine mit verzweigtkettigen Aminosäuren angereicherte Diät verabreicht werden.
[B (BM); starker Konsens]

Empfehlung 73:

Eine Verbesserung der perioperativen Mortalität oder Komplikationsrate durch präoperative enterale Ernährung oder orale bilanzierte Diäten konnte noch nicht belegt werden. Präoperativ sollten Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis oder Leberzirrhose ernährt werden, wie unter 3.3 bzw. 5.3 empfohlen.
[KKP; starker Konsens]


Postoperative Patienten

Empfehlung 74:

In der Regel sollten hochmolekulare Diäten verabreicht werden [B]. Bei Patienten mit Aszites sind hochkalorische Diäten angezeigt [KKP].
[starker Konsens]

Empfehlung 75:

Mit verzweigtkettigen Aminosäuren angereicherte Diäten sollten bei Patienten eingesetzt werden, bei denen es im Verlauf der enteralen Ernährung zu einer Enzephalopathie kommt.
[KKP; starker Konsens]

Empfehlung 76:

Bei der frühen enteralen Ernährung sollten, wie auch nach anderen viszeralchirurgischen Operationen, nasogastrale bzw. nasojejunale Sonden oder die Katheterjejunostomie angewendet werden.
[B (BM); starker Konsens]

Empfehlung 77:

Nach der akuten postoperativen Phase soll eine Energiezufuhr von 30 – 35 kcal · kg KG– 1 · d– 1 (126 – 147 kJ · kg KG– 1 · d– 1) und eine Eiweißzufuhr von 1,2 – 1,5 g · kg KG– 1 · d– 1 erfolgen.
[KKP; Konsens]

Empfehlung 78:

Um perioperative, insbesondere infektiöse, Komplikationen zu vermeiden, sollte bei transplantierten oder chirurgischen Patienten mit Leberzirrhose früh mit normaler Kost oder enteraler Ernährung begonnen werden.
[B (BM); starker Konsens]

Kommentar: Präoperative Patienten: Bei erwachsenen Patienten gelten dieselben Empfehlungen wie bei LC. Bei pädiatrischen Transplantationspatienten mit überwiegend cholestatischer Lebererkrankung wird ein stärkerer Anstieg der Körperzellmasse erreicht, wenn sie eine VKAS-angereicherte Diät erhalten [315] (Ib). In einer Pilotstudie schienen immunmodulierende Diäten, die mit n-3-Fettsäuren, Arginin und Nukleotiden angereichert waren, infektbedingte Komplikationen zu reduzieren [303] (IIa). In der darauffolgenden randomisierten kontrollierten Studie beobachteten die Autoren jedoch keinen Vorteil gegenüber Standard-OBD [310].

Postoperative Patienten: Nur wenige Studien untersuchen dieses Thema (vgl. [Tab. 6]). Hochmolekulare Diäten mit [316] (Ib) oder ohne Prä- und Probiotika [305] [306] (Ib) oder niedermolekulare Peptiddiäten, die per Katheterjejunostomie verabreicht wurden [317] (IIa), [318] (III), sind in der frühen EE nach Lebertransplantation Erwachsener eingesetzt worden. Bei transplantierten Patienten, denen frühzeitig – 12 Stunden nach der Operation – EE verabreicht wurde, kam es zu weniger viralen Infektionen und zu einer besseren Stickstoffretention [305] (Ib). Im Vergleich zur PE senkt die EE bei transplantierten Patienten sowohl die Komplikationshäufigkeit als auch die Kosten [306] (Ib).

Tab. 6

Studien zur postoperativen Ernährungstherapie bei Patienten nach Lebertransplantation.

Studie

Intervention

n

Interventionsgruppe

Kontrollgruppe

Ergebnisse

Wicks 1994 [306] (Ib)

EE mit NS

24

Standardnahrung

1,0 kcal · mL– 1,

Protein 42 g · L– 1

PE mit Standard-AS-Lösung, Glukose, IntralipidR

EE gut toleriert

Pescovitz 1995 [318] (III)

14-F Jejunostomie

108

semielementare Diät

keine Kontrollgruppe

sicherer und praktikabler Zugang

Hasse 1995 [305] (Ib)

EE mit NS

50

EE (Standardnahrung) plus orale Ernährung

22 464 kcal · 12 d– 1

927 g Protein · 12 d– 1

Elektrolytlösung i. v. plus orale Ernährung

15 474 kcal · 12 d– 1

637 g Protein · 12 d– 1

höhere Energie- und Eiweißzufuhr. Kumulative N-Bilanz d1–d4 besser. Weniger virale Infektionen

Mehta 1995 [317] (III)

EE mit14-F Jejunostomie

63

semielementare Diät

historische Kontrollen mit TPE

früherer Beginn der oralen Ernährung, Zufuhrziel früher erreicht, seltener postop. Ileus

Rayes 2002 [316] (Ib)

EE mit NS Einsatz von Prä- und Probiotika

95

Standardnahrung

1,0 kcal · mL– 1,

Protein 40 g · L– 1

plus lebende

L. plantarum 299 und Haferfasern

A. Standardnahrung

1,0 kcal · mL– 1,

Protein 40 g · L– 1

plus abgetötete

L. plantarum 299 und Haferfasern

B. Standardnahrung

1,0 kcal · mL– 1,

Protein 38 g · L– 1

plus selektive Darmdekontamination

weniger bakterielle Infektionen

d = Tag, EE = enterale Ernährung, L. = Lactobacillus, NS = nasale Sonde, PE = parenterale Ernährung, TPE = total parenterale Ernährung

Die Applikation der EE erfolgte über endoskopisch platzierte nasogastrale oder nasoduodenale Sonden [306] (Ib) oder über eine Katheterjejunostomie [309] (Ib), [317] (IIa), [318] (III), die im Zuge der Laparatomie angelegt wurde. Laut einer europäischen Umfrage [87] (IV) wurden EE und PE in 10/16 Zentren eingesetzt, während 3/16 angaben, nur die PE oder EE alleine anzuwenden.

7.4 Wie ist die parenterale Ernährung durchzuführen?

  • Welche i. v. Lösungen bzw. i. v. Mischungen? Spezielle Nährstoffe?

  • Welche Dosierung?

  • Welche Art der Verabreichung?



Lebertransplantation

Empfehlung 79:

Um die Dauer der mechanischen Beatmung und des Aufenthalts in der Intensivstation zu verkürzen, sollte eine parenterale Ernährung einer Nahrungskarenz vorgezogen werden, wenn eine orale oder enterale Ernährung unmöglich oder nicht durchführbar ist.
[B (BM); starker Konsens]
Die parenterale Ernährung sollte analog zu den Empfehlungen für andere Patienten mit viszeralchirurgischen Eingriffen durchgeführt werden.
[KKP; starker Konsens]


Andere viszeralchirurgische Eingriffe bei Leberzirrhose

Empfehlung 80:

Zur Senkung der Komplikationsraten sollte die parenterale Ernährung einer Nahrungskarenz vorgezogen werden, wenn eine orale oder enterale Ernährung unmöglich oder nicht durchführbar ist [B (BM); starker Konsens].
Die parenterale Ernährung sollte, wie unter 6.4 beschrieben, durchgeführt werden.
[KKP; starker Konsens]

Kommentar: Nach der Transplantation erwies sich eine postoperative PE der alleinigen Infusion von Flüssigkeit und Elektrolyten im Hinblick auf die Dauer der Beatmung und die Länge des Aufenthalts in der Intensivstation als überlegen [304] (Ib). Postoperativ kommt es zu einem wesentlichen Stickstoffverlust, und die Stickstoffbilanz der Patienten bleibt längerfristig negativ [303] (IIa), [79] [86] (IIb), was eine erhöhte Zufuhr von Eiweiß oder Aminosäuren erforderlich macht. Es wurde eine Eiweiß- bzw. Aminosäurenzufuhr von 1,0 – 1,5 g · kg KG– 1 · d– 1 beschrieben [304] (Ib), [97] (III). Die Ermittlung der postoperativen Harnstoffstickstoffausscheidung hat sich als hilfreich für die Bestimmung des individuellen Stickstoffbedarfs erwiesen. In der frühen postoperativen Phase kommt es oft zu einer Störung des Glukosestoffwechsels und damit verbundener Insulinresistenz. In dieser Situation sollte eine Hyperglykämie durch Reduzierung der Glukosezufuhr behandelt werden, da sich die Glukoseoxidation nicht durch eine Erhöhung der Insulingabe steigern lässt [319](IIb).

Nach nicht transplantationsbedingter Bauchoperation bei LC-Patienten wurde eine niedrigere Komplikationsrate beobachtet, wenn postoperativ statt einer alleinigen Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten eine PE verabreicht wurde [307] [308] (Ib). Bei LC-Patienten, die sich einer Leberteilresektion, Ösophagustranssektion oder Splenektomie unterziehen mussten oder die einen splenorenalen Shunt erhielten, war die HE-Rate nicht erhöht, wenn eine konventionelle Aminosäurenlösung (50 g · d– 1) statt einer VKAS-angereicherten Aminosäurenlösung (40 g · d– 1) für die postoperative PE verwendet wurde [308] (Ib). Darüber hinaus konnte kein Unterschied zwischen einer Standard- und einer VKAS-angereicherten Aminosäurenlösung nach Lebertransplantation beobachtet werden [304] (Ib). Tang u. Kollegen berichteten eine verbesserte Immunfunktion und eine erhaltene Integrität der Darmschleimhaut bei LC-Patienten, wenn der PE Glutamin und menschliches Wachstumshormon (hGH) zugesetzt wurde [320] (Ib).

Die bei LC-Patienten häufig vorbestehende chronische hyponatriämische Hyperhydratation sollte sorgfältig korrigiert werden, um einer zentralen pontinen Myelinolyse vorzubeugen [321] (IV). Die Magnesiumkonzentration muss überwacht werden, um eine Ciclosporin- oder Tacrolimus-induzierte Hypomagnesämie erkennen und behandeln zu können [322] (Ib). Eine postoperative Hypophosphatämie und ihre mögliche Assoziation mit der PE nach Hemihepatektomie am lebenden Spender wurde von einigen Studiengruppen berichtet [323] [324] (III), [325] (IV).

Tierexperimentelle Daten weisen darauf hin, dass die ausgewogene Versorgung eines hirntoten Leberspenders mit mäßigen Mengen an Kohlenhydraten, Fett (langkettigen Fettsäuren und möglicherweise Fischöl) und Aminosäuren mit einer verbesserten Funktion des Spenderorgans verbunden ist [326] (IV). Der Nutzen einer Konditionierung von Spender oder Organ, die beim Menschen eine ischämie-/reperfusionsbedingte Schädigung durch hohe Arginin- oder Glutamindosen reduzieren soll, ist noch nicht geklärt.


8 Ernährungsbedingter Leberschaden (NALI)

8.1 Leberschädigung bei Unterernährung

Konsensbasiertes Expertenstatement
  • Unterernährung beeinträchtigt ein großes Spektrum von Stoffwechselfunktionen der Leber und kann eine hochgradige Fettleber verursachen; die Auslösung einer chronischen Lebererkrankung ist jedoch nicht bekannt.
    [starker Konsens]

Kommentar: Schwerwiegende Mangelernährung kann bei Kindern eine Fettleber verursachen [327] (IIb), [328] [329] (III), die im Allgemeinen durch geeignete Ernährungstherapie vollständig reversibel ist [327] (IIb). Bei Kindern mit Kwashiorkor liegt anders als bei Kindern mit Marasmus offenbar eine Maladaption vor, die mit einem Effizienzverlust im Fettabbau und der Fettsäureoxidation einhergeht [330] [331] (IIa). Eine eingeschränkte Fettsäurefreisetzung aus der Leber konnte nicht beobachtet werden [332] (IIb). Mangelernährung beeinträchtigt spezifische Leberfunktionen wie den Phase-I-Fremdstoffmetabolismus [333] (IIa), [334] (IIb), die Eliminationskapazität für Galaktose [279] (III) oder die CRP-Spiegel bei Kindern mit Infektionen [335] [336] (IIa). In Ernährungsinterventionsstudien mit zirrhotischen Patienten kam es in den Behandlungsgruppen zu einer stärkeren oder schnelleren Besserung quantitativer Leberfunktionstests. Dies betraf die Antipyrin- [234](Ib), Aminopyrin- [337] (III) und ICG-Clearance [152] (Ib) sowie die Galaktose-Eliminationskapazität [151] [156] (Ib). Ob eine Fettleber aufgrund von Mangelernährung zu einer chronischen Lebererkrankung fortschreiten kann, ist nicht bekannt.


8.2 Leberschädigung bei Überernährung

Konsensbasiertes Expertenstatement
  • Eine Adipositas kann eine nicht alkoholische Fettleber (NAFL) verursachen oder zur nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH) führen, die ein Vorläuferkrankheitsbild der Leberzirrhose ist.
    [starker Konsens]

Kommentar: Die verfügbaren Daten werden in Abschnitt 4.2 diskutiert.


8.3 Leberschädigung bei parenteraler Ernährung (PNALD)

Konsensbasierte Expertenstatements
  • Bei Säuglingen und Kindern kann eine parenterale Ernährung zu cholestatischer Lebererkrankung führen.
    [starker Konsens]

  • Bei Erwachsenen ist es schwierig, in der Pathogenese der Leberschädigung bei parenteraler Ernährung zwischen der Rolle des zugrunde liegenden Befunds (ausgedehnte Dünndarmresektion, Sepsis) und der einer parenteralen Ernährung zu unterscheiden.
    [starker Konsens]

Kommentar: Zu einer cholestatischen Leberschädigung kommt es bei 50 % aller Patienten mit langfristiger heimparenteraler Ernährung [338] (IV). Bowyer u. Kollegen [339] (III) beschrieben eine Steatohepatitis bei 9 von 60 Patienten mit Langzeit-PE. Der Leberschaden persistierte im Median 15 Monate (8 – 95) und ging bei 3 Patienten in eine Zirrhose über. In ihrer wegweisenden Arbeit untersuchten Stanko u. Mitarb. Erwachsene, die ein Jahr parenteral ernährt worden waren [340] (III). Sie fanden normale Leberenzymwerte bei den Patienten ohne oder mit nur mäßigem Dünndarmverlust, während sich bei 4/6 Patienten mit massivem Dünndarmverlust innerhalb von 4 – 10 Monaten nach Einleitung der PE eine progrediente Cholestase und Steatohepatitis entwickelte. Ihre Beobachtung zeigte, dass es zur Leberschädigung nicht nur infolge der PE kommen kann – was als „parenteral nutrition associated liver disease“ (PNALD) bezeichnet wird – sondern auch durch intestinales Versagen – bezeichnet als „intestinal failure associated liver disease (IFALD)“. In der klinischen Praxis lässt sich eine eindeutige Unterscheidung zwischen IFALD und PNALD nur selten treffen.

Grau u. Kollegen analysierten den Zusammenhang zwischen Leberschädigung und PE bei 756 Intensivpatienten mit PE und/oder EE [341] (III). Sie wiesen ein charakteristisches Profil bei Patienten nach, die eine Leberschädigung entwickelten: Bei Aufnahme zeigten die Patienten einen höheren MODS-Score (multiples Organversagen), hatten eine Sepsis und erhielten eine TPE.

Zur IFALD/PNALD kommt es bei bis zu 60 % der Säuglinge und bis zu 85 % der Neugeborenen, die aufgrund von Dünndarmversagen eine Langzeit-TPE benötigen, während sie sich bei Erwachsenen mit ambulanter TPE seltener entwickelt (15 – 40 %) [342] (IV). Zu den morphologischen Läsionen gehören: Steatose, Cholestase, Cholelithiasis, Fibrose und seltener Zirrhose. Bei einer Minderheit der Patienten schreitet die IFALD/PNALD zu Pfortaderhochdruck und Leberversagen fort; dies wird bei Säuglingen und Neugeborenen häufiger beobachtet als bei Erwachsenen. Die progrediente IFALD/PNALD ist eine anerkannte Indikation für eine zeitgerechte lebenserhaltende Dünndarmtransplantation [343] (III).

Bei Erwachsenen korreliert eine IFALD/PNALD positiv mit weiblichem Geschlecht, Alter, Dauer einer PE, Gesamtkalorienaufnahme und einer Überversorgung mit Fett oder Glukose [344] (III), [342] (III). Es wird eine multifaktorielle Pathogenese der IFALD/PNALD vermutet mit folgenden möglichen Komponenten: Störung des enterohepatischen Gallensäurenkreislaufs, systemische Infektion, bakterielle Superinfektion, fehlende enterale Nährstoffe und die Zusammensetzung der PE [342] (IV). Sowohl der Mangel als auch das Überangebot an bestimmten Komponenten der PE werden als Ursache einer PNALD diskutiert. Die Fettsäuren-Zusammensetzung von Lipidemulsionen [338] (IV) sowie ein Cholinmangel [345] (Ib) und Mangantoxizität [342] (IV) sind mit der Entstehung einer hepatischen Steatose und einer Cholestase bei Erwachsenen und Kindern in Verbindung gebracht worden.

Mehrere Berichte gehen davon aus, dass bei Säuglingen und Neugeborenen eine Reduktion der infundierten Lipide [346] (IIb), [347] (IV), die zyklische Gabe der PE [348] (IIa) oder die Verabreichung von mit Fischöl angereicherten Lipidemulsionen von Vorteil sein könnten [349] [350] (IIa), [351] (IIb), [352] (IV). Bei Erwachsenen lässt die Datenlage weniger Rückschlüsse zu [353] [354] (Ib), [355] (IIb), sodass keine eindeutigen Empfehlungen ausgesprochen werden können [356] (III), [357] (IV).

Abkürzungen

ALF: akutes Leberversagen
ASH: alkoholische Steatohepatitis
BCM: Körperzellmasse
BM: biomedizinischer Endpunkt
EE: enterale Ernährung
HE: hepatische Enzephalopathie
KKP: klinischer Konsenspunkt
LC: Leberzirrhose
LCT: langkettige Triglyzeride
na: nicht anwendbar
NAFLD: nicht alkoholische Fettlebererkrankung
NALI: ernährungsbedingte Leberschädigung
NASH: nicht alkoholische Steatohepatitis
ONS: orale Nahrungssupplementation
OBD: orale bilanzierte Diäten
PE: parenterale Ernährung
PEG: perkutane endoskopische Gastrostomie
PC: patientenzentriertes Outcome
REE: Ruheenergieverbrauch
TPE: totale parenterale Ernährung
VKAS: verzweigtkettige Aminosäuren

Evidenztabelle 1

Studien zur enteralen Ernährung von Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis.

Referenz

Evidenzgrad

Studientyp

Intervention

Ort

Teilnehmer

Ergebnisse

Bemerkung

Art

Dauer

n

Alter [Jahre]

Charakteristika

Calvey et al. 1984 [168]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG1: Krankenhauskost plus EE als Supplementmix (KH-Supplement + AS-Supplement + VKAS-Supplement über Viomedex®-Sonde)
IG2: Krankenhauskost plus EE als Supplementmix über East Grinstead®-Sonde

KG: Krankenhauskost plus ONS (Supplementmix als Trinknahrung)

4,5 – 6 d

Klinik

47

keine Angabe

akute Alkoholhepatitis

NS niedrigere Versagerrate bzgl. Erreichen des Zufuhrziels (28 vs. 41 %);

Viomedex®-Sonde länger in situ;

kein Unterschied in N-Bilanz, HE, Erbrechen oder Diarrhö zwischen ONS und EE

39 der 47 Patienten nahmen auch an Studie [147] teil;

Supplementmix enthielt 2000 kcal/d und 65 g Protein/d

Mendenhall et al. 1985 [169]

IIa

kontrolliert, nicht randomisiert

IG: kalorien-, proteinreiche Trinkdiät mit VKAS (98,3 g [MW] Protein/d);
KG: ca. 2500 kcal/d

30 d

Klinik

57 (IG 23,

KG 34)

KG 49,3 (MW), IG 44,7 (MW)

Alkoholhepatitis und PEM,

HE bei 72 %

leberbedingte Mortalität ohne Unterschied: IG 16,7 % vs. KG 20,6 %;

IG: Ernährungsstatus in 6/9 Parametern ↑: Albumin, Transferrin, retinolbindendes Protein, totale Lymphoytenzahl, Hauttest, Kreatinin-Index vs. KG in 2/9 Parametern: Albumin, totale Lymphozytenzahl;

KG: Ernährungsstatus nur in 2/9 Parametern ↑

Parameter: Albumin, Transferrin, retinolbindendes Protein, totale Lymphozytenanzahl, Hauttest, Hautfaltendicke, MMC, Kreatinin-Index

Bunout et al. 1989 [148]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: OBD auf Kaseinbasis zusätzlich zu oraler Ernährung (2707 kcal/d, 80 g Protein/d);

KG: orale Ernährung (1813 kcal/d, 47 g Protein/d)

28 d

Klinik

36 (IG17,

KG 19)

keine Angabe

Alkoholhepatitis

Mortalität: IG 2 Patienten vs. KG 5 Patienten, HE =, Leberversagen =, Ernährungsstatus =

Mendenhall et al. 1993 [93]

Ib

kontrolliert, randomisiert

IG d1–d30: ONS (kalorien-, VKAS-reich, 1600 kcal/d, 60 g Protein/d),

Oxandrolon 80 mg/d,

+ orale Ernährung;

IG d31–d90: ONS (kalorien-, VKAS-reich, 1200 kcal/d, 45 g Protein/d), Oxandrolon 40 mg,

+ orale Ernährung;

KG d1–d30: ONS (kalorienarm, 264 kcal/d,7 Protein/d), Placebo;

+ orale Ernährung

KG d31–d90: ONS (kalorienarm, 198 kcal/d, 5 g Protein/d), Placebo,

+ orale Ernährung

Tag 1 – 30: A

Tag 31 – 90: B

Klinik (d1–d30) und ambulant (d31–d90)

273 (IG 137, KG 136)

51 (MW)

männlich, Alkoholhepatitis und PEM

6-Monats-Sterblichkeit ↓: IG 9,4 % vs. KG 20,9 %;

bei moderater Mangelernährung und adäquater Kalorienzufuhr: Sterblichkeit ↓ IG 4 % vs. KG 28 % unter Oxandrolon;

bei schwerer Mangelernährung: Sterblichkeit ↓ 19 % bei adäquater gegenüber 55 % unzureichender Nahrungszufuhr und kein Effekt von Oxandrolon;

bei unzureichender Nahrungszufuhr: Oxandrolon ohne Effekt auf Sterblichkeit: IG 30 % vs. KG 33 %

gemeinsame Auswertung von 2 VA-Studien CS 119 und CS 275

Mendenhall et al. 1995 [94]

Ib

kontrolliert, randomisiert

vgl. Mendenhall 1993

3 Monate

Klinik

271

51 (MW)

männlich, Alkoholhepatitis und PEM

unter Ernährungstherapie sind Verbesserungen von Kreatinin-Größen-Index, Handkraft und absoluter Lymphozytenzahl beste Prädiktoren für Überleben. Verschlechterung der Ernährungsparameter ist ein signifikanter Risikofaktor bzgl. Überleben und kann durch Ernährungstherapie überwunden werden

weitere Auswertung der VA-Studie CS 275

Cabré et al. 2000 [149]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: enterale Sondennahrung (2000 kcal/d,

50 g Protein/d,

22 g VKAS/d),

keine orale Ernährung

KG: 40 mg Prednisolon,

plus orale natriumarme Ernährung (2000 kcal/d; 1 g Protein/kg/d)

1 Jahr, Intervention für 28 d

Klinik

71 (IG 35,

KG 36)

47,7 (MW)

Alkoholhepatitis, in 80 % mit Leberzirrhose

1-Jahres-Sterblichkeit =, Sterblichkeit in IG früher als KG: 7 d (MW) vs. KG nach 23 d (MW), Sterblichkeit in Follow-up ↓: IG 2/24 vs. KG 10/27, Todesursache in KG: Infektion in 9/10

Alvarez, 2004 [167]

IIb

Pilotstudie, Beobachtungsstudie

Kombination von Prednisolon 40 g/d und EE (2000 kcal/d

50 g Protein/d, 22 g VKAS/d) ohne orale Ernährung;

Prednisolon Dosisreduktion, wenn Bilirubin und Prothrombinzeit auf 50 % des Ausgangswerts

12 Monate

Klinik

13

46,5 (MW)

Alkoholhepatitis

Kombination von enteraler Ernährung und Prednisolon gut toleriert. Prednisolondosis konnte ab Tag 16 reduziert werden;

keine durch Infektionen verursachten Todesfälle

↓ = signifikante Abnahme, ↑ = signifikante Zunahme, = = gleichbleibend, AS = Aminosäuren, VKAS = verzweigtkettige Aminosäuren, d = Tage, HE = hepatische Enzephalopathie, IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe, MMC = Oberarmmuskelumfang, MW = Mittelwert, NS = nasale Sonde, ONS = orale Nahrungssupplementierung, PEM = Protein-Energie-Mangelernährung

Evidenzabelle 2

Studien zur parenteralen Ernährung von Patienten mit alkoholischer Steatohepatitis.

Referenz

Evidenzgrad

Studientyp

Intervention

Ort

Teilnehmer

Ergebnisse

Bemerkung

Art

Dauer

n

Alter [Jahre]

Charakteristika

Nasrallah et al. 1980 [153]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: 75 – 85 g AS/d i. v.

28 d

Klinik

35 (KG 18, IG 17)

KG 46,8 (MW), IG 45,7 (MW)

Alkoholhepatitis

IG: Verzehr 1500 kcal/d, Protein 50 g/d

KG: Verzehr 1400 kcal/d, Protein 47 g/d

Sterblichkeit ↓: IG 0/17 vs. KG 4/18, Bilirubin ↓: IG von 9,1 ± 2,0 mg/dL auf 2,9 ± 0,4 mg/dL vs. KG von 9,0 ± 2,9 mg/dL auf 8,6 ± 2,8 mg/dL, Albumin ↑: IG von 2,8 ± 0,1 g/dL auf 3,3 ± 0,2 g/dL vs. KG von 2,7 ± 0,2 g/dL auf 2,8 ± 0,2 g/dL, HE =

allen Patienten wurde eine Krankenhauskost mit 3000 kcal/d und 100 g Protein/d angeboten. Der Verzehr lag in IG und KG bei jeweils ca. 50 %

Calvey et al. 1985 [147]

Ib

randomisiert, kontrolliert

Intervention primär als Flüssignahrung, bei Intoleranz als PE

IG1: 2000 mL/d Flüssignahrung (2000 kcal,

10 g N = 65 g Protein)

+ orale Ernährung wie KG

IG2: 2000 mL/d Flüssignahrung (2000 kcal, 10 g N = 45 g Protein + 20 g VKAS)

+ orale Ernährung wie KG;

KG: orale Ernährung: 1800 – 2400 kcal/d, 70 – 100 g Protein/d

3 Wochen

Klinik

64 (IG1 21, IG2 21, KG 22)

49 (MW)

akute Alkoholhepatitis

kein Patient tolerierte durchgehend vollständige orale Ernährung plus Flüssignahrung;

positive N-Bilanz: 66 % in IGs vs. 53 % in KG;

Versorgung mit ≥ 10 g N/d ist assoziiert mit positiver N-Bilanz: IG1 + 0,4 g/d, IG2 + 2,3 g/d, KG + 0,3 g/d. Sterblichkeit =: IG1 43 %, IG2 33 %, KG 32 %. HE =: IG1 53 %, IG2 48 %, KG 41 %, Prothrombinzeit =

IG1: 7/21 zumindest zeitweise PE, 17/21 zumindest zeitweise EE über NS.

IG2: 8/21 zumindest zeitweise PE, 9/21 zumindest zeitweise EE über NS

in IG1 und IG2 Flüssignahrung primär als Trinknahrung angeboten, bei Intoleranz über NS verabreicht und bei Varizenblutung, wiederholtem Erbrechen, Ileus oder gestörtem Schluckreflex als PE in entsprechender Zusammensetzung appliziert

Diehl et al. 1985 [170]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: PE 2000 mL/d (130 g Glukose = 520 kcal, 51,6 g AS)

+ orale Ernährung;
KG: PE 2000 mL/d (130 g Glukose = 520 kcal)

+ orale Ernährung

30 d

Klinik

15 (IG 5, KG 10)

45 (MW)

Alkoholhepatitis

N-Bilanz: IG von 4,5 ± 2,8 auf 10,5 ± 2,7 g/d vs. KG von 4,1 ± 2,1 auf 7,2 ± 2,0 g/d, Kreatinin-Größen-Index =, MAMA =, MAFA =, retinolbindendes Protein =, Präalbumin =, Pyridoxal-5-Phosphat =

Naveau et al. 1986 [157]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: PE 40 kcal/kg/d (50 % Glukose, 50 % Fett, 200 mg N/kg/d) über ZVK zusätzlich zu oraler Ernährung (40 kcal/kg/d)

KG: orale Ernährung (40 kcal/kg/d)

28 d

Klinik

40 (IG 20, KG 20)

53 (MW)

alkoholische Zirrhose, Bilirubin ≥ 5 mg/dL, vor Aufnahme: 161 ± 84 g Alkohol/d (MW)

Verzehr über orale Ernährung:

IG 1110 kcal/d, 40 g Protein/d

KG: 2124 kcal/d, 67 g Protein/d; Bilirubin d28: IG 2,5 ± 1,4 mg/dL vs. KG 4,1 ± 2,2 mg/dL (p < 0,02),

Albumin d28: IG 2,4 ± 0,4 g/dL vs. KG 3,4 ± 0,6 g/dL (p = 0,005)

IG d28: Anthropometrie, Präalbumin, Transferrin, retinolbindendes Protein besser (ns)
Häufigkeit von HE oder Sepsis =

Achord et al. 1987 [151]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: PE (860 kcal als Glukose und 42,5 g AS in 2000 mL/d) zusätzlich zu oraler Ernährung (2674 kcal/d, 100 g Protein/d)

KG: orale Ernährung (2674 kcal/d, 100 g Protein/d)

14 d

Klinik

28 (IG 14, KG 14)

IG 45,9 ± 10,8; KG 51 ± 9,5

Alkoholmissbrauch > 5 Jahre, > 80 g Alkohol/d; Zirrhose: IG 54 %, KG 64 %

Histologie: alkoholisches Hyalin ↓: IG 1/6 Patienten vs. KG 5/6 Patienten; Galaktoseausscheidung ↑ in IG, Albumin in IG↑, Bilirubin ↓ in IG und KG

Simon et al. 1988 [154]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: PE 2000 mL/d (850 kcal (47 % Glukose, 53 % Fett) 70 g AS zusätzlich zu oraler Ernährung (2400 kcal/d, 100 g Protein/d plus 1 Dose OBD);
KG: orale Ernährung (2400 kcal/d, 100 g Protein/d plus 1 Dose OBD)

28 d

Klinik

34 (KG 18, IG 16)

KG 41 (MW), IG 42 (MW)

Alkoholhepatitis (12 moderat, 22 schwer)

moderate ASH: kein Behandlungseffekt
schwere ASH:
Serumbilirubin ↓: IG von 16,1 ± 3,9 auf 5,9 ± 1,5 mg/dL vs. KG von 15,1 ± 2,3 auf 12 ± 3,1 mg/dL, Transferrin ↑: IG von 124 ± 33 auf 205 ± 36 mg/dL vs. KG von 112 ± 9 auf 124 ± 17 mg/dL

schwere ASH: Albumin < 2,9 g/dL und Serumbilirubin > 5 mg/dL oder HE oder Verlängerung der Prothrombinzeit um 5 s im Vergleich zu Kontrollen

Bonkovsky et al. 1991 [155] [156]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG1: Oxandrolon 4-mal 20 mg p. o., Standardtherapie
IG2: PE 2000 mL/d (100 g Glukose, 70 g AS), Standardtherapie;
IG3: Oxandrolon

4-mal 20 mg p. o. und PE 2000 mL/d (100 g Glukose, 70 g AS), Standardtherapie;
KG: Standardtherapie: Abstinenz, orale Ernährung (30 kcal/kg/d, 1 g Protein/kg/d)

21 d

Klinik

39 (KG 12, IG1 8, IG2 9, IG3 10)

42±1

Alkoholaufnahme: ≥ 1 Jahr, ≥ 5 d/Woche, ≥ 100 g/d; AST < 500 IU/L; AST/ALT > 1,5; Serumalbumin ≤ 3,0 g/dL, Bilirubin > 5 mg/dL

Serumalbumin, Transferrin und Prothrombinzeit in allen Gruppen ↑, aber ohne signifikante Unterschiede: Child Pugh-Score: IG1 + 44 %, IG2 + 38 %, IG3 + 60 %, KG + 25 %; Lebervolumen ↓ in IG2 am stärksten; Galaktoseausscheidung ↑ nur in IG2; Antipyrinausscheidung ↑ in IG1

Mezey et al. 1991 [152]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: PE 2000 mL/d (130 g Glukose, 51,6 g AS) zusätzlich zu oraler Ernährung;
KG: 2000 mL/d (130 g Dextrose) i. v. + orale Ernährung

30 d

Klinik

54 (KG 26, IG 28)

KG 43,7 (MW), IG 42,4 (MW)

schwere Alkoholhepatitis

2-Jahres-Mortalität =

Aufnahme:

Energie: IG 2089 kcal/d, KG 1955 kcal/d; AS ↑: IG 111,4 g/d vs. KG 54,8 g/d;

Stickstoffbilanz ↑ in IG;

Transferrin ↑: IG von 141,8 ± 11,8 auf 207,3 ± 15,2 mg/dL vs. KG von 129,4 ± 9,5 auf 165,1 ± 14,3 mg/dL, Bilirubin ↓: IG von 16,6 ± 2,1 auf 5,1 ± 0,9 mg/dL vs. KG von 15,7 ± 1,4 auf 9,7 ± 1,5 mg/dL, Prothrombinzeit ↓: IG von 16,6 ± 0,46 auf 15,2 ± 0,35 s vs. KG von 17,0 ± 0,38 auf 16,4 ± 0,70 s, Prokollagen-III-Peptid ↓: IG 73,3 ± 18,9 auf 44,0 ± 4,2 ng/ml vs. KG 67,6 ± 5,5 auf 53,4 ± 4,4 ng/ml, Diskriminanzfunktion ↓: IG 93,0 ± 2,6 auf 75,2 ± 2,0 vs. KG 93,9 ± 2,2 auf 85,0 ± 4,2

orale Ernährung eiweißreduziert bei Patienten mit HE (IG 21 %, KG 15 %). Tagesverzehr vor Studie IG: 119 g Kohlenhydrate, 45 g Fett, 49 g Protein; KG: 116 g Kohlenhydrate, 46 g Fett, 40 g Protein

↓ = signifikante Abnahme, ↑ = signifikante Zunahme, = = gleichbleibend, AS = Aminosäuren, ASH = alkoholische Steatohepatitis, AST = Aspartat-Aminotransferase, ALT = Alanin-Aminotransferase, d = Tag, EE = enterale Ernährung, HE = hepatische Enzephalopathie, IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe, kg = Körpergewicht, i. v. = intravenös, MAFA = mittige Armmuskelmasse, MAMA = mittige Armfettmasse, MW = Mittelwert, ns = nicht signifikant, N = Stickstoff, NS = nasale Sonde, OBD = orale bilanzierte Diät, PE = parenterale Ernährung, VKAS = verzweigtkettige Aminosäuren

Evidenztabelle 3

Studien zur oralen Nahrungssupplementation bei Patienten mit Leberzirrhose.

Referenz

Evidenzgrad

Studientyp

Intervention

Ort

Teilnehmer

Ergebnisse

Bemerkung

Art

Dauer

n

Alter [Jahre]

Charakteristika

Bunout et al. 1989 [148]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: OBD auf Kaseinbasis zusätzlich zu oraler Ernährung (2707 kcal/d, 80 g Protein/d);

KG: orale Ernährung (1813 kcal/d, 47 g Protein/d)

28 d

Klinik

36 (IG 17,

KG 19)

keine Angabe

Alkoholhepatitis

Mortalität ↓: IG 2 Patienten vs. KG 5 Patienten; HE =, Leberversagen = , Ernährungsstatus =

Hirsch et al. 1993 [162]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: OBD auf Kaseinbasis (1000 kcal/d, 34 g Protein/d);
KG: Placebo

1 Jahr

ambulant

51 (IG 26, KG 25)

KG 46,0 ± 8,01, IG 49,9 ± 8,68

alkoholische Lebererkrankung

tatsächlicher Verzehr: IG 2469 ± 532 kcal/d vs. KG 1580 ± 520 kcal/d, Mortalität (ns): IG 3 Patienten vs. KG 6 Patienten;

Krankenhausaufnahmen ↓: IG 23 vs. KG 35, schwere Infektionen ↓: IG 2 vs. KG 9, Bilirubin ↓ in IG und KG: IG – 1,1 mg/dL vs. KG – 2,3 mg/dL, MAC ↑ in IG und KG: IG + 3,2 cm vs. KG + 2,5 cm, Albumin ↑ in IG und KG: IG + 0,7 g/dL vs. KG + 0,7 g/dL, Handmuskelkraft ↑ in IG und KG: IG + 6,3 kg vs. KG + 7,7 kg

Bories et al. 1994 [247]

III

Beobachtungsstudie

orale Ernährung 38 – 42 kcal/kg/d,

1,3 – 1,5 g Protein/kg/d

30 d

Klinik

30

keine Angabe

alkoholische Leberzirrhose, unterernährt

Energiezufuhr ↑: von 160 kJ/kg/d auf 174 kJ/kg/d, Proteinzufuhr ↑: von 79,9 g/d auf 88,9 g/d;

MAMC ↑: von 211 mm auf 218 mm, Fettmasse ↑: von 16,8 % auf 18,8 %,

CHI ↑: von 61,1 auf 68,8 %, Bilirubin↓: von 44 µmol/L auf 36 µmol/L, Prothrombinzeit ↑: von 46 auf 49 %, Albumin ↑: Patienten mit Aszites von 25,2 g/L auf 26,9 g/L, Patienten ohne Aszites von 27,6 g/L auf 29,2 g/L

Campillo et al. 1997 [260]

III

Vergleichsstudie

Unterteilung in Gruppe A, B und C nach Child-Score; normale Krankenhauskost: 30 – 35 kcal/kg/d

30 d

Klinik

55

keine Angabe

Alkoholhepatitis, alkoholische Leberzirrhose

Fettmasse ↑: A + 2,1 %, B + 2,2 %, C + 1,2 %, MAMC =, CHI =

LeCornu et al. 2000 [237]

Ib

prospektiv, kontrolliert, randomisiert

IG: OBD 500 mL/d (750 kcal/d, 20 g Protein/d, 33,5 g Fett/d)zusätzlich zu oraler Ernährung

KG: orale Ernährung und Ernährungsberatung

77 d ONS

Klinik

82 (IG 42, KG 40)

52 (MW)

MAMC < 25. Perzentile

Verzehr IG: 2419 kcal/d, 79,8 g Protein/d aus OBD plus orale Kost, KG: 2234 kcal/d, 86,5 g Protein/d allein aus oraler Ernährung,

MAMC ↑ in IG und KG, Handmuskelkraft ↑ in IG und KG, Mortalität =

Verzehr bei Randomisierung IG: 1840 kcal/d, KG 2473 kcal/d bei jeweils 5 Stichproben;

mehr Tote in Kontrollgruppe, jedoch kein Zusammenhang mit Intervention

Manguso et al. 2005 [238]

Ib

prospektive kontrollierte randomisierte Cross-over-Studie

Gruppe 1: 3-monatige kontrollierte orale Ernährung, anschließend 3-monatige unkontrollierte Ernährung;

Gruppe 2: 3-monatige unkontrollierte Ernährung, anschließend 3-monatige kontrollierte Ernährung

6 Monate

ambulant

90

60 (MW)

Leberzirrhose

kontrollierte Ernährung:
MAMC ↑: kontrolliert 26,1 cm vs. unkontrolliert 25,0 cm, Albumin ↑: kontrolliert 3,9 g/dL vs. unkontrolliert 3,2 g/dL, CHI ↑: kontrolliert 121,6 vs. unkontrolliert 94, TSFT =

Norman et al. 2008 [113]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: OBD + Ernährungsberatung;

KG: Ernährungsberatung

3 Monate

ambulant

80 (IG 38, KG 42)

keine Angabe

101 mangelernährte Patienten mit gutartigen gastroenterologischen Erkrankungen, davon 27 mit Leberzirrhose

Aufnahme: IG 42,5 kcal/kg/d, 1,9 g Protein/kg/d, KG 26,1 kcal/kg/d, 1,1 g Protein/kg/d, Körpergewicht in beiden Gruppen↑: IG + 3,1 ± 6,1 kg vs. KG + 2,2 ± 5,8 kg, Handmuskelkraft ↑: IG + 5,4 ± 6,9 kg vs. KG + 1,0 ± 4,5 kg, Peak Flow ↑: IG + 57,6 ± 105,7 L/min vs. KG + 15,07 ± 2,4 L/min, Wiederaufnahmen ↓: IG 10 vs. KG 20

Plank et al. 2008 [158]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: OBD nachts (21:00 – 7:00 h);
KG: OBD tagsüber (9:00 – 19:00 h)

12 Monate

Klinik

103

51

Leberzirrhose

Gesamtkörperprotein ↑: IG + 0,53 kg vs. KG + 0,20 kg in 12 Monaten, Proteinverzehr ↑ in beiden Gruppen: IG 16,3 ± 2,9 g/d vs. KG 15,6 ± 3,1 g/d

OBD: 710 kcal, 15 % Protein, 53 % KH, 32 % Fett

↓ = signifikante Abnahme, ↑ = signifikante Zunahme, = = gleichbleibend, CHI = Kreatinin-Größen-Index, d = Tag, HE = hepatische Enzephalopathie, IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe, KH = Kohlenhydrate, MAC = mittiger Armumfang, MAMC = mittiger Armmuskelumfang, MW = Mittelwert, ns = nicht signifikant, OBD = orale bilanzierte Diät, TSFT = Trizeps-Hautfalten-Dicke

Evidenzabelle 4

Studien zur VKAS-angereicherten oralen Ernährung bei Patienten mit Leberzirrhose.

Referenz

Evidenzgrad

Studientyp

Intervention

Ort

Teilnehmer

Ergebnisse

Bemerkung

Art

Dauer

n

Alter [Jahre]

Charakteristika

Horst, 1984 [269]

Ib

randomisiert, kontrolliert, multizentrisch

IG: VKAS-angereicherte Elementardiät zusätzlich zu eiweißreduzierter (20 g/d) Diät;
KG: eiweißreduzierte (20 g/d) Diät mit wöchentlicher Steigerung um 20 g/d bis auf 80 g/d

4 Wochen

Klinik

37 (IG 17, KG 20)

60 (30 – 76)

hochselektierte Subgruppe: Zirrhose mit Proteinintoleranz

Stickstoffbilanz =, Enzephalopathie ≥ II°: IG 1/17 vs. KG 7/20, mentaler Status↑, Asterixis ↓, PSE-Index ↓

In beiden Gruppen isokalorische und isonitrogene Ernährung mit Steigerung der Eiweiß- bzw. AS-Zufuhr von 20 g/d in Woche 1 um je 20 g/d wöchentlich auf 80 g/d in Woche 4

Yoshida et al. 1989 [254]

III

Beobachtungsstudie

Studie 2

IG: VKAS 16 g/d orales Supplement zusätzlich zu oraler Ernährung (80 g Protein/d);

KG: orale Ernährung (80 g Protein/d)

≥ 6 M, Median 27 M

Spannweite 7 – 62 M

ambulant

40 Studie 2: IG 20; KG 20

Studie 2: 57,8

Leberzirrhose

VKAS ↑, Molverhältnis VKAS/AAS ↑, Serumalbumin ↑, IG höhere Überlebensrate im Zeitraum 2 – 4 Jahre

104 Patienten wurden nach dem Molverhältnis VKAS/AAS in drei Gruppen klassifiziert und hinsichtlich Überleben analysiert (Studie 1) In Studie 2 (IG: 20 Patienten aus Gruppe 3 der Studie 1, KG 20 „matched Patients“ aus Gruppen 1oder 2) wurde der Effekt des VKAS Supplements analysiert

Cabré et al. 1990 [235]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: enterale Sondennahrung (2115 kcal/d, 71 g Protein/d mit VKAS angereichert, 38 g Fett, 367 g Maltodextrin);
KG: natriumarme orale Ernährung (2200 kcal/d, 70 – 80 g Protein/d bzw. 40 g Protein/d bei HE)

IG 23,3 ± 3,0 d, KG 25,3 ± 3,2 d

Klinik

35

51 ± 2

Leberzirrhose, Mangelernährung

Sterblichkeit ↓: IG 12 % vs. KG 47 %, Albumin ↑: IG 29,4 ± 1,3 g/L vs. KG 25,9 ± 1,5 g/L; Child-Score ↓: IG 10,3 ± 0,7 Punkte vs. KG 11,0 ± 0,5 Punkte

Verzehr in KG nur 1320 ± 75 kcal/d

Marchesini et al. 1990 [252]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: 0,24 g/kg/d VKAS-Pulver oral zusätzlich zu oraler Ernährung;
KG: Kaseinpulver oral (isonitrogen zu VKAS) zusätzlich zu oraler Ernährung

3 Monate

ambulant

64 (IG 30, KG 34)

60 (MW)

chronische HE: pathologische Befunde in ≥ 3 Variablen des PSE-Index

PSE-Index ↓: IG – 19 % vs. KG – 1 %, Verbesserung der HE signifikant öfter in IG (80 %) vs. KG (35 %), vollständige Rückbildung der HE signifikant öfter in IG (16/30) vs. KG (9/34)

Stickstoffbilanz↑: IG + 2,64 g vs. KG + 1,42 g, Albumin =, Bilirubin ↓: IG – 0,6 mg/dL vs. KG + 0,2 mg/dL

Plauth et al. 1993 [256]

Ib

randomisierte kontrollierte doppelblinde Cross-over-Studie

IG: 0,25 mg/kg/d VKAS Kautabletten zusätzlich zu oraler Ernährung;
KG: Placebo zusätzlich zu oraler Ernährung

je 8 W VKAS und 8 W Placebo

ambulant

17

49 ± 14

Zirrhose, latente Enzephalopathie, eingeschränkte Fahrtauglichkeit (4 Punkte median)

VKAS verbessert latente HE gemessen an Fahrtauglichkeit (IG: 2 bzw. 3 Punkte median, KG: 4 Punkte median)

Fahrtauglichkeit mit 5-Punkte-Skala bewertet:
1 fahrtauglich, 2 grenzwertig, 3 nicht fahrtauglich mit schwachen Einschränkungen, 4 nicht fahrtauglich mit starken Einschränkungen, 5 nicht fahrtauglich

Marchesini et al. 2003 [252]

Ib

randomisierte kontrollierte doppelblinde multizentrische Studie

IG: 14,4 g/d VKAS zusätzlich zu oraler Ernährung;
KG1: 6,3 g/d Laktalbumin zusätzlich zu oraler Ernährung;
KG2: 7,2 g/d Maltodextrin zusätzlich zu oraler Ernährung

12 Monate

ambulant

174 (IG 59, KG1 56, KG2 59)

IG: 59 ± 1, KG1: 60 ± 1, KG2: 59 ± 1

fortgeschrittene Zirrhose, Child-Pugh-Score ≥ 7 Punkte

primärer Endpunkt Auftreten definierter Ereignisse: ↓ in IG vs. KG1, ns IG vs. KG2,

sekundäre Endpunkte Rehospitalisierungsrate ↓: IG + 0,6 ± 0,2 vs. KG1 + 2,1 ± 0,5 und KG2 + 1,9 ± 0,4, Child-Pugh-Score ↓: IG, Bilirubin ↓: IG, Albumin =, Anorexie und gesundheitsbezogene Lebensqualität ↑: IG

orale Ernährung: 30 kcal/kg/d, 0,8 g Protein/kg/d

Lebensqualität gemessen mit SF36

42/59 (IG) 34/56 (KG1) 39/59 (KG) erreichten M12

Muto et al. 2005 [253]

Ib

randomisierte kontrollierte multizentrische Studie

IG: 12 g/d VKAS zusätzlich zu oraler Ernährung ( 25 – 35 kcal/kg/d,

1,0 – 1,4 g Protein/kg/d);

KG: orale Ernährung (25 – 35 kcal/kg/d, 1,0 – 1,4 g Protein/kg/d)

24 M

ambulant

625 (IG 314, KG 311)

IG 62 ± 8, KG 61 ± 9

dekompensierte Leberzirrhose, Albumin ≤ 3,5 g/dL und ≥ 2,5 g/dL, Aszites, periphere Ödeme oder HE

primärer Endpunkt (Kombination von Tod aus jeder Ursache, Auftreten eines HCC, Ösophagusvarizenblutung, Fortschreiten der Leberinsuffizienz) ↓: hazard ratio 0,67 (0,49 – 0,93),

sekundäre Endpunkte: Albumin ↑ in IG vs. KG, Lebensqualität ↑ in IG vs. KG

Lebensqualität gemessen mit SF36

99/314 erreichten M 24 Therapieadhärenz hoch (≥ 85 % Einnahmerate)

Les et al. 2011 [257]

Ib

randomisierte kontrollierte doppelblinde multizentrische Studie

IG: 60 g/d VKAS zusätzlich zu oraler Ernährung; KG: 60 g/d Maltodextrin zusätzlich zu oraler Ernährung

56 W

ambulant

116

IG 64,1± 10,4; KG 62,5 ± 10,4

Zirrhose, vorangegangene HE-Episode

Wahrscheinlichkeit HE-frei zu bleiben (ns): IG 47 % vs. KG 34 %, neuropsychologische Tests:

Zahlensymboltest ↑: IG von 27,9 ± 12,3 auf 30,5 ± 12,3 Punkte vs. KG von 25,9 ± 11,5 auf 28,1 ± 13,6 Punkte, Liniennachfahren ↑: IG von 36,6 ± 8,2 auf 39,1 ± 8,9 Punkte vs. KG von 36,5 ± 8,7 auf 37,3 ± 9,4 Punkte; MAMC ↑, Child-Pugh-Score = , Krankenhausaufnahme = , Krankenhausverweildauer =

orale Ernährung: 35 kcal/kg/d, 0,7 g Protein/kg/d

nur 37 % (IG) und 46 % (KG) erreichten W 56

↓ = signifikante Abnahme, ↑ = signifikante Zunahme, = = gleichbleibend, AAS = aromatische Aminosäuren, VKAS = verzweigtkettige Aminosäuren, d = Tag, EE = enterale Ernährung, HCC = hepatozelluläres Karzinom, HE = hepatische Enzephalopathie, IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe, i. v. = intravenös, M = Monate, MW = Mittelwert, ns = nicht signifikant, PSE-Index = Index der portal-systemischen Enzephalopathie, W = Woche

Evidenztabelle 5

Studien zur Sondenernährung bei Patienten mit Leberzirrhose.

Referenz

Evidenzgrad

Studientyp

Intervention

Ort

Teilnehmer

Ergebnisse

Bemerkung

Art

Dauer

n

Alter [Jahre]

Charakteristika

Smith et al. 1982 [261]

III

Vergleichsstudie

A (Patienten ohne HE-Anamnese):

Na-arme (1 g Na/2000 kcal), hochkalorische (2 kcal/mL) modulare Diät (Proteinzufuhr gesteigert auf 76 – 123 g/d);
B (Patienten mit HE in Anamnese): Na-arme, proteinarme, hochkalorische, modulare Diät (2000 – 3700 kcal/d, 40 g Protein/d), bei ausbleibender HE Proteinzufuhr gesteigert auf 80 – 143 g/d

10 – 60 d (MW 37 ± 19 d)

Klinik

10 (A 3, B 7)

alkoholische oder postnekrotische Zirrhose, Aszites, Mangelernährung

Diät als Trinknahrung oder über NS

Steigerung der Proteinzufuhr ohne klinische Verschlechterung (HE) bei 9/10 Patienten durchführbar,

Albumin ↑: von 2,7 ± 0,6 g/dL auf 3,4 ± 0,6 g/dL, Transferrin ↑: von 140 ± 71 auf 183 ± 51 mg/dL, MAMA ↑: von 67,9 ± 22,4 cm2 auf 79 ± 18 cm2, MAFA ↑: von 48 ± 28 cm2 auf 61 ± 31 cm2, Kreatinin-Index ↑: von 52 ± 16 % auf 66 ± 21 %

Keohane et al. 1983 [239]

III

Beobachtungsstudie

VKAS-angereicherte Elementardiät (560 kcal, 14,5 g AS pro Packungseinheit) über NS,

Aufbau von 21 g/d (d1) ab d4 auf 70 g/d, nach Abklingen der HE oraler Kostaufbau

7,3 d

Klinik

10

35 – 72 (MW 53)

Leberzirrhose, akute HE

gut toleriert, HE in 8/10 Fällen nicht mehr feststellbar, keine Varizenblutungen, Stickstoffbilanz ↑: von – 3 g N/d auf 4,3 ± 1,7 g N/d

Calvey et al. 1984 [168]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG1: Krankenhauskost plus EE als Supplementmix (KH-Supplement + AS-Supplement + VKAS-Supplement über Viomedex®-Sonde);
IG2: Krankenhauskost plus EE als Supplementmix über East Grinstead®-Sonde;

KG: Krankenhauskost plus ONS (Supplementmix als Trinknahrung)

4,5 – 6 d

Klinik

47

keine Angabe

akute Alkoholhepatitis

NS niedrigere Versagerrate bzgl. Erreichen des Zufuhrziels (28 vs. 41 %);

Viomedex®-Sonde länger in situ;

kein Unterschied in N-Bilanz, HE, Erbrechen oder Diarrhö zwischen ONS und EE

39 der 47 Patienten nahmen auch an Studie [145] teil;

Supplementmix enthielt 2000 kcal/d und 65 g Protein/d

Cabré et al. 1990 [235]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: enterale Sondennahrung (2115 kcal/d, 71 g Protein/d mit VKAS angereichert, 38 g Fett, 367 g Maltodextrin);
KG: natriumarme orale Ernährung (2200 kcal/d, 70 – 80 g Protein/d bzw. 40 g Protein/d bei HE)

IG 23,3 ± 3,0 d; KG 25,3 ± 3,2 d

Klinik

35

51 ± 2

Leberzirrhose, Mangelernährung

Sterblichkeit ↓: IG 12 % vs. KG 47 %, Albumin ↑: IG 29,4 ± 1,3 g/L vs. KG 25,9 ± 1,5 g/L; Child-Score ↓: IG 10,3 ± 0,7 Punkte vs. KG 11,0 ± 0,5 Punkte

Verzehr in KG nur 1320 ± 75 kcal/d

Kearns et al. 1992 [234]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: EE (Standarddiät, Zielzufuhr 1,5 g/kg/d Protein, 167 kJ//d) über NS zusätzlich zu oraler Ernährung;

KG: orale Ernährung

30 d

Klinik

31 (IG 16, KG 15)

44 (MW)

alkoholische Lebererkrankung

erreichte Zufuhr: IG 38,4 kcal/kg/d,

1,5 g Protein/kg/d vs. KG 20,8 kcal/kg/d, 0,7 g Protein/kg/d;

HE in W1 und W2 signifikant besser in IG vs. KG, in W4 =,

Bilirubin ↓: IG – 25 % vs. KG – 0 %,
Antipyrin-Halbwertszeit ↓: IG – 50 % vs. KG – 3 %

DeLedinghen et al. 1997 [263]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: EE (polymere Diät, 1,6 kcal/ml) über NS für 3 – 4 W diskontinuierliche polymere EN (1665 kcal/d, 71 g Protein/d);

KG: orale Karenz d1–d3;

ab d4 orale Ernährung für IG und KG

3 d Intervention, 35 d Nachbeobachtung

Klinik

22 (A 12, B 10)

56

Leberzirrhose, blutende Ösophagusvarizen,

TF

N-Bilanz an d4: IG + 0,7 ± 2,5 g/d vs. KG – 11,2 ± 6,7 g/d,

Leberfunktion =, Ernährungsparameter =,

erneute Blutungen: IG 4 (33 %) vs. KG 1 (10 %); Krankenhausverweildauer =

Dupont et al. 2012 [262]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: sequenziell EE (polymere Diät) über NS für 3 – 4 W, gefolgt von OBD (3/d) für 2 M zusätzlich zur oralen Ernährung (1800 kcal/d, 60 g Protein/d)

KG: orale Ernährung (1800 kcal/d, 60 g Protein/d)

3 M, Nachbeobachtung bis M12

Klinik/ambulant

101

55 (MW)

Leberzirrhose mit ASH, Bilirubin ≥ 51 μmol/L, keine schwere ASH

1-Jahres-Überleben =: IG 38,6 % vs. KG 34,5 %, Bilirubin =, INR =, Child-Pugh-Score =, Albumin =,

in Subgruppen für W1 – 4 ermittelt: Nahrungsverzehr in W1 – 4: IG EE 1883 ± 446 kcal/d, Protein 67 ± 16 g/d zusätzlich zu oraler Ernährung 1409 ± 596 kcal/d, Protein 49 ± 24 g/d KG: orale Ernährung 1790 ± 510 kcal/d, Protein 60 ± 17 g/d

IG: EE nach Protokoll bei 66 % für 2,8 ± 1,2 W

↓ = signifikante Abnahme, ↑ = signifikante Zunahme, = = gleichbleibend, AS = Aminosäuren, ASH = alkoholische Steatohepatitis, d = Tag, EE = enterale Ernährung, HE = (hepatische Enzephalopathie, IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe, Kg = Körpergewicht, KH = Kohlenhydrate, M = Monat, MAFA = mittige Armfettfläche, MAMA = mittige Armmuskelfläche, MW = Mittelwert, N = Stickstoff, Na = Natrium, ONS = orale Nahrungssupplementation, NS = nasale Ernährungssonde, PEM = Protein-Energie-Mangelernährung, VKAS = verzweigtkettige Aminosäuren, W = Wochen

Evidenztabelle 6

Studien zur postoperativen Ernährungstherapie bei Patienten nach Lebertransplantation.

Referenz

Evidenzgrad

Studientyp

Intervention

Ort

Teilnehmer

Ergebnisse

Bemerkung

Art

Dauer

n

Alter [Jahre]

Charakteristika

Wicks et al. 1994 [306]

Ib

randomisiert, kontrolliert

IG: EE (Standarddiät 1000 kcal/L, 42 g Protein/d) Beginn innerhalb 18 h postop über NS

KG: TPE (Standard-AS-Lösung, Glukose, Fett, Vitamine, Spurenelemente), Beginn 24 h postop

10 d

Klinik

24 (IG 14, KG 10)

46 (MW)

orthotope Lebertransplantation

Beginn orale Ernährung: IG d4 vs. KG d3, Zufuhrziel 70 % des Bedarfs erreicht: IG d5 vs. KG d4

EE gut toleriert, Diarrhö =, darmassoziierte Infektionen =

frühestmögliche orale Ernährung in IG und KG angestrebt

Pescovitz et al. 1995 [318]

III

retrospektive Analyse

EE (semielementare Diät, Beginnn 12 – 48 h postop) über Feinnadelkatheter-Jejunostomie

bis 140 d

Klinik

108

keine Angabe

orthotope Lebertransplantation

18 Komplikationen bei 16/108 Patienten

Hasse et al. 1995 [305]

Ib

prospektiv, randomisiert, kontrolliert

IG: EE (polymere Diät) über NS bis Beginn der oralen Ernährung;
KG: Flüssigkeit i. v. bis Beginn der oralen Ernährung

12 d

Klinik

31 (IG 14, KG 17)

IG 55,2 ± 12,4, KG 47,5 ± 13,7

orthotope Lebertransplantation

Nahrungsaufnahme ↑: IG 22 464 kcal/12 d, 927 g Protein/12 d vs. KG 15 474 kcal/12 d, 637 g Protein/12 d; kumulative N-Bilanz (d1–d4) ↑ in IG vs. KG,

Virusinfektionen ↓: IG 0 % vs. KG 17,7 %

Nahrungsaufbau in IG und KG nach identischem Protokoll

Mehta et al. 1995 [317]

III

retrospektive vergleichende Analyse

IG: EE (semielementare Diät über Katheterjejunostomie;

KG: TPE

Interventionsdauer keine Angabe

Klinik

84 (IG 63, KG 21)

IG 45 ± 12, KG 44 ± 10

orthotope Lebertransplantation

Intervall bis Beginn der Ernährung ↓: IG 1,7 ± 0,9 d vs. KG 3 ±1,7 d; Intervall bis Erreichen der kompletten oralen Ernährung ↓: IG 19,5 ± 11 d vs. KG 38,6 ± 24,6 d, postoperativer Ileus ↓: IG 8,3 % vs. KG 33 %, Diarrhö ↑: IG 73 % vs. KG 25 %

Rayes et al. 2002 [316]

Ib

prospektiv, randomisiert, kontrolliert

EE ab postop d1 in IG, KG1, KG2

IG: Standarddiät (1,0 kcal/mL, 40 g/L Protein) plus lebende

L. plantarum 299 plus Haferballaststoffe;

KG1: Standarddiät (1,0 kcal/mL, 40 g Protein/L) plus tote L. plantarum 299 plus Haferballaststoffe;

KG2: Standarddiät (1,0 kcal/mL, 38 g Protein/L), selektive Darmdekontamination

EE bis postop d12

Klinik

95 (IG 31, KG1 32, KG2 32)

IG: 50 ± 2, KG1: 50 ± 2, KG2: 47 ± 2

orthotope Lebertransplantation

Infektionen ↓: IG 13 % vs. KG2 48 %, IG 13 % vs. KG1 34 % ns, Dauer der Antibiotikatherapie (ns): IG 7 ± 7 d vs. KG1 12 ± 18 d vs. KG2 12 ± 17 d, Krankenhausverweildauer (ns): IG 35 ± 2,4 d vs. KG1 36 ± 2,7 d vs. KG2 39 ± 0,5 d, Intensivstationverweildauer (ns): IG 11,7 ± 7 d vs. KG1 13,5 ± 12 d vs. KG2 15,7 ± 12 d

oraler Nahrungsaufbau mit klaren Flüssigkeiten ab postop d1 und dann nach Toleranz gesteigert

↓ = signifikante Abnahme, ↑ = signifikante Zunahme, = = gleichbleibend, AS = Aminosäuren, d = Tag, EE = enterale Ernährung, IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe, i. v. = intravenös, MW = Mittelwert, ns = nicht signifikant, NS = nasale Ernährungssonde, ONS = orale Nahrungssupplementation, TPE = totale parenterale Ernährung




Interessenkonflikt

Gemäß den AWMF-Richtlinien wurden die bestehenden potenziellen Interessenkonflikte zu Beginn der Leitlinienarbeit von allen Autoren dargelegt. Die Autoren haben bei folgenden Punkten entsprechende Angaben gemacht:
Berater- bzw. Gutachtertätigkeit oder Mitglied eines wissenschaftlichen Beirats eines Unternehmens: M. Pirlich, A. Canbay, S. C. Bischoff, H. Lochs.
Vortragshonorare von Unternehmen: M. Plauth, T. Schütz, M. Pirlich, A. Canbay, S. C. Bischoff, H. Lochs, A. Weimann.
Finanzielle Zuwendungen für Forschungsvorhaben vonseiten eines Unternehmens: M. Pirlich, S. C. Bischoff, A. Weimann.
Einzelheiten sind im Leitlinienreport des Leitlinien-Updates Klinische Ernährung, der über die Internetseite der AWMF abrufbar ist, hinterlegt.

* DGEM Steering Committee: Bischoff SC, Lochs H, Weimann A sowie das DGEM-Präsidium



Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Mathias Plauth
Städtisches Klinikum Dessau, Klinik für Innere Medizin
Auenweg 38
06847 Dessau-Roßlau
Telefon: 0340/501-1275