Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9(1): 24-25
DOI: 10.1055/s-0033-1362381
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Referat – Diabetische Nephropathie: Hält doppelt genäht besser?

Gottfried Rudofsky
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Publication Date:
31 March 2014 (online)

Hintergrund: Die diabetische Nephropathie ist eine der Hauptursachen für ein chronisches Nierenversagen. Die Progression bis zur terminalen Niereninsuffizienz aufzuhalten, ist dabei ein wesentliches Behandlungsziel. Eine Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) kann das Fortschreiten der Proteinurie, als Parameter der Nierenschädigung, verhindern. Ist die doppelte Blockade, an zwei verschiedenen Punkten im System angreifend, aber besser geeignet, um die Nephropathie aufzuhalten, oder erhöht dieses Vorgehen eher das Risiko? Eine Studie aus den USA hat das untersucht.

Methoden: Die Kombinationstherapie mit einem Angiotensin-II-Rezeptor-Inhibitor (Sartan) und einem Angiotensin-converting-Enzyme-(ACE-)Hemmer führt bei Patienten mit diabetischer Nephropathie deutlich häufiger zu schweren unerwünschten Wirkungen als die Sartan-Monotherapie. Dies ist das Ergebnis der multizentrischen, randomisierten Doppelblindstudie VA NEPHRON-D (Veterans Affairs Nephropathy in Diabetes), die zwischen Juli 2008 und September 2012 in 32 Zentren in den USA insgesamt 1448 Patienten aufgenommen hat. Alle Teilnehmer wiesen eine diabetische Nephropathie mit einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) von 30,0–89,9 ml / min und pro 1,73 m2 Körperoberfläche auf. Weiterhin bestand ein Albumin-Kreatinin-Quotient im Urin von mindestens 300.

Zunächst wurde bei allen Patienten eine Therapie mit Losartan 50 mg / Tag begonnen und bis auf 100 mg / Tag auftitriert. Wurde diese Dosis für mindestens 30 Tage ohne Probleme vertragen, erfolgte die randomisierte Zuweisung zu einem von zwei Behandlungsarmen:

  • zusätzliche Gabe von Lisinopril, Startdosis 10 mg / Tag, mit Verdopplung der Dosis alle 2 Wochen bis auf 40 mg / Tag (n = 724)

  • zusätzliche Gabe von Placebo (n = 724)

Beurteilt wurde als primärer Endpunkt ein Kompositum aus dem erstmaligen Auftreten einer eGFR-Abnahme (um mindestens 30 ml / min und 1,73 m2 oder um mehr als 50 %), Auftreten einer terminalen, dialysepflichtigen Niereninsuffizienz oder Tod. Sicherheitsendpunkte waren vor allem Hyperkaliämien und akutes Nierenversagen, darüber hinaus alle sonstigen schweren unerwünschten Ereignisse.

Ergebnisse: Die Studie wurde im Oktober 2012 vorzeitig beendet, nachdem sich bei einer Zwischenauswertung im Arm mit der Kombinationstherapie deutlich mehr schwere unerwünschte Ereignisse fanden: 98 Ereignisse/100 Personenjahre gegenüber 82 Ereignissen/100 Personenjahre im Arm mit Monotherapie. Dabei war das wesentliche Problem das Auftreten eines akuten Nierenversagens, mit 190 Fällen bei 130 Patienten unter Gabe von Losartan plus Lisinopril (12,2 Ereignisse/100 Personenjahre) gegenüber der Gabe von lediglich Losartan mit 105 solchen Ereignissen bei 80 Patienten (6,7 Ereignisse/100 Personenjahre). Ebenso kamen Hyperkaliämien (Kaliumkonzentration > 6 mmol / l) in der Gruppe mit zweifacher RAAS-Blockade mehr als doppelt so häufig vor (98 vs. 41 Ereignisse; 6,3 vs. 2,6/100 Personenjahre).

Im Hinblick auf den primären Endpunkt zeigte sich bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 2,2 Jahren kein signifikanter Unterschied, mit 152 Endpunkt-Ereignissen unter Monotherapie und 132 unter Kombinationstherapie.

Folgerung: Die Kombinationstherapie aus Losartan und Lisinopril verhindert nicht die Progression einer diabetischen Nephropathie, erhöht aber deutlich das Risiko für Hyperkaliämien und akutes Nierenversagen, fassen die Autoren zusammen. Möglicherweise gibt es einen Punkt, über den hinaus eine weitere Blockade des RAAS-Systems keinen Nutzen mehr bringt und ausschließlich die negativen Folgen im Vordergrund stehen.

Dr. Elke Ruchalla, Trossingen

 
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