Zusammenfassung
Hintergrund: Kenntnisse über geschlechtersensible Aspekte in der Medizin sind eine essentielle
Grundlage für eine optimale, passgenaue Versorgung von Patienten.
Ziel der Arbeit: Bestandsaufnahme von Wissen und Einstellungen zu Genderaspekten – beispielhaft an
2 deutschen medizinischen Fakultäten.
Material und Methoden: In einem Online-Fragebogen wurden sowohl das Wissen zu Geschlechteraspekten in der
Medizin – von biologischen Grundlagen, klinisch relevanten Unterschieden bis hin zu
Fragen zur Gendersensibilität und dem Rollenverständnis bezogen auf Patienten und
Ärzte unter den Mitgliedern der medizinischen Fakultäten Münster und Duisburg-Essen
(Stichprobe: 1 671 Studierende, 743 wissenschaftliche Mitarbeiter und 53 Professoren)
erhoben.
Ergebnisse: Kenntnisse über geschlechtersensible Aspekte sind sowohl unter Studierenden als auch
Lehrenden unzureichend vorhanden. Im statistischen Mittel lag dabei der Mittelwert
für richtige Antworten auf Wissensfragen zu diesem Thema unter 55%. Bezüglich der
Gendersensibilität der Befragten ergab sich unter allen Teilnehmenden eine breite
Zustimmung über die Wichtigkeit von Geschlechteraspekten. Allerdings überwiegt die
Meinung, dass nur das Geschlecht der Patienten eine wichtige Rolle spielt; das Geschlecht
des Behandelnden wird dagegen als weniger relevant empfunden.
Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt in diesem Bereich ein hohes Optimierungspotenzial auf: Der Einbezug
geschlechtersensibler Aspekte in den medizinischen Alltag ist ein wichtiger Schritt
auf dem Weg zu einer individualisierten Medizin.
Abstract
Background: Gender competence is an essential prerequisite for individualized patient care.
Objectives: The aim of this study is to survey the level of knowledge and attitudes towards gender-related
aspects at 2 German medical schools.
Materials and Methods: An online questionnaire was used to collect data on gender competence in medicine
including biological basics of sex differences, clinical aspects, socio-cultural factors
as well as questions regarding gender role concepts. In total 1 671 students, 330
basic scientists, 413 physicians and 53 professors from the German Medical Schools
Münster and Duisburg-Essen took part in the survey.
Results: The level of knowledge on gender-specific aspects in medicine is unsatisfactory at
both medical schools. The average of correct answers on gender-related questions of
all groups is less than 55%. Looking at gender sensitivity the existence and importance
of gender disparities in medicine is agreed upon by the majority of participants.
However, most of them regard only the patients’ but not the physician’s sex as relevant.
Conclusions: The study reveals a lack of knowledge and the necessity for improvement: the integration
of gender-specific aspects into medical routine is an important step towards a truly
individualized medical care.
Schlüsselwörter
Gender - Geschlecht - Medizinstudium - Curriculumsentwicklung - individualisierte
Medizin
Key words
gender - sex - medical education - curriculum development - individualized medicine