neuroreha 2015; 07(01): 36
DOI: 10.1055/s-0035-1548527
Schwerpunkt Schmerz
Aus der Praxis
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nachruf

Jan Mehrholz
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Publication Date:
19 March 2015 (online)

Janet H. Carr

Am 4. November 2014 starb mit Janet H. Carr eine außergewöhnliche Physiotherapeutin, eine ausgewiesene Wissenschaftlerin sowie eine exzellente Hochschullehrerin. Sie begann 1959 als Physiotherapeutin und sammelte weltweit klinische Erfahrungen. Als Tutor startete sie 1970 ihre akademische Karriere, erlangte 1984 einen Master und einen weiteren Master in Education 1987, promovierte 1991 und wurde Professorin an der renommierten University of Sydney in Australien.

Mit ihrer Tätigkeit beeinflusste sie nicht nur in Australien, sondern weltweit Generationen von Physiotherapeuten. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Roberta Shepherd begann sie bereits in den 1970er-Jahren, Wissenschaft und neurologische Rehabilitation systematisch zu verknüpfen. Janet Carr strebte danach, dass wissenschaftliche Erkenntnisse hinsichtlich der motorischen Kontrolle und des motorisches Lernens in die tägliche Praxis Einzug halten, um Patienten effektiver und effizienter zu behandeln. Sie untersuchte gemeinsam mit Roberta Shepherd erstmals die Effekte eines aktiven aufgabenorientiertes Vorgehens bei Patienten nach Schlaganfall. Sie beschrieb präzise die Biomechanik von Bewegungsabläufen und leitete konkrete und greifbare Therapieempfehlungen daraus ab.

Eines ihrer ersten und bekanntesten Werke, neben zahlreichen wissenschaftlichen Journalartikeln, ist das Buch „A Motor Relearning Programme for Stroke“, das sie gemeinsam mit Roberta Shepherd 1982 herausgab. Dieses Buch revolutionierte das therapeutische Denken in der Behandlung neurologischer Patienten und beeinflusste auch mich maßgeblich in meiner Tätigkeit. Sie entwickelte und beschrieb weiterhin die mittlerweile auch ins Deutsche übersetzte Skala „Motor Assessment Scale for Stroke Patients“.

Für ihre außerordentliche Arbeit erhielt Janet Carr zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen und war die Präsidentin des Australian College of Physiotherapists von 1989 bis 1995.

Sie gilt daher zu Recht als eine Pionierin der modernen neurologischen Rehabilitation und als eine Vorreiterin einer modernen evidenzbasierten Physiotherapie.

Ich hatte 2008 das Privileg, mit ihr als Koautorin gemeinsam ein Buch zu schreiben. Sie hat mich wesentlich in meinem Denken und Handeln beeinflusst.