Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2015; 20(05): 215
DOI: 10.1055/s-0035-1553897
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen: Mehr Sensibilität bei älteren Menschen

Undesired Pharmaceutical Effects: More Sensitivity to Elderly People
K. J. Laumann
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Publication Date:
05 November 2015 (online)

Von Staatssekretär Karl-Josef Laumann,

Patientenbeauftragter und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko der Multimorbidität, sprich: das gleichzeitige Bestehen mehrerer Krankheiten. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das zumeist, dass man mehrere Arzneimittel auf einmal erhält. Je mehr Medikamente jedoch gleichzeitig eingenommen werden, umso größer ist die Gefahr, dass es zu unerwünschten Wechsel- und Nebenwirkungen kommt. Schätzungen zufolge leidet bei den 70-Jährigen jeder fünfte und bei den 80-Jährigen jeder vierte Patient unter unerwünschten Arzneimittelwirkungen. In den Allgemeinkrankenhäusern erfolgen etwa fünf Prozent aller Aufnahmen wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen. In den geriatrischen Abteilungen sind es dagegen zehn bis 15 Prozent.

Allein diese Zahlen zeigen: Gerade bei älteren Menschen müssen Ärzte und Apotheker gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten auf die richtige und sichere Medikamentenabgabe und -einnahme achten, damit es erst gar nicht zu Problemen kommt. Ein wichtiges Mittel dazu kann die elektronische Gesundheitskarte sein. Meiner Meinung nach ist es zwingend notwendig, dass auf ihr auch Medikationsdaten abgespeichert werden. Oder anders ausgedrückt: Das Problem der unerwünschten Arzneimittelwirkungen wird ohne eine wirklich funktionierende elektronische Gesundheitskarte, die mehr bietet als nur ein Foto des Versicherten, nicht zu lösen sein. Auch deshalb werden wir hier mit dem E-Health-Gesetz Tempo machen. Insbesondere brauchen wir klare Umsetzungsfristen und verbindliche Finanzierungsvereinbarungen.

Unverzichtbar bleibt zudem die Beratung in unseren Apotheken. Diese muss sich auch in Zukunft von bloßen Verkaufsgesprächen unterscheiden. Patientinnen und Patienten erwarten zu Recht individuelle Hinweise zu Dosierung, Anwendung und Wechselwirkungen von Arzneimitteln. Gerade bei Mehrfachmedikationen ist das unverzichtbar. Dafür müssen sich unsere Apothekerinnen und Apotheker die nötige Zeit nehmen.

Mehr Sensibilität für die Besonderheiten der Arzneimittelversorgung älterer Menschen: Dazu liefert auch das vorliegende Heft interessante Impulse. Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Spaß beim Lesen!

Es grüßt Sie herzlich

Ihr

Karl-Josef Laumann

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Karl-Josef Laumann