Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1606035
Workshops
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Impfbus der Charité schließt wirksam Impflücken bei geflüchteten Bewohnern von Not- und Gemeinschaftsunterkünften

C Hartmann
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Ärztliches Direktorat, Berlin
,
A Solarek
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Ärztliches Direktorat, Berlin
,
T Haschke
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Ärztliches Direktorat, Berlin
,
AL Bergert
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Ärztliches Direktorat, Berlin
,
Z Kartal
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Ärztliches Direktorat, Berlin
,
J Seybold
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Ärztliches Direktorat, Berlin
› Institutsangaben
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. September 2017 (online)

 
 

    Im Jahr 2015 sind in Berlin ca. 80.000 Geflüchtete angekommen. Erst im März 2016 wurde die zentrale Stelle für Erstuntersuchungen (§62 AsylG) im Land Berlin eröffnet, wo auch Impfungen angeboten werden. Durch den späten Beginn dieser Maßnahmen konnten früher angekommene Flüchtlinge nicht erreicht werden; Impfangebote an anderer Stelle waren lückenhaft. Um nachträglich alle Geflüchteten zu erreichen, musste ein niedrigschwelliges Angebot ohne Sprachbarriere geschaffen werden.

    Dieses Ziel wurde mit einer zweistufigen mobilen Lösung erreicht. Im ersten Schritt (März bis November 2016) wurden die Flüchtlinge mittels Impfshuttle zum Impfen abgeholt, in einem zweiten Schritt fuhr ab November 2016 ein eigens für diesen Zweck entwickelter Impfbus mit medizinischem Personal in die einzelnen Unterkünfte. Der nach dem Vorbild einer Arztpraxis umgebaute Impfbus ist ein ehemaliger Linienbus. Dieser erhielt als wichtigste Ergänzung ein Videodolmetschersystem, mit dem die Kommunikation in über 50 Sprachen innerhalb von 1 – 2 Minuten hergestellt werden kann. Zudem wurde ein Impf-Aufklärungsfilm erstellt, der über das bordeigene WLAN-Netz auf den Smartphones der Geflüchteten angesehen werden kann.

    Im ersten Schritt konnten mit dem Impfshuttle innerhalb von 7 Monaten 10.512 Flüchtlinge aus 120 Notunterkünften ein Impfangebot erhalten. Von November 2016 bis März 2017 wurden im Impfbus weitere 6.300 Geflüchtete in 50 Unterkünften vor Ort geimpft. Zusammen mit den Impfungen im Rahmen der Erstuntersuchungen konnten über 30.000 Geflüchtete geimpft werden.

    Das zweistufige Vorgehen zum Schließen beträchtlicher Impflücken unter den Geflüchteten in Berlin hat sich bewährt. Das innovative Konzept des Impfbusses, der Impfungen, unterstützt von Videodolmetschern, direkt an der Unterkunft ermöglicht, wird sehr gut angenommen. Insbesondere Schulkindern und Sprachkursteilnehmern wird durch die lange Präsenzzeit des Impfbusses vor Ort ein einfacher Zugang zu Schutzimpfungen ermöglicht.