Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1606042
Workshops
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kritische Erwerbsbiografien und psychische Gesundheit nach dem Arbeitsmarktaustritt – Ergebnisse aus SHARE

H Hoven
1   Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Centre for Health and Society, Institut für Medizinische Soziologie, Düsseldorf
,
N Dragano
1   Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Centre for Health and Society, Institut für Medizinische Soziologie, Düsseldorf
,
M Wahrendorf
1   Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät, Centre for Health and Society, Institut für Medizinische Soziologie, Düsseldorf
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. September 2017 (online)

 
 

    Fragestellung:

    Der Zusammenhang zwischen kritischen Erwerbsverläufen und schlechter Gesundheit im höheren Lebensalter findet in der Forschung zunehmend Berücksichtigung. Eine Erklärung für diesen Zusammenhang könnte sein, dass kritische, nicht-standardisierte Erwerbsverläufe die Wahrscheinlichkeit unzureichender Altersvorsorge und schlechter materieller Lebensbedingungen in der nachberuflichen Lebensphase erhöhen. Wir untersuchen daher die Interrelationen zwischen kritischen Lebensverläufen, der Höhe und Art der Rentenbeiträge während des Erwerbslebens und der psychischen Gesundheit nach Arbeitsmarktaustritt.

    Methoden:

    Die Analysen beruhen auf Lebenslaufdaten des Surveys of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARELIFE). Es liegen Informationen über die Erwerbssituation und Altersvorsorge für jedes Jahr des Lebenslaufs vor. Zur Identifizierung von kritischen Erwerbsverläufen ziehen wir Charakteristiken der Erwerbskarriere heran: berufliche Position, Jahre in Erwerbsarbeit, Phasen von Arbeitslosigkeit, Anzahl von Jobwechseln und Rentenbeiträge. Psychische Gesundheit wird anhand der Anzahl depressiver Symptome gemessen.

    Ergebnisse:

    Kritische Erwerbsbiografien, insbesondere solche, die durch Diskontinuität, benachteiligte berufliche Position und geringe Altersvorsorge gekennzeichnet sind, erhöhen die Wahrscheinlichkeit erhöhter depressiver Symptomatik nach Arbeitsmarktaustritt. Die Ergebnisse bleiben konstant auch bei Berücksichtigung von Land, Alter, Bildung, Partnerschaft und sozialer Benachteiligung während der Kindheit sowie nach Ausschluss von Befragten mit kurzen Erwerbskarrieren und schlechter psychischer und physischer Gesundheit vor und während des Erwerbslebens.

    Schlussfolgerungen:

    Diese Studie zeigt die Bedeutung der Erwerbskarriere für die psychische Gesundheit nach Arbeitsmarktaustritt. Die Analyse kompletter Erwerbsbiografien mit Lebenslaufdaten ermöglicht die Betrachtung komplexer Lebenslaufeinflüsse auf die Gesundheit im höheren Lebensalter.