Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1606049
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prekarität im Lebenszusammenhang. Ein anerkennungstheoretisches Konzept zur Erforschung von unsicheren Arbeits- und Lebensverhältnissen

M Motakef
1   Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Sozialwissenschaften, Berlin
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Publication Date:
01 September 2017 (online)

 
 

    Mit dem Begriff Prekarisierung wird eine Zunahme an unsicheren und nicht existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen bezeichnet, die bis in die Mittelschicht reichen. Im Kontext von Forschungen zu Familienernährerinnen wurde das Konzept der Prekarität im Lebenszusammenhang vorgelegt, dass neben Einkommen und Erwerbsarbeit auch Dimensionen wie Sorge, Zeitautonomie, Gesundheit und Teilhabe umfasst.

    Der Vortrag stellt eine anerkennungstheoretische (Honneth 1996, Butler 2010) Erweiterung des Konzepts Prekarität im Lebenszusammenhang vor, welches im DFG-Projekt „Ungleiche Anerkennung: ‚Arbeit‘ und ‚Liebe‘ im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter“ (DFG-Az: Wi2142/5 – 1) erarbeitet wurde. Im Projekt wurden mittels qualitativer sinnrekonstruktiver Paar- und Einzelinterviews Befragungen mit acht prekär Beschäftigten ohne Paarbeziehungen und acht prekär beschäftigten Paaren geführt, die zudem in getrennten Einzelinterviews befragt wurden. Auswertungsmethode bildet die Sozialwissenschaftliche Hermeneutik (Söffner 1999). Im Zentrum des Forschungsinteresses steht das Verhältnis von Anerkennung und Prekarität: Falls eine prekäre Beschäftigung als Anerkennungsdefizit erfahren wird, weitet sich diese Prekarität auf Nahbeziehungen, wie Freundschaften und Paarbeziehungen, aus oder kann Anerkennung dieser Nahbeziehungen fehlende Anerkennung in der Erwerbssphäre abmildern? Am empirischen Beispiel eines prekär beschäftigen Paares zeigt der Vortrag das Potenzial des anerkennungstheoretisch fundierten Ansatzes auf.