Aktuelle Ernährungsmedizin 2019; 44(02): 151
DOI: 10.1055/s-0039-1684928
10) Klinische Ernährungsmedizin V: Geriatrie, chronische Erkrankungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nutzung von Routinedaten aus der Altenpflege zur Identifizierung von Veränderungen des Ernährungsstatus im Zusammenhang mit stationären Krankenhausbehandlungen

F Graeb
1   Hochschule Esslingen – University of Applied Sciences, Wientjens
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Publication Date:
26 April 2019 (online)

 
 

    Einleitung:

    Der Ernährungsstatus kann sich insbesondere bei geriatrischen Patient*innen im Zusammenhang mit einer stationären klinischen Versorgung erheblich verschlechtern. Im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts Prävention und Behandlung von Mangelernährung bei geriatrischen Patienten im Krankenhaus soll nun geprüft werden, ob Routinedaten aus Altenpflegeeinrichtungen dazu geeignet sind, eine Verschlechterung des Ernährungszustandes zu erkennen.

    Methode:

    Es wurden von zwei großen Altenhilfeträgern im Raum Stuttgart Routinedaten von Bewohner*innen erhoben, die in den Jahren 2015 und 2016 für mindestens drei Tage in stationärer Behandlung waren. In die Auswertungen flossen ein: demographische Daten, Klinikaufenthaltsdauer, Einweisungsdiagnose, Nebendiagnosen, Versterben in der Klinik und den ersten 6 Monaten danach, Gewichtsverläufe und Mangelernährungsscreenings über den Zeitraum 6 Monate vor bis 6 Monate nach Klinikaufenthalt. Die Auswertung erfolgte mit SPSS® 23.

    Ergebnisse:

    Insgesamt konnten 1.899 Fälle in die Erhebung eingeschlossen werden. Basierend auf den MUST Kriterien „geringer BMI“ und „Gewichtsverlust“ sowie den Ergebnissen regelmäßig stattfindender Mangelernährungsscreenings in den Pflegeeinrichtungen sind bei stationärer Aufnahme in das Krankenhaus bereits 38% (n = 721) der Patient*innen mangelernährt. Unter jenen, die wieder in die Einrichtung entlassen werden konnten, steigt der Anteil auf 48,6% (n = 784). Mangelernährungsdiagnosen sind in dieser Population dennoch kaum zu finden. Lediglich 4,8% (n = 91) der Betroffenen weisen mindestens eine Diagnose für Mangelernährung auf (E40 – 46, M62, R64). Für 1.427 Fälle liegt ein Gewicht kurz vor und unmittelbar nach Klinikaufenthalt vor. Demzufolge haben 19,3% (n = 276) zwischen 5 und < 10% ihres Körpergewichtes verloren, 5,4% (n = 77) verloren 10 – 15% und 4% (n = 57) gar mehr als 15% ihres Körpergewichts. Werden Patient*innen mit Herzinsuffizienz/peripheren Ödemen ausgeschlossen, verändern sich die Anteile der Patient*innen mit Gewichtsabnahme nur minimal. In der Varianzanalyse zeigt sich ein hoch signifikanter (p < 0,001; N = 799) linearer Gewichtsverlust über die Messpunkte 6 Monate (M = 68,76; SD = 16,06), 3 Monate (M = 68,34; SD = 16,31; -0,42 kg), kurz vor (M = 67,60; SD = 16,61; -0,74 kg) bis direkt nach Klinikaufenthalt (M = 65,75; SD = 15,98; -1,85 kg), wobei für den Zeitraum vor-nach Klinikaufenthalt der mittlere Gewichtsverlust am deutlichsten ausfällt.

    Schlussfolgerung:

    Veränderungen des Ernährungsstatus lassen sich mithilfe von Routinedaten zum Zwecke der Versorgungsforschung aufzeigen. Methodisch problematisch sind jedoch die nicht immer zu den Einweisungsdaten in die Kliniken und zu den hiervon abgeleiteten Messzeitpunkten passenden oder aus anderen Gründen fehlenden Gewichtsmessungen. Dies kann zu einer erheblichen Verkleinerung der verwertbaren Fälle führen.


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