Zusammenfassung
Hintergrund: In der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit
(ICF) können Umweltfaktoren und personbezogene Faktoren als Kontextfaktoren erhoben
werden, die als sogenannte Förderfaktoren oder Barrieren wirken können bezüglich der
möglichen Konsequenzen, die eine Erkrankung auf die Funktionsfähigkeit eines Menschen
haben kann. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bisher keine Klassifikation
der personbezogenen Faktoren vorgenommen, was vor allem mit kulturellen Unterschieden
begründet wird. Die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP)
hat hier Pionierarbeit geleistet und einen Klassifikationsentwurf erstellt. Ziel der
vorliegenden Arbeit ist eine Validierung dieses Entwurfs für die onkologische Rehabilitation
in Deutschland am Beispiel Brustkrebs.
Methodik: Brustkrebsexperten aus ganz Deutschland wurden zu personbezogenen Faktoren in der
Rehabilitation mithilfe der Delphi-Technik befragt. Insgesamt 21 Experten aus 8 Rehabilitationskliniken
nahmen teil, darunter Ärzte, Pflegepersonal, Therapeuten und Psychologen mit Erfahrung
in der Brustkrebsrehabilitation sowie Betroffene aus 2 deutschlandweiten Selbsthilfegruppen.
Zuerst wurde eine qualitative und danach eine quantitative Befragungsrunde durchgeführt.
Die Antworten der Experten aus der ersten Delphi-Runde wurden dem DGSMP-Entwurf mithilfe
eines Verlinkungsverfahrens zugeordnet. 2 unabhängige Beurteiler nahmen das Linking
vor, wobei die Güte ihrer Übereinstimmung geprüft wurde. In der zweiten Befragungsrunde
wurde quantitativ die Zustimmung oder Ablehnung der zuvor genannten personbezogenen
Faktoren ermittelt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 244 Faktoren identifiziert, von denen 203 zu dem DGSMP-Entwurf in
Bezug gesetzt werden konnten. Von den insgesamt 77 Items im Entwurf wurden durch die
Aussagen der Experten im ersten Durchgang 43 Items eingeschlossen. 34 Items wurden
nicht genannt (Kappa-Wert 0,776; 95% Bootstrap Konfidenzintervall von 0,712 bis 0,817).
Im zweiten Durchgang erhielten von den 43 zuvor genannten Items des DGSMP-Entwurfes
34 eine Mehrheit von mindestens 75%.
Schlussfolgerung: Anhand der Ergebnisse kommen die Autoren zu dem Schluss, dass der Entwurf „Personbezogene
Kontextfaktoren“ der DGSMP-Arbeitsgruppe eine vollständige Sammlung möglicher personbezogener
Förder- bzw. Barrierefaktoren darstellt, der sinnvollerweise in der Brustkrebsrehabilitation
zu berücksichtigen ist. Es bleibt aber vielfach noch zu erforschen, welchen konkreten
Einfluss die genannten Faktoren in Wechselwirkung mit der Erkrankung Brustkrebs tatsächlich
auf die Funktionsfähigkeit haben.
Abstract
Objective: In the International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF),
data on environmental and personal factors, the so-called facilitators or barriers,
can be gathered. The World Health Organization (WHO) has not classified personal factors.
This is justified with the cultural differences among countries. The German society
for social medicine and prevention (DGSMP) has performed pioneering work and has provided
a classification draft. The aim of this study is to validate this draft in the context
of oncological rehabilitation of breast cancer patients in Germany.
Design: 21 experts from 8 rehabilitation centers and 2 breast cancer support groups in Germany
were interviewed about personal factors in a 2-round survey using the Delphi technique.
The expert group included doctors, nurses, therapists, psychologists with experience
in rehabilitation of breast cancer patients and breast cancer patients. The responses
of the first round were linked to the DGSMP draft. The degree of fit was calculated
by means of the kappa statistic. In the second round, the focus was on the agreement
of the personal factors determined in the first round.
Results: The experts identified 244 factors out of which 203 (83.2%) were linked to the DGSMP
draft. There are 77 categories in the DGSMP draft; 43 of them were included by the
experts in the first round and 34 were not mentioned (kappa coefficient 0.776; 95%
bootstrapped confidence interval 0.712–0.817). In the second round, 34 of the 43 named
DGSMP categories achieved an agreement of at least 75% among the experts.
Conclusions: The draft of the DGSMP working group is a comprehensive collection of facilitators
and barriers in breast cancer rehabilitation and should be integrated reasonably in
rehabilitation. More research on personal facilitators and barriers has to be carried
out to show their concrete influence on functioning ability of breast cancer patients.
Schlüsselwörter
Rehabilitation - Brustkrebs - Personbezogene Faktoren - DGSMP-Entwurf
Key words
rehabilitation - breast cancer - personal factors - DGSMP draft