Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2016; 51(11/12): 682-688
DOI: 10.1055/s-0042-101446
Fachwissen: Topthema
Anästhesiologie / Intensivmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Akute Nierenschädigung - Postoperatives Begleitphänomen oder kausaler Risikofaktor für das operative Behandlungsergebnis?

Postoperative acute kidney injury: confounder or causal link for surgical outcome?
Felix Kork
1   Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Aachen
,
Claudia Spies
2   Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum und Campus Charité Mitte
,
Rolf Rossaint
1   Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Aachen
,
Holger Eltzschig
3   Department of Anesthesiology, the University of Texas Health Science Center at Houston, McGovern Medical School, USA
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Publication Date:
24 November 2016 (online)

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Der demografische Wandel und die Zunahme der Komplexität diagnostischer und chirurgischer Eingriffe haben dazu geführt, dass akute Nierenschädigung eine postoperative Komplikation mit zunehmender Relevanz ist. Postoperative akute Nierenschädigung ist mit höherer Mortalität und Morbidität sowie mit erhöhten Behandlungskosten assoziiert. Ob postoperative akute Nierenschädigung tatsächlich kausal mit einem schlechteren chirurgischen Behandlungsergebnis verknüpft ist, ist bisher nicht zweifelsfrei bewiesen. Dieser Artikel soll einen Überblick über das Phänomen postoperative akute Nierenschädigung geben, die Schwierigkeiten bei der Führung des Kausalbeweises in biomedizinscher Forschung erörtern und letztlich Argumente für und gegen den kausalen Zusammenhang zwischen posto-perativer akuter Nierenschädigung und dem chirurgischem Behandlungsergebnis diskutieren.

Abstract

Demographic change and increase of complexity of diagnostic and surgical procedures lead to an increasing relevance of acute kidney injury as postoperative complication. Postoperative acute kidney injury is associated with higher mortality, morbidity and treatment costs. It has not yet been unequivocally proven that postoperative acute kidney injury is in fact causally linked with worse treatment outcome in surgical patients. This article aims to give an overview of the phenomenon postoperative acute kidney injury, to discuss problems of demonstrating causal relations in biomedical research, and to present arguments for and against the hypothesis that postoperative acute kidney injury is causally linked to worse surgical outcome

Kernaussagen

  • In Deutschland erkranken jährlich geschätzt 150 000–250 000 Patienten nach einem operativen Eingriff an akuter Nierenschädigung (acute kidney injury, AKI).

  • Postoperative AKI ist am ehesten ein Geschehen mit multifaktorieller Genese.

  • Epidemiologische Studien zeigen, dass postoperative AKI mit erhöhten Behandlungskosten sowie erhöhter postoperativer Mortalität und Morbidität einhergeht.

  • Epidemiologische Studien zeigen, dass die Assoziation von postoperativer AKI und höherer Mortalität und Morbidität einer Dosis /Wirkungs-Beziehung folgt.

  • Interventionsstudien zur Prävention postoperativer AKI durch ischämische Fernpräkonditionierung konnten bisher nicht eindeutig die postoperative Mortalität senken und somit nicht den Kausalbeweis erbringen, dass postoperative AKI eine erhöhte Mortalität bedingt.

  • Arzneimittelstudien zur Prävention postoperativer AKI konnten bisher nicht die postoperative Mortalität senken und somit nicht den Kausalbeweis erbringen, dass postoperative AKI eine erhöhte Mortalität bedingt.

  • Aktuell werden Statine ausführlich auf ihr Potenzial untersucht, postoperative AKI verhindern und dadurch die Mortalität senken zu können.

  • Die Frage, ob ein früher Beginn des Nierenersatzverfahrens bei postoperativer AKI zu einem besseren Behandlungsergebnis führt, ist noch nicht abschließend geklärt.