Zusammenfassung
Ziel
Anhand von Daten der Einschulungsuntersuchung (ESU) sollen die Effekte der Einführung
von Fördermaßnahmen im Bereich Sprache, Mathematik und Singen in den 161 Kindertageseinrichtungen
des Landkreises Biberach untersucht werden. Es handelt sich nicht um eine geplante
Interventionsstudie, sondern um eine Analyse von Gebrauchsdaten.
Methodik
ESU-Daten der Einschulungsjahrgänge 2011–2014 (Kinder untersucht in den Schuljahren
2009/2010–2012/2013) aus dem Landkreis Biberach werden in Studie 1 (N=7 148 Kinder)
durch Mittelwertsvergleiche und mittels multipler linearer Regression analysiert und
in Studie 2 (N=3×80 000 Kinder) deskriptiv mit denen des Landes Baden-Württemberg
(BW) verglichen. In Studie 3 (N=1 783 Kinder) wird in einer Querschnittsanalyse des
Einschulungsjahrganges 2014 im Landkreis Biberach der Zusammenhang zwischen Förderangeboten
und Entwicklungsstand mittels einer logistischen Regression untersucht.
Ergebnisse
In den Entwicklungsbereichen Sprache, frühe Mathematik sowie visuelle Wahrnehmung
und Visuomotorik ergeben sich in Studie 1 vom Einschuljahrgang 2011–2014 statistisch
signifikante Leistungsverbesserungen, allerdings nicht im Bereich Grobmotorik. Die
Landesdaten zeigen in Studie 2 dagegen keine Hinweise für eine ähnliche Leistungsverbesserung.
In Studie 3 ist Mathematikförderung mit günstigeren Entwicklungsprofilen verbunden
(frühe Mathematik OR 0,72 [0,55–0,94], grammatische Kompetenz 0,75 [0,59–0,95], auditive
Merkspanne 0,53 [0,40–0,70]). Kinder mit Singförderung unterscheiden sich nicht von
Kindern ohne Singförderung. Kinder in speziellen Sprachfördergruppen, haben nach 6-monatiger
Förderung, meist im Umfang von 4×30 min pro Woche, wie zu erwarten, immer noch ein
größeres Risiko für Sprachdefizite (OR 3,32 [2,57–4,28] für grammatische Kompetenz).
Sie fallen aber auch in anderen Bereichen, insbesondere im Verhalten häufiger auf
(Hyperaktivität OR 3,08 [2,12–4,46]). Kinder, die mit einer nichtdeutschen Familiensprache
aufwachsen, sind häufiger im Sprachbereich auffällig (OR 2,78 [2,15–3,59]), aber weniger
häufig im Bereich Visuomotorik (OR 0,52 [0,36–0,77]) und Hyperaktivität (0,51 [0,34–0,78]).
Schlussfolgerung
Die Analysen von Daten aus der Einschulungsuntersuchung zeigen im Verlauf von 4 Jahren
signifikante Leistungsverbesserungen für die Kinder aus dem Landkreis Biberach. Aufgrund
des Querschnittsdesigns der Studie sind kausale Schlussfolgerungen nicht möglich.
Die Ergebnisse deuten auf das positive Einwirken eines „Biberacher Förderfaktors“
hin. Die Effektstärken entsprechen denen, die die aktuelle Forschung für Kindertageseinrichtungen
mit hoher pädagogischer Qualität berichtet.
Abstract
Objectives
To evaluate the benefits of implementing measures to promote skills in the areas of
language, mathematics and singing in kindergardeners by statistical analysis of data
collected during the school entrance examination (ESU) of 4–5-year-old children from
the county of Biberach.
Methods
Study 1 employs multivariate regression analysis to analyse – in chronological order
– the ESU data on 4 cohorts (2011–2014; n=7 148) of children of the Biberach county.
Study 2 qualitatively compares identical data representative of the entire state of
Baden-Württemberg (N=3×80 000) with the Biberach results. Study 3 focuses on the cohort
2014 in Biberach county (n=1 783) and employs logistical regression techniques to
correlate curriculum content and child development.
Results
There are significant performance improvements in the Biberach population (2011–2014)
in the development of language and early mathematics, as well as in visual comprehension
and visuomotor skills, but not in the area of gross motor skills. Similar improvements
are much more difficult to demonstrate for the entire state of Baden-Württemberg.
The detailed analysis of the 2014 Biberach County data reveal that kindergardeners
with increased exposure to mathematics will have a decreased risk of failure in early
mathematics (OR 0.72) and grammar skills (OR 0.53–0.75). Children with speech impairment
or children not fluent in German that had extra language tutorials, typically in small
groups and 4 times a week for 30 min, still have a higher risk of failure in all developmental
aspects, save gross motor skills (e. g. OR 3.32 in grammar skills, OR 3.08 for hyperactivity).
Programs with emphasis on singing have little effect on the above data. The risk of
failure in German language is high (OR 2.78) for those of non-German backgrounds,
but less in visuomotor skills (OR 0.52) and hyperactivity (OR 0.51).
Conclusions
Statistical analyses show positive correlation of curriculum content and early child
development for the kindergardens in Biberach county. The gains in performance are
consistent with those reported from kindergardens known for pedagogical excellence.
Schlüsselwörter frühkindliche Entwicklung - institutionelle Betreuung - Sprachförderung - Mathematikförderung
- Einschulungsuntersuchung
Key words child-care - child development - curriculum content for kindergardens - school entrance
examination