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DOI: 10.1055/s-0042-1753736
Sozioökonomische Unterschiede in der Reduktion von privaten und beruflichen Kontakten in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie: Ergebnisse aus zwei frühen Hotspots in Deutschland (CoMoLo-Studie)
Authors
Einleitung Die COVID-19-Pandemie hat in vielen Ländern zu gesetzlichen Kontaktbeschränkungen geführt, um die Ausbreitung des Virus eizudämmen. Während die sozioökonomische Ungleichverteilung von Infektionen in mehreren Studien dokumentiert ist, gibt es nur wenige Studien zur Entwicklung sozialer Kontakte in verschiedenen sozioökonomischen Bevölkerungsgruppen, insb. auf Individualebene, die zur Erklärung der soziökonomischen Ungleichverteilung von Infektionen und ihrer Dynamiken über den Pandemieverlauf beitragen können.
Methoden Datenbasis ist die Studie CORONA-MONITORING-lokal (CoMoLo). Die Analysestichprobe umfasst Personen im erwerbsfähigen Alter (18-67 Jahre) aus zwei frühen lokalen COVID-19-Hotspots in Deutschland (n = 3.637). Dargestellt wird der Zusammenhang zwischen individuellem Bildungs- und Berufsstatus (unterteilt in niedrig, mittel, hoch) und der privaten und beruflichen Kontaktreduktion. Die Daten basieren auf Selbstangaben der Studienteilnehmenden. Unter Verwendung von Gewichtungsfaktoren (Anpassung an lokale Alters-, Geschlechts- und Bildungsverteilung) werden multivariate Poisson-Regressionen zur Berechnung von Prevalence Ratios (PR) unter Kontrolle verschiedener Drittvariablen durchgeführt: Hotspot, Alter, Geschlecht, Geburtsland, Haushaltsgröße, Kontaktniveau vor der Kontaktbeschränkung und Homeoffice.
Ergebnisse Die deskriptiven Analysen zeigen einen sozioökonomischen Gradienten in der privaten (niedrige Bildung: 70,0%; mittlere: 79,1%; hohe: 86,2%) und beruflichen Kontaktreduktionen (niedrige Bildung: 54,6%; mittlere: 61,3; hohe: 77,2%). Die multivariaten Analysen bestätigten diese Zusammenhänge, wobei die sozioökonomischen Unterschiede in der beruflichen Kontaktreduktion noch etwas stärker ausfallen als in der privaten (Private Kontaktreduktion: PR für niedrige vs. hohe Bildung = 0,83 [KI: 0.74-0.93]; Berufliche Kontaktreduktion: PR für niedrige vs. hohe Bildung = 0,75 [KI: 0.64-0.89]). Noch deutlichere Zusammenhänge bei der beruflichen Kontaktreduktion finden sich, wenn anstelle von Bildung der Berufsstatus zugrunde gelegt wird.
Schlussfolgerung Die Ergebnisse verdeutlichen bildungs- und berufsbezogene Unterschiede in der Reduktion privater und beruflicher Kontakte in der ersten Pandemiewelle auf Individualebene. Die geringere Kontaktreduktion unter Personen mit einem niedrigerem Bildungs- oder Berufsstatus können u.a. zur Erklärung der soziökonomischen Ungleichverteilung von Infektionen und COVID-19-Erkrankungen beitragen. Präventionsmaßnahmen, die a) zielgruppengerecht über die Bedeutung von Kontaktbeschränkungen aufklären und verschiedene Lebensverhältnisse berücksichtigen und b) die Umsetzung von Kontaktreduktionen insbesondere im beruflichen Bereich erleichtern, erscheinen notwendig, um strukturell benachteiligte Personen während Epidemien mit neu auftretenden Infektionskrankheiten besser zu schützen und Chancengerechtigkeit im Infektionsschutz zu fördern.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
22. August 2022
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         Germany
 
     
      
    