Gesundheitswesen 2024; 86(S 02): S114
DOI: 10.1055/s-0044-1781892
Abstracts | BVÖGD, BZÖG, DGÖG
26.04.2024
GBE und Prävention – Postersitzung 08:00 – 10:00 | Saal X.4

Was hat sich seit der COVID19-Pandemie geändert? Eine Analyse Bedarfs und Aktivitäten zu Forschungsthemen im ÖGD

Authors

  • E. Piontkowski

    1   Zentrum für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung Tübingen, Universitätsklinikum Tübingen
  • S. Joos

    1   Zentrum für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung Tübingen, Universitätsklinikum Tübingen
  • H. Sturm

    2   Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Universitätsklinikum Tübingen
  • M. A. Rieger

    1   Zentrum für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung Tübingen, Universitätsklinikum Tübingen
  • D. Häske

    1   Zentrum für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung Tübingen, Universitätsklinikum Tübingen
 
 

    Hintergrund: Die COVID-19-Pandemie hat den Fokus im und auf den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) verändert. Der ÖGD rückte nicht nur in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit, sondern auch in den Fokus der Forschung. Das Interesse an einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen ÖGD und Forschung war bereits vor der Pandemie vorhanden. Ausgehend von einer Bedarfserhebung vor der Pandemie wurden die wissenschaftlichen Aktivitäten seit 2017 auf Bundesebene skizziert.

    Methodik: Im Januar 2020, kurz vor Beginn der COVID-19-Pandemie, trafen sich 42 Vertretungen von Einrichtungen des ÖGD in Baden-Württemberg von kommunaler und Landesebene mit Vertretungen des Zentrums für Öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung (ZÖGV) in Tübingen im Rahmen eines World Cafés. Zu den vier Themenbereichen Gesundheitsschutz, Gesundheitshilfen, Gesundheitsplanung und Gesundheitsberichterstattung (GBE) sowie Gesundheitsförderung und Prävention (entsprechend des baden-württembergischen ÖGDG §1: Ziele und Aufgaben des ÖGD) wurden im ersten Schritt von allen Teilnehmenden forschungsrelevante Themen gesammelt, im zweiten Schritt zusammengefasst und im dritten Schritt durch die Teilnehmenden priorisiert. Diese empirischen Erkenntnisse wurden mit der Entwicklung der Anzahl der Abstracts und Vorträge des BVÖGD-/BZÖG-Kongresses, des bayrischen ÖGD-Kongresses sowie des Freiburger Infektiologie- und Hygienekongresses der Jahre 2017-2023 näherungsweise verglichen.

    Ergebnisse: Beim World Café waren vor allem Personen in Leitungsfunktionen, 38 aus dem ÖGD, 4 vom ZÖGV, anwesend. Der größte Teil war ärztliches Personal, aber auch wissenschaftliches Personal war vertreten. 24 Teilnehmende räumten der (integrierten) Versorgungsstrukturanalyse besondere Priorität ein. Auch die Wirksamkeit des ÖGD wurde von der Hälfte (19/38) der Teilnehmenden als relevantes Forschungsfeld eingeschätzt. Hierbei wurden die formulierten Unterkategorien Evidenzgenerierung für die Arbeit des ÖGD (z.B. der Einschulungsuntersuchung) von 11 Teilnehmenden, der „Health in all Policies“-Ansatz von 5 Teilnehmenden sowie eine zielgruppengerechte Ansprache von 3 Teilnehmenden als relevante Themen eingeschätzt. Die Gesundheitskompetenz von besonderen Zielgruppen wurde von 14 Teilnehmenden als relevant bewertet und somit im mittleren Bereich der Priorisierung eingestuft. Von lediglich 5 Teilnehmenden wurden ÖGD-interne Aspekte wie Ressourceneinsatz, Qualität und vorhandene Angebote sowie die GBE hinsichtlich Datenqualität und Standards als wichtige Forschungsthemen bewertet.

    Im näherungsweisen Vergleich zeigt sich, dass die Anzahl der Abstracts und Vorträge auf ausgewählten ÖGD-relevanten Kongressen seit Beginn der COVID-19-Pandemie gestiegen ist. Auf den ausgewählten Kongressen gab es im Jahr 2017 kumuliert etwa 300 Vorträge und Abstracts, im Jahr 2018 waren es etwa 200, im Jahr 2019 etwa 200 (ohne Bayrischen ÖGD-Kongress), im Jahr 2020 unter 50 (BVÖGD/BZÖG-Kongress fiel aus), 2021 etwa 50 (BVÖGD/BZÖG-Kongress fiel aus), im Jahr 2022 etwa 200 und im Jahr 2023 gab es über 400 Vorträge und Abstracts.

    Diskussion: Die Pandemie führte zu vielen Publikationen und Aktivitäten im ÖGD. Der Vergleich macht deutlich, wie sich die Interessen und der Fokus in zeitlichem Zusammenhang mit der Pandemie veränderten. Während vor der Pandemie die ÖDG-internen Themen im World Café von den Teilnehmenden als wenig prioritär eingestuft wurden, sind seit Beginn der Pandemie Forschungsfragen zur Organisation der ÖGD-Arbeit in den Vordergrund gerückt. Wirksamkeit und Evidenzbasierung des ÖGD waren vor der Pandemie wichtig und sind es weiterhin. Das hohe wissenschaftliche Interesse zeigt sich deutlich an der gestiegenen Anzahl an Abstracts und Vorträgen an unterschiedlichen ÖGD-relevanten Kongressen. Zudem steigt die Zahl von Drittmittelförderungen für Forschungsprojekte im und mit dem ÖGD.

    Schlussfolgerung: Es zeigt sich, dass sich der Fokus in manchen Bereichen im prä-/post-pandemischen Vergleich verändert hat. So sind ÖGD-interne Aspekte wie Qualitätssteigerung oder Ressourceneinsatz seit der COVID-19-Pandemie stärker in den Fokus gerückt. Die Generierung von Evidenz im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist weiterhin ein wichtiges Thema. Die Anzahl der Abstracts und Vorträgen ist auf den ausgewählten betrachteten Kongressen im post-pandemischem Vergleich deutlich angestiegen, was vermuten lässt, dass das wissenschaftliche Interesse steigt.


    Publication History

    Article published online:
    10 April 2024

    © 2024. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany