Gesundheitswesen 2024; 86(S 02): S168
DOI: 10.1055/s-0044-1782025
Abstracts | BVÖGD, BZÖG, DGÖG
27.04.2024
Infektionsschutz – Block 5 11:00 – 12:30 | Saal X.3

Umsetzung der neuen KRINKO-Empfehlung "Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen" – Erfahrungen aus Klinikbegehungen

Authors

  • K. Schuster

    1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main Abteilung Hygiene und Umwelt Breite Gasse 28 60313 Frankfurt am Main
  • P. Franke

    1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main Abteilung Hygiene und Umwelt Breite Gasse 28 60313 Frankfurt am Main
  • M. Berres

  • H. Notz

  • B. Böddinghaus

 
 

    Einleitung: Krankenhäuser unterliegen der Überwachungspflicht durch das Gesundheitsamt nach § 23 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Im Rahmen der jährlichen Begehungen werden in Frankfurt am Main jeweils unterschiedliche Aspekte des Klinikbetriebs als Schwerpunktthema adressiert. 2023 lag der Fokus auf der Flächendesinfektion. Beachtung fand insbesondere die Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) „Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen“ aus 2022. Neben allgemeinen Themen wie Aktualität des Hygieneplans und Ausstattung mit Hygienefachpersonal u. a. wurden themenbezogen Erhebungen zur Strukturqualität sowie Prozessbeobachtungen durchgeführt.

    Methode: In jeder der 14 Frankfurter Kliniken wurden Bereiche mit verschiedenen Infektionsrisiken begangen. Zur Beurteilung der Prozessqualität wurden die mit der Flächenhygiene betrauten Berufsgruppen Reinigungsdienst (RD), Pflegedienst (PD) und ärztlicher Dienst (ÄD) jeweils zur Auswahl, Zubereitung und Anwendung der Substanzen befragt. Prozessbeobachtungen in klinischen Situationen und bei Routinereinigungen anhand berufsgruppenbezogener Medizinprodukte und Zuständigkeiten ergänzten die Erhebung. Die Prüfung auf optische Sauberkeit diente der Erfassung der Ergebnisqualität. Die Begehung erfolgte unter Verwendung einer eigens entworfenen standardisierten Checkliste. Diese war im Wesentlichen gestaltet als einfache Entscheidungsfragen (ja/nein). Die Auswertung erfolgte anschließend als absolute Häufigkeiten der Checklistenfragen.

    Ergebnisse: Die Prüfung der verwendeten Produkte brachte u.a. eine fehlerhafte Konzentration (3/14 Kliniken) oder fehlende Listung eines Produktes für den geplanten Wirkbereich (1/14 Kliniken) hervor.

    Bei der Auswahl der Mittel wurde die vom Hersteller angegebene Konzentration-Zeit-Relation korrekt berücksichtigt. Insbesondere QAV-basierte Mitteln kamen nicht in der Konzentration des 4-Stunden-Wertes zur Anwendung. Festlegungen zur Wiederbenutzung der Flächen waren gemäß Herstellerangaben jeweils korrekt angegeben.

    Reinigungstücher zur Wiederaufbereitung nutzten 13 der 14 Kliniken. Die für die Aufbereitung der Reinigungstextilien genutzten Räumlichkeiten waren oft in Kellerräumen (7/14) verortet. Drei Kliniken ließen ihre Wischtextilien extern aufbereiten. Der bauliche und Reinigungszustand der Räume und Maschinen wies große Unterschiede auf. Erhebliche Verschmutzungen konnten in allen Häusern mit eigener Aufbereitung in den Einfüllkammern der Waschmaschinen mit automatischer Dosierung gefunden werden. Bemängelt wurde außerdem der schlechte Zustand der Räume insgesamt: Defekte an Boden, Wänden und Decke, verstaubte Lüftungsauslässe und fehlende Händedesinfektionsmittelspender. Auch die Lagerhaltung wurde bemängelt (nicht wischdesinfizierbare Regale, Materialdefekte, Bodenlagerung, fehlender Schutz vor Rekontamination der aufbereiteten Textilen).

    Eine zentrale Bettenaufbereitung gab es in 5/14 Häusern, wobei nur eine Klinik dabei auch eine maschinelle Bettenreinigung betrieb. Lediglich eine Klinik hielt auf den Stationen separate Räumlichkeiten für die dezentrale Bettenaufbereitung vor. In allen 14 Kliniken fand die Bettenaufbereitung zusätzlich oder ausschließlich trotz Mehrfachbelegung im Patientenzimmer statt, wobei nach Arbeitsanweisung zeitgleich keine pflegerischen Maßnahmen an den anderen Patienten stattfinden sollten. Die jeweils vorgesehenen Räumlichkeiten waren beengt, die geplanten Räume auf den Stationen wurden teilweise anderweitig genutzt. Eine klare Trennung in rein/unrein fehlte. Unzureichender Schutz vor Rekontamination (3/14) wurde ebenso bemängelt wie Restverschmutzungen an gereinigten Betten (3/14 Häuser).

    Diskussion: Die Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen in medizinischen Einrichtungen sind komplex. Viele verschiedene eingesetzte Wirkstoffe in unterschiedlichen Dosierungen erschweren es den Anwender:innen, das richtige Produkt für die aktuelle Situation auszuwählen. „Keep it simple“ ist daher auch im Bereich der Reinigung und Desinfektion von Flächen entscheidend. Arbeitsanweisungen müssen stets aktuell sein. Die Nutzung von bebilderten und mehrsprachigen Anleitungen hat sich bewährt. Phasen von Produktwechseln müssen besonders engmaschig begleitet werden. Die Vielfalt an zur Verfügung stehenden Mittel und unterschiedliche Wirkbereiche erfordern eine genaue Prüfung und jährliche Kontrolle der Desinfektionsmittelpläne. Diese Grundgedanken setzten die Einrichtungen in der Regel gut um. Den Anwender:innen war bekannt, welches Produkt für welchen Zweck zum Einsatz kommt und konnten angeben, bei wem oder wo ggf. die Information zur Auswahl einzuholen ist.

    Konsens ist allerdings auch, dass neben gut geschulten Mitarbeitenden und der korrekten Auswahl der Produkte, nur sachgerecht aufbereitete und nach Aufbereitung kontaminationsgeschützte Reinigungstextilien eine gute Flächenhygiene ermöglichen können. Zeitgleich ist für die desinfizierende Flächenreinigung eine glatte, intakte Oberfläche erforderlich. Die Instandsetzung beschädigter Oberflächen wurde in den vergangenen Jahren bereits durch das Gesundheitsamt Frankfurt angemahnt. Die nun inspizierten Aufbereitungsräume offenbarten teilweise gravierende Mängel in diesen Bereichen, deren Behebung nachkontrolliert werden muss.

    Die Überprüfung der Flächenhygiene durch Gesundheitsämter ist eine aufwändige Thematik. Es müssen nicht nur diverse Dokumente geprüft, sondern auch vielfältige Bereiche in den Kliniken begangen sowie Prozesse stichpunktartig beobachtet werden. Die exemplarisch dargestellten Mängel in der Reinigung und Desinfektion von Flächen stellen nur eine Momentaufnahme dar, offenbaren jedoch bereits mehrere bedeutsame Problemfelder: bauliche Mängel, mangelnde Instandsetzung, Personalmangel und Schnittstellen in den Zuständigkeiten.

    Dies demonstriert eindrucksvoll die Bedeutung der Hygieneüberwachung medizinischer Einrichtungen durch die Gesundheitsämter, welche die Problemfelder an die Einrichtungsleitung adressieren und maßgeblich zur Erhöhung der Patientensicherheit beitragen können.


    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    10. April 2024

    © 2024. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany