Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S13-S14
DOI: 10.1055/s-0045-1801915
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
01.04.2025
Wasser
09:30 – 11:00

Bezüge zum Gesundheitsschutz in der Nationalen Wasserstrategie – das Beispiel „Wasserwiederverwendung“ aus der One Health-Planetary Health Perspektive

M Helmecke
1   Umweltbundesamt, Fachgebiet II 2.1 Übergreifende Angelegenheiten Wasser und Boden, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau
,
J Rechenberg
1   Umweltbundesamt, Fachgebiet II 2.1 Übergreifende Angelegenheiten Wasser und Boden, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau
› Author Affiliations
 
 

    Hintergrund: Im März 2023 wurde die Nationale Wasserstrategie (NWS) verabschiedet. Mit ihrem dazugehörigen Aktionsprogramm legt sie eine wesentliche Grundlage für den nachhaltigen Umgang mit unseren Wasserressourcen, um den zunehmenden Herausforderungen durch ⁠Klimawandel⁠, Globalisierung, Stoffeinträge und demografischen Wandel zu begegnen. Die NWS zielt darauf ab, langfristig den Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser zu erhalten, den verantwortungsvollen Umgang mit Grund- und Oberflächengewässern zu gewährleisten und den natürlichen Wasserhaushalt und die ökologische Entwicklung unserer Gewässer zu unterstützen.

    Der NWS liegt das Verständnis zugrunde, dass eine natürliche Funktionsweise des Wasserhaushalts und der Erhalt gesunder Gewässer nicht nur für den Naturhaushalt, sondern auch für das menschliche Wohlbefinden, die Gesundheit, die Ernährung und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung unabdingbar sind. Im Sinne des One Health-Planetary Health-Ansatzes sieht die NWS vor, dass intakte Wasserökosysteme und menschliche Nutzungen (allen voran die Trinkwassergewinnung) zusammen gedacht und integriert mit Maßnahmen abgesichert werden. Durch Aktionen zur Steuerung der Wassernutzungen (Sicherstellung der Wasservorräte), zur Reduktion von Stoffeinträgen u.a. durch die Fortentwicklung der Abwasserbehandlung und zur Renaturierung von Gewässern (Hochwasserschutz) leistet die NWS direkte Beiträge zu Schutz, Wahrung und Verbesserung der menschlichen Gesundheit.

    Umsetzung: Vertiefend kann dies anhand der Aktion 54 der NWS zur „Stärkung der Wasserwiederverwendung“ illustriert werden. Die Nutzung von aufbereitetem kommunalem Abwasser wird seit Juni 2023 durch die EU-Verordnung 2020/741 zu Wasserwiederverwendung (EU-Wasser-WVO) geregelt. Auch in Deutschland gewinnt die Wasserwiederverwendung für Bewässerungswecke zunehmend an Relevanz. Das häufigere und intensivere Auftreten von Trockenheiten insbesondere in den Sommermonaten und die veränderten Niederschlagsverhältnisse werden zu einer weiteren Steigerung des landwirtschaftlichen Bewässerungsbedarfs in den nächsten Jahrzehnten führen.

    Dabei ist zu gewährleisten, dass das Bewässerungswasser für Mensch und Umwelt sicher ist. Insbesondere aufbereitetes Abwasser kann Krankheitserreger und Schadstoffe enthalten. Die EU-Wasser-WVO definiert Mindestanforderung an die Wasserqualität, die unmittelbar in allen Mitgliedsaaten gelten. Dennoch erfordert sie zusätzliche nationale Regelungen und Konkretisierungen, um die wenigen Mindestanforderungen durch ein standortspezifisches Risikomanagement zu ergänzen. Für Deutschland besteht die Einschätzung, dass die Anforderungen der EU-Wasser-WVO den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie den Umweltschutz nicht ausreichend sicherstellen. Beispielhaft seien dabei Risiken durch Viren für die menschliche Gesundheit oder mögliche PFAS-Einträge in Böden, Grundwasser und Pflanzen genannt. Um entsprechende Anforderungen und ein anspruchsvolles und vorsorgeorientiertes Risikomanagement auf nationaler Ebene festzulegen, fanden bereits ressortübergreifende/interdisziplinäre Abstimmungs- und Austauschprozesse statt, deren Ergebnisse jetzt noch in entsprechende Reglungen überführt werden müssen.

    Bei deren Ausgestaltung werden die Gesundheit von Mensch und Umwelt, Pflanzen und der weiteren Ökosysteme sowie der unbelebten Umwelt gemäß dem One Health-Planetary Health-Ansatz intensiv betrachtet und gegeneinander abgewogen werden müssen.

    Diskussion: Herausforderungen ergeben sich dabei, Zielkonflikte zwischen ökologischen Notwendigkeiten zur Reduzierung der Wasserentnahmen (insbesondere aus dem Grundwasser) einerseits und hygienischen Bedenken beim Einsatz von aufbereitetem Abwasser andererseits auszuhandeln. Erschwert wird dies dadurch, dass kein gemeinsames Verständnis eines tolerablen Risikolevels vorliegt und es in Deutschland noch an empirischen Daten mangelt. Internationale Forschungsergebnisse sind nicht immer vollständig auf Deutschland übertragbar und müssen mit Erkenntnissen aus dem hiesigen Kontext (bspw. zum Nachweis der Entfernung humpanpathogener Viren bei der Wasseraufbereitung) ergänzt werden.


    Publication History

    Article published online:
    11 March 2025

    © 2025. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany