Hintergrund: Seit Mai 2022 können Medizinstudierende einen Teil des Praktischen Jahres (PJ) im
Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) absolvieren. Einige Gesundheitsämter haben seither
mit medizinischen Fakultäten Kooperationsverträge geschlossen, um das PJ vor Ort möglich
zu machen. In Gesundheitsämtern, die neu das PJ einführen, stellt sich häufig die
Frage, welche Tätigkeiten PJler:innen ausführen sollen und können. Dieser Frage nähert
sich das Konzept der anvertraubaren professionellen Tätigkeiten (APTs) aus der kompetenz-basierten
Lehre. APTs bieten Studierenden und ausbildenden Ärzt:innen eine Orientierung für
die Übernahme bzw. Übergabe von Verantwortung für die ärztliche Tätigkeit. In der
Ausbildung von Mediziner:innen im Bereich Öffentliche Gesundheit/Public Health gibt
es international erste Beschreibungen von APTs. In Deutschland sind bereits in einigen
Fachgebieten APTs zur Ausgestaltung von PJ und Facharztweiterbildung entwickelt und
angewandt worden, bisher allerdings noch nicht für den ÖGD.
Umsetzung: Das Amt für Gesundheit und Prävention Dresden, der Lehrstuhl Öffentliche Gesundheit
sowie das Institut für Didaktik und Lehrforschung an der Medizinischen Fakultät der
TU Dresden haben im September 2024 sächsische Gesundheitsämter zu einem Workshop eingeladen
mit dem Ziel der gemeinsamen Entwicklung von kompetenz-basierten Lernkonzepten für
das PJ am Beispiel der Schulaufnahmeuntersuchung und der Erstuntersuchung Asyl. Der
Workshop umfasste neben einer theoretischen Einführung zur Rolle des PJ im ÖGD und
den Erfahrungen in der Lehre des Amtes für Gesundheit und Prävention Dresden, eine
Vorstellung des Konzeptes der APTs. Im Anschluss wurden unter fachkundiger Anleitung
zunächst APTs für den ÖGD gesammelt und im Anschluss APTs für die Bereiche der Schulaufnahmeuntersuchung
und der Erstuntersuchung Asyl beispielhaft gemeinsam erarbeitet.
Diskussion: Neben dem Gesundheitsamt Dresden waren Vertreter:innen aus den Gesundheitsämtern
Chemnitz, Bautzen, Leipzig und Pirna beteiligt. Als mögliche APTs wurden acht Bereiche
im ÖGD identifiziert: Kinder- und Jugendärztliche Aufgaben, Maßnahmen des Infektionsschutzes
sowie Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Amtsärztliche Tätigkeiten, Beratende Tätigkeiten,
Sozialpsychiatrische Begleitung, Gesundheitsberichterstattung und -planung sowie die
Erstuntersuchung von Asylsuchenden. Für die APTs für die Kinder- und Jugendärztlichen
Aufgaben sowie die Erstuntersuchung von Asylsuchenden wurden im Workshop konkrete
Erstversionen der APTs ausgearbeitet. Diese werden in einem Folgeworkshop mit allen
Beteiligten konsolidiert werden und sollen bundesweit in die Entwicklung von APTs
mit wissenschaftlichen Fachgesellschaften eingebracht und weiterentwickelt werden.
Die gemeinsame Erstellung erster APTs hat gezeigt, dass diese Art der Aufarbeitung
von Kompetenzen den ausbildenden Ärzt:innen im ÖGD vor Ort eine Orientierung bieten
kann, um eine schrittweise Übergabe von Verantwortung für die Ausführung einer ärztlichen
Tätigkeit an die Studierenden im ÖGD zu ermöglichen. Die Investition in eine kompetenz-basierte
und hochwertige Ausbildung von Studierenden kann dazu beitragen Nachwuchs für den
ÖGD zu begeistern; zudem bietet sie eine Grundlage für eine Weiterentwicklung der
kompetenz-basierten Ausbildung in der Facharztweiterbildung.