Z Gastroenterol 2002; 40(2): 23-26
DOI: 10.1055/s-2002-815383
Mitteilungen
© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Jahrestagung des „Arbeitskreises für Neurogastroenterologie und Motilität e. V.”

4.-6. März 2001 Bericht und TagungszusammenfassungE. Osmanoglou, H. Mönnikes
  • 1Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatoplogie, Gastroenterologie, Endokrinologie und Stoffwechsel des Universitätsklinikums Charité der Humboldt-Universität zu Berlin
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Publication Date:
20 February 2002 (online)

Die Jahrestagung des Arbeitskreises fand vom 4.-6.3.2001 erneut in der Evangelischen Akademie in Tutzing statt. In 4 Sektionen wurden insgesamt 41 Vorträge zu aktuellen Ergebnissen von wissenschaftlichen Untersuchungen und ein Übersichtsvortrag gehalten. Der Präsident der diesjährigen Tagung war H. Mönnikes, Berlin.

Die erste Tagungssitzung mit dem Schwerpunkt Dickdarm fand unter dem Vorsitz von M. Karaus, Göttingen, und A. Rühl, Heidelberg, statt. Diese Sitzung wurde mit einem Vortrag von H. Hinninghofen, Tübingen, eröffnet. Es ist festgestellt worden, dass bei 20 % der Gesunden eine asymmetrische Innervation des Analsphinkters besteht. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Asymmetrie der Sphinkterfunktion in Verbindung mit geburtstraumatischen Verletzungen die Ausbildung einer Stuhlinkontinenz begünstigt. E. Weber, Düsseldorf, berichtete über In-vitro-Untersuchungen in Mukosa/Submukosapräparationen des Meerschweinchen-Dickdarms in denen gezeigt wurde, dass die dehnungsinduzierte Chloridsekretion über mechanosensitive extrinsische und intrinsische primäre Afferenzen vermittelt wird. Intrinsische primäre Afferenzen werden dabei über gadoliniumsensitive Ionenkanäle aktiviert. Der nächste Vortrag wurde von R. B. K. Rohrboeck, Wien, gehalten. Zur Prüfung der Hypothese über das Vorliegen einer räumlichen Summation von intraluminalen Stimuli, bedingt durch die Intensität des Reizes und der Anzahl der stimulierten Rezeptoren, wurden Probanden und Reizdarmpatienten untersucht. Die Autoren gehen davon aus, dass räumliche Summation bei Gesunden und Reizdarmpatienten vorhanden ist, dass jedoch Akupunktur keinen Einfluss auf die anorektale Wahrnehmung hat. Der folgende Vortrag von J. Niess, Berlin, befasste sich mit den Effekten von Stress auf die DNBS-induzierte Kolitis im Balb/c-Mausmodell. Immunhistochemisch konnten unter Stress eine Erhöhung der CD4+- und CD8+-Lymphozyten und eine gesteigerte epitheliale Proliferation festgestellt werden. Es wird gefolgert, dass Stress einen Einfluss auf den Anstieg von Lymphozyten in der intestinalen Mucosa bei einer hapteninduzierten Kolitis hat. H. Mönnikes, Berlin, stellte Studienergebnisse zu klinisch-psychosozialen Charakteristika und prädiktiven Faktoren des Behandlungserfolges von Reizdarmpatienten in der Primärversorgung (PV) vor. Die erhobenen Daten zeigten, dass klinische und psychosoziale Faktoren signifikanten Vorhersagewert für den Therapieerfolg beim Reizdarmsyndrom haben. Patienten, die eine Assoziation von Stress und Beschwerden wahrnehmen, profitieren am besten von der Behandlung. Es bleibt zu klären, ob dies auch für andere pharmakologische Ansätze gilt. Die in der Studie identifizierten prädiktiven Faktoren sollten beim Krankheitsmanagement und bei Planungen zur Evaluation neuer Behandlungsansätze des Reizdarmsyndroms beachtet werden. V. Pichler, Tübingen, berichtete über den Effekt von Nahrungsaufnahme auf die postoperative Motilität des Magen-Darm-Traktes beim Schwein. In experimentellen Studien zeigte sich, dass es postoperativ zu einer Hemmung der gastrointestinalen Motilität kommt. Vorbehandlung mit Tegaserod, einem 5-HT-4-Rezeptor-Agonisten, hingegen führte zu einer deutlichen Steigerung der postoperativen Dickdarmmotilität.

Die zweite Sitzung mit dem Schwerpunkt Dünndarm fand unter dem Vorsitz von T. Frieling, Krefeld, und D. Grundy, Tübingen/Sheffield, statt. J. Keller, Hamburg, berichtete über Studien zur intestinalen Motilität beim Menschen. Bei Probanden wurden nach Anlage einer orojejunalen Multilumensonde zur Motilitäts-und Sekretionsanalyse NaCl und VIP infundiert. Trotz typischer Effekte auf die Sekretion und Resorption sowie auf die Kreislaufparameter fanden sich keine Effekte von VIP auf die intestinale Motilität. Lediglich die Länge der Phase III des MMC wurde signifikant reduziert. Demzufolge ist es wenig wahrscheinlich, dass intestinale Motilitätsstörungen zur Symptomatik beim VIPOM beitragen. W. Jiang, Tübingen, berichtete über Effekte von IL-1ß auf die durch Prostaglandin-EP-Rezeptor vermittelte Stimulation jejunaler Motilität und afferenter neuronaler Aktivität. Bei der Untersuchung der Rolle von Prostaglandin-EP-Rezeptor-Subtypen wurde festgestellt, dass die Antwort der afferenten intestinalen Nervenimpulse und die jejunale Motoraktivät durch die alleinige Gabe eines EP 1-Rezeptor-Agonisten nicht signifikant beeinflusst werden konnten. Durch eine Vorbehandlung mit IL-1ß wurde die intestinale Antwort sowohl hinsichtlich der Steigerung der Motoraktivität als auch der Entladung der afferenten neuronalen Aktivität verstärkt. J. Rüter, Berlin, referierte über die Dipeptidylpeptidase IV (DPP IV/CD 26) bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Es wurde gezeigt, dass Patienten mit einer CED im Vergleich zu gesunden Kontrollen eine vermehrte CD-26-Expression auf T-Lymphozyten aufweisen. Die DPP-IV-Aktivität ist bei einer CED erniedrigt. Die vermehrte CD-26-Expression auf T-Lymphozyten wird als Zeichen der erhöhten T-Zell-Aktivierung gewertet. Die erniedrigte DPP-IV-Aktivität könnte als Gegenregulation zu verstehen sein. Im seinem Vortrag referierte K.-H. Schäfer, Mannheim, über den Neurotropingehalt in Proteinhomogenaten aus glatter Muskulatur von Patienten mit M. Hirschsprung. Bei der Untersuchung wurde das aganglionäre Segment mit dem gesunden Anteil des Darmes verglichen. Es zeigte sich eine deutliche Reduktion des Neurotropingehalts bei der M.-Hirschsprung-Gruppe. Im nächsten Vortrag wurde von S. Sallach, München, über die Auswertung aller von 1992-1998 in ihrer Klinik (n = 166) außerhalb von Studien durchgeführten digitalen Langzeitmanometrien (DIM) berichtet. Die Datenauswertung ergab, dass der klinische Einsatz der DIM die Diagnose zuvor nicht erkannter intestinaler Motilitätsstörung ermöglicht und somit Grundlage einer pathophysiologisch begründeten Differenzialtherapie sein kann. A. Kowalski, Düsseldorf, zeigte eine Zeitreihenanalyse der Tagebuchaufzeichnungen von Flugbegleitern mittels Wavelets. Aus dieser Analyse ging hervor, dass es bei dieser Berufsgruppe eine zeitabhängige Zunahme von meteoristischen Beschwerden bei bestehender Grundfrequenz gibt und dass während eines Flugeinsatzes die Anzahl der Mahlzeiten sowie die meteoristischen Beschwerden zunehmen, die Stuhlfrequenz jedoch abnimmt.

Die nächste Sitzung mit dem Schwerpunkt Magen/Ösophagus fand unter dem Vorsitz von G. Holtmann, Essen, und M. Katschinski, Marburg, statt. B. Saur, München, stellte seine Untersuchungsdaten über die molekulare Genese der hypertrophen Pylorusstenose beim Menschen vor. Mittels semiquantitativer PCR konnte eine ca. 70 %-ige Verminderung der nNOS-mRNA-Expression in OP-Präparaten von Säuglingen mit hypertropher Pylorusstenose gegenüber Kontrollgruppen nachgewiesen werden. Dabei war vor allem die Exon-1c-mRNA-Variante der nNOS mit einer Verminderung der Expression um ca. 90 % betroffen. Die Sequenzierung der Promoterregion von Exon 1c zeigte Einzelnukleotidpolymorphismen als mögliche Ursache der verminderten nNOS-mRNA-Expression. C. Gerads, Magdeburg, berichtete über eine mögliche neue Indikation zum „gastric pacing” bei Adipositas. In dieser erhielten 30 Patienten randomisiert ein Magenband oder einen Magenschrittmacher, der nach 4 oder 6 Wochen postoperativ aktiviert wird. Neben der Zielgröße Gewichtsveränderung wird ein zweiter Schwerpunkt auf die Erfassung der gastrointestinalen Motilität und Perzeption durch manometrische und psychophysiologische Untersuchungen gelegt. Aus Auswertungen der Baseline-Daten ergaben sich Hinweise auf hypomotile Störungen des Magens bei Adipösen. Im nächsten Vortrag berichtete M. Storr, München, über Cannabinoid-CB-1-Rezeptoren am Magenfundus der Ratte. Es konnte gezeigt werden, dass am Magenfundus sowohl die cholinerg vermittelte Kontraktion als auch die nichtadrenerge, nichtcholinerge Relaxation signifikant reduziert werden konnten. Dieses impliziert, dass Canabinoide eine Modulation der synaptischen Funktion bewirken. Es konnte somit ein Hinweis für eine direkte Beeinflussung der glattmuskulären Funktion des Magens durch Cannabinoide ermittelt werden. G. Holtmann, Essen, referierte über die Modulation der gastralen mechanosensorischen Funktion durch opioderge antinozizeptive Nervenbahnen bei gesunden Probanden. Anhand von gastralen Barostatuntersuchungen bei Probanden konnte gezeigt werden, dass durch die Applikation von Naloxon die Wahrnehmungsschwelle im Vergleich zu Plazebo gesenkt werden konnte. Aufgrund dieser Befunde ist davon auszugehen, dass bei gesunden asymptomatischen Probanden opioderge Einflüsse die viszerale Wahrnehmung modulierten. Veränderungen dieser antinozizeptiver Wirkmechanismen könnten somit eine Rolle in der Entstehung von viszeraler Hypersensitivität bei Patienten mit funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen spielen. C. Pehl, München, stellte in seinem Vortrag Ergebnisse zu einer Studie bei Patienten mit einem Sjögren-/Sicca-Syndrom vor. Eine pH-metrisch diagnostizierte Refluxerkrankung fand sich in dem untersuchten Patientengut gehäuft, jedoch nicht regelmäßig. Ein morphologisches Korrelat im Sinne einer Refluxösophagitis scheint eher selten vorzukommen. Der Frage nach dem Vorliegen eines duodenogastralen Refluxes (DGER) bei Patienten mit Refluxösophagitis und einem Barrett-Ösophagus ist W. Voderholzer, Berlin, nachgegangen. Es konnte gezeigt werden, dass Patienten mit einem Barrett-Ösophagus im Vergleich zu Patienten mit einer Refluxösophagitis mehr DGER und einen erhöhten nächtlichen sauren gastroösophagealen Reflux aufweisen. Eine Evaluation der Symptome hilft nicht bei der Unterscheidung beider Patientengruppen. Hohe Dosen von antisekretorischen Medikamenten werden benötigt, um den DGER zu reduzieren. Einen Vortrag zur nichtobstruktiven Dsyphagie bei GERD Patienten mit den Symptomen Odynophagie und Globusgefühl hielt R. Merio, Wien. Diese Form der Dysphagie ist mit höheren Amplituden assoziiert und nicht mit Hypomotilität. Inkomplette schluckausgelöste Relaxationen eines LES mit höheren Ruhe- bzw. Residualdrücken könnten für die dys- und odynophagischen Beschwerden der Patienten eine Rolle spielen. W. Neuhuber, Erlangen, war mit insgesamt 2 Themen vertreten. Der erste Vortrag handelte von vagalen Afferenzen und Neurotrophinen. Im Ösophagus waren IGLES bei Neurotrophin-3-Knockouts (NT-3+/-) im Vergleich zum Wildtyp (NT-3+/+) auf weniger als die Hälfte vermindert. Somit zeigen IGLES dieselbe Neurotrophinabhängigkeit wie Propriozeptoren der Skelettmuskulatur, was zu einer vermuteten Funktion als vagale Mechanosensoren passen würde. In dem zweiten Vortrag berichtete W. Neuhuber, Erlangen, über die glatte Muskulatur des Ösophagus bei der Maus. In der nach anal wandernden Umwandlungszone fanden sich Zellen, die den hochaffinen TrkB-Rezeptor für BDBF und NT-4 exprimieren. Diese Zellen sind negativ für glattmuskuläres Aktin, zeigten aber auch keine Clusterung von nikotinischen Azetylcholinrezeptoren. Es handelt sich möglicherweise um Myoblasten, die zu Satellitenzellen werden.

Die nächste Sitzung wurde mit Schwerpunkt Brain-Gut-Interaktion und Autonomes Nervensystem unter dem Vorsitz von P. Enck, Tübingen, und H. Mönnikes, Berlin, durchgeführt. Im ersten Vortrag dieser Sitzung berichtete B. Wietek, Tübingen, über funktionelles MRT-Brain-Mapping. Bei Gesunden existiert ein typisches anorektales Brain Network, Patienten mit Colitis ulcerosa weisen demgegenüber signifikant erhöhte kortikale Aktivitäten in SI, Gyrus cinguli, orbitofrontalem Kortex und Zerebellum linksseitig auf. Es fiel bei der Nachuntersuchung der operierten Patienten auf, dass anschließend die Aktivität geringer ausfällt als bei den freiwilligen Probanden in den vergleichbaren Hirnregionen. S. Hollerbach, Bochum, berichtete, dass NCCP-und GERD-Patienten eine niedrigere sensorische Wahrnehmungsschwelle für elektrische Reize im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe haben. Die Latenzen und Amplituden deuten darauf hin, dass diese verstärkte Wahrnehmung bei NCCP eher als eine zentrale Amplifikation der sensorischen Wahrnehmung als eine periphere viszerale Hypersensitivität zu werten ist, während sich die GERD-Patienten von Normalpersonen nur unwesentlich unterschieden. Über IBS-Patienten mit dyspeptischen Beschwerden berichtete S. Elsenbruch, Essen. Die Patienten klagen über schwer wiegende und vielfältige GI-Beschwerden, jedoch auch über extraintestinale Beschwerden mit Schlafstörung. Objektivierbare Schlafstörungen liegen jedoch nicht vor, dennoch ist das gestörte Schlafverhalten mit GI-Beschwerden assoziert. Die Schlafbeschwerden sind nicht mit einer veränderten Kortisolsekretion assoziert. M. E. Kreis, Tübingen, berichtete über die Reduktion der Stammhirnaktivierung nach intestinaler Anaphylaxie in der Ratte bei akutem Stress. Akuter Stress reduziert diese Aktivierung, ohne dass die intestinale Anaphylaxie reduziert wird, wie anhand gleichbleibender RMCP-II-Spiegel als Marker für die Anaphylaxie gezeigt wurde. H. Mönnikes, Berlin, berichtete für J. Tebbe, Marburg, darüber, dass die gastrale Säuresekretion der Ratte über CRF- und NPY-1-Rezeptoren im Hypothalamus nach Aktivierung der Neuronen im Nucleus arcuatus (Arc) inhibiert werden kann. Diese Erkenntnisse unterstützen die Hypothese, dass die N.-arcuatus-N.-paraventricularis-Achse in der zentralnervösen Kontrolle der GI-Funktionen involviert ist. Des Weiteren unterstützen die Ergebnisse die Auffassung, dass die Modulation der gastralen Säuresekretion durch Aktivierung des N. arcuatus durch hypothalamische CRF- und NPY-1-Rezeptoren vermittelt wird. Ein Zusammenhang zwischen Stress und dem Verlauf von M. Crohn wird seit langem vermutet, so P. Arck, Berlin. Es konnte eine signifikant positive Korrelation zwischen dem aus dem Fragebogen ermittelten Stress-Score und CCR5+-Zellen im Blut und Gewebe nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse zeigen erstmalig eine Beziehung zwischen hoher Stresswahrnehmung und erhöhten Spiegeln inflammatorischer Mediatoren bei Patienten mit M. Crohn. J. M. Gschossmann, Essen, berichtete über den Zusammenhang zwischen der postinflammatorischen viszeralen Hyperalgesie und veränderten antinozizeptiven Nervenbahnen im Rattenmodell. Aufgrund von Antagonistenstudien kann gefolgert werden, dass dies mit Störungen opioderger schmerzinhibitorisch wirksamer Nervenbahnen zusammenhängt. H. Fass, Zürich, berichtete über ein Experiment an gesunden Probanden, bei denen die Magenentleerung mit und ohne Induktion von Übelkeit durch Vektion gemessen wurde. Es zeigte sich bei allen Probanden, unabhängig vom Ausmaß der empfundenen Eigenrotation und Übelkeit, eine signifikante Verzögerung der Magenentleerung. P. Holzer, Graz, zeigte in einem Übersichtsvortrag, dass intrinsische und extrinsische sensible Neurone Mukosaschäden detektieren und prompt lokale Protektionsantworten wie auch autonome und neuroendokrine Homöostasereflexe einleiten. Die selektive pharmakologische Modulation extrinsischer afferenter Neurone sei daher auch ein interessanter Angriffspunkt neuer Therapiestrategien bei funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen.

Die nächste Sitzung wurde unter dem Vorsitz von A. Kroesse, Utrecht, und M. Schemann, Hannover, mit dem Schwerpunkt enterisches Nervensystem abgehalten. O. Luibashina, Hannover, zeigte, dass die zirkulär angeordneten Muskeln im Plexus myentericus des Dünn- und Dickdarmes mit exzitatorischen cholinergen und inhibitorischen nitrergen Neuronen innerviert wird. VIP scheint der bedeutsamste Neurotransmitter der deszendierenden inhibitorischen Neurone zu sein. Substanz P hingegen ist ein Kotransmitter in aszendierenden exzitatorischen Neuronen. A. Sibaev, München, berichtete über ausgeprägte regionale Differenzen in der Innervation des Dickdarmes. Oligoganglionäre Regionen im proximalen Kolon konnten erstmalig nachgewiesen werden. In dieser Region gibt es Hinweise auf einen erhaltenen neuronalen Input, der auf die Muskelzelle wirkt. M. Rhön, Hannover, berichtete, dass Studien zur Funktion des ENS unter verschiedenen pharmakologischen Bedingungen (Hexamethonium, L-NAME, Atropin) durchgeführt wurden. Neben aszendierender Aktivierung und deszendierender Hemmung zeigten die Neurone auch eine projektionsunspezifische Verteilung im enterischen Nervensystem auf. H. Pfannkuche, Leipzig, zeigte, dass es bei der Borna-Erkrankung neben der zentralnervösen Symptomatik auch zu gastrointestinalen Störungen kommt. BDV-infizierte Neurone exprimieren primär einen cholinergen Phänotyp. Es ist wahrscheinlich, dass BDV-induzierte GI-Störungen auf der Ebene des enterischen Nervensystems lokalisiert sind und auf die Infektion spezifischer enterischer Subpopulationen zurückzuführen sind. T. Wedel, Lübeck, hielt einen Vortrag über morphometrische Untersuchungen der interstiellen Cajal-Zellen bei Patienten mit Slow-Transit-Konstipation und Megakolon. In beiden Gruppen konnte eine quantitative Abnahme der Cajal-Zellen beobachtet werden. Die Veränderungen waren umso ausgeprägter, je schwer wiegender die intestinalen Innervationsstörungen waren. Die Daten sprechen für eine funktionelle Bedeutung der Cajal-Zellen in der Vermittlung kolorektaler Motilität. E. Weber, Basel, berichtete über Studien zur funktionellen Charakterisierung eines partiellen Rezeptoragonismus am Beispiel von Tegaserod. Als partieller 5-HT-4-Rezeptor-Agonist ist die kontraktile Wirkung von Tegaserod deutlich geringer als von Serotonin. Tegaserod hemmt zusätzlich serotonininduzierte Kontraktionen der Präparation. Ein partieller Agonist wie Tegaserod kann sowohl als Agonist als auch als Antagonist wirken und besitzt daher das Potenzial eines pharmakologisch einsetzbaren Modulators. S. Holland-Cunz, Mannheim, führte ein, dass perspektivisch als Alternative zur Dünndarmtransplantation beim Kurzdarmsyndrom der Einsatz von künstlichem Darm denkbar sei. Einige HT-29-Enterozyten zeigten unter GH-Stimulation eine Zunahme der Zellgröße, weiterhin wurde eine Proliferationshemmung beobachtet sowie eine Zunahme der Granulationen. In Kokultur werden nun die unterschiedlichen Effekte von GH auf die einzelnen Kompartimente und deren Interaktionen hinsichtlich der Frage untersucht, ob eine physiologisch funktionierende Darmwand geschaffen werden kann. J. Schirra, Marburg, gab an, dass bereits der interdigestive basale Plasmaspiegel von GLP-1 tonisch die phasische antroduodenale und proximale gastrale Motoraktivität hemmt und die proximal gastrale Compliance steigert. Die Hemmung der antroduodenalen und gastralen Motilität ist nur partiell durch cholinerge Wirkung vermittelt. Die Steigerung der gastralen Compliance und des Pylorustonus erfolgt unabhängig von der vagal-cholinergen Aktivität. M. Neunlist, Nantes, berichtete über die Rolle des enterischen Nervensystems (ENS) in der Regulation der gastrointestinalen Barriere beim Menschen. In dem verwendeten Modell wurden ohne Aktivierung des ENS eine Änderung des epithelialen Zellphänotyps, der gastrointestinalen Permeabilität sowie eine reaktive Hyperproliferation beobachtet. Eine Aktivierung des ENS führt zur Verbesserung der Barrierefunktion. Diese Effekte sind wahrscheinlich zum Teil durch VIPerge Neurone vermittelt. C. F. Mang, Mainz, wies nach, dass Anandamid und Capsaicin die basale ACh-Freisetzung und den Basaltonus im Plexus-myentericus-Präparat des Meerschweinchens erhöhen. Eine Blockade der CB1- oder CB2-Rezeptoren hat darauf keinen antagonistischen Einfluss. Applikation von Capsaicin oder kombinierte Blockade von NK1- und NK3-Rezeptoren bewirken eine signifikante Rechtsverschiebung der Konzentrations-Wirkungs-Kurve (KWK), ein Hinweis darauf, dass dieser Effekt über Vanilloidrezeptoren vermittelt wird. Anandamid hemmt die elektrisch evozierte ACh-Freisetzung und Kontraktion. Dieser Effekt ist nicht antagonisierbar durch Capsaicin, NK-Rezeptor- oder CB2-Rezeptor-Blockade. Der CB1-Rezeptor-Antagonist bewirkt eine schwache, jedoch signifikante Rechtsverschiebung der KWK, was auf präsynaptische CB-Rezeptoren hinweist, die die ACh-Freisetzung modulieren. H. Salmhofer, München, berichtete, dass aufgrund Vorhandenseins von NK-1-R LI als einen Marker einer tachykinergen neuronalen Signaltransduktion in subepithelialen Fibroblasten (SEF) und der Tatsache, dass die SEF zwischen Nervenfasern und Epithelien liegen, davon auszugehen ist, dass die SEF eine primäre Zielstruktur in der Kommunikation von Neuronen und Epithelien darstellen. K. Michel, Hannover, stellte eine Methode zum Neuro-Imaging im ENS mit hochauflösender CCD-Technik vor. Hierbei können mithilfe von membranpotenzialsensitiven Fluoreszenzfarbstoffen und einer hochauflösenden CCD-Kamera Nervenzellaktivitäten im ENS mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung dargestellt werden.

Die Jahrestagung fand in diesem Jahr mit finanzieller Unterstützung der Firmen AstraZeneca, GlaxoSmithKline, Medtronic, Novartis, Solvay und Standard-Instruments statt.

Anschrift für die Verfasser

PD Dr. med Hubert Mönnikes, Dipl.-Psychologe

Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie
Gastroenterologie, Endokrinologie und Stoffwechsel des
Universitätsklinikums Charité der Humboldt-Universität zu Berlin

Augustenburger Platz 1

13353 Berlin

Email: hubert.moennikes@charite.de

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