psychoneuro 2003; 29(4): 154-158
DOI: 10.1055/s-2003-39181
Schwerpunkt

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Genetische Befunde bei Angsterkrankungen

Jürgen Deckert1 , Katharina Domschke1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums, Münster
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Korrespondenzadresse:

PD Dr.med. J Deckert

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Universitätsklinikum Münster

Albert-Schweitzer-Str. 11

48149 Münster

Email: deckertj@uni-muenster.de

Publication History

Publication Date:
09 May 2003 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

An der Entstehung von Angsterkrankungen sind neben psychosozialen auch genetische Faktoren beteiligt. Klinische Studien haben insbesondere Hinweise auf einen Beitrag genetischer Faktoren zur Entstehung der Panikstörung von ungefähr 48 % erbracht. Für Panikstörung, aber auch für andere Angsterkrankungen gibt es erste molekulargenetische Befunde. Diese Befunde könnten die Grundlage für neue Therapieansätze liefern.

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Summary

Psychosocial as well as genetic factors contribute to the pathogenesis of anxiety disorders. Clinical studies have in particular provided evidence for a genetic liability to panic disorder of about 48 %. Evidence for the association of genes with panic disorder, but also with other anxiety disorders has been reported. These findings may provide the basis for the development of innovative therapies.

Angsterkrankungen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen mit einer Lebenszeitprävalenz von 15 % bis 25 %. Unter den Angsterkrankungen ist die Panikstörung hinsichtlich ihrer neurobiologischen und genetischen Grundlagen die am besten erforschte Erkrankung. Daher sollen die genetischen Befunde zur Panikstörung ausführlich dargestellt werden. Die Befunde zu anderen Angsterkrankungen wie der Generalisierten Angststörung, der sozialen und spezifischen Phobien und der Posttraumatischen Belastungsstörung werden kurz zusammengefasst. Abschließend soll die Relevanz genetischer Forschung für die Entwicklung neuer Therapieansätze erläutert werden.

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Klinik und Epidemiologie der Panikstörung

Die Panikstörung ist eine Angsterkrankung mit einer weltweiten Prävalenz von 1-3 % [17]. Nach dem Klassifikationssystem ICD-10 ist die reine Panikstörung (F41.0) charakterisiert durch wiederkehrende schwere Angstattacken (Panik), die sich nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände beschränken und deshalb auch nicht vorhersehbar sind. Die Zeitkriterien einer Panikstörung sind erfüllt, wenn „mehrere schwere vegetative Angstanfälle innerhalb eines Zeitraumes von etwa einem Monat” auftreten. Die Kriterien für Panikstörung in der amerikanischen DSM-IV Klassifikation (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) fordern zusätzlich die mindestens einen Monat andauernde Erwartungsangst vor einer erneuten Panikattacke. Die Dauer einer Panikattacke wird mit 10 bis 30 Minuten angegeben.

Häufig treten die Panikattacken in Zusammenhang mit Agoraphobie auf. Agoraphobie bezeichnet ein Vermeidungsverhalten hinsichtlich öffentlicher Plätze oder Situationen, bei denen im Falle einer Panikattacke ein Entkommen oder Hilfe von außen nur schwer möglich wäre. Komorbidität von Panikstörung findet sich darüber hinaus hauptsächlich mit anderen Angsterkrankungen, Depression, Alkoholismus, Drogenabhängigkeit und der Zwangserkrankung. Das durchschnittliche Erstmanifestationsalter liegt zwischen dem 30. und 44. Lebensjahr. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Zur Entstehung der Panikstörung tragen wesentlich psychosoziale Faktoren wie Lebensereignisse und Lernerfahrungen bei. Entsprechend werden psychotherapeutische Verfahren wie die kognitive Verhaltenstherapie aber auch die tiefenpsychologische Psychotherapie erfolgreich in der Behandlung eingesetzt. Bei einem Teil der Patienten ist zusätzlich eine pharmakotherapeutische Behandlung mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI) oder anderen primär als Antidepressiva entwickelten Substanzen erforderlich. Bei ungefähr 30 % der Patienten nimmt die Erkrankung jedoch einen chronischen Verlauf. Für diese Gruppe ist die Entwicklung neuer Therapiestrategien erforderlich. Ein Weg hierzu kann die Erforschung der neurobiologischen Grundlagen der Erkrankung mit genetischen Methoden sein.

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Neurobiologie der Panikstörung

Vor dem Hintergrund eines mehrdimensionalen Entstehungsmodells der Panikstörung liegt neben der Untersuchung psychosozialer Faktoren wie „life events” oder Rollenerwartungen [2] ein Schwerpunkt des wissenschaftlichen Interesses auf der Erforschung der Neurobiologie der Panikstörung. Hinweise auf potenzielle pathobiochemische Mechanismen und damit auch mögliche genetische Grundlagen der Panikstörung liefern Untersuchungen zu mit der Erkrankung assoziierten Neurotransmitter-Systemen [1]. So können Panikattacken durch intravenöse Natrium-Laktat-Infusionen und durch Kohlendioxid-Inhalation induziert werden. Man nimmt an, dass es durch die durch Natrium-Laktat induzierte metabolische Alkalose zu einer kompensatorischen Hypoventilation kommt, in deren Folge Kohlendioxid akkumuliert. Kohlendioxid bewirkt eine zentrale Hyperkapnie, die wiederum über Stimulation des Locus coeruleus und nachfolgenden Anstieg des zerebralen Noradrenalin Panikattacken auslösen kann. Für eine zentrale Rolle des noradrenergen Systems bei Panikattacken sprechen weiterhin positive Resultate in Provokationstests mit noradrenerg wirksamen Substanzen wie Yohimbin, Noradrenalin und Isoprenalin sowie die therapeutische Wirksamkeit von Monoaminoxidase-A-Inhibitoren. Einen Hinweis auf eine mögliche Funktion des serotonergen Systems in der Entstehung von Panikattacken stellt der erfolgreiche Einsatz von selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI) in der Therapie der Erkrankung dar. In Provokationstests mit Koffein zeigten Patienten eine erhöhte Empfindlichkeit im Vergleich mit gesunden Kontrollpersonen. Als möglicher zugrunde liegender Mechanismus dieser anxiogenen Wirkung wurde die Blockade von Adenosinrezeptoren durch Koffein diskutiert, die zu einer sekundären Noradrenalinfreisetzung im Locus coeruleus führt. Nachdem bei Panikattacken Benzodiazepine als g-Aminobuttersäure (GABA)-A-Rezeptor-Agonisten therapeutisch erfolgreich eingesetzt werden, wurde zudem eine mögliche Rolle des GABA-ergen Systems bei der Genese der Panikstörung untersucht. In Provokationsstudien konnten durch Flumazenil, einen Antagonisten am GABA-A/Benzodiazepin-Rezeptor-Komplex, Panikattacken ausgelöst werden. Cholezystokinin zeigte in Provokationsuntersuchungen ebenfalls panikogene Effekte mit signifikant erhöhten ACTH- und Kortisol-Spiegeln. In Übereinstimmung mit dieser Beobachtung fand sich bei Patienten mit Panikstörung weiterhin eine Störung der Nebennierenrindenachse mit einer zugrunde liegenden Hypersekretion von CRH (Corticotropin Releasing Hormon).

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Genetik der Panikstörung

Zur Untersuchung der Rolle von Veranlagungsfaktoren bei der Entstehung der Panikstörung werden Untersuchungsmethoden der klinischen und molekularen Genetik herangezogen.

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Klinische Genetik

Familienstudien untersuchen vergleichend die Rate einer Erkrankung bei Verwandten ersten Grades betroffener Patienten und gesunder Kontrollen. In diesen Untersuchungen zeigten Verwandte ersten Grades von Patienten mit Panikstörung ein signifikant höheres Risiko (7,7-20,5 %), an Panikstörung zu erkranken, als Verwandte gesunder Kontrollpersonen (0,4-2,4 %) [12]. In Zwillingsstudien wird zur Bestimmung des Anteils genetischer Faktoren in der Entstehung der Erkrankung die Konkordanz (das gemeinsame Vorliegen der Erkrankung bei beiden Zwillingen) vergleichend bei eineiigen und zweieiigen Zwillingspaaren untersucht. Für die Panikstörung wurde bei eineiigen Zwillingen eine 2- bis 3-fach höhere Konkordanzrate für die Erkrankung ermittelt als bei zweieiigen Zwillingen der Kontrollstichprobe. Multivarianzanalysen bei eineiigen Zwillingen zeigten einen Anteil genetischer Faktoren (Heritabilität) in der Entstehung der Panikstörung von bis zu 48 % [8]. In der Summe lassen diese Befunde auf einen signifikanten Einfluss von genetischen Faktoren auf die Vulnerabilität für die Erkrankung schließen. Segregationsstudien konnten jedoch kein eindeutiges Vererbungsmuster nach den Mendelschen Gesetzen ermitteln. Diese Beobachtung spricht entweder für Heterogenität, das heißt die Verantwortlichkeit mehrerer Gene für die Ausprägung des Merkmals der Erkrankung, oder für eine komplexe Vererbung nach dem Modell einer Interaktion zwischen multiplen Genen mit inkompletter Penetranz und Umweltfaktoren [Abb. 1]. Diese kleinen Effekte einzelner Gene in der komplex-genetischen Genese einer Erkrankung lassen sich molekulargenetisch vor allem unter Verwendung von Assoziationsstudien genauer analysieren.

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Molekulare Genetik

In Kopplungsuntersuchungen („linkage studies”) wird die Kosegregation von genetischen Varianten im menschlichen Genom mit dem Auftreten einer Erkrankung untersucht. Liegt für einen Befund die statistische odds-ratio unter 1:1000, bzw. der LOD(Logarithm of odds)-Wert über 3, darf eine Kopplung mit dem betreffenden Lokus angenommen werden. Diese Untersuchungsmethode eignet sich vor allem für die Entdeckung von Genen mit einem großen Effekt. Entsprechend erbrachten zwei das gesamte menschliche Genom umfassende Kopplungsuntersuchungen mit LOD-Werten unter 3 für alle untersuchten Marker keine signifikant positiven Ergebnisse. In genetisch homogenen isländischen Familien wurde vor kurzem Kopplung mit einem Lokus auf Chromosom 9 beschrieben [14]. Dieser Befund bedarf jedoch der Replikation in anderen Stichproben.

In Assoziationsstudien wird die Frequenz einer bestimmten genetischen Variante in Patienten- und Kontrollstichproben vergleichend bestimmt. Typischerweise werden hier so genannte Kandidatengene untersucht, für deren Proteine man einen pathophysiologischen Einfluss auf die Genese der jeweiligen Erkrankung vermutet. Wird die genetische Variante signifikant häufiger in der Patientenstichprobe gefunden als bei den Kontrollen, kann eine Assoziation zwischen der betreffenden Variante und der Erkrankung angenommen werden. Kandidatengene wurden bisher überwiegend auf der Grundlage von bekannten effektiven pharmakologischen Therapien, positiven Befunden in Provokationsstudien und endokrinologischen Befunden abgeleitet, neuerdings auch aus Verhaltensbeobachtungen bei transgenen oder knock-out Mäusen.

Für eine Reihe von Kandidatengenen wurden in einzelnen Stichproben Assoziationen mit Panikstörung gefunden. In unabhängigen Stichproben repliziert wurden diese Befunde bisher allerdings nur für die aktiveren Promotorvarianten des Gens der Monoaminoxidase A [3], den Aminosäurepolymorphismus des Gens der Catechol-O-Methyltransferase [4] [7] [18] und die längeren Promotorvarianten des Gens des Cholezystokinin-Rezeptors B [9] [11]. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Assoziationen für die Gene der Monoaminoxidase A und der Catechol-O-Methyltransferase auf die weiblichen Patienten beschränkt waren. In allen Fällen wurden jedoch auch Nonreplikationen berichtet, so dass weitere Untersuchungen erforderlich sind.

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Genetik anderer Angsterkrankungen

Klinisch-genetische Untersuchungen haben für die Generalisierte Angststörung bei eineiigen Zwillingen eine 2-fach erhöhte Konkordanzrate mit einer Heritabilität von 30 % ermittelt. Familienstudien zeigten dementsprechend ein 2- bis 3-fach erhöhtes Risiko der Erkrankung für Verwandte ersten Grades von Patienten mit Generalisierter Angststörung.

Bei Phobien konnte ebenfalls eine erhöhte Konkordanzrate bei eineiigen Zwillingen mit einer gemittelten Heritabilität von 30 % beobachtet werden. Die größten Anteile des genetischen Einflusses in der Entstehung der Erkrankung wurden für die Agoraphobie (67 %), die Blut-Injektions-Verletzungs-Phobie (59 %) und die Soziale Phobie (51 %) berechnet. Entsprechend wurde ein besonders erhöhtes Risiko für Verwandte ersten Grades bei Patienten mit Blut-Injektions-Verletzungs-Phobie und generalisierter Sozialer Phobie beobachtet. Das familiäre Risiko für Agoraphobie rekrutierte sich hauptsächlich aus dem Anteil der weiblichen Verwandten.

Auch die Posttraumatische Belastungsstörung fand sich mit einer Heritabilität von 30 % in höherer Konkordanzrate bei eineiigen Zwillingen, wobei vornehmlich weibliche Verwandte von Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung ein erhöhtes Risiko zwar nicht für die Erkrankung selbst, jedoch für die Generalisierte Angststörung aufwiesen (15). Ein Teil der genetischen Faktoren waren dabei spezifisch, ein Teil unspezifisch für die untersuchten Angsterkrankungen [10].

In Assoziationsuntersuchungen wurden positive Assoziationen von Genen der katecholaminergen Neurotransmittersysteme mit der Sozialen Phobie, der Generalisierten Angststörung und der Posttraumatischen Belastungsstörung berichtet. Die Soziale Phobie wurde bei Frauen mit Prämutationen im FMR-1 Gen in Verbindung gebracht, das heißt, es liegen 50-200 Tripletts im FMR-1 Gen vor (ab 200 Tripletts spricht man dagegen von Vollmutationen). Für keinen dieser Befunde liegen allerdings bisher positive Replikationen vor.

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Klinische Bedeutung

Klinisch-genetische Studien haben einen signifikanten Einfluß genetischer Disposition in der Genese der Panikstörung und anderer Angsterkrankungen gezeigt. Kopplungs- und Assoziationsstudien erlauben allerdings bisher nur begrenzt Aussagen über die Rolle spezifischer Loci oder Gene in der Entstehung der Erkrankung. Grund dafür sind zum einen die komplexe genetische Natur der Erkrankungen und zum anderen Schwierigkeiten in der Auswahl des neurobiologisch relevanten Phänotyps.

Bei komplex-genetischen Erkrankungen liegen die erwarteten Effekte eines einzelnen Gens bei etwa 1 % der Gesamtheritabilität. Untersuchungen in größeren Stichproben sowie Replikationsstudien in unabhängigen Kollektiven sind daher unerlässlich. Zudem müssen bei komplexen Erkrankungen Gen-Gen-Interaktionen und Gen-Umwelt-Interaktionen berücksichtigt werden. Variabilität in einem bestimmten Gen könnte so bei geringem eigenen Effekt in Konstellation mit Variationen in anderen Genen oder bestimmten Umweltfaktoren die Vulnerabilität für das Auftreten der Erkrankung synergistisch (überadditiv) erhöhen.

Die zweite Hauptproblematik in der Untersuchung der genetischen Einflüsse auf die Pathogenese der Angsterkrankungen wie der Panikstörung besteht darin, dass nur eine differenzierte klinische Definition des Phänotyps in der untersuchten Stichprobe die Identifizierung der der Erkrankung zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen mittels genetischer Methoden ermöglicht. So scheint die im Vergleich zu männlichen Patienten um den Faktor 2-3 höhere Prävalenz von Panikstörung bei Frauen mit geschlechtsspezifischen Assoziationsbefunden und daraus resultierenden neurobiologischen Störungen zu korrelieren. Auch dürfte die von Fall zu Fall unterschiedliche Komorbidität von Panikstörung mit unterschiedlichen zugrunde liegenden genetischen Risikofaktoren verbunden sein. Es stellt sich die Frage, inwieweit eine Stichprobenbildung für genetische Untersuchungen nach starren klinisch-diagnostischen Schemata (ICD-10, DSM-IV) zu einer zuverlässigen Identifizierung der verantwortlichen genetischen Faktoren führen kann. Dieser Problematik begegnen in letzter Zeit Forderungen nach einer differenzierteren psychiatrischen Nosologie für genetische Studien. Diese „dimensionale Nosologie” schlägt einen „intermediate phenotype” der „ängstlichen Persönlichkeit” oder der „behavioral inhibition” (Schüchternheit) als das eigentliche genetisch bedingte Kerncharakteristikum der Panikstörung (siehe auch [Abb. 1]) und damit als eine möglicherweise präzisere klinisch-diagnostische Grundlage für molekulare Untersuchungen der Erkrankung vor [13].

Bei Bewältigung dieser methodischen Probleme kann die Erforschung der neurobiologischen Grundlagen der Panikstörung und der anderen Angsterkrankungen wichtige Beiträge zur Entwicklung neuer Therapieansätze liefern. Neue therapeutische Ansätze sind vor allem aus der Untersuchung von Genen zu erwarten, die nicht aufgrund von Kenntnissen zum molekularen Wirkmechanismus von therapeutisch wirksamen Substanzen oder Panikattacken-auslösenden Substanzen ausgewählt wurden, sondern z.B. auf der Grundlage von Verhaltensbeobachtungen transgener oder knockout-Mäuse wie im Fall des CREM-Gens [5]. Unmittelbarer abzuleiten ist derzeit allerdings noch der Einsatz von Inhibitoren der Catechol-O-Methyltransferase als neue Anxiolytika. So liegt die Erhöhung des Risikos, an Panikstörung zu erkranken, durch die aktivere Valinvariante der Catechol-O-Methyltransferase in der amerikanischen - und unserer deutschen Stichprobe (im Gegensatz dazu siehe aber die koreanische Stichprobe) - in der gleichen Größenordnung wie die Risikoerhöhung durch die aktiveren Promotorvarianten der Monoaminoxidase A. Inhibitoren der Monoaminoxidase A sind in der Behandlung von Angsterkrankungen, vor allem bei Frauen therapeutisch wirksam [16]. Sollte sich in weiteren Untersuchungen die Assoziation mit der aktiveren Valinvariante der Catechol-O-Methyltransferase bestätigen, würde dies Überlegungen unterstützen, die bisher ausschließlich zur Behandlung des Parkinsonsyndroms zugelassenen Inhibitoren der Catechol-O-Methyltransferase auf ihre Wirksamkeit bei Panikstörung zu untersuchen. Hinweise auf ihre antidepressive Wirkung liegen bereits vor [6]. Solche aus der genetischen Grundlagenforschung stammenden Anregungen aufzugreifen und auf ihre klinische Bedeutung zu untersuchen, wird eine Aufgabe psychiatrischer Therapieforschung in den nächsten Jahrzehnten sein.

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Abb. 1

Tab. 1 Heritabilität einzelner Angsterkrankungen

Diagnose

Heritabilität (95 % CI)

Studie

Panikstörung

48 % (CI 41 %-54 %)

Hettema et al., 2001

Agoraphobie

67 % (CI 24 %-63 %)

Kendler et al., 1999

Blut-Injektions-Verletzungs-Phobie

59 % (CI 43 %-78 %)

Kendler et al., 1999

Soziale Phobie

51 % (CI 39 %-64 %)

Kendler et al., 1999

Generalisierte Angststörung

32 % (CI 24 %-39 %)

Hettema et al., 2001

Posttraumatische Belastungsstörung

30 % (CI 28 %-32 %)

True et al., 1993

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Literatur

  • 1 Bandelow B. Panik und Agoraphobie. Diagnose, Ursachen und Behandlung.  Wien, Springer Verlag. 2001; 
  • 2 Bandelow B, Spath C. et al. . Early traumatic life events, parental attitudes, family history, and birth risk factors in patients with panic disorder.  Compr Psychiatry. 2002;  43 269-278
  • 3 Deckert J, Catalano M. et al. . Excess of high activity monoamine oxidase A gene promotor alleles in female patients with panic disorder.  Hum Mol Genet. 1999;  8 621-624
  • 4 Deckert J, Kuhlenbäumer G. et al. . Chromosome 22q11.2 as a candidate gene locus: Association of the more active COMT-allele with panic disorder.  Am J Med Genet. 2001;  105
  • 5 Domschke K, Kuhlenbäumer G. et al. . Human nuclear transcription factor gene CREM: Genomic organization, mutation screening and association analysis in panic disorder.  Am J Med Genet (Neuropsychiatric Genetics). 2003;  117B 70-78
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  • 8 Hettema JM, Neale MC. et al. . A review and meta-analysis of the genetic epidemiology of anxiety disorders.  Am J Psychiatry. 2001;  158 1568-1578
  • 9 Hösing V, Kuhlenbäumer G. et al. . CCK Neurotransmitter system gene polymorphisms - Association analysis in two independent German panic disorder samples.  Am J Med Gen (Neuropsychiatric Genetics). 2002;  115 837
  • 10 Kendler KS, Karkowski LM. et al. . Fears and phobias: reliability and heritability.  Psychol Med. 1999;  29 539-553
  • 11 Kennedy JL, Bradwejn J. et al. . Investigation of cholecystokinin system genes in panic disorder.  Mol Psychiatry. 1999;  4 284-285
  • 12 Maier W, Lichtermann D. et al. . A controlled family study in panic disorder.  J Psychiatr Res. 1993;  27 79-87
  • 13 Smoller JW, Tsuang MT.. Panic and phobic anxiety: Defining phenotypes for genetic studies.  Am J Psychiatry. 1998;  155 1152-1162
  • 14 Thorgeirsson TE, Skarsson H. et al. . Genome-wide significant linkage to chromosome 9 for panic disorder and anxiety in Iceland.  Am J Med Gen (Neuropsychiatric Genetics). 2002;  114 738
  • 15 True WR, Rice J. et al. . A twin study of genetic and environmental contributions to liability for posttraumatic stress symptoms.  Arch Gen Psychiatry. 1993;  50 257-264
  • 16 Tyrer P, Shawcross C.. Monoamine oxidase inhibitors in anxiety disorders.  J Psychiatry Res. 1988;  22 87-98
  • 17 Weissman MM, Bland RC. et al. . The cross-national epidemiology of panic disorder.  Arch Gen Psychiatry. 1997;  54 305-309
  • 18 Woo JM, Yoon KS. et al. . Catechol-O-methyltransferase genetic polymorphism in panic disorder.  Am J Psychiatry. 2002;  159 1785-1787
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Korrespondenzadresse:

PD Dr.med. J Deckert

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Universitätsklinikum Münster

Albert-Schweitzer-Str. 11

48149 Münster

Email: deckertj@uni-muenster.de

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Literatur

  • 1 Bandelow B. Panik und Agoraphobie. Diagnose, Ursachen und Behandlung.  Wien, Springer Verlag. 2001; 
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PD Dr.med. J Deckert

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

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Albert-Schweitzer-Str. 11

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Abb. 1