Der Einsatz von L-DOPA in der Parkinsontherapie stellt laut MD PhD Dag Nyholm, Uppsala
University Hospital, Schweden, einen der größten neuropharmakologischen Erfolge des
20. Jahrhunderts dar. Mit Fortschreiten der Erkrankung lässt dessen Wirksamkeit jedoch
nach (Wearing-OFF-Perioden), zudem kommt es zu Phasen ohne Wirkung (OFF-Perioden)
und starken Wirkungsschwankungen (ON-OFF-Perioden). Auch Dyskinesien, aufgrund überschießender
L-DOPA-Wirkung, treten auf - das therapeutische Fenster wird immer schmaler. Das betrifft
nach fünf Jahren Therapie 50-90% der Patienten.
Der Grund: Bei oraler Gabe wird L-DOPA nach der Magenentleerung im Duodenum absorbiert
und zunächst noch als Dopamin von präsynaptischen neuronalen Vesikeln gespeichert,
die eine kontinuierliche Stimulation der Dopaminrezeptoren gewährleisten. Mit zunehmender
Neurodegeneration lässt deren Speicherkapazität jedoch nach. Daher korreliert die
Stimulation immer enger mit den Plasmaspiegeln, die aufgrund der stoßartigen, verzögerten
Magenentleerung sowie der kurzen Halbwertszeit von L-DOPA stark schwanken.
Neue L-DOPA-Darreichung
Neue L-DOPA-Darreichung
Einen Ausweg bietet die kontinuierliche dopaminerge Stimulation (CDS) mittels L-DOPA-Infusion:
Sie umgeht die Magenentleerung, indem z.B. mit Hilfe einer PEG eine Sonde in das Jejunum
platziert und über diese kontinuierlich L-DOPA abgegeben wird. "So erhalten wir stabile
Plasmaspiegel, reduzierte motorische Fluktuationen und kontinuierlichere, vorhersagbarere
Benefits", betonte Nyholm.
Die Therapie erfolgt mit einem Gel, das neben L-DOPA einen Decarboxylasehemmer enthält,
um Bioverfügbarkeit und Verträglichkeit zu verbessern: L-DOPA/Carbidopa 20/5 mg/ml
(Duodopa®). Prof. Dr. Reinhard Dengler, Medizinische Hochschule Hannover, erwägt die
2004 in der EU zugelassene Methode, wenn bei idiopathischem Parkinson unzureichend
behandelbare motorische Fluktuationen, täglich mehrere OFF-Phasen oder Hyper-/ Dyskinesien
auftreten. Als Kontraindikationen nannte er geringe L-DOPA-Sensitivität, Demenz, Halluzinationen
und fehlender sozialer Rückhalt. Depression, Parkinson-plus-Symptome und höheres Alter
sprechen laut Prof. Dr. Per Odin vom Klinikum-Bremerhaven Reinkenheide, nicht gegen
die Therapie.
Stationäre Einstellung
Stationäre Einstellung
Dengler stellt die Patienten mindestens fünf Tage auf eine orale L-DOPA-Monotherapie
um. Anschließend erhalten sie stationär eine nasojenunale Sonde, um das Ansprechen
zu überprüfen. An einer externen Pumpe werden drei Dosierungen programmiert: Der Morgenbolus,
weil nachts in der Regel eine achtstündige Therapiepause besteht, die kontinuierliche
Flussrate und eine Extradosis, die sich der Patient bei Bedarf zusätzlich verabreichen
kann. In den ersten drei Tagen erfolgt ein Anpassen der Flussrate und am vierten Tag
wird die PEG gelegt. "Die Therapie ist in einem präklinischen und klinischen Setting
sehr komplikationslos einzustellen", hob Dengler hervor.
Bessere Wirksamkeit
Bessere Wirksamkeit
Nyholm belegte in einer Crossover-Studie, dass die Variabilität der Levodopa-Plasmaspiegel
unter Infusion gegenüber oraler Therapie mit retardiertem L-DOPA signifikant geringer
ist (14% vs. 34%, p < 0,01) [1]. Die DIREQT-Studie [2] bestätigte bei 24 Patienten, die im Crossover-Design L-DOPA/Carbidopa drei Wochen
als individualisierte orale Therapie mit anderen Substanzkombinationen und drei Wochen
als Infusion erhalten hatten, die klinische Überlegenheit von Duodopa®. Wie Odin betonte,
schnitten die Patienten unter CDS deutlich besser ab hinsichtlich Motorik und UPDRS-Gesamtscore
(Unified Parkinson Disease Rating Scale). Auch in zwei Skalen zur Lebensqualität erzielten
sie signifikant bessere Ergebnisse (p < 0,01).
Erfahrungen in Deutschland
Erfahrungen in Deutschland
Odin berichtete zudem von ersten Erfahrungen in Deutschland mit 13 Patienten: Durch
die CDS ließ sich bereits bei Klinikentlassung im Median die Zeit im "OFF" um 82%
und die Dyskinesie-Zeit um 67% mindern. "Das ist konkurrenzfähig mit allen anderen
Therapien für fortgeschrittenen Parkinson, inklusive der tiefen Hirnstimulation",
betonte Odin. Darüber hinaus waren die Patienten 90% des Tages im "ON". Nach sechs
Monaten lagen die Werte bei 82% (Verminderung "OFF"), 100% (Verminderung Dyskinesien)
und 90% (Teil des Tages im "ON"). Bei fast allen Patienten wurde vom Arzt eine erhebliche
oder starke Verbesserung beurteilt.
Die Langzeiterfahrung basiert inzwischen auf 215 Patientenjahren (65 Patienten): Hier
traten keine unerwarteten Nebenwirkungen auf, der Effekt blieb stabil und der L-DOPA-Bedarf
nahm eher ab. Wie Odin abschließend hervorhob, profitieren die Patienten am meisten,
die die ausgeprägtesten Symptome haben [3].
Petra Eiden
Quelle: Satellitensymposium "Neue Konzepte zur kontinuierlichen dopaminergen Stimulation"
anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), 21. September
2006, Mannheim (Veranstalter: Solvay Arzneimittel GmbH).