Rehabilitation (Stuttg) 2023; 62(02): 67
DOI: 10.1055/a-2041-4216
Aktuelles

Studie zu Alltagserfahrungen von Jugendlichen mit Behinderungen

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hat in den Jahren von 2018 bis 2022 eine Studie zum Thema „Aufwachsen und Alltagserfahrungen von Jugendlichen mit Behinderung“ durchgeführt. Deutschlandweit wurden 2.700 Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren mit verschiedenen Formen einer Beeinträchtigung zu den Themen Freizeit, soziale Beziehungen, Autonomie, subjektive Sicht auf Behinderung und Lebenszufriedenheit befragt.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Lebenssituation von Jugendlichen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen teils deutlich voneinander unterscheidet. Zum Beispiel sind die Freizeitaktivitäten von Jugendlichen mit Schwierigkeiten im emotionalen und sozialen Bereich weniger vielfältig. Jugendliche mit geistiger Behinderung sind hingegen mehr als andere mit Barrieren bei der Nutzung digitaler Medien konfrontiert. Ein ungedeckter Bedarf an Angeboten der offenen Jugendarbeit scheint v. a. bei Jugendlichen mit Sehbeeinträchtigungen zu bestehen.

Trotz aller Unterschiede zeigten sich aber auch übergreifende Erfahrungsmuster. So erleben Jugendliche mit Behinderungen oft Ausgrenzung und Diskriminierung, und zwar vorwiegend in der Schule und der Öffentlichkeit. Dabei findet Diskriminierung häufiger in inklusiven Schulen statt als in Förderschulen. Im Themenbereich „subjektive Sicht auf die eigene Behinderung“ gaben 40% der Jugendlichen an, Hürden für ihre zukünftige Lebensführung wahrzunehmen; unter Jugendlichen mit körperlich-motorischen, mehrfachen Beeinträchtigungen oder solchen im Bereich geistige Entwicklung ist der Anteil höher. Beim Thema Lebenszufriedenheit äußerten sich 70 bis 75% in Bezug auf fünf der neun abgefragten Lebensbereiche als großteils zufrieden. Am niedrigsten lag der Wert mit 50% im Bereich „Liebe“.

Die Autorinnen und Autoren der Studie leiten aus ihren Erkenntnissen auch notwendige pädagogische, jugendpolitische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen ab, um die Bedingungen des Aufwachsens von Jugendlichen mit Behinderungen zu verbessern. So müssten z. B. vielfältige Freizeitsettings geschaffen und Handlungs- und Autonomiespielräume der Jugendlichen bzw. die Sensibilität von Bezugspersonen für diesbezügliche Bedürfnisse gestärkt werden. Schulen müssten über ihre Funktion als Ort der Wissensvermittlung hinaus als sozialer Ort betrachtet werden, der auch die Aufgabe hat, Jugendlichen mit Behinderungen ein Zugehörigkeitsgefühl zu vermitteln. Der Bericht zur Studie ist auf der Website www.dji.de zu finden.

(Quellen: Deutsches Jugendinstitut; jugendhilfeportal.de, 03.01.2023)



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Article published online:
11 April 2023

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