Aktuelle Ernährungsmedizin 2025; 50(06): 404
DOI: 10.1055/a-2741-4737
Nachruf

Nachruf für Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Zoom
Prof. Dr. med. Michael P. Manns 16.11.1951 – 15.8.2025 (Quelle: SC Bischoff)

Nach kurzer schwerer Krankheit starb Michael P. Manns in Hannover. Er wurde 73 Jahre alt. Bis Ende 2024 war er Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover. Seinen Ruhestand konnte er kaum genießen. Er war ein bedeutender, international anerkannter Gastroenterologe und Hepatologe und er war ein steter Förderer der klinischen Ernährungsmedizin. Über Jahrzehnte hat er eine große Schar von Nachwuchsleuten geführt und geprägt, die heute zahlreiche wichtige Positionen in der akademischen Welt einnehmen. Er war ein akademischer Lehrer, ein Freund und Kollege, ein Inspirator und ein Pionier auf seinem Gebiet. Er war auch Ehemann und Vater von vier Töchtern. Und er war Fan von Schalke 04 und Hannover 96.

Michael P. Manns wurde in Koblenz geboren. Von 1970 an studierte er Medizin in Mainz und Wien und erhielt 1977 die Approbation zum Arzt. Anschließend war er Assistenzarzt und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Herrn Prof. Dr. K.H. Meyer zum Büschenfelde, bis 1981 in Berlin am Klinikum Charlottenburg, dann bis 1985 in Mainz an der I. Medizinische Klinik und Poliklinik der Johannes-Gutenberg-Universität. 1986 wurde er dort Oberarzt und C2-Professor. 1987 bis 1988 ging es für einen Forschungsaufenthalt an die Scripps Clinic and Research Foundation in La Jolla, USA. 1991 wurde er an die Medizinische Hochschule Hannover berufen als C4-Professor und Direktor der Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie. Damals war er mit 39 Jahren einer der jüngsten Ordinarien in Deutschland.

Über 28 Jahre lang leitete Michael P. Manns die Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie, die in seiner Zeit zur Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie wurde. Zu dieser Klinik gehörte auch der Arbeitsbereich Ernährungsmedizin und klinische Diätetik, dessen Grundsteinlegung in die Gründungszeit der Medizinischen Hochschule in den 1960er Jahren zurückreicht. Bereits damals war man in Hannover von der Bedeutung der Ernährungsmedizin überzeugt und richtete diesen Arbeitsbereich ein – ein Novum in der akademischen Medizin! Dieser Bereich wurde ab 1966 von Herrn Prof. Dr. med. Helmut Canzler (1929–1991) geleitet. Er gründete das Ernährungsteam für künstliche Ernährung, die Diätküche und er forschte auf den Gebieten Fettstoffwechsel und Aminosäurenstoffwechsel. Nach dessen frühem unerwartetem Tod übernahm Prof. Dr. med. Manfred J. Müller (*1952) die Leitung des Arbeitsbereichs von 1991 bis 1993 und setzte den Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit auf die Mangelernährung bei Leberzirrhose. Von 1993 bis 2004 leitete Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff den Arbeitsbereich Ernährungsmedizin mit Ernährungsteam und Ernährungsambulanz. Er forschte auf den Gebieten chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Darmbarriere und mukosale Immunologie sowie Nahrungsmittelallergien und krankheitsassoziierte Mangelernährung. Dabei wurde er von Michael P. Manns nachhaltig unterstützt. Das Team der Mitarbeiter*innen in diesem Bereich wurde deutlich erweitert auf bis zu 12 Personen, Ärzte, Pflegekräfte, Ernährungswissenschaftlerinnen und Diätassistentinnen. Das Ernährungsteam der Medizinischen Hochschule Hannover gehört damit zu den ältesten seiner Art in Deutschland. Seit 2004 wird der Arbeitsbereich von Dr. med. Andrea Schneider geleitet.

Michael P. Manns war kein Ernährungsmediziner, aber er erkannte früh das Potential der klinischen Ernährungsmedizin und hat das Fachgebiet stets unterstützt, nicht nur in der Medizinischen Hochschule, sondern auch darüber hinaus auf nationaler und internationaler Ebene. Beispielsweise war er maßgeblich beteiligt an der engen Kooperation zwischen der europäischen Gastroenterologen-Gesellschaft UEG und der europäischen Ernährungsmedizin-Society ESPEN während seiner Zeit als Präsident der UEG. Vor allem erkannte Michael P. Manns, dass chronische Leber- und Darmerkrankungen mit z.T. schweren Ernährungsdefiziten einhergehen, die die Prognose der Patienten maßgeblich beeinflussen, nicht zuletzt beispielsweise die Transplantationsfähigkeit von Patienten mit Leberversagen. Diese Erkenntnis hat ihn motiviert, die klinische Ernährungsmedizin zu unterstützen, den Arbeitsbereich in seiner Klinik zu erhalten und auszubauen und die Stoffwechselforschung zu fördern und mit der Gastroenterologie zu vernetzen. Sein eigener Forschungsschwerpunkt, die autoimmunologischen und viralen Lebererkrankungen, die damals noch häufiger als heute in die Leberzirrhose mündeten, sind eindrückliche Beispiele für die Bedeutung der krankheitsassoziierten Mangelernährung, die einer gezielten ernährungsmedizinischen Behandlung bedarf.

Michael P. Manns war auf vielen Gebieten Pionier und Inspirator, er war Forscher, akademischer Lehrer und leidenschaftlicher Arzt und er war vor allem ein großartiger Vernetzer mit einem scharfen Auge für die menschlichen Qualitäten seiner Kollegen und Mitarbeiter und einem phänomenalen Gedächtnis für deren Biografien und Leistungen. Mit diesen einzigartigen Eigenschaften hätte er auf vielen Gebieten reüssieren können. Wir sind ihm dankbar, dass er es auf dem Gebiet der Medizin und der Ernährungsmedizin getan hat. Mit ihm haben wir eine herausragende Persönlichkeit verloren.

Stephan C. Bischoff



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
05. Dezember 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany