Zentralbl Chir 2011; 136(6): 590
DOI: 10.1055/s-0030-1262775
Kommentar

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Kommentar zu „Ein neuer Adapter zur Versorgung von enteroatmosphärischen Fisteln beim offenen Abdomen“

Comment to “A Novel Device for Treating Enteroatmospheric Fistulae in the Open Abdomen”S. Utzolino1
  • 1Universitätsklinik, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Freiburg, Deutschland
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Publication Date:
13 December 2011 (online)

Enteroatmosphärische Fisteln sind ein großes Problem in der Viszeralchirurgie. Die Übernähung von Darmfisteln in einem etablierten Laparostoma ist erfahrungsgemäß zum Scheitern verurteilt. Selbst wenn die Darmschlingen noch mobilisierbar sind und eine vermeintlich spannungsfreie Naht erfolgen kann, kommt es sehr häufig zur Nahtinsuffizienz und damit zum Wiederauftreten der Fistel. Eine Option sind Entlastungsnähte, evtl. über resorbierbaren Kissen. Diese bringen jedoch Spannung an andere Stellen des freiliegenden Darmes und bergen das Risiko weiterer Fisteln. Eine weitere Möglichkeit ist die Deckung nach Naht mit körpereigenem Gewebe, z. B. durch Verschiebung des M. rectus abdominis. Wir haben in dieser Situation gelegentlich eine blinde Stapler-Entero-Enteroanastomose durch die Fistel hindurch angelegt, um zumindest eine intraluminale Druckentlastung zu erzielen. Alle Nahtverfahren sind nicht mehr möglich, wenn sich ein granuliertes Laparostoma etabliert hat. Hier steht nur die Sekretableitung im Vordergrund – ein scheinbar simples Problem, das aber in der Praxis oft auf enorme Schwierigkeiten stößt. Auf der Granulationsfläche lassen sich keine Stomaplatten aufkleben. Das Einführen von Kathetern vergrößert meist die Fistel. Vakuum-Schwämme verkleben rasch. Die unbefriedigende Standardlösung ist das Aufbringen einer Stomaplatte, die das gesamte Laparostoma umfasst. Diese Situation ist pflegerisch schwer zu versorgen, der Patient ist relativ immobil, es kommt oft zu Undichtigkeiten mit Geruchs- und Feuchtigkeitsbelästigung. 

Im Zentralblatt wurde das Problem des Laparostomas bereits 2006 ausführlich gewürdigt. In einer Studie an 62 Patienten fanden Wild et al. [1] eine niedrigere Letalität bei Laparostomapatienten mit der Vakuumtherapie im Vergleich zur klassisch offenen Behandlung. Weidenhagen et al. [2] erwähnten die Versorgung von Dünndarmfisteln im offenen Abdomen mittels Vakuumtherapie, allerdings ohne spezielle Sekretableitung. Experimentelle Grundlagen mit Analyse der Druckverhältnisse unter Vakuumschwämmen wurden von Willy et al. [3] ausführlich dargestellt. Während noch 2004 im Zentralblatt die Vakuumtherapie bei septischem Abdomen als Ausnahmeindikation gesehen wurde [4], hat sich mittlerweile das Verfahren etabliert und wird selbst in so unerwarteten Indikationen wie der Anastomoseninsuffizienz am Ösophagus erfolgreich eingesetzt [5]. 

Ein ungelöstes Problem stellen nach wie vor Darmfisteln im Laparostoma dar. Jannasch et al. berichten in der folgenden Arbeit über eine neue und vielversprechende Lösung für ausgewählte Patienten mit enteroatmosphärischen Fisteln. Die Methode ist genau beschrieben und für den klinischen Alltag geeignet. Falls sich die von den Autoren berichteten Ergebnisse in anderen Kliniken reproduzieren lassen, wird der „Fisteladapter“ sehr bald seinen festen Platz in der Versorgung von Patienten mit Darmfisteln im vakuumtauglichen Laparostoma erlangen. 

Literatur

  • 1 Wild T, Stortecky S, Stremitzer S et al. Abdominal Dressing – ein neuer Standard in der Behandlung des offenen Abdomens infolge sekundärer Peritonitis?.  Zentralbl Chir. 2006;  131 111-114
  • 2 Weidenhagen R, Grützner K U, Kopp R et al. Einsatzmöglichkeiten der Vakuumtherapie zur Therapie des septischen Abdomens.  Zentralbl Chir. 2006;  131 115-119
  • 3 Willy C, von Thun-Hohenstein H, von Lübken F et al. Experimentelle Grundlagen – Druckwerte unter Vakuumtherapie-Schwämmen – eine In-vitro- und In-vivo-Untersuchung.  Zentralbl Chir. 2006;  131 50-61
  • 4 Rexer M, Ditterich D, Rupprecht H. Vakuumtherapie in der Bauchchirurgie – Über Grenzerfahrungen und Indikationsstellung.  Zentralbl Chir. 2004;  129 27-32
  • 5 Loske G, Müller C. Vakuumtherapie einer Anastomoseninsuffizienz am Ösophagus – ein Fallbericht.  Zentralbl Chir. 2009;  134 267-270

M.D. S. Utzolino

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