Zentralbl Chir 2011; 137(1): 94
DOI: 10.1055/s-0031-1283760
Kommentar

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Kommentar zum Artikel „Motivation von Frauen in der Chirurgie – Lust oder Last“ von C. Stroh (Zentralbl Chir 2010; 135: 447–450)

Comments on the Article “Motivation of Female Surgeons – Pleasure or Burden” by C. Stroh (Zentralbl Chir 2010; 135: 447–450)J. Körber1
  • 1Leopoldina KH, Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäßchirurgie, Schweinfurt, Deutschland
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Publication Date:
07 November 2011 (online)

Sehr geehrte Fr. Dr. Stroh, 

ich habe ihren Artikel „Motivation von Frauen in der Chirurgie – Lust oder Last“ mit Interesse gelesen und beglückwünsche Sie zu diesem sehr gut recherchierten Artikel, der die Frau in der Chirurgie im „Wandel der Zeit“ so gut beschreibt. 

Leider kann ich ihre „Strategien zur Veränderung“ und ihre „Schlussfolgerungen“ so gar nicht nachvollziehen. 

Mit ihrer „männlichen“ Lobby bedanken Sie sich bei den Männern, die die letzten Jahrzehnte gar nicht wussten, dass es Frauen in der Chirurgie gab, die eine sog. „Frauenquote“ aufstellten und meinten, damit wäre alles getan. Die nur wenig zur Unterstützung der Frauen beigetragen haben, im Gegenteil, erst jetzt nachdem der „Mangel“ unübersehbar ist, hat man sich auf die „Frauen“ besonnen. 

Überzeugen können wir „Frauen“ nur mit unserem Wissen und Können, wie Sie es so gut beschreiben. Mit der Symbiose aus „männlichen“ und „weiblichen“ Eigenschaften, die in ihrer Verschmelzung eben diese Chirurgin hervorbringen, die für diesen Beruf genauso geeignet ist wie jeder andere Bewerber, vielleicht sogar noch mehr. Warum muss man an diesen Eigenschaften immer etwas Negatives sehen. Nur weil sich „Frau“ nicht so verhält, wie man es von „Ihr“ erwartet? 

Ist es nicht so, dass man sich in den letzten Jahren, in denen es ausreichend männliche Bewerber gab, überhaupt keine Gedanken gemacht hat, welche Eigenschaften ein „guter Chirurg“ haben muss? Es war völlig ausreichend, wenn er männlich war! Erst jetzt mit der Zunahme der weiblichen Studienanfängerinnen und der steigenden Anzahl an Frauen auch in den operativen Fächern hat sich ein Nachdenken über die „Eigenschaften“, die einen „Chirurgen“ auszeichnen, in den Vordergrund gedrängt. 

Auch kann ich das ewige Lamentieren über das familienfreundliche Arbeitsumfeld nicht mehr hören, das ist meiner Meinung nach nur ein Punkt von vielen, der immer wieder gerne angeschuldigt wird. Aber alle Akademikerinnen haben wenige oder keine Kinder, nicht nur „Chirurginnen“. 

Die Atmosphäre innerhalb der Kliniken kann noch so arbeitsfreundlich sein, es funktioniert nur, wenn der Chefarzt / Chefärztin und die ganze Abteilung dahinter stehen und ohne „Murren“ den Kollegen / die Kollegin in Teilzeit oder Familienzeit unterstützen. Die immer wieder angeführte „Karrierebremse“ wird doch durch die „männliche Lobby“ herbeigeführt. Hier muss als Erstes umgedacht werden. 

Das, was sich ändern muss, ist das Umdenken in den Köpfen sowohl der Frauen als auch der Männer. Die Frauen müssen sich weder entschuldigen noch dankbar dafür sein, dass sie es auch „können“ oder vielleicht besser „können“. Und auch nicht dafür, dass sie männliche und weibliche Eigenschaften so gut miteinander zum Wohle des Patienten vereinen können. Die Chirurginnen werden erst dann akzeptiert sein, wenn alle Chefärzte und Vorsitzenden der Chirurgischen Gesellschaften uns „Chirurginnen“ nicht mehr nur als die „Frauenquote“ und die „Nothelfer“ in diesen schwierigen Zeiten ansehen. Sondern uns aufgrund unserer Leistungen genauso behandeln wie die anderen Kollegen. Ansonsten muss man sich fragen, was wird mit den Frauen geschehen, wenn es wieder ausreichend männliche Kollegen in der Chirurgie gibt? 

Und daher kann ich ihre Frage „Motivation von Frauen in der Chirurgie – Lust oder Last?“ nur so beantworten: 

Solange die Lust die Last überwiegt, ist es der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann, aber ich denke, das empfindet jeder „Chirurg“ so, egal ob männlich oder weiblich. Es kann natürlich sein, dass „Frau“ mehr darüber nachdenkt als „Mann“, aber wenn es stimmt, wie Sie schreiben, dass wir von den Männern lernen weniger „selbstkritisch“ zu sein, dann wird sich das ja im Laufe der Zeit auch relativieren!? Obwohl ich der Meinung bin, ein Chirurg, der nicht selbstkritisch ist, ist eine tickende Zeitbombe! 

Abschließend möchte ich mich hier bei meinen (männlichen) Chefs bedanken, die mich immer als Mensch und aufgrund meines fachlichen Könnens geschätzt haben. Vielleicht musste ich mehr Überzeugungsarbeit aufbringen als ein männlicher Kollege, aber mein „Können“ hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin und nicht die „männliche“ Lobby. Sie haben meine Fähigkeiten erkannt und gefördert unabhängig von meinem Geschlecht, und vor allem dafür bin ich ihnen dankbar. 

Mein besonderer Dank und Respekt gilt Prof. Dr. H. Denecke, der mir all die Facetten dieses Fachgebietes beigebracht und die Liebe und die „Lust“ an diesem Fach gezeigt hat. Er war nicht nur in dem von uns diskutiertem Thema seiner Zeit weit voraus. Er hat in den letzten Jahren viele Chirurginnen (mit Kindern) und Chirurgen (in Elternzeit) ausgebildet und die „Lust“ am Fach weitergegeben. Er hat nicht nur geredet, er hat es gelebt. Das ist wohl der Unterschied. 

Das war für mich die größte „Motivation“. 

Mit freundlichen Grüßen und Vielen Dank für diesen Artikel 

J. Körber
Ltd. OÄ Chirurgie I
Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäßchirurgie
Leopoldina KH Schweinfurt, Deutschland

Dr. med. J. Körber

Leopoldina KH · Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäßchirurgie

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