neuroreha 2016; 08(04): 152
DOI: 10.1055/s-0042-120376
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Widerstandstraining im Vergleich zu Balancetraining zur Verbesserung der posturalen Kontrolle bei Patienten mit Parkinson

Jan Mehrholz
1   Private Europäische Medizinische Akademie der Klinik Bavaria in Kreischa GmbH, An der Wolfsschlucht 1–2; 01731 Kreischa
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Publication History

Publication Date:
02 December 2016 (online)

Zusammenfassung der Studie

Ziele

Ziel der Studie war es, die Effekte eines Widerstandstrainings im Vergleich zu einem Balancetraining zur Verbesserung der posturalen Kontrolle bei Patienten mit Parkinson abzubilden.


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Methodik

Design Randomisierte, kontrollierte und untersucherverblindete Studie.

Ein- und Ausschlusskriterien Eingeschlossen wurden Patienten mit diagnostiziertem idiopathischem Parkinson, mit posturaler Instabilität gemessen mit der Fullerton Advanced Balance Scale (FAB-Skala) ≤ 25 Punkte, die die gegebenen Instruktion verstanden. Nicht eingeschlossen wurden Patienten nach tiefer Hirnstimulation sowie mit anderen Erkrankungen, die die Stand- und Gangsicherheit beeinflussten, Patienten, die bereits in einem spezifischen Widerstands- oder Balancetrainingsprogramm in den letzten sechs Monaten waren, Patienten mit instabiler Medikation sowie Patienten mit metabolischen oder kardiopulmonalen Erkrankungen.

Interventionen Die Patienten wurden per Zufallsprinzip einer Gruppe zugeordnet. Die eine Gruppe erhielt Widerstandstraining (RT), die andere erhielt Balancetraining (BT) zweimal wöchentlich über sieben Wochen. Jede Therapiesitzung dauerte 60 Minuten, beinhaltete 4–5 Teilnehmer pro Gruppe und enthielt 10 Minuten Aufwärmen gefolgt von 50 Minuten RT oder BT. Alle Sitzungen wurden von einem Sportwissenschaftler geleitet.

RT-Gruppe: Ziel war die Verbesserung der Muskelkraft der Hüftbeuger, -strecker und Abduktoren, Kniebeuger und -strecker, Sprunggelenkextensoren und -flexoren. Als Widerstände wurden entweder das Körpergewicht, Gewichtsmanschetten und / oder elastische Bänder genutzt. Geübt wurden z. B. Kniebeugen. Die Teilnehmer absolvierten 15–20 Wiederholungen jeder Übung. Wenn die Teilnehmer mehr als 20 konsekutive Wiederholungen bewältigten, wurden sie aufgefordert, den Widerstand so zu steigern, dass sie etwa 15–20 Wiederholungen mit moderatem Widerstand leisten konnten. Zwischen jeder Übung gab es zwei Minuten Pause.

BT-Gruppe: Ziel war es, die posturale Kontrolle im Stehen und Gehen zu verbessern. Geübt wurde das Vorwärts-, Seitwärts- und Rückwärtslehnen bis zum Ende der Unterstützungsfläche. Eine Übung war, dass der Trainer versuchte, durch Zug an den Schultern die Teilnehmer aus dem Gleichgewicht zu bringen. Zur Steigerung wurden instabile Unterlagen genutzt oder die Teilnehmer sollten an die Decke schauen oder die Augen schließen. Jede Übung dauerte 45 Sekunden und wurde dreimal durchgeführt mit einer Pause von zwei Minuten zwischen den Übungen.


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Messungen

Gemessen wurde zu Beginn der Studie, nach acht und zwölf Wochen. Primärer Zielparameter war die FAB-Skala (eine zehn Items umfassende klinische Balanceskala, mit 0–4 Punkten für jedes Item und einem maximalen Wert von 40 Punkten). Sekundärer Zielparameter war die Schwankungsbreite im Stehen, gemessen mit einer beweglichen Messplattform, die sich unangekündigt vorwärts oder rückwärts bewegte. Außerdem wurde der Timed-up-and-go-Test (TUG), die Gehgeschwindigkeit im 5-Meter-Gehtest, Gangparameter auf einem Laufband sowie die Clinical Global Impression-Improvement (CGI-I), die Unified PD Rating Scale (UPDRS), der PD-Questionnaire (PDQ-39), der Beck Depression Inventory (BDI) und die Physical Activity Scale for the Elderly (PASE) und die isometrische Beinkraft zur Messung herangezogen.


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Ergebnisse

Zwischen 2011 und 2013 wurden 172 Personen untersucht, davon 40 Patienten mit idiopathischen Parkinson im Hoehn-und-Yahr-Stadium 2,5–3. Die Personen wurden nach o. g. Ein- und Ausschlusskriterien aufgenommen. Von 40 initial eingeschlossenen Patienten wurden 17 Patienten in der RT-Gruppe und 15 Patienten in der BT-Gruppe nach acht Wochen ausgewertet. Nach zwölf Wochen wurden 14 Patienten der RT-Gruppe und elf Patienten der BT-Gruppe ausgewertet. Zu Beginn der Studie unterschieden sich beide Gruppen nicht hinsichtlich prognostisch wichtiger Variablen. Die RT-Gruppe verbesserte sich im primären Zielparameter der FAB-Skala, die BT-Gruppe nicht. Bei den sekundären Zielparametern verbesserte sich die RT-Gruppe vor allen Dingen beim TUG-Test, die BT-Gruppe vor allem in UPDRS motorische Funktion und im Gangparameter Kraftentwicklung. In keinem Zielparameter gab es signifikante Gruppenunterschiede.


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Schlussfolgerung

Es konnten keine bedeutsamen Unterschiede zwischen Balance und Widerstandstraining auf die posturale Kontrolle gefunden werden.


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  • Schlenstedt C, Paschen S, Kruse A. et al. Resistance versus balance training to improve postural control in Parkinson’s disease: A randomized rater blinded controlled study. PLoS ONE 2015; 210 (10) e0140584