Handchir Mikrochir Plast Chir 2002; 34(5): 332-333
DOI: 10.1055/s-2002-36307
Kommentar

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kommentar zur Arbeit von R. Merk, J. Rudigier: Die Denervierung von Fingergelenken als Alternative zur Arthrodese und Endoprothese

Handchir Mikrochir Plast Chir 2002; 34: 182 - 186Invited Commentary on the Article of R. Merk, J. Rudigier: Denervation of Finger Joints as an Alternative Procedure to Arthrodesis or EndoprosthesisP. Brüser
  • Abteilung für Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Malteser-Krankenhaus Bonn
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Publication Date:
19 December 2002 (online)

Die klinische Erfahrung bei Denervationen entspricht der Validität ihrer publizierten Ergebnisse: Wir wissen zwar, dass eine Gelenkdenervation zur Schmerzfreiheit führen kann, sind bei der Indikationsstellung aber sehr ambivalent. Wir können das zu erwartende Ergebnis häufig nicht einschätzen und sind unsicher, wie lange es anhält, da bei der Denervation Symptome und nur selten Ursachen therapiert werden.

Diese Problematik wird ganz besonders deutlich bei der Denervation des Handgelenkes. Hier werden die präoperativen Ausgangsbefunde und Denervationsmethoden (totale oder partielle Denervation, mit oder ohne unterschiedliche additive Verfahren) häufig ungenau beschrieben oder derart vermengt, dass ein Vergleich der zum Teil extrem divergierenden Ergebnisse nicht möglich ist.

So berichtet beispielsweise Buck-Gramcko (1993[1]) bei der isoliert durchgeführten totalen Denervation über 22 % schlechte Ergebnisse, während Ishida und Mitarb. (1993[5]) diese mit fast 70 % (69 %) angeben.

Auch bei der Nachuntersuchungsmethodik werden unterschiedliche Verfahren benutzt. So verwenden Foucher und Mitarb. (1998[3]) sowie Ferreres und Mitarb. (1995[2]) eine visuelle Analogskala, während Buck-Gramcko (1993[1]) oder Ishida und Mitarb. (1993[5]) die Schmerzsymptomatik in Relation zur Schwere bestimmter Arbeiten setzen oder als Maß die subjektive Zufriedenheit wählen.

Grechenig und Mitarb. (1998[4]) verwenden wiederum das Bewertungsschema nach Meine, Buck-Gramcko und Nigst. Diese unterschiedlichen Methoden mögen alle im Einzelfall ihre Berechtigung haben; aufgrund der unterschiedlichen Patientenstruktur in den einzelnen Publikationen, gemischt mit den verschiedenen Denervationsmethoden und den unterschiedlichsten präoperativen Diagnosen sowie postoperativen Zahlenangaben, lassen sie keine faire Beurteilung der Methode zu.

Diese Problematik besteht auch bei der Denervation von Fingergelenken. So begrüßenswert die vorliegende Publikation ist, so wenig zerstreut sie die oben genannte Unsicherheit.

A. Wilhelm beschrieb 1972[7] einen beidseitigen medio-lateralen Zugang zur proximalen und distalen Denervierung der Nn. digitales palmares proprii und dorsales proprii für das Mittelgelenk. Die Autoren wählen einen bogenförmigen dorsalen Zugang und verzichten auf die distale Denervierung. Der palmare Zugang wird hierdurch zusätzlich erschwert.

Besonders problematisch erscheint mir jedoch, dass in nicht angegebener Zahl auch zusätzliche Verfahren wie Synovialektomien oder Exophytenabtragungen erfolgten und somit der alleinige Effekt einer Denervation überlagert wird. Beide additiven Operationen können für sich allein bereits Schmerzfreiheit herbeiführen.

Bedauerlich ist zudem - und darauf weisen auch die Autoren zu Recht hin -, dass nicht zwischen völliger Beschwerdefreiheit und einer Besserung im Vergleich zum präoperativen Zustand differenziert werden konnte. Hierdurch entsteht eine Weiß-SchwarzZeichnung zugunsten der guten Ergebnisse, die der Realität wahrscheinlich nicht entspricht.

Somit bleibt als Resümee wiederum die Unsicherheit, dass Denervationen zwar helfen können, prognostische Faktoren aber nach wie vor fehlen.

Literatur

  • 1 Buck-Gramcko D. Wrist denervation procedures in the treatment of Kienböck's disease.  Hand Clinics. 1993;  9 517-519
  • 2 Ferreres A, Suso S, Foucher G, Ordi J, Llusa M, Ruano D. Wrist denervation, surgical consideration.  J Hand Surg [Br]. 1995;  20 769-772
  • 3 Foucher G, Long Pretz P, Erhard L. La dénervation articulaire, une résponse simple à des problèmes complexes de chirurgie de la main.  Chirurgie. 1998;  123 183-188
  • 4 Grechenig W, Mähring M, Clement H G. Denervation of the radiocarpal joint. A follow-up study in 22 patients.  J Bone Joint Surg [Br]. 1998;  80 504-507
  • 5 Ishida O, Tsai T-M, Atasoy E. Long-term results of denervation of the wrist joint for chronic wrist pain.  J Hand Surg [Br]. 1993;  18 76-80
  • 6 Merk R, Rudigier J. Die Denervation von Fingergelenken als Alternative zur Arthrodese und Endoprothese.  Handchir Mikrochir Plast Chir. 2002;  34 182-186
  • 7 Wilhelm A. Die Eingriffe zur Schmerzausschaltung durch Denervierung. Wachsmuth W, Wilhelm A Die Operationen an den Extremitäten. Dritter Teil: Die Operationen an der Hand. Berlin; Springer 1972: 274-285

Prof. Dr. med. Peter Brüser

Abteilung für Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie
Malteser-Krankenhaus Bonn

Von-Hompesch-Straße 1

52123 Bonn

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