Sprache · Stimme · Gehör 2009; 33(1): 39-45
DOI: 10.1055/s-2007-993232
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Geschichte des Sprachheilwesens in Deutschland

On the History of the Speech Therapy Sector in GermanyM. Grohnfeldt 1
  • 1Forschungsinstitut für Sprachheilpädagogik und Rehabilitation (FSR), Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik, (Sprachtherapie und Förderschwerpunkt Sprache) (Prof. Dr. M. Grohnfeldt), Ludwig-Maximilians-Universität München
Further Information

Publication History

Publication Date:
25 March 2009 (online)

Zusammenfassung

Das Sprachheilwesen in Deutschland gründet auf pädagogische und medizinische Wurzeln, die sich in ihrer Konstellation bis heute auswirken. Im 20. Jahrhundert entwickelten sich daraus die Sprachheilpädagogik als akademische Fachdisziplin sowie die Logopädie auf Fachschulniveau. In den letzen 15 Jahren kam es zu einer weiteren Ausdifferenzierung, indem Diplom- und Magisterstudiengänge im außerschulischen Bereich an Bedeutung zunahmen sowie Studiengänge für Klinische Linguistik und Patholinguistik gegründet wurden. Zusätzlich gibt es u. a. Sprechwissenschaftler sowie Atem-, Sprech- und Stimmlehrerinnen. Dadurch ist ein weltweit einzigartiges System unterschiedlicher sprachtherapeutischer Berufsgruppen entstanden. Die gegenwärtige Situation ist durch eine Schwerpunktverlagerung in den außerschulischen Bereich gekennzeichnet, wobei sich in den jeweiligen Bundesländern ganz verschiedenartige Konstellationen ergeben haben. Dabei besteht die Gefahr der Nivellierung und Entspezifizierung im schulischen Bereich sowie einer gewissen Marktsättigung im logopädischen Sektor. Beides begünstigt einen nachhaltigen Strukturwandel, der sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird.

Abstract

Speech therapy in Germany has developed from paedagogical and medical roots creating their effects up to date in their particular constellation. In the 20th century, speech-therapeutic pae-dagogics as a special academic discipline and logopaedics at the level of technical colleges emerged from this situation. With the ever-increasing importance of studies for diplomas and master degrees outside educational institutions and with the establishment of courses of studies for clinical linguistics and patholinguistics a further differentiation occurred in the course of the past 15 years. In addition, there are speech scientists as well as teachers providing breathing, speaking and voice formation training, inter alia. This created a globally unique system of different professional groups in the speech therapy sector.
The present situation is characterised by a shift of focus into the sphere outside educational institutions, with highly divergent constellations arising in the various federal Laender. There is the risk of leveling and reduction of the specificity in schools and of a certain saturation of the market in the logopaedics sector. Both aspects promote a long-lasting structural change that will become ever more acute in the years to come.

Literatur

  • 1 Grohnfeldt M. Geschichte der Sprachheilpädagogik. In: Grohnfeldt M. (Hrsg). Lexikon der Sprachtherapie. Stuttgart: Kohlhammer 2007: 126-132
  • 2 Braun O, Macha-Krau H. Geschichte der Sprachheilpädagogik und Logopädie. In: Grohnfeldt M. (Hrsg). Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie. Band 1 Selbstverständnis und theoretische Grundlagen. Stuttgart: Kohlhammer 2005: 47-78
  • 3 Baumgartner S. Die frühe Pädagogisierung der Sprachheilpädagogik. In: Baumgartner S, Dannenbauer FM, Homburg G, Maihack V. Standort Sprachheilpädagogik. Dortmund: Verlag modernes lernen 2004: 15-65
  • 4 Teumer J. (Hrsg). Zum Beispiel: Albert Gutzmann. Leben und Wirken eines bedeutenden Gehörlosen- und Sprachheilpädagogen. Berlin: Edition Marhold 1997
  • 5 Fröschels E. Lehrbuch der Sprachheilkunde. (Logopädie) für Ärzte, Pädagogen und Studierende. Leipzig, Wien: Deuticke 1913
  • 6 Rausch M, Schrey-Dern D. Geschichte der Logopädie. In: Grohnfeldt M. (Hrsg). Lexikon der Sprachtherapie. Stuttgart: Kohlhammer 2007: 122-124
  • 7 Hauschild H. Das Sprachheilwesen in Hamburg zur Zeit des Nationalsozialismus.  Die Sprachheilarbeit. 2000;  45 116-124
  • 8 Holtz A. Über Kontinuität und Diskontinuität in der Geschichte der Sprachbehindertenpädagogik.  Die Sprachheilarbeit. 1984;  29 45-54
  • 9 Kolonko B. Stottern als ansteckende Krankheit? – Ein Beitrag zur Ideengeschichte der Sprachbehindertenpädagogik.  Die Sprachheilarbeit. 1990;  35 128-132
  • 10 Kolonko B, Krämer J. Heilen – separieren – brauchbar machen. Aspekte zur Geschichte der Sprachbehindertenpädagogik. Pfaffenweiler: Centaurus 1992
  • 11 Krämer J. Anmerkungen zur Aussonderung sprachgestörter Kinder aus der Volksschule – der historische Kontext einer aktuellen Diskussion.  Die Sprachheilarbeit. 1990;  35 186-190
  • 12 Krämer-Kiliç J. Adolf Lambeck – ein strammer Nazi und verdienter Leiter einer Hamburger Sprachheilschule bis 1950?.  Behindertenpädagogik. 2000;  39 421-442
  • 13 Krämer-Kiliç J, Hauschild H. „Du stotterst ja!” Sprachbehindertenpädagogik im Nationalsozialismus – eine exemplarische Betrachtung der Hamburger Verhältnisse. Münster: LIT 2000
  • 14 Macha-Krau H. Logopädie im Dritten Reich.  Forum Logopädie. 2000;  14 23-27
  • 15 Grohnfeldt M. Weichenstellungen in der Sprachheilpädagogik. 75 Jahre dgs. Rimpar: edition von freisleben 2002
  • 16 Gutzmann H. Erbbiologische, soziologische und organische Faktoren, die Sprachstörungen begünstigen.  Die deutsche Sonderschule. 1939;  6 485-496
  • 17 Becker KP, Braun O. Geschichte der Sprachheilpädagogik 1945–2000. Rimpar: edition von freisleben 2000
  • 18 Grohnfeldt M. Veränderungen des Sprachheilwesens in Deutschland. Die Sprachheilarbeit 2007 52: 63-70
  • 19 Orthmann W. Die Eigenständigkeit der Sprachheilpädagogik. In: Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e. V. (Hrsg). Die Eigenständigkeit der Sprachheilpädagogik. Hamburg: Wartenberg & Söhne 1969: 13-26
  • 20 Grohnfeldt M. Sprachbehindertenpädagogik im Wandel. Z.  Heilpädagogik. 1987;  38 477-487
  • 21 , Deutscher Bundesverband für Logopädie e. V. [dbl] (Hrsg). (2004): 40 Jahre Deutscher Bundesverband für Logopädie. Idstein: Schulz-Kirchner
  • 22 Grohnfeldt M. Merkmale und Veränderungen im Berufsfeld von Sprachheilpädagogik und Logopädie.  Die Sprachheilarbeit. 2004;  49 141-148
  • 23 Grohnfeldt M. Logopädie und Sprachheilpädagogik – Annäherung an eine gemeinsame Zukunft?.  Forum Logopädie. 2005;  19 38-39
  • 24 Grohnfeldt M. Sprachbehindertenpädagogik im Wandel. Z.  Heilpädagogik. 1987;  38 477-487
  • 25 Grohnfeldt M. Zeitgemäße Deutungen der Sprachheilpädagogik als wissenschaftliche Disziplin. In: Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e. V. (dgs) (Hrsg). Behinderung, Pädagogik, Sprache. Gießen: Gießen-Druck 1991: 6-17
  • 26 Grohnfeldt M. Geschichte der Sprachheilpädagogik. In: Grohnfeldt M. (Hrsg). Lexikon der Sprachtherapie. Stuttgart: Kohlhammer 2007: 126-132
  • 27 Grohnfeldt M, Homburg G. Empfehlung für das Bachelor-Master-Studium: Lehramt für den Förderschwerpunkt Sprache (Sprachheillehrer).  Die Spracharbeit. 2006;  51 186-189
  • 28 Drucksache 16/1762 vom 6.6.2006 . , Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Birgitt Bender, Dr. Harald Teipe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (ebenso: http://www.dbs-ev.de , /Aktuelles vom 27.6.06/Mitglieder)
  • 29 Grohnfeldt M. Die Sprachheilpädagogik im demographischen Wandel.  Die Sprachheilarbeit. 2007;  52 94-95
  • 30 Grohnfeldt M. Fachspezifität und Generalisierung in der Sprachheilpädagogik. Was bedeutet es für den Einzelnen?. In: Grohnfeldt M. (Hrsg). Didaktik in der Sonderpädagogik. Rimpar: edition von freisleben 2008: 211-228
  • 31 Grohnfeldt M. Divergierende Strukturen des Sprachheilwesens in Deutschland.  Die Sprachheilarbeit. 2008;  53 192-201

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. M. Grohnfeldt

Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik

(Sprachtherapie und Förderschwerpunkt Sprache)

Ludwig-Maximilians-Universität München

Leopoldstr. 13

80802 München

Email: grohnfeldt@lmu.de

    >