Gesundheitswesen 2021; 83(07): 512-515
DOI: 10.1055/a-1402-0154
Kurzmitteilung

Kind und Karriere, aber wann? – Mixed Methods Research zum Thema Medizinstudium als alternativer Zeitpunkt für die Familiengründung

Child and Career, but When? Mixed Methods Research on Starting a Family During Student Years vs. after Graduation from Medical School
Sara Quak
1   Humanmedizin, Universität Witten Herdecke, Witten, Deutschland
,
Marzellus Hofmann
1   Humanmedizin, Universität Witten Herdecke, Witten, Deutschland
,
Jan P. Ehlers
1   Humanmedizin, Universität Witten Herdecke, Witten, Deutschland
,
Michaela Zupanic
1   Humanmedizin, Universität Witten Herdecke, Witten, Deutschland
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund Die Medizin wird immer weiblicher. Vor dem Hintergrund des häufig Frauen betreffenden Konflikts zwischen Kind und Karriere, stellt sich für eine neue Generation junger Ärztinnen und Ärzten die schwierige Frage nach der Vereinbarkeit. Dabei spielt auch der richtige Zeitpunkt der Familiengründung eine große Rolle. An der privaten Universität Witten/Herdecke wurden Studierende mit und ohne Kind dazu befragt, inwiefern sich das Medizinstudium als geeigneter Zeitpunkt erweist.

Methodik Es wurde eine Fragebogenerhebung durchgeführt, an der insgesamt 423 Medizinstudierende teilnahmen. Weitere 12 Medizinstudierende mit Kind wurden zudem mittels leitfadengestütztem Interview zu ihrer Situation befragt und die Ergebnisse mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse Medizinstudierende mit Kind sehen die Vorteile der Familiengründung im Studium v. a. für Familie und Karriere, die Nachteile hingegen für das Studium an sich und die Finanzen. Die Medizinstudierenden ohne Kind sind mehrheitlich unentschlossen bezüglich des idealen Zeitpunktes der Familiengründung, das Studium sehen jedoch nur 18% als idealen Zeitpunkt an. Dem gegenüber stehen die Medizinstudierenden mit Kind, welche zu 50% das Studium als idealen Zeitpunkt für die Familiengründung sehen, den Zeitpunkt nach dem Studium hingegen nur zu 5%.

Schlussfolgerung Es sollten Konzepte auf politischer und hochschulpolitischer geschaffen werden, die es ermöglichen, über den gesamten Karriereweg als Mediziner/in Kind und Karriere zu vereinen. Diese Konzepte sollten finanzielle Entlastungsmöglichkeiten und eine flexible Studienorganisation berücksichtigen.

Abstract

Background More and more women are studying medicine these days. They often face a conflict between having children and pursuing a career. Thus, a challenging question arises for a new generation of young doctors: How can children and career be reconciled? Also, the right time to start a family plays an important role. At the University Witten/Herdecke, students with and without children were asked to what extent their time when they were students of medicine proved to be a convenient time to start a family.

Methods A questionnaire survey was carried out in which a total of 423 medical students took part. A further 12 medical students with children were also interviewed about their situation using a guided interview. Results were evaluated using a qualitative content analysis.

Results Medical students with children saw that there were advantages in terms of family and career to starting a family during their studies, but noted the disadvantages in terms of studies and the financial situation. The majority of medical students without children were undecided about the ideal time to start a family, but only 18% considered the student years to be the ideal time for this. Among medical students with children, on the other hand, 50% considered the student years as the ideal time to start a family and only five percent perceived the time after their studies as ideal.

Conclusion In order to facilitate combining children and career across the entire career path as a medical doctor, political and university policy concepts should be developed that take into consideration financial relief and flexible study organization.



Publication History

Article published online:
01 April 2021

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  • Literatur

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