Klin Monbl Augenheilkd
DOI: 10.1055/a-1553-4256
Klinische Studie

Die Versorgung Sehbehinderter im ländlichen Raum Südbadens – das Projekt „Augen-Bus“

Article in several languages: English | deutsch
1   Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland
,
Daniel Böhringer
1   Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland
,
Lucas Wolski
2   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Deutschland
,
Ines Himmelsbach
3   Institut für Angewandte Forschung, Katholische Hochschule Freiburg, Deutschland
,
Gerd Schäfers
4   Blinden- und Sehbehindertenverein Südbaden e. V., Geschäftsstelle Freiburg, Deutschland
,
Rainer Dünzen
1   Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland
,
Thomas Reinhard
1   Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland
,
Thomas Ness
1   Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Fragestellung Für sehbehinderte Menschen kann speziell im ländlichen Raum der Zugang zu Beratungsangeboten und Fachärzten/Fachärztinnen für Augenheilkunde erschwert sein. Das Projekt „Augen-Bus“ ist ein vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördertes Angebot an sehbehinderte Menschen, durch das vor Ort eine augenärztliche Untersuchung sowie eine Hilfsmittel- und Sozialberatung angeboten werden. Ziel dieses Pilotprojekts war die Erfassung der Versorgungssituation von sehbehinderten Menschen im ländlichen Raum in Südbaden.

Methoden Zwischen 2016 und 2019 fuhr der Augen-Bus 45 Orte im ländlichen Raum in Südbaden an. Die Besuche wurden in der örtlichen Presse angekündigt und die Anfragen telefonisch durch Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Blinden- und Sehbehindertenvereins Südbaden e. V. in Freiburg triagiert. Vor Ort erfolgten eine umfassende Anamnese, eine ophthalmologische Untersuchung sowie eine Beratung zu Hilfsmitteln und Unterstützungsleistungen. Zusätzlich wurden Interviews zur Erfassung der Erwartungen an das Projekt sowie der Lebensqualität geführt. Nach 3 Monaten erfolgte eine Zweitbefragung zu umgesetzten Maßnahmen sowie zu Veränderungen der Lebensqualität.

Ergebnisse 264 Personen wurden untersucht und beraten. 101 Patienten wurden entsprechend den WHO-Kriterien als sehbehindert eingestuft. Das durchschnittliche Alter in der Gruppe der Sehbehinderten lag bei 85 Jahren. Der mediane Dezimalvisus betrug 0,08 am besseren Auge. Der letzte Augenarztbesuch lag im Median 1 Jahr zurück. 13% der Sehbehinderten waren nicht mit vergrößernden Sehhilfen versorgt. 62% der Sehbehinderten wurde die Nutzung mindestens einer bisher nicht vorhandenen vergrößernden Sehhilfe empfohlen. Für 80% der Sehbehinderten bestand die Haupterwartung darin, über Hilfsmittel und Unterstützungsleistungen beraten zu werden. Bei 42 Sehbehinderten erfolgte das erste Interview am Termin und bei 28 eine Zweitbefragung. Bei der Zweitbefragung nach durchschnittlich 14 Wochen hatten 72% der Befragten die empfohlenen Maßnahmen umgesetzt. Es zeigte sich keine signifikante Änderung der Lebensqualität.

Schlussfolgerung Der Zugang zu einer augenfachärztlichen Versorgung erwies sich für die sehbehinderte ländliche Bevölkerung als ausreichend. Dennoch bestand ein erheblicher Beratungs- und Versorgungsbedarf hinsichtlich Hilfsmitteln und Unterstützungsleistungen.



Publication History

Received: 21 December 2020

Accepted: 29 June 2021

Article published online:
03 November 2021

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